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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.08.2022, RV/7100628/2021

Sonderausgaben: Steuerberatungskosten eines potentiell Haftenden iZm der für den Primärschuldner getätigten Selbstanzeige

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2023/13/0002. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7102539/2023 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7100628/2021-RS1
Gemäß § 18 Abs 1 Z 6 EStG sind Steuerberatungskosten, die an berufsrechtlich befugte Personen geleistet werden, als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung ist davon auszugehen, dass von diesem Tatbestand nur die eigenen Steuerberatungskosten des jeweiligen Abgabepflichtigen gemeint sind, zumal § 18 Abs 3 Z 1 EStG explizit jene Ausnahmefälle nennt, in denen Ausgaben für andere Steuerpflichtige geltend gemacht werden können.
RV/7100628/2021-RS2
Der Haftungsverpflichtete hat nicht nur seine eigenen Abgabenschulden betreffend ein Rechtsschutzinteresse und -bedürfnis, sondern auch dann, wenn er zur Haftung herangezogen wird, womit er zum Abgabenschuldner hinsichtlich der fremden Abgabenschuld wird. Ihm kommt auch in jenem Abgabenverfahren Parteienstellung zu. Daher erscheint es folgerichtig, auch dann Steuerberatungskosten iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG anzunehmen, wenn die vom Steuerpflichtigen in Anspruch genommene Beratungsleistung das Abgabenverfahren des Vertretenen betrifft, für den er haftet.
RV/7100628/2021-RS3
Dass die Steuerberatungskosten, wären sie beim Vertretenen angefallen, bei diesen Betriebsausgaben gewesen wären, muss unschädlich sein, weil es keine subjektübergreifende Betrachtung geben kann. Da im konkret vorliegenden Fall die potentielle Haftung des Bf mit einem unentgeltlichen und daher ertragsteuerlich unbeachtlichen Engagement als Funktionär eines gemeinnützigen Sportvereins zusammenhängt, können die damit zusammenhängenden Ausgaben bei ihm weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten darstellen.
RV/7100628/2021-RS4
Tatbestandsmerkmale der Selbstanzeige nach § 29 FinStrG sind die Offenlegung des Sachverhaltes und die rechtzeitige Entrichtung der verkürzten Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann. Nach dem wirtschaftlichen Gehalt bewertet, betrifft der Aufwand, der iZm einer Selbstanzeige betrieben wird, zum allergrößten Teil jene Handlungen, die erforderlich sind, um die Bemessungsgrundlagen einer Abgabe zu ermitteln und die Steuer zu entrichten. Wären diese Handlungen bereits ursprünglich gesetzt worden, stellten sie zweifelsfrei Steuerberatungskosten dar. Keine andere Wertung kann diesbezüglich getroffen werden, wenn die damit zusammenhängenden Ausgaben erst im Zuge einer Selbstanzeige anfallen. Damit ist es folgerichtig, dass auch seitens des BMF anerkannt ist, dass Kosten einer Selbstanzeige Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben (EStR 2000 Rz 1621) sein können. Jener Teil der Beratung, der auf die tatsächliche Erstattung der Selbstanzeige entfällt, ist derart verschwindend gering, dass er vernachlässigbar ist und somit Kosten einer Selbstanzeige grundsätzlich zur Gänze steuerlich abziehbar sind.
RV/7100628/2021-RS5
Die bloß abstrakte Stellung als potentiell nach § 9 BAO Haftender kann nicht ausreichen, um Steuerberatungskosten, die den Verein betreffen, als eigene Steuerberatungskosten des Haftenden anzusehen. Eine tatsächliche Inanspruchnahme des Haftenden ist nicht erforderlich für seine Stellung als Abgabepflichtiger (§ 77 BAO) und damit Partei des Abgabenverfahrens (§ 78 Abs 1 BAO), doch kann Abgabepflichtiger gemäß § 77 Abs 1 BAO nur sein, wer als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Sind aber grundlegende Tatbestandsmerkmale für eine Haftung nicht erfüllt, kommt man nicht einmal als Abgabepflichtiger in Betracht.
RV/7100628/2021-RS6
Auch, wenn ein Verein eigentümerlos ist, so sind doch im Verhältnis zwischen Verein und Mitglied verdeckte Ausschüttungen (vgl ; , 97/15/0212) und folglich auch verdeckte Einlagen steuerrechtlich möglich, zumal auch das Vereinsrecht Einlagen von Mitgliedern kennt (§ 30 Abs 2 VerG).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Caroline Toifl Rechtsanwalt GmbH, Geusaugasse 17, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich, § 323b BAO) vom betreffend Einkommensteuer 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.
Das Einkommen beträgt 98.256,91 Euro, die Einkommensteuer beträgt nach Absetzbeträgen und Rundung (§ 39 EStG) 36.658 Euro.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) war im Zeitraum 4/2016 - 6/2017 Präsident eines Sportvereins. Im Zeitraum 2/2015 - 3/2016 war er zweiter Obmann-Stellvertreter und Schriftführer, im Zeitraum 6/2014 - 1/2015 nur Schriftführer.

