Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.06.2022, RV/7105143/2015

Begriff "Verfahren" in § 103 Abs 2 lit a BAO ist als Abgabenerhebung (§ 49 Abs 2 BAO, ab 1.1.2021 § 1 Abs 3 BAO) zu verstehen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105143/2015-RS1
Der Begriff der „Abgabenerhebung“ gemäß § 49 Abs 2 BAO (bzw ab § 1 Abs 3 BAO) ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dahin zu verstehen, dass darunter alle der Durchsetzung von Abgabeansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen fallen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben“ (vgl Hinw , VfSlg 3174/1957; mwN) und gilt für § 103 Abs 2 lit a und b BAO gleichermaßen (aA , verneinend für § 103 Abs 2 lit a BAO).
RV/7105143/2015-RS2
Der in § 103 Abs 2 lit a BAO verwendete Begriff „Verfahren“ wird durch § 49 Abs 2 BAO (ab durch § 1 Abs 3 BAO) legaldefiniert und beschreibt das von der Abgabenbehörde zu führende horizontale (unstreitige) Abgabenerhebungsverfahren, das die Abgabenbehörde gegen den Abgabenpflichtigen für eine bestimmte Abgabe zu einem bestimmten Erhebungszeitraum führt. Das Abgabenerhebungsverfahren erfasst sämtliche Erledigungen, die von der Entstehung des Abgabenanspruchs bis zu dessen Erlöschen (Tilgung) ergehen (aA ). Da die Bundesabgabenordnung für das (im Instanzenzug aufsteigende, vertikale) Beschwerdeverfahren keine von § 103 BAO abweichende Regelung vorsieht, ist § 103 BAO ebenso im Beschwerdeverfahren und vom Bundesfinanzgericht zu beachten.
RV/7105143/2015-RS3
Das Ermessen in § 213 Abs 2 BAO wird durch die Wortfolge „getrennt oder zusammengefaßt“ eingeräumt und meint die Entscheidung der Abgabenbehörde, ob sie wiederholt, jedoch nicht wiederkehrend zu erhebenden Abgaben auf einem weiteren Abgabenkonto nach § 213 Abs 2 BAO (daher getrennt) oder auf dem bereits bestehenden § 213 Abs 2-Abgabenkonto (daher zusammengefasst) verbucht (vgl Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 213, Rz 6; RAE, Rz 609; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 213, 623; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3, § 213 Anm 17; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO 3, § 213 Rz 6). Abgaben iSd § 103 Abs 2 lit b BAO, deren Gebarung gemäß § 213 zusammengefasst verbucht wird, können sich folglich aus § 213 Abs 1 UND Abs 2 BAO ergeben.
RV/7105143/2015-RS4
Für die Zuordnung von nach § 95 Abs 4 EStG 1988 (vormals Abs 5) ergehenden Bescheiden zum Verfahrensabschnitt der Abgabeneinhebung (6. Abschnitt BAO) spricht neben der ins Ermessen gestellten Inanspruchnahme des Abgabenschuldners, dass Bescheidadressat gemäß § 95 Abs 1 EStG 1988 ex lege der Schuldner der Kapitalertragsteuer und die Bescheid erlassende Abgabenbehörde das für die Körperschaft zuständige Betriebsfinanzamt ist. Abgabepflichtiger ist, wer als Abgabenschuldner in Betracht kommt (Abgabenfestsetzungsverfahren); Abgabenschuldner ist, wer die Abgabenschuld schon hat (Abgabeneinhebungsverfahren).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, zunächst vertreten durch Mag Johannes Schmidt, MBA, Rechtsanwalt, der am verstorben ist, sodann unvertreten, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom , nunmehr Finanzamt Österreich, vertreten durch Hofrätin Mag ***1***, betreffend Kapitalertragsteuer 2011 gemäß § 95 Abs 4 EStG 1988 idF Abgabenänderungsgesetz 2011 vom , BGBl I 76/2011, Steuernummer ***BF1StNr1***, gemäß § 278 Abs 1 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 264 Abs 5 BAO, beschlossen:

I. Der als "Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz" bezeichnete Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO in Verbindung mit § 260 Abs 1 lit b BAO wegen nicht fristgerechter Einbringung zurückgewiesen. Das Beschwerdeverfahren ist formell mit der Beschwerdevorentscheidung vom beendet.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Der angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführerin (Bf) für das Jahr 2011 gemäß § 95 Abs 4 EStG 1988 die Kapitalertragsteuer vorgeschrieben wurde, datiert mit . Dagegen wurde form- und fristgerecht mit Schriftsatz vom durch die einschreitende rechtsfreundliche Vertretung unter Berufung auf § 8 RAO Beschwerde erhoben.

Mit Schriftsatz vom wurde seitens des Rechtsanwalts die Vollmacht der belangten Behörde bekanntgegeben, die Vollmachtsurkunde dabei aber nicht vorgelegt. Nach Ansicht der belangten Behörde war dieser Schriftsatz eine Reaktion des Rechtsanwalts auf den zuvor ergangenen Vorhalt vom , den die belangte Behörde unmittelbar an die Bf gerichtet hatte (ON 21). Am teilte das zuständige Organ der belangten Behörde dem Sekretariat der Kanzlei telefonisch mit, "dass gemäß § 103 Abs 2 BAO eine Zustellvollmacht, eingeschränkt auf ein bestimmtes Verfahren, nicht möglich ist" (ON 17). Darüber wurde ein Aktenvermerk angefertigt. Das Sekretariat habe zugesagt, diese Auskunft dem Rechtsanwalt weiterzuleiten (ON 37).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , deren Zustellung unmittelbar an die verfügt war, wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Die Beschwerdevorentscheidung wurde laut Zustellnachweis von der Bf als Empfängerin am übernommen und somit an diesem Tag zugestellt. Dagegen wurde mit Eingabe vom per Fax der als "Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz" bezeichnete Vorlageantrag von der Bf eingebracht.

Mit dem Vorlageantrag wurde der "Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz" gestellt und gleichzeitig eine mündliche Verhandlung und "gem. § 272 Abs 2 Ziff. 1 BAO die Entscheidung durch den gesamten "Berufungssenat" beantragt. Als Begründung wurde die umfangreiche Begründung zum Vorlageantrag mit separatem Schreiben angekündigt. Eine nachgereichte Begründung liegt dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht ein und wurde auch beim BFG nicht eingebracht.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte darin die Zurückweisung des Vorlageantrages wegen Verspätung. Die Frist zur Stellung des Vorlageantrages sei am Montag, den abgelaufen und dessen Einbringung am besagten Tag daher um einen Tag verspätet.

