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Kein Obsorgeentzug wegen Kindeswohlgefährdung bei fehlender Bindungstoleranz der Mutter
iFamZ 2012/92
§ 176 ABGB, § 62 Abs 1 AußStrG
Nach der Scheidung der Eltern wurde die Obsorge für die drei Mädchen an die Mutter übertragen (). Eineinhalb Jahre später beantragte der Vater die Übertragung der Obsorge an ihn. Die mangelnde Bindungstoleranz der Mutter erreicht kein solches Ausmaß, dass sich die Mutter beharrlich und über einen längeren Zeitraum geweigert hätte, die Ausübung eines Besuchsrechts des Vaters zuzulassen und somit einen Eingriff in bestehende Obsorgerechte rechtfertigen würde.
Der festgestellte Sachverhalt ist dahin zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Obsorgeentziehung vorliegen. Unter Anlegung eines strengen Maßstabs (RIS-Justiz RS0047841) darf eine Änderung der Obsorgeverhältnisse nur als äußerste Notmaßnahme angeordnet werden (RIS-Justiz RS0047841, SZ 65/84 [T10]; RS0085168 [T5]; RS0007101 [T4]). Ein Eingriff in ein bestehendes Obsorgerecht setzt nach § 176 Abs 1 ABGB eine Gefährdung des Kindeswohls durch das Verhalten des Obsorgeberechtigten voraus. Bloße Unzukömmlichkeiten bei der Besuchsrechtsausübung oder ein Wohnsitzwechsel innerhalb Österreichs reichen dazu nicht aus (vgl Hopf in KBB3, § 176b ABGB Rz 2 mwN).