Lt. Vereinsregisterauszug vertreten der Präsident gemeinsam mit dem geschäftsführenden Obmann, bei deren Verhinderung einer der beiden Obmann-Stellvertreter, den Verein nach außen. Für den Verein bindende Schriftstücke sind vom Obmann bzw. dessen Stellvertreter und dem Schriftführer zu fertigen. In Geldangelegenheiten zeichnet der Obmann gemeinsam mit dem Kassier.

Im Vereinsregisterauszug werden als organschaftliche Vertreter des Vereins der Präsident, der Obmann, der Obmann-Stellvertreter, der Kassier, der Kassier-Stellvertreter sowie der Schriftführer angeführt.

Der Verein ist gemeinnützig iSd Bestimmungen der Bundesabgabenordnung.

Mit Schriftsatz vom wurde durch den Bf bei der Finanzstrafbehörde eine Selbstanzeige für den Zeitraum 1/2011 bis 6/2017 eingebracht. Die Verfehlung bestand für den offengelegten Zeitraum darin, dass durch den Verein Barzuwendungen, welche über die Beträge der Sportlerpauschale hinausgingen (teilweise) zu Unrecht nicht der Lohnbesteuerung unterworfen und keine Lohnkonten geführt wurden, womit es zu Abgabenverkürzungen kam. Die Offenlegung erfolgte für den Verein sowie für diverse Personen des Vereinsvorstandes, u.a. für den Bf.

Im Anschluss an die Selbstanzeige kam es zu einer GPLA-Prüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 Abs 2 FinStrG. Aufgrund der vollständigen Entrichtung der Lohnabgaben im Zuge der Selbstanzeige wurden gegenüber dem Verein als Arbeitgeber keine Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer erlassen.

Im Zuge der Einkommensteuererklärung 2018 wurden vom Bf EUR 73.922,06 an Sonderausgaben für Steuerberatungskosten iZm der Selbstanzeige und GPLA-Prüfung des Vereins geltend gemacht. Die tatsächliche Bezahlung durch den Bf ist unstrittig. Die Belege samt Leistungsverzeichnissen liegen dem Finanzamt vor und wurden dem BFG im Rahmen der Vorlage mitübermittelt. Lt. den Leistungsverzeichnissen der Honorarnoten sind die Steuerberatungskosten im Wesentlichen für folgende Bereiche angefallen:

- Einbringung der Selbstanzeige

- Betreuung/Begleitung GPLA Prüfung des Vereins

- Steuerrechtliche Beratung (Sportlerpauschale etc.)

- Strafrechtliche Beratung

Die Einkommensteuerveranlagung erfolgte ursprünglich erklärungsgemäß und wurde in weiterer Folge im Rahmen einer Wiederaufnahme abgeändert und die o.a. Sonderausgaben nicht anerkannt. Dies wird mit der vorgelegten Beschwerde nun bekämpft. Die Wiederaufnahme des Verfahrens wird nicht bekämpft.

Im Wesentlichen stützt sich die Argumentation des Bf darauf, dass die Kosten für die steuerliche Beratung iZm der Selbstanzeige des Vereines unter dem Blickwinkel des § 9 BAO vom Bf. als potentieller Haftungsverpflichteter für die Abgaben des Vereines getragen werden mussten und der Abzug als Sonderausgaben demnach zustehen müsse. Der Verein sowie andere Vorstandsmitglieder seien nicht imstande gewesen, die Kosten wirtschaftlich zu tragen. Die Zahlung der Steuerberatungskosten (sowie die Abgabenschulden des Vereins) hätten die Strafbarkeit nach dem FinStrG verhindert. Eine Freiwilligkeit in der Übernahme dieser Aufwendungen liege demnach nicht vor. Zudem wären die Abgaben ohne die Initiative und Kostenübernahme des Bf nicht entrichtet worden bzw im Fall der Tatentdeckung der mit dem Abgaben- und Haftungsverfahren zu betreibende Aufwand ungemein höher ausgefallen.

Dem gegenüber argumentiert die belangte Behörde:

1. Die angefallenen Steuerberatungskosten stellten Betriebsausgaben des Vereines dar und nicht Sonderausgaben beim Bf. Die Eigenschaft als Betriebsausgaben werde auch dadurch nicht beseitigt, wenn in weiterer Folge ein Vertreter gemäß § 9 BAO zur Haftung herangezogen wird, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist (; ). Der Bf habe für seine Tätigkeit beim Verein keine Einkünfte bezogen. Die Übernahme erfolgte freiwillig und ohne jegliche Verpflichtung.