Die Bf hat das Bundesfinanzgericht nicht vom Ableben ihres Vertreters in Kenntnis gesetzt.

Ermittlungen des BFG

Kammerkommissär

Anlässlich eines Anrufs des BFG wurde mitgeteilt, dass der Rechtsanwalt Mag Johannes Schmidt, MBA, am verstorben ist und die erreichten Rechtsanwälte Mag ***3*** / Mag ***4*** zu Kammerkommissären nach dem verstorbenen Rechtsanwalt bestellt wurden. Beim Telefonat wurde besprochen, dass der Umfang der Vollmacht bzw Zustellvollmacht im anhängigen Beschwerdeverfahren rechtserheblich ist. Mit hg Beschluss vom wurde im Auskunftsweg der Mandantenakt der Bf angefordert. Da Mag ***4*** am Telefon gemeint hatte, der Name der Bf wäre ihm unbekannt, wurde dem Beschluss neben einer Kopie der Beschwerdevorentscheidung auch eine Kopie des Beschwerdeschriftsatzes des verstorbenen Rechtsanwalts beigelegt. Weiters wurde mit dem Beschluss um Auskunft ersucht, ob die Beschwerdevorentscheidung im Posteingangsbuch der Kanzlei eingetragen wurde und ob der Vorlageantrag vom über das Faxgerät der Kanzlei eingebracht wurde. Bereits anlässlich des Telefonats wurde mitgeteilt, dass Posteingangsbücher nicht mehr existierten.

Mit E-Mail vom teilte die Kammerkommissärin Mag ***3*** mit, dass sie eine Kommission in das Aktenlager des Verstorbenen verrichtet habe. Nach Einsicht in den vermutlichen Akt zur ERV-Nummer 409/14 finde sich lediglich die mit Fax vom abgefertigte Beschwerde im Akt. Eine Beschwerdevorentscheidung finde sich nicht im Akt.

Beschwerdeführerin

Mit hg Beschluss vom (ON 23) wurde der Bf der Zustellnachweis zum Vorlageantrag übermittelt und Gelegenheit zur Gegenäußerung zur Verspätung gegeben. Der Beschluss wurde am durch persönliche Übernahme an die Bf zugestellt. Ein Antwortschreiben ist beim BFG nicht eingelangt.

Mit hg Beschluss vom (ON 33) wurde die Bf über das Ermittlungsergebnis in Kenntnis gesetzt und um Auskunft ersucht:

I.Die Bf wird aufgefordert, binnen zwei Wochen beim Bundesfinanzgericht einlangend mitzuteilen, ob die dem Rechtsanwalt Mag Johannes Schmidt bloß mündlich erteilte Vollmacht auf die Einbringung des Beschwerdeschriftsatzes vom beschränkt war, andernfalls die Gründe bekanntzugeben, weshalb die Beschwerdevorentscheidung nicht mit Rechtsanwalt Mag Johannes Schmidt besprochen oder diesem zur Einsicht überreicht wurde.

II.Sollte die Beschwerdevorentscheidung dem Rechtsanwalt Mag Johannes Schmidt überreicht worden sein, wird um Bekanntgabe dieses Umstandes ersucht. Wenn möglich bezeichnen Sie den Tag, an dem Sie die Beschwerdevorentscheidung dem Rechtsanwalt Mag Johannes Schmidt übergeben haben.

III.Legen Sie die Honorarnote des Rechtsanwalts Mag Johannes Schmidt vor, in der die Leistung umschrieben sein muss.

IV.Sollte der Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen werden, wird der Entscheidung zu Grunde gelegt, dass die Vollmacht auf die Erhebung/Einbringung des Beschwerdeschriftsatzes vom beschränkt war."

Der Beschluss wurde begründet wie folgt: "Auch mündliche Vollmachten sind in Abgabenverfahren gültig. Eine mündliche Vollmacht hätte somit keine negative Auswirkung auf Ihre Beschwerde (VwGH 12.10.202, Ra 2020/15/0117).

Es bestehen Zweifel am Umfang der Vollmacht. Der nach dem verstorbenen Rechtsanwalt Mag Schmidt bestellte Kammerkommissär hat nach Einsicht in den Mandantenakt mitgeteilt, dass im Mandantenakt lediglich der Beschwerdeschriftsatz liegt. Damit liegen dem Mandantenakt folgende Unterlagen nicht ein, die üblicherweise vorhanden sind: Vollmachtsurkunde, Ablichtung der Beschwerdevorentscheidung, aber auch Vermerk über eine Besprechung, Kostenaufstellung.

Auf die nach der Bundesabgabenordnung (BAO) bestehende Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Offenlegung-und zur Mitwirkung am Verfahren wird hingewiesen (§§ 119, 138 BAO)."

Mit E-Mail vom trug die Bf in Beantwortung des Beschlusses Folgendes vor:

"…kann ich Ihnen nur mitteilen das all meine Unterlagen bei dem verstorbenen Hr. Mag Johannes Schmidt liegen. Er hat im Jahr 2015 die Beschwerde eingeleitet und somit muss auch die Vollmacht in der Kanzlei vorliegen. …"

Belangte Behörde

Mit Stellungnahme vom (ON 21) vertrat die belangte Behörde die Rechtsanschauung, die Vollmacht enthalte mit dem Hinweis "in umseits rubrizierter Rechtssache" die unzulässige Einschränkung auf das Beschwerdeverfahren gegen die KESt-Vorschreibung 2011 und sei damit gem § 103 Abs 2 BAO unwirksam.

Mit Stellungnahme vom (ON 24) vertrat die belangte Behörde die Rechtsansicht, dass die erteilte Zustellungsbevollmächtigung gemäß § 103 Abs 2 lit a BAO unwirksam sei, weil der Rechtsanwalt in der Beschwerdeschrift einleitend auf die "umseits rubrizierte Rechtssache" verwiesen habe. Das sei so zu verstehen, dass er nur für das Beschwerdeverfahren zur KESt 2011 (und nicht etwa auch für Erstbescheide über die KESt betreffend anderer Jahre …) die Zustellvollmacht gehabt hätte. Damit liege eine unzulässige Einschränkung der Zustellvollmacht auf einige der Vollmachtgeberin zugedachte Erledigungen -nämlich jene, die das Beschwerdeverfahren zur KESt 2011 betreffen - vor, weshalb die Zustellvollmacht unwirksam sei.