2. Sonderausgaben seien grundsätzlich Privatausgaben, deren Abzug der Gesetzgeber aus besonderen sozial-oder wirtschaftspolitischen Erwägungen zugelassen hat. Die finanzstrafrechtliche Beratung im Zusammenhang mit der Erstattung einer Selbstanzeige, nachdem sich jemand eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, gehe über die Ratio legis des § 18 Abs. 1 Z 6 EStG hinaus. Im Finanzstrafverfahren stehe nicht die Steuerberatung im Vordergrund. Daher seien die Kosten auch als Sonderausgaben nicht abzugsfähig (BFH-Urteil vom , BStBl. 1990 II S. 20).

4. Der Bf habe bis 6/2014 überhaupt keine Funktion im Verein innegehabt, demnach scheide eine Beitragstäterschaft aus. Im Zeitraum von 6/2014-1/2015 bzw. 2/2015-3/2016 war der Bf Schriftführer bzw. zweiter Obmann-Stellvertreter. In diesen Funktionen sei er nicht mit Geldangelegenheiten befasst gewesen. Folgte man der Ansicht des Bf, so wären die Kosten auf den Zeitraum einer nach Außen vertretungsbefugten Funktion einzuschränken.

5. Gespräche des Bf mit dem Verein betreffend Übernahme der Kosten seien laut Bf gescheitert, weil der Verein die Kosten nicht tragen könne und wolle; der Verein sei jedoch Abgabenschuldner der hinterzogenen Abgaben. Der Einwand eines Abgabenschuldners, er möchte die ihn treffenden Abgabenschulden nicht zahlen, könne einen Dritten, der nicht Schuldner dieser Abgaben ist, nicht davon abhalten, die Aufwände vom Verpflichteten einzufordern, ansonsten die Tatsache der Freiwilligkeit umso mehr bekräftigt werde.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung und des weiteren Verfahrens vor dem BFG wurden die Zahlungen des Bf, die Aufteilung der finanziellen Lasten der Abgabenschulden unter den Funktionären und die finanzielle Lage des Vereins erörtert und Vermögensaufstellungen sowie Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen des Vereins vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf war von April 2016 bis Juni 2017 Präsident eines Sportvereins. Zuvor übte er dort ab Februar 2015 die Funktion des zweiten Obmann-Stellvertreters aus und im Zeitraum von Juni 2014 bis März 2016 jene des Schriftführers.

Nach den Statuten des Vereins wird dieser vom Präsidenten und dem Geschäftsführenden Obmann nach außen vertreten. Den Verein bindende Schriftstücke sind vom Präsidenten und Schriftführer, in Geldangelegenheiten vom Präsidenten und Kassier zu zeichnen. Bei Verhinderung des Präsidenten zeichnet ein Stellvertreter. Aufgabenteilung war im Präsidium keine festgelegt.

Am wurde durch den Bf für sich und weitere vier Funktionäre aus seiner Funktionsperiode sowie für den Verein eine Selbstanzeige erstattet, weil beim Verein angestellte Sportler in den Jahren 2011 bis 2017 über die steuerfreien Pauschalen des § 3 Abs 1 Z 16c EStG hinaus Zahlungen geleistet worden sind, ohne dass Lohnkonten geführt wurden und die Lohnsteuer entrichtet worden wäre. Kenntnis hatte der Bf von diesen Vorgängen ab 2015.

Folgende Summen wurden in der Selbstanzeige erklärt (gerundet): Lohnsteuer 12.768 Euro, DB/DZ 20.988 Euro, SV 164.876 Euro, BV 7.344 Euro, KommSt 14.837 Euro, U-Bahn-Steuer 628 Euro, in Summe 221.443 Euro; davon wurden 33.756 Euro an das Finanzamt, 172.220 Euro an Sozialversicherungsträger und der Rest an die Gemeinde Wien überwiesen.

Die aus der Verkürzung bestandenen Abgabenrückstände an Lohnsteuer wurden vom Bf entrichtet und von ihm und den anderen von der Selbstanzeige erfassten Funktionären zu ungefähr gleichen Teilen getragen. Die ebenfalls angefallenen Lohnnebenkosten gegenüber der Sozialversicherung hat der Bf zur Hälfte getragen, die andere Hälfte die übrigen Funktionäre. Sämtliche mit der Selbstanzeige und dem GPLA-Verfahren zusammenhängenden Honorarnoten von Steuerberatungskanzleien waren auf den Namen des Beschwerdeführers ausgestellt und wurden alleine von ihm bezahlt und getragen. Die Selbstanzeige erfolgte am für die Jahre 2011-2017. Im Anschluss wurde eine Gemeinsame Prüfung Lohnabhängiger Abgaben (GPLA) beim Verein durchgeführt.

Der Bf hat weder für die Abgaben noch für die ihm erwachsenen Verfahrenskosten nennenswerte Regressanstrengungen gegenüber dem Verein unternommen, weil er sie freiwillig übernommen hat. Es ging ihm nicht um die Abwehr einer aus seiner Organtätigkeit drohenden Haftung nach § 9 BAO, sondern lediglich um die Abwehr eines allenfalls drohenden Finanzstrafverfahrens, ohne den gewohnten Ablauf des Vereinsbetriebes durch behördliche Verfahren oder Zahlungsverpflichtungen zu gefährden.

Nach den Ausführungen des Bf und den vorliegenden Unterlagen stellte sich die finanzielle Situation des Vereins wie folgt dar:

Der Bf gibt an, in der ersten Sitzung (2014), der er beiwohnte, habe der Kassier bekanntgegeben, dass Schulden von 200-250.000 Euro bestünden, die sich zusammensetzten aus 40.000 Euro offenen Rechnungen der Kantine (Lieferungen, Gehälter), 20.000 Kredit (Küchenausstattung), 50.000 Euro offene Wasserrechnungen des vereinseigenen Freibades, 10.000 Euro für den Tausch einer Wasserpumpe, 45.000 Euro für Baumpflege und Instandhaltung der Rasenplätze, 20.000 Euro noch nicht ausbezahlte Sportlerpauschalen und 100.000 Euro für den laufenden Betrieb der Sportanlage.

Wie der Bf weiters angibt, konnten durch private Zuschüsse der Vereinsfunktionäre im Ausmaß von 230.000 Euro (davon 70.000 Euro durch den Bf) und durch die Akquisition neuer Sponsoren diese Vereinsschulden getilgt werden. So stellt sich die Vermögens- und Ertragslage der Folgejahre derart dar, dass

  1. im Jahr 2015 130.303,56 Euro Einnahmen und 6.747,89 Euro Gewinn erzielt wurden;

  2. im Jahr 2016 Anlagevermögen von rund 27.000 Euro, Umlaufvermögen von rund 100.000 Euro, Verbindlichkeiten von rund 94.000 Euro (davon knapp 46.000 Euro Darlehen von Vereinsmitgliedern) und ein Reinvermögen von 32.955,32 Euro ausgewiesen sind sowie Erlöse von 354.670,81 Euro und ein Gewinn von 66.199,80 Euro erzielt wurden;

  3. im abweichenden Wirtschaftsjahr - in der Bilanz Anlagevermögen von rund 31.000 Euro, Umlaufvermögen von rund 13.000 Euro, Fremdkapital von rund 297.000 Euro (davon knapp 22.000 Euro Darlehen und 178.352,44 Euro Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsanstalten) und im Eigenkapital ein Jahresverlust von 224.418,67 Euro ausgewiesen sind sowie laut GuV Erlöse von rund 575.000 Euro erzielt wurden.
    Allerdings sind im Verlust auch 224.239,34 Euro "Aufwand GPLA" enthalten, die der Verein letztlich nicht getragen hat; gleiches gilt für die Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsanstalten.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und den unbedenklichen Parteienvorbringen und ist größtenteils unstrittig.

Die Feststellung der freiwilligen Übernahme der Abgaben und insbesondere der Verfahrenskosten des Vereines ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Der Bf hat sich bereits im Jahr 2014 mit einem beträchtlichen Kapitaleinsatz (70.000 Euro) dafür eingesetzt, den Fortbestand des Vereines zu sichern. Der nunmehrige Einsatz im Rahmen der gänzlichen Tragung der Verfahrenskosten hat nicht damit zu tun, dass der Bf Haftungsansprüche gegen sich abwenden wollte, denn einer allenfalls drohenden Haftung ist er durch die Zahlung der Abgaben zuvorgekommen.

Ein fremder Dritter hätte sich beim Verein hinsichtlich jener Ausgaben regressiert, die er für den Verein entrichtet hat.

Es mag zwar - wie u.a. in der mündlichen Verhandlung geäußert - zutreffen, dass der Verein bei einer Vorschreibung der Abgaben insolvent geworden wäre und dass keine hinreichend lange Stundung durch die Abgabenbehörde hätte erzielt werden können. Es erscheint aber nicht plausibel, weshalb der Bf überhaupt nicht - weder anteilig noch mit einem langen Zahlungsziel - versucht hat, seine Auslagen vom Verein ersetzt zu erhalten. Immerhin hätte der Verein seinerseits die Möglichkeit gehabt, sich beim Trainer und den Spielern zu regressieren; die lapidare Behauptung, auch bei sämtlichen Spielern läge Uneinbringlichkeit vor, greift zu kurz und überdeckt die - ebenfalls konzedierte - Tatsache, dass seitens des Vereins (in Form des nachfolgenden Präsidiums) kein Wille und Interesse bestanden hat, derartigen Regressansprüchen nachzugehen.