Mit hg Beschluss vom wurden der festzustellende Sachverhalt sowie die Rechtsansicht des BFG zur Gelegenheit einer Stellungnahme bekannt gegeben sowie um Vorlage der Kontoblätter der Bf ersucht. Die belangte Behörde übermittelte mit ihrer Stellungnahme den , BMF-010210/0007-V/2-AE/2016, sowie zwei Seiten des Kontoblattes der Bf.

Mit Stellungnahme vom (ON 37) wurde klargestellt, dass die KESt 2011 auf einem Abgabenkonto gemäß § 213 Abs 2 BAO verbucht wurde, das bei der belangten Behörde geführt wurde. Die bisherige Rechtsansicht wurde mit Hinweis auf den BAO-Kommentar, Ritz, aufrechterhalten: "Zu § 103 BAO führt Ritz, Kommentar zur BAO, § 103, Tz 7 aus: "Nach § 103 Abs.2 lit a ist eine Zustellungsbevollmächtigung Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichten gegenüber unwirksam, wenn sie ausdrücklich auf nur einige dem Vollmachtgeber zugedachte Erledigungen eingeschränkt ist, die im Zuge eines Verfahrens ergehen (zB nur auf Erstbescheide, nicht auch für Entscheidungen über Bescheidbeschwerden)." Wie im Beschluss auf Seite 3 letzter Absatz richtig ausgeführt wird, ist das "Beschwerdeverfahren KESt 2011" EIN konkretes Verfahren. Die Einschränkung der RA-Vollmacht auf dieses EINE Verfahren ist daher gem. § 103 Abs.2 lit a BAO unwirksam, sodass die Beschwerdevorentscheidung betreffend KESt 2011 am zurecht an [die Bf] zugestellt wurde.

Ca 1½ Jahre nach dieser Zustellung erging das zitierte BFG-Erkenntnis RV/7101025/2017, wonach eine Einschränkung einer Vollmacht auf ein Sicherstellungsverfahren NICHT zur Unwirksamkeit der Vollmacht führt. Ob auch der VwGH dieser Ansicht wäre, ist nicht bekannt."

Mit E-Mails vom und vom wurden die Bescheide iZm der Aussetzung nach § 212a BAO vorgelegt und berichtet, dass der Rechtsanwalt die unmittelbar an die Bf vorgenommene Zustellung beider Bescheide nicht bemängelt hat.

Rechtliche Ausführungen:

Die Bescheidbeschwerde ist form- und fristgerecht. Der Vorlageantrag ist nicht fristgerecht.

Über den Zustellvorgang der an die Bf adressierten Beschwerdevorentscheidung liegt der Zustellnachweis vor, der als öffentliche Urkunde zunächst vollen Beweis darüber abgibt, dass der darin beurkundete Zustellvorgang auch eingehalten wurde (vgl ; ). Am wurde das behördliche Dokument durch Übernahme der Bf als Empfängerin zugestellt. Die Monatsfrist zur Stellung des Vorlageantrages wurde mit der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung mit besagten Tag in Gang gesetzt und endete gemäß § 108 Abs. 2 BAO mit Ablauf desjenigen Tages, der durch seine Zahl (= Datum) dem für den Beginn der Monatsfrist maßgebenden Tag entspricht (). Die Vorlageantragsfrist lief grundsätzlich am ab. Da das Fristende auf einen Sonntag fiel, verlängerte sich die Frist gemäß § 108 Abs 3 BAO auf den . Da der kein gesetzlicher Feiertag war, war dieser Tag der letzte Tag der Frist. Dies ist der Bf mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bekanntgegeben worden. Dem ist die Bf nicht entgegengetreten.

Die Rechtzeitig des Vorlageantrages hängt von der Beantwortung der vorab zu stellenden Rechtsfrage ab, ob für die belangte Behörde die Zustellungsbevollmächtigung der rechtsfreundlichen Vertretung gemäß § 103 Abs 2 lit a BAO unwirksam war.

Die Entscheidung über die Zurückweisung des Vorlageantrages wegen mangelnder Rechtzeitigkeit fällt gemäß § 272 Abs 4 BAO in die Zuständigkeit des Berichterstatters als Einzelrichter, weshalb die mündliche Senatsverhandlung nicht anzuberaumen war.

Rechtsgrundlagen:

§ 83 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet auszugsweise:

"(1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.

(5) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, daß sich die Abgabenbehörde unmittelbar an den Vollmachtgeber selbst wendet oder daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt."

§ 8 Abs RAO idgF lautet:

"Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfaßt die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis."

Der zweite Satz des § 103 Abs 1 BAO sieht vor:

"Im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen können aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden."

§ 103 Abs 2 BAO in der für das Streitjahr geltenden Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl I Nr 124/2003 (Abgabenänderungsgesetz 2003 - AbgÄG 2003), lautet:

"Eine Zustellungsbevollmächtigung ist Abgabenbehörden gegenüber unwirksam, wenn sie

a) auf nur einige dem Vollmachtgeber zugedachte Erledigungen eingeschränkt ist, die im Zuge eines Verfahrens ergehen, oder

b) ausdrücklich auf nur einige jener Abgaben eingeschränkt ist, deren Gebarung gemäß § 213 zusammengefasst verbucht wird."

§ 213 Abs 1 und 2 BAO lauten auszugsweise:

"(1) Bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabepflichtigen … die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlaß entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefaßt zu verbuchen.

(2) Bei den anderen als den im Abs. 1 genannten Abgaben ist die Gebarung für jeden Abgabepflichtigen … nach den einzelnen Abgaben getrennt oder zusammengefaßt, jedoch abgesondert von den im Abs. 1 genannten Abgaben zu verbuchen."

Gemäß § 49 Abs 2 BAO idF vor dem Finanz-Organisationsreformgesetz (FORG) vom , BGBl I 104/2019, sind im Sinn dieses Bundesgesetzes unter Erhebung alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen. Seit ist diese Anordnung in § 1 Abs 3 BAO geregelt.