Angesichts der Ertragslage des Vereines (Erlöse weit über 300.000 Euro) und der Regressmöglichkeiten des Vereines wäre es für den Bf aussichtsreich gewesen, seine Auslagen ersetzt zu bekommen. Diese Möglichkeiten nicht verfolgt zu haben, kann einzig damit erklärt werden, dass der Bf von vornherein intendiert hatte, die Verfahrenskosten des Vereines genauso freiwillig als finanzielle Unterstützung zu übernehmen, wie er bereits drei Jahre vorher den Verein durch unmittelbare Zahungsflüsse an den Verein vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Ausgaben des Haftungsverpflichteten als Steuerberatungskosten

Der Verein ist als Arbeitgeber verpflichtet, für seine Dienstnehmer Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen (§§ 78 f BAO). Dafür haftet er dem Bund nach § 82 EStG unabhängig von einer allfälligen Inanspruchnahme oder Einbringlichkeit der Steuer bei den betreffenden Dienstnehmern (vgl § 83 EStG).

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden (§ 80 Abs 1 BAO). Sie haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Pflichtverletzung nicht eingebracht werden können (§ 9 Abs 1 BAO).

Die Vertreterhaftung setzt somit einerseits voraus, dass die Abgabenschuld beim Vertretenen uneinbringlich ist, wofür es nicht erforderlich ist, dass Einbringungsversuche gescheitert sind; es reicht vielmehr, dass von vornherein mit der Einbringlichkeit nicht gerechnet werden kann (vgl zB mwN). Andererseits bedarf es einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters, die zudem für die Uneinbringlichkeit ursächlich sein muss (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 9, 51 mit Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar 137; ; , 95/15/0163; , 2006/15/0073).

Erst dadurch, dass Haftende mittels Haftungsbescheid (§ 224 Abs 1 BAO) zur Haftung herangezogen werden, werden sie gemäß § 7 BAO zu Abgabenschuldnern (Gesamtschuldnern). Ungeachtet dessen ist auch ein potentiell Haftender bereits als Abgabepflichtiger anzusehen (§ 77 Abs 2 BAO) und damit Partei des Abgabenverfahrens des Vertretenen (§ 78 Abs 1 BAO).

Gemäß § 18 Abs 1 Z 6 EStG sind Steuerberatungskosten, die an berufsrechtlich befugte Personen geleistet werden, als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung ist davon auszugehen, dass von diesem Tatbestand nur die eigenen Steuerberatungskosten des jeweiligen Abgabepflichtigen gemeint sind, zumal § 18 Abs 3 Z 1 EStG explizit jene Ausnahmefälle nennt, in denen Ausgaben für andere Steuerpflichtige geltend gemacht werden können.

Der Haftungsverpflichtete hat jedoch nicht nur seine eigenen Abgabenschulden betreffend ein Rechtsschutzinteresse und -bedürfnis, sondern auch dann, wenn er zur Haftung herangezogen wird, womit er zum Abgabenschuldner hinsichtlich der fremden Abgabenschuld wird. Ihm kommt auch in jenem Abgabenverfahren Parteienstellung zu. Daher erscheint es folgerichtig, auch dann Steuerberatungskosten iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG anzunehmen, wenn die vom Steuerpflichtigen in Anspruch genommene Beratungsleistung das Abgabenverfahren des Vertretenen betrifft, für den er haftet.

Dass die Steuerberatungskosten, wären sie beim Vertretenen angefallen, bei diesem Betriebsausgaben gewesen wären, muss unschädlich sein, weil es keine subjektübergreifende Betrachtung geben kann. Da im konkret vorliegenden Fall die potentielle Haftung des Bf mit einem unentgeltlichen und daher ertragsteuerlich unbeachtlichen Engagement als Funktionär eines gemeinnützigen Sportvereins zusammenhängt, können die damit zusammenhängenden Ausgaben bei ihm weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten darstellen.

Dem Grunde nach sind daher Steuerberatungskosten als Sonderausgaben zu betrachten, die dem Bf als potentiell Haftendem im Zusammenhang mit einem Steuerverfahren des Vereins erwachsen. Es soll aber zunächst dahingestellt bleiben, ob die abstrakte Stellung als Haftender bereits ausreicht, ob die Inanspruchnahme wahrscheinlich sein muss und inwieweit eine Aufteilung zu erfolgen hätte und die Abziehbarkeit dieser Ausgaben für jenen Anteil ausgeschlossen sein könnte, der dem Verein in seinem eigenen Steuerverfahren als Nutznießer zuzurechnen ist.

Kosten einer Selbstanzeige als Steuerberatungskosten

Vorerst ist zu klären, ob die vom Bf begehrten Ausgaben überhaupt als Steuerberatungskosten iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG anzusehen sind. Der Begriff umfasst allgemein die Beratung und Hilfeleistung in Abgabensachen; er ist nicht auf bestimmte Steuerarten beschränkt ( mit Hinweis Hofstätter/Reichel, EStG 1988 III B, Tz 1 zu § 18 Abs 1 Z 6). Eingeschlossen ist auch die Vertretung vor den Abgabenbehörden (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 18 Rz 115).

Die hier strittigen Ausgaben stehen im Zusammenhang mit einer Selbstanzeige. Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verfehlung darlegt (§ 29 Abs 1 FinStrG). Die vom Bf beauftragten und bezahlten Beratungsleistungen stehen somit vordergründig nicht im Zusammenhang mit einer Abgabensache, sondern dienen vornehmlich dazu, im Rahmen eines (vor der Finanzstrafbehörde bzw. dem Strafgericht zu führenden) Finanzstrafverfahrens eine Strafe abzuwenden.

Die Beratung bzw Vertretung in Finanzstrafverfahren ginge aber über den Begriff der Steuerberatungskosten iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG hinaus, diesbezüglich liegen somit nach hM keine Sonderausgaben vor (vgl Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 18 Rz 94; Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 18 Rz 248; BFH , X R 43/86, BStBl II 90, 20; Herzog, RdW 1990, 175).

Diese Einschränkung wird teilweise kritisch gesehen (JAKOM/Peyerl, EStG, 2021, § 18 Rz 120 im Fall von Freispruch oder Einstellung bzw in Hinblick auf die Rechtsprechung zu den Kosten der Strafverteidigung), und auch das BMF ist der Ansicht, Kosten einer Selbstanzeige können Sonderausgaben darstellen (vgl EStR 2000 Rz 1621).

Tatbestandsmerkmale der Selbstanzeige nach § 29 FinStrG sind die Offenlegung des Sachverhaltes und die rechtzeitige Entrichtung der verkürzten Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann. Nach dem wirtschaftlichen Gehalt bewertet, betrifft der Aufwand, der iZm einer Selbstanzeige betrieben wird, zum allergrößten Teil jene Handlungen, die erforderlich sind, um die Bemessungsgrundlagen einer Abgabe zu ermitteln und die Steuer zu entrichten. Wären diese Handlungen bereits ursprünglich gesetzt worden, stellten sie zweifelsfrei Steuerberatungskosten dar. Keine andere Wertung kann diesbezüglich getroffen werden, wenn die damit zusammenhängenden Ausgaben erst im Zuge einer Selbstanzeige anfallen. Damit ist es folgerichtig, dass auch seitens des BMF anerkannt ist, dass Kosten einer Selbstanzeige Betriebsausgaben, Werbungskosten oder eben Sonderausgaben (EStR 2000 Rz 1621) sein können. Jener Teil der Beratung, der auf die tatsächliche Erstattung der Selbstanzeige entfällt, ist derart verschwindend gering, dass er vernachlässigbar ist und somit Kosten einer Selbstanzeige grundsätzlich zur Gänze steuerlich abziehbar sind.

Zeitliche Abgrenzung der relevanten Steuerberatungskosten

Auch, wenn der Bf erst ab dem Juni 2014 ein vertretungsbefugtes Organ des Vereins war, kann auch für davor entstandene Abgabenansprüche eine Haftung bestehen, weil die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschulden erst mit deren Abstattung endet (zB ; , 98/17/0250; , 2000/15/0119; , 2013/16/0208). Die juristische Person bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr bzw Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen, und zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist ihr Leitungsorgan verhalten. Wer die Geschäftsführung einer Körperschaft (neu) übernimmt, hat sich darüber zu unterrichten, ob und in welchem Umfang sie bisher ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen erfüllt hat (vgl ). Dem Betreffenden obliegt die Beweislast, dass er sich in diesem Sinn unterrichtet hat ().

Ein Amt als organschaftlicher Vertreter hatte der Bf ab Juli 2014 inne, von der Praxis der Schwarzgeldzahlungen wusste er ab 2015 und hat sie bis zum Ende seiner Tätigkeit (Juni 2017) mitgetragen.