§ 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). […]

Gemäß § 264 Abs 4 BAO sind für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden:

  1. § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

  2. § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

  3. § 255 (Verzicht),

  4. § 256 (Zurücknahme),

  5. § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

  6. § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

Gemäß § 264 Abs 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

Aufgrund des Ergebnisses des vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Die Bf war vom bis allein vertretungsbefugte Geschäftsführerin der ***2*** Gesellschaft mbH (im Folgenden kurz "GmbH" bezeichnet). Die belangte Behörde war auch das örtlich für die GmbH zuständige Betriebsfinanzamt. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Bf als Schuldnerin der Kapitalertragsteuer unmittelbar in Anspruch genommen und ihr die Kapitalertragsteuer für das Jahr 2011 iHv EUR 86.3349,25 vorgeschrieben. Das Betriebsfinanzamt erließ gegenüber der Bf den angefochtenen Bescheid unter der Abgabenkontonummer ***Bf1StNr***, bei dem es sich um Abgabenkonto nach § 213 Abs 2 BAO handelte. Eine Kapitalertragsteuer für anderer Zeiträume wurde auf dem Abgabenkonto nicht verbucht. Die belangte Behörde hat die Bf für Kapitalertragsteuer zu anderen Zeiträumen bis zum Ausscheiden der Bf aus der GmbH nicht in Anspruch genommen. Für nachfolgende Zeiträume traf die belangte Behörde keine Feststellungen, dass die Bf als Geschäftsführerin einer anderen, in ihr örtliches Zuständigkeitsgebiet fallende GmbH tätig war und ein Sachverhalt, der eine Inanspruchnahme für die Kapitalertragsteuer nach § 95 Abs 4 EStG 1988 rechtfertigen würde, verwirklicht wurde. Nach einer Firmenbuchabfrage war die Bf bei keiner anderen GmbH als Geschäftsführerin tätig.

Mit Beschwerdeschriftsatz vom , Seite 2, erhob der Rechtsanwalt in "umseits rubrizierter Rechtssache" Beschwerde. Die umseits rubrizierte Rechtssache ist bezeichnet mit "wegen: Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer über den Zeitraum 2011". Darüber ist die Abgabenkontonummer der GmbH angeführt. Die Berufung auf die erteilte Vollmacht erfolgte mit den Worten: "Prozess und Geldvollmacht erteilt gem. § 8 RAO und § 19a RAO".

Am richtete die belangte Behörde einen Vorhalt direkt an die Bf, auf den der Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom ohne Urkundenvorlage seine Vollmacht wie folgt bekanntgab: "In umseits rubrizierter Rechtssache hat [die Bf mich] mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt. Es wird diesbezüglich höflich um Kenntnisnahme ersucht." Die umseits rubrizierte Rechtssache wird mit Angabe der Abgabenkontonummer bezeichnet. Die Berufung auf die erteilte Vollmacht erfolgte wie zuvor. Auf diesem Schriftsatz wurde der Aktenvermerk vom unter Beisetzung der Paraphe angebracht: "Tel. mit Sekretariat. Ich teile dort mit, dass gemäß § 103 (2) BAO eine Zustellvollmacht - eingeschränkt auf ein bestimmtes Verfahren - nicht möglich ist."

Gegen die unmittelbar an die Bf verfügte Zustellung des die antragskonforme Aussetzung des beschwerdeverfangenen Abgabenbetrages von der Einhebung verfügenden Bescheides vom mitsamt Buchungsmitteilung ist keine Reaktion des Rechtsanwalts erfolgt. Gleiches gilt für den nach Beschwerdeerledigung verfügten Widerruf der Aussetzung mit Bescheid vom , wobei der Widerrufsbescheid bereits außerhalb des Geltungsbereichs der Vollmacht gelegen war.

Mit behördlicher Erledigung vom erging die Beschwerdevorentscheidung, als deren Empfänger die Bf verfügt war und die die Bf am persönlich übernahm.

Auf besagtem Abgabenkonto verbuchte die belangte Behörde weiters am den zugehörigen Säumniszuschlag von EUR 1.726,98. Weitere mit der Kapitalertragsteuer 2011 erfolgte Buchungen stehen in Zusammenhang mit dem Antrag nach § 212a BAO. Da mit Vorlageantrag ein Antrag nach § 212a BAO nicht nochmals gestellt wurde, wurde die Kapitalertragsteuer 2011 in Vollstreckung gezogen, weshalb Nebengebühren (Eintreibungsgebühren und Barauslagen) anfielen.

Daneben wird die Bf beim Finanzamt 04 als Wohnsitzfinanzamt unter einer weiteren Steuernummer erfasst und dort zur Einkommensteuer-ANV veranlagt. Für Verfahren zu diesem Abgabenkonto ist die rechtsfreundliche Vertretung nicht eingeschritten.

Dem Mandantenakt des verstorbenen Rechtsanwalts liegt im Jahr 2022 lediglich die mit Fax vom abgefertigte Beschwerde, nicht jedoch die Vollmachtsurkunde ein. Die Bf hat eine Vollmachtsurkunde, allenfalls eine Ablichtung davon, ebenfalls nicht vorlegt, sondern wiederum auf die Rechtsanwaltskanzlei verwiesen. Es ist somit davon auszugehen ist, dass die Vollmachtsurkunde in der Rechtsanwaltskanzlei in Verstoß geraten ist oder die Vollmacht mündlich erteilt wurde. Die Bf hat den Rechtsanwalt wegen der Beschwerdevorentscheidung und der weiteren Vertretung in der Sache Kapitalertragsteuer 2011 nicht aufgesucht. Die Bf hat mit dem Rechtsanwalt nicht über den Vorlageantrag gesprochen.

Es ist davon auszugehen, dass die rechtsfreundliche Vertretung nur das abgabenbehördliche Beschwerdeverfahren betreffend Vorschreibung der KESt 2011 und die Zustellungsvollmacht nicht die mit der Einhebung/Eintreibung verbundenen behördlichen Erledigungen umfasst hat.

Beweismittel

Die Beweismittel, auf deren Grundlage obige Sachverhaltsfeststellung beruht, sind der vorgelegte Verwaltungsakt, die Ermittlungshandlungen des BFG sowie die Antwortschriftsätze der Parteien und des Kammerkommissärs laut Verfahrenshergang.

Beweiswürdigung

Obige Sachverhaltsfeststellung ergab sich widerspruchsfrei aus den angeführten Beweismitteln aufgrund folgender Überlegungen:

Da die Vollmachtsurkunde von der Kammerkommissärin nicht im Mandantenakt des verstorbenen Rechtsanwaltes gefunden wurde und die Bf auf Ersuchen des BFG zum Umfang der Vollmacht keine Angaben gemacht und die Fragen nicht beantwortet hat, ist der Vollmachtsumfang auf andere Weise zu erforschen.

Es ist im Rechtsmittelverfahren häufig anzutreffen, dass insbesondere eine rechtsanwaltliche Vertretung auf die Abfassung des Beschwerdeschriftsatzes (denkbar sind auf Mandantenseite Kostengründe, auf Seiten des Rechtsanwalts Zeitgründe) und damit auf die Vertretung im Rechtsmittelverfahren auf Finanzamtsebene beschränkt bleibt.

Der Bf wurde mit Gelegenheit zur Stellungnahme bekanntgegeben, dass im Mandantenakt des verstorbenen Rechtsanwalts eine Vollmachtsurkunde nicht aufliegt. Dennoch hat sie das BFG wieder an die Rechtsanwaltskanzlei verwiesen und die gestellten Fragen nicht beantwortet. Die Sachlage, die das BFG seiner Entscheidung zu Grunde legen wird, war ihr bekannt gegeben worden. Damit hat die Bf ihre Mitwirkungs-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt.

Der Rechtsanwalt war angesichts der telefonisch erteilten Auskunft, auch wenn mit dieser möglicherweise ein rechtlich unzutreffendes Beispiel ins Treffen geführt wurde, von Redepflicht betroffen. Er hat mit seinem Stillschweigen konkludent zum Ausdruck gebracht, dass seine Zustellvollmacht auf die Erledigungen des streitigen Rechtsmittelverfahrens beschränkt war. Diesem Umstand kommt hohes Gewicht zu.

Für die Annahme, dass die Vertretung im Rechtsmittelverfahren auf Finanzamtsebene beschränkt war, hat das höchste Gewicht der Umstand, dass der Vorlageantrag ohne Beistand des Rechtsanwaltes verfasst wurde. Aus dem Mandantenakt ergab sich kein Hinweis, dass die Bf mit der Beschwerdevorentscheidung bei ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vorstellig wurde. Auch ein diesbezügliches Telefonat hätte durch Vermerk Eingang in den Mandantenakt gefunden. Die diesbezüglichen Fragen des BFG hat die Bf nicht beantwortet. Nach Auffassung des BFG ist es auszuschließen, dass ein Rechtsanwalt im Jahr 2015 zwar zutreffend das Rechtsmittel als Beschwerde bezeichnet, aber für die Rechtsmittelinstanz den Begriff "Abgabenbehörde 2. Instanz" verwendet. Mit Wirkung ab waren als Rechtsmittelinstanz generell Verwaltungsgerichte eingerichtet und für das konkrete Beschwerdeverfahren war das Bundesfinanzgericht zuständig. Rechtsanwalt Mag Johannes Schmidt, MBA, hat mit dem Beschwerdeschriftsatz einen Antrag nach § 212a BAO gestellt und dadurch die Verpflichtung zur sofortigen Entrichtung der strittigen Abgabe vermieden. Ein solcher Antrag wurde mit dem Vorlageantrag nicht gestellt. Wäre der Vorlageantrag mit der rechtsfreundlichen abgesprochen worden, wäre ein Antrag nach § 212a BAO gestellt worden. Die mit dem Vorlageantrag angekündigte umfangreiche Begründung wurde nicht nachgereicht.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 97 Abs 1 lit a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen in der Regel durch Zustellung, die gemäß § 98 Abs 1 BAO nach dem Zustellgesetz (ZustG) vorzunehmen ist. Gemäß § 9 Abs 1 ZustG können, soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt sei, die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht). Gemäß § 8 Abs 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Für einen berufsmäßigen Parteienvertreter genügt es somit, wenn sich der Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl ). Eine allgemeine, einem berufsmäßigen Parteienvertreter erteilte Vollmacht umfasst, soweit sich daraus nichts Gegenteiliges ableiten lässt, auch eine Zustellungsbevollmächtigung. Die Berufung auf die einem Rechtsanwalt erteilte (allgemeine) Vollmacht schließt auch eine Zustellvollmacht ein (vgl ). Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (Ritz, BAO, 6. überarbeitete Auflage, § 9 ZustG, Tz 19 mwN). Unterlaufen im Zustellverfahren iZm mit einem Zustellbevollmächtigten Mängel, so gilt gemäß § 9 Abs 3 ZustG idF BGBl I 5/2008 die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (Heilung). Fällt ein Sachverhalt unter eine Variante der Ausnahmeregelung des § 103 BAO, ist die Abgabenbehörde zur unmittelbaren Zustellung an den Abgabenpflichten berechtigt (Abs 1 Alternative 2 leg.cit.) oder eine Zustellungsbevollmächtigung ist ex lege unwirksam (Abs 2 leg.cit.).

Primäre Begründung (§ 103 Abs 1 2. Satz BAO)

Mit Stellungnahme vom vertrat die belangte Behörde die Rechtsauffassung, dass § 103 Abs 1 BAO im vorliegenden Fall ungeeignet sei, da er nur auf "Abgabenbescheide in einem Einhebungsverfahren" anzuwenden sei, und nicht auf Festsetzungsbescheide wie der vorliegende KESt-Bescheid 2011. Unter Einhebungsverfahren seien Erledigungen des 6. Abschnitts der BAO (§§ 210-242a BAO) zu verstehen (vgl. Ritz, Kommentar zur BAO, § 103, Tz 3).

Alle Bescheide, die ein Leistungsgebot in Bezug auf die Erbringung einer abgabenrechtlichen Geldleistung enthalten, sind Abgabenbescheide (Fischerlehner, Abgabenverfahren2 (2016) § 198 Fn 1). Das trifft auf nach § 95 Abs 4 EStG 1988 (vormals Abs 5) ergehende Bescheide zu. Allein wegen der für die Kapitalertragsteuer bereits vor Bescheiderlassung eingetretenen Fälligkeit sind die Bezeichnungen "Festsetzungsbescheid" oder "Abgabenvorschreibung" anstelle von "Abgabenbescheid" üblich.