Weitere Voraussetzung ist eine schuldhafte Pflichtverletzung, die zur Uneinbringlichkeit beim Vertretenen führt. Wie dargestellt wurde, war die finanzielle Lage des Vereins Mitte 2014 prekär, denn zu einem Gutteil konnten Kosten des laufenden Betriebes nicht gedeckt werden. Erst durch massive Zuschüsse von Mitgliedern - u.a. des Bf - und das Auftreiben neuer Sponsoren ab 2015 verbesserte sich die Liquidität des Vereins.

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so trifft den Vertreter kein Verschulden iSd § 9 Abs 1 BAO. Ein Verschulden des Geschäftsführers am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ist für die abgabenrechtliche Haftung ebensowenig von Bedeutung wie ein Verstoß gegen die Pflicht, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertretenen zu stellen (; , 90/15/0176).

Rechtsvoraussetzung für die Heranziehung des Beschwerdeführers als Haftungspflichtiger ist nicht, dass die Abgabenschuldigkeiten des Vereines nicht nur bei diesem, sondern auch bei den früheren Obmännern nicht einbringlich sind, sondern allein, dass Abgabenschuldigkeiten beim Verein als Primärschuldner nicht eingebracht werden können. Kommen aber mehrere (hier: nacheinander bestellt gewesene) Vertreter des Primärschuldners als Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen in Anspruch genommen wird, entsprechend zu begründen ().

Aus dieser Rechtsprechung zu den Haftungsvoraussetzungen folgt, dass eine Inanspruchnahme des Bf für die Jahre 2011 bis 2014 auszuschließen ist, denn einerseits wiegt die Schuld der Vorgängerfunktionäre sicher schwerer als jene des Bf, zumal er anfänglich nur nach dem Vier-Augen-Prinzip als Mitzeichnender für laufende Geschäfte eine Vertreterfunktion innehatte; andererseits und vor allem aber war die finanzielle Lage des Vereines vor 2015 derart schlecht, dass keine liquiden Mittel zur Verfügung gestanden sind. Erst durch Maßnahmen, an denen der Bf maßgeblich beteiligt war, konnte die wirtschaftliche Lage derart verbessert werden, dass der Verein überhaupt in die potentielle Möglichkeit versetzt worden ist, seine Abgabenschuldigkeiten zu begleichen. Eine diesbezügliche Untätigkeit des Bf führte somit zu keiner Verschlechterung sondern im Gegenteil zu einer Verbesserung der Einbringlichkeit bezogen auf Altschulden und Abgabenverbindlichkeiten aus Vorperioden.

Seinen Vorgänger als Präsident zur Haftung heranzuziehen, wäre im Rahmen des Ermessens weitaus eher geboten gewesen. Unabhängig von seinem Verhalten wären die Abgaben der Jahre 2011-2014 nicht einbringlich gewesen. Damit scheidet jedenfalls für den Zeitraum 2011-2014 eine Haftung des Bf aus. Die bloß abstrakte Stellung als potentiell nach § 9 BAO Haftender kann jedoch nicht ausreichen, um Steuerberatungskosten, die den Verein betreffen, als eigene Steuerberatungskosten des Haftenden anzusehen.

Eine tatsächliche Inanspruchnahme des Haftenden ist nicht erforderlich für seine Stellung als Abgabepflichtiger (§ 77 BAO) und damit Partei des Abgabenverfahrens (§ 78 Abs 1 BAO) - siehe dazu bereits die Ausführungen weiter oben -, doch kann Abgabepflichtiger gemäß § 77 Abs 1 BAO nur sein, wer als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Sind aber grundlegende Tatbestandsmerkmale für eine Haftung nicht erfüllt, kommt man nicht einmal als Abgabepflichtiger in Betracht. Ausgaben iZm den Abgabensachen des Vereins können nur insoweit grundsätzlich geltend gemacht werden, als sie den Zeitraum 2015-2017 betreffen. In diesem Zeitraum hat der Verein - unter Außerachtlassung der verkürzten Abgaben - Gewinne erwirtschaftet, war nicht von vornherein außerstande, seine abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, und der Bf war organschaftlicher Vertreter, letztlich als Präsident, der weder für die Dauer seiner Präsidentschaft noch für die davor gelegene wirtschaftlich gute Zeit ab 2015, in der er auch organschaftlicher Vertreter (Obmann-Stellvertreter) war und die Schwarzgeldpraxis mitgetragen hat, an der ordnungsgemäßen Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten mitgewirkt hat.