Ein für das Jahr 2011 gemäß § 95 Abs 4 EStG 1988 an den Schuldner der Kapitalertragsteuer ergehender Bescheid ist ein nach Ermessensübung in einem Einhebungsverfahren (6. Abschnitt der BAO) ergehender Abgabenbescheid, der sämtliche Merkmale des § 198 BAO aufweist und lediglich hinsichtlich des Fälligkeitstages abweicht. Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs liegt es im Ermessen, ob die Haftung gegenüber der gewinnausschüttenden Körperschaft geltend gemacht wird oder eine Vorschreibung an den Empfänger der Kapitalerträge erfolgt (). Die Ermessensübung ist ein charakteristisches Rechtsmerkmal für eine im Einhebungsverfahren festzusetzende Abgabe.

Für die Zuordnung von nach § 95 Abs 4 EStG 1988 ergehenden Bescheiden zum Verfahrensabschnitt der Abgabeneinhebung (6. Abschnitt BAO) spricht neben der ins Ermessen gestellten Inanspruchnahme des Abgabenschuldners, dass der Bescheidadressat gemäß § 95 Abs 1 EStG 1988 ex lege der Schuldner der Kapitalertragsteuer und die Bescheid erlassende Abgabenbehörde das für die Körperschaft zuständige Betriebsfinanzamt ist. Abgabepflichtiger ist, wer als Abgabenschuldner in Betracht kommt (Abgabenfestsetzungsverfahren); Abgabenschuldner ist, wer die Abgabenschuld schon hat (Abgabeneinhebungsverfahren).

Die Erhebung der Kapitalertragsteuer durch Steuerabzug ist eine Vorerhebungsform der grundsätzlich im Veranlagungsweg mit Abgabenbescheid vom Wohnsitzfinanzamt zu erhebenden Einkommensteuer (§§ 39ff EStG 1988). Den im Ermessen an die Körperschaft mit Geltendmachung der Haftung (§ 224 BAO) ergangenen Kapitalertragsteuerbescheid dem 6. Abschnitt der BAO zuzuordnen, jedoch den im Ermessen an den Schuldner der Kapitalertragsteuer ergangenen Kapitalertragsteuerbescheid nicht, würde die Rechtsnatur des angefochtenen Bescheides und dessen Einordnung in der Abgabenerhebung (§ 49 Abs 2 BAO) offenlassen.

Alternative Begründung (§ 103 Abs 2 BAO)

Mit Stellungnahme vom vertrat die belangte Behörde weiters die Rechtsauffassung, dass § 103 Abs 2 lit b BAO hier ebenfalls ungeeignet sei, weil die KESt 2011 NICHT auf dem § 213 Abs 1-Abgabenkonto, sondern auf dem § 213 Abs 2-Abgabenkonto verbucht wurde.

Auch damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. § 103 Abs 2 lit b BAO scheidet nicht wegen der Verbuchung, sondern deshalb aus, weil in der dem Schuldner gemäß § 95 Abs 1 und 4 EStG 1988 vorgeschriebene Kapitalertragsteuer keine wiederkehrend zu erhebende Abgabe zu erblicken ist UND eine weitere nicht wiederkehrend zu erhebende Abgabe, die zwar gesondert, aber nach Ermessensübung zusammengefasst mit der KESt 2011 auf dem bereits existierenden § 213 Abs 2-Abgabenkonto verbucht wurde (zB KESt für 2012), nicht vorlag. Aus einer rechtswidrigen Verbuchung könnte die belangte Behörde nichts gewinnen.

Abgaben iSd § 103 Abs 2 lit b BAO, deren Gebarung gemäß § 213 zusammengefasst verbucht wird, können sich aus § 213 Abs 1 UND Abs 2 BAO ergeben (Näheres siehe unten).

§ 103 Abs 2 lit a BAO

Die belangte Behörde leitete die Einschränkung der Vollmacht aus der Formulierung der "umseits rubrizierten Rechtssache" im Beschwerdeschriftsatz ab und vertrat die Auffassung, dass damit die Zustellbevollmächtigung unzulässig auf ein einziges Verfahren eingeschränkt wurde. Nach Ansicht des BFG wurde damit nicht die ausdrückliche Einschränkung auf diese Rechtssache zum Ausdruck gebracht, sondern der Bezeichnungspflicht des § 250 Abs 1 lit a BAO entsprochen.

Entscheidend für die Lösung des konkreten Beschwerdefalles ist, welcher Bedeutungsgehalt dem in § 103 Abs 2 lit a BAO verwendeten Begriff "Verfahren" sowie der dortigen Wortfolge "Erledigungen, die im Zuge eines Verfahrens ergehen" beizumessen ist.

Nach Ritz/Koran "sind Zustellungsbevollmächtigungen, die zB zur Empfangnahme von Abgabenbescheiden, jedoch nicht von diesbezüglichen Erledigungen im Einhebungsverfahren berechtigen, zivilrechtlich gültig. § 103 Abs 2 enthält hierzu Sonderregelungen. Nach § 103 Abs 2 lit a ist eine Zustellungsbevollmächtigung Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichten gegenüber unwirksam, wenn sie ausdrücklich auf nur einige dem Vollmachtgeber zugedachte Erledigungen eingeschränkt ist, die im Zuge eines Verfahrens ergehen (zB nur auf Erstbescheide, nicht auch für Entscheidungen über Bescheidbeschwerden)" (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 103, § 103 Abs 2 Rz 7).

Im Beschwerdefall vertrat die belangte Behörde (wiederholt) die Rechtsansicht, dass die Erstbescheide bezüglich Kapitalertragsteuer für andere Zeiträume "im Zuge dieses Verfahrens", also im Zuge des Beschwerdeverfahrens zur KESt 2011 ergehen würden.

Ein Verfahren im juristischen Sinn ist ein formeller Prozess, an dessen Ende eine der Rechtskraft fähige und durchsetzbare Willensentscheidung steht. Die bestimmenden Merkmale eines Verfahrens sind die Personen (zB im Zivilprozess Kläger und Beklagter) und der Prozessgegenstand. Ein Abgabenverfahren wird durch die Personen der Abgabenbehörde und der Partei sowie die Abgabensache bestimmt, die ihrerseits grundsätzlich durch Abgabenart (Bewertung, Messbetrag) und Erhebungszeitraum (Kalenderjahr, Kalendermonat, Stichtag) bestimmt wird.

Darüber hinaus hat die BAO Verfahren eingerichtet, die einem Abgabenfestsetzungsverfahren vorangehen (zB Feststellungsverfahren) oder diesem nachfolgen (zB Einhebungs- und Eintreibungsverfahren). Zu all diesen Verfahren sind Rechtsmittelverfahren (§ 243ff BAO) und Rechtsbehelfsverfahren (§ 293ff BAO) möglich. Im Zuge einer Außenprüfung können mehrere Bescheide ergehen, die gemeinsam angefochten werden und beim BFG als ein einheitliches Beschwerdeverfahren geführt werden. Denkbar sind auch Sammelbescheide (zB § 201ff BAO, § 26 FLAG 1967, § 21 Abs 3 UStG 1994).

Ein solcher Verfahrensbegriff entspricht der Rechtssache im Beschwerdeverfahren nach § 279 BAO, der naturgemäß eine entweder durch Antrag, durch Erklärung oder durch amtswegiges Einschreiten ausgelöste Abgabensache vor der Abgabenbehörde vorangegangen ist.

Mit dem Hinweis auf Erstbescheide bezüglich KESt für andere Zeiträume ist für den Rechtsstandpunkt der belangten Behörde folglich nichts gewonnen. Ein Bescheid, der zwar dieselbe Abgabenart zum Gegenstände hat, jedoch über einen anderen Zeitraum abspricht, ergeht in einem anderen Verfahren. Die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Erstbescheide über die KESt betreffend andere Jahre sind somit keine Erledigungen, die im Zuge des KESt-Verfahrens 2011 ergehen.

Darüber hinaus mangelt es an einem Sachverhalt, aufgrund dessen die Inanspruchnahme der Bf bezüglich KESt für andere Zeiträume tatsächlich erfolgt ist. Nach dem Verwaltungsakt war die KESt 2011 die einzige Kapitalertragsteuer, für welche die Bf herangezogen und die auf dem § 213 Abs 2 BAO-Abgabenkonto verbucht wurde. Um Bescheide bezüglich KESt für andere Zeiträume entgegenhalten zu können, müssten solche Bescheide überhaupt ergangen sein, denn erst ab dem Zeitpunkt, zu dem zumindest zwei abgesondert von § 213 Abs 1 BAO zu verbuchende Abgaben konkret vorliegen, kann das Ermessen von der Abgabenbehörde dahin geübt werden, auf dem § 213 Abs 2 BAO-Abgabenkonto weitere nicht wiederkehrend zu erhebende Abgaben zusammengefasst zu verbuchen (siehe untenstehende Rechtsausführungen nwN). Das war im Beschwerdefall nicht gegeben.

Die Gleichsetzung des Verfahrensbegriffes des § 103 Abs 1 lit a BAO mit dem Begriff der Sache hatte offenbar auch das Bundesfinanzgericht mit seinem , vor Augen. "Nach RV/7101025/2017, führt § 103 Abs 2 lit a nicht zur Unwirksamkeit, wenn für konkrete Verfahren (zB für ein Sicherstellungsverfahren) eine Zustellungsvollmacht erteilt wird, die nur in diesem Verfahren zu beachten ist" (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 103 Abs 2 Rz 7).

Für ein Sicherstellungsverfahren wäre ein Vorgehen nach § 103 Abs 1 BAO zulässig gewesen.

In ihrer Stellungnahme vom stellte die belangte Behörde zu BFG RV/7101025/2017 die Frage in den Raum: "Ob auch der VwGH dieser Ansicht wäre, ist nicht bekannt." Rechtliche Überlegungen zur offenkundig nicht geteilten BFG-Entscheidung RV/7101025/2017 bzw zur Auslegung des Verfahrensbegriffes iSd § 103 Abs 2 lit a BAO wurden nicht vorgetragen.

§ 103 BAO regelt jene Fälle, in denen eine Zustellvollmacht entweder berechtigterweise nicht beachtet werden muss oder unwirksam ist. Erkennbar geht § 103 Abs 2 BAO über die Fälle des Abs 1 leg.cit. hinaus. Beide Varianten des § 103 Abs 2 BAO korrespondieren nach der Rechtsanschauung des BFG mit dem Begriff der Abgabenerhebung (vgl , Klammerhinweis "Zustellbevollmächtigung, die nicht gegen § 103 Abs. 2 lit. a BAO verstößt"). Der Begriff der Abgabenerhebung ist in § 49 Abs 2 BAO (bzw ab § 1 Abs 3 BAO) legaldefiniert. Demnach sind darunter "alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen". Auf diese Legaldefinition bezieht sich in ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtshof und führt aus, "unter "Erhebung" fallen sohin unter alle der Durchsetzung von Abgabeansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben" (vgl Hinw , VfSlg 3174/1957; mwN).

Für diese Rechtsansicht sprechen folgende mit Erkenntnis 2008/17/0094 vom Verwaltungsgerichtshof getätigten Ausführungen, wobei erst aus dem Klammerausdruck klar hervorgeht, dass sich diese Aussage auf beide Varianten des § 103 Abs 2 BAO bezieht:

"Wie sich nicht zuletzt aus § 81 Abs. 2 BAO, § 103 Abs. 2 und § 104 BAO ergibt, geht der Gesetzgeber erkennbar davon aus, dass für die Zwecke der Abgabenerhebung die wiederkehrende Erhebung von Abgaben bzw. die Erhebung von Abgaben, deren Gebarung zusammengefasst verbucht wird, insofern als eine einheitliche Verwaltungssache konstituierend zu verstehen sind, als sich zustellrechtliche Dispositionen nicht bloß isoliert auf ein einzelnes Verfahren zur Vorschreibung einer Abgabe für einen bestimmten Zeitraum oder zur Vorschreibung einer bestimmten Abgabe erstrecken.