Ein von Anfang an sorgfältiges Wirtschaften hätte den Verein wohl nicht in die Lage gebracht, dass im Zeitpunkt der Selbstanzeige die bis dahin angefallenen Abgaben und Lohnnebenkosten nicht entrichtet werden können. Die Bilanz zum zeigt, dass der Verein unter Berücksichtigung der für ihn entrichteten Lohnabgaben ein negatives Eigenkapital von -253.476,68 Euro ausweist. Auch bei wirtschaftlich guter Führung und nachhaltigen Umsätzen von über 500.000 Euro (wie im Jahr 2017) und Gewinnen über 50.000 Euro (wie im Jahr 2016) ist davon auszugehen, dass eine vollständige Abgabenentrichtung durch den Verein nicht zu erwarten ist. Es erscheint daher zumindest tatbestandlich möglich, dass für diesen Zeitraum eine Haftungsinanspruchnahme des Bf gedroht hätte. Damit kam der Bf für Abgaben ab 2015 als Abgabenschuldner in Betracht, war somit als Abgabepflichtiger anzusehen, und es war ihm Parteienstellung in den Abgabenverfahren des Vereins zuzugestehen.

Aus diesem eigenen Rechtsschutzinteresse heraus wären daher grundsätzlich Steuerberatungskosten, die den Verein für die Jahre 2015 bis 2017 betreffen, auch als eigene Steuerberatungskosten des Bf iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG zu werten. Dabei erscheint die geschätzte Kostenaufteilung nach der jährlichen Anzahl der Dienstnehmer, wie sie von der steuerlichen Vertretung aufgeschlüsselt wurde (Beilage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung), sachgerecht, weil es sich um Abgaben iZm diesen Dienstverhältnissen handelt und der jährliche Beratungsaufwand maßgeblich von der Anzahl der Dienstnehmer abhängt. Demzufolge entfallen 51,5 % der Beratungskosten (38.066,71 Euro) auf den Zeitraum 2015-2017.

Betragliche Abgrenzung der relevanten Steuerberatungskosten

Hier hat der Bf von vornherein im Sinn gehabt, für das Steuerverfahren des Vereins aufzukommen und sowohl die Verfahrenskosten als auch die Steuern des Vereins zu übernehmen. Es ging ihm in erster Linie nicht um die eigenen abgabenrechtlichen Interessen als Haftender. Es ging ihm vor allem um die Existenz des Vereines, dessen Bestand er erhalten wollte - aus eigenem Antrieb und durch die Nahebeziehung geleitet, in der er als Mitglied zum Verein steht. Wirtschaftlich betrachtet, stellt sein Engagement demnach eine (verdeckte) Einlage in die juristische Person dar, deren Mitglied er ist.

Auch, wenn ein Verein eigentümerlos ist, so sind doch im Verhältnis zwischen Verein und Mitglied verdeckte Ausschüttungen (vgl ; , 97/15/0212) und folglich auch verdeckte Einlagen steuerrechtlich möglich, zumal auch das Vereinsrecht Einlagen von Mitgliedern kennt (§ 30 Abs 2 VerG).

Es war zwar aus Sicht des Bf für die Selbstanzeige erforderlich, die Abgabe berechnen zu lassen und für ihre Entrichtung zu sorgen, doch hätte jeder fremde Dritte im Anschluss daran danach getrachtet, die für den Verein nützlichen Ausgaben, also jene der Steuerberatung, die der Verein bei ordnungsgemäßer Gebarung ohnehin hätte aufwenden müssen, von diesem erstattet zu bekommen.

Vernachlässigbar ist aus Sicht des Bf, dass er von seinen potentiell mithaftenden Vorstandskollegen, die er in der Selbstanzeige strafbefreiend mitgenannt hat, keinen Ersatz der Verfahrenskosten gefordert hat. Aufgrund seiner Letztverantwortung als Präsident und wegen finanziell guten Stellung war es wahrscheinlich, dass der Bf zur Haftung heranzuziehen gewesen wäre, nicht aber seine Kollegen. Somit war deren Teilübernahme der Steuern und die Übernahme der Verfahrenskosten durch den Bf ein freundschaftlicher Abtausch zwischen ihnen. In Summe und gegenüber dem Verein steht aber auf Seiten der die Abgaben übernehmenden Personen die Freiwilligkeit zur Rettung des Vereinsbetriebes im Vordergrund.

Durch diese augenscheinliche Freiwilligkeit sind die damit zusammenhängenden Ausgaben somit auch insoweit nicht als Steuerberatungskosten iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG zu verstehen, als sie die abgabenrechtlichen Interessen des Vereins betreffen. So, wie ganz allgemein bei Leistungsbeziehungen zwischen Körperschaft und Gesellschafter (bzw hier: Mitglied) zu unterscheiden ist zwischen fremdüblichen Elementen, die auf beiden Seiten ertragsteuerlich beachtlich sind, und Vermögensflüssen, die societatis causa erfolgen und steuerlich nicht als Einnahmen bzw Ausgaben zu erfassen sind, liegt auch hier letzteres vor, und damit sind die vom Bf für den Verein übernommenen Steuerberatungskosten insoweit nicht