Eine allgemeine zur Empfangnahme von Dokumenten der Abgabenbehörde (die nicht gegen § 103 Abs. 2 lit. a BAO verstößt) in Angelegenheiten des Altlastenbeitrags hat in diesem Sinne grundsätzlich Wirkung für alle von der Behörde in Angelegenheiten des Altlastenbeitrags vorzunehmende Zustellungen und ist nicht auf ein bestimmtes einzelnes Verfahren betreffend einen konkreten Abgabenzeitraum beschränkt." (, Hervorhebung durch BFG).

Der Begriff der "Abgabenerhebung" gemäß § 49 Abs 2 BAO (bzw ab § 1 Abs 3 BAO) ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dahin zu verstehen, dass darunter alle der Durchsetzung von Abgabeansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen fallen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben" (vgl Hinw , VfSlg 3174/1957; mwN) und gilt für § 103 Abs 2 lit a und b BAO gleichermaßen (verneinend für § 103 Abs 2 lit a BAO ).

Der in § 103 Abs 2 lit a BAO verwendete Begriff "Verfahren" wird durch § 49 Abs 2 BAO (ab durch § 1 Abs 3 BAO) legaldefiniert und beschreibt das von der Abgabenbehörde zu führende horizontale (unstreitige) Abgabenerhebungsverfahren, das die Abgabenbehörde gegen den Abgabenpflichtigen für eine bestimmte Abgabe zu einem bestimmten Erhebungszeitraum führt. Das Abgabenerhebungsverfahren erfasst sämtliche Erledigungen, die von der Entstehung des Abgabenanspruchs bis zu dessen Erlöschen (Tilgung) ergehen (aA ). Da die Bundesabgabenordnung für das (im Instanzenzug aufsteigende, vertikale) Beschwerdeverfahren keine von § 103 BAO abweichende Regelung vorsieht, ist § 103 BAO ebenso im Beschwerdeverfahren und vom Bundesfinanzgericht zu beachten.

Nebengebühren iSd § 3 Abs 2 lit d BAO fallen im Einhebungsverfahren an. Da das Einhebungsverfahren Teil der Abgabenerhebung ist, sind Nebengebühren im Fall einer gesonderten Gebarung gemäß § 213 Abs 2 BAO zwingend auf dem Abgabenkonto der Stammabgabe zu verbuchen. Einer gesonderten Erwähnung der Nebengebühren in § 213 Abs 2 BAO wie zu den Nebenansprüchen, die die Nebengebühren mitumfassen, in § 213 Abs 1 BAO bedarf es dafür nicht.

In ihrer Stellungnahme vom beschrieb die belangte Behörde den "Unterschied Konto § 213 Abs. 1 und Abs 2 BAO" wie folgt:

"> Wie aus dem Gesetz zu lesen, ist für jeden Abgabepflichtigen für wiederkehrend zu erhebende Abgaben sowie Nebenansprüchen ein § 213 Abs.1-Konto einzurichten.

> Ein § 213 Abs.2-Konto dagegen ist nur in manchen Fällen - nach dem Ermessen der Behörde -für nicht wiederkehrend zu erhebende Abgaben einzurichten."

Mit dieser Rechtsansicht hat die belangte Behörde die Rechtslage nochmals verkannt. Die im Einzelfall erforderliche Einrichtung eines Abgabenkontos iSd § 213 Abs 2 BAO ist zwingend (argumento: … ist die Gebarung … abgesondert von den im Abs. 1 genannten Abgaben zuverbuchen). Das Ermessen in § 213 Abs 2 BAO wird durch die Wortfolge "getrennt oder zusammengefaßt" eingeräumt und meint die Entscheidung der Abgabenbehörde, ob sie wiederholt, jedoch nicht wiederkehrend zu erhebenden Abgaben (zB hier theoretisch denkbar KESt für das Jahr 2012) auf einem weiteren Abgabenkonto nach § 213 Abs 2 BAO (daher getrennt) oder auf dem bereits bestehenden § 213 Abs 2-Abgabenkonto (daher zusammengefasst) verbucht (vgl Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 213, Rz 6; RAE, Rz 609; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 213, 623; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3, § 213 Anm 17; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO 3, § 213 Rz 6). Abgaben iSd § 103 Abs 2 lit b BAO, deren Gebarung gemäß § 213 zusammengefasst verbucht wird, können sich folglich aus § 213 Abs 1 UND Abs 2 BAO ergeben.

Die Gebarung der KESt 2011 wurde rechtskonform abgesondert von § 213 Abs 1 BAO und mangels weiterer nicht wiederkehrend zu erhebender Abgaben nicht zusammengefasst auf einem § 213 Abs 2-Abgabenkonto verbucht. Im Beschwerdefall ist die Erhebung der Kapitalertragsteuer 2011 durch unmittelbare Inanspruchnahme der Bf als Empfängerin der Kapitalerträge das einzige Verfahren iSd § 103 Abs 2 lit a BAO, das die belangte Behörde gegen die Bf führt. Damit konnte die rechtsfreundliche Vertretung denkunmöglich die Zustellvollmacht auf nur ein Verfahren einschränken. Laut Beweiswürdigung ist davon auszugehen, dass die Zustellvollmacht sich nicht auf sämtliche im Abgabenerhebungsverfahren einschließlich Einhebung und Eintreibung ergehenden Erledigungen zur Kapitalertragsteuer 2011 erstreckt hat bzw die Vollmacht an sich nur auf das abgabenbehördliche Beschwerdeverfahren betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2011 eingeschränkt war.

Rechtsfolge

Da die Zustellbevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwalts primär gemäß § 103 Abs 1 BAO nicht beachtet werden musste, alternativ gemäß § 103 Abs 2 lit a BAO unwirksam war, durfte die belangte Behörde die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung ohne Rechtsverletzung unmittelbar an die Bf verfügen (Abs 1) bzw war sie dazu verpflichtet (Abs 2). Folglich hat die Beschwerdevorentscheidung am Bescheidqualität erlangt und der dagegen am Montag, den , mit Fax erhobene Vorlageantrag war nicht rechtzeitig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Falllösung war der Begriff des Verfahrens in § 103 Abs 2 lit a BAO auszulegen. Dabei konnte sich das BFG auf eine ständige und einheitliche Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofs stützen, sodass sich keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG gestellt hat. Mithin war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 95 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 103 Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 49 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 213 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 103 Abs. 2 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 103 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 95 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 8 RAO, Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868
§ 264 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Anmerkung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7105143.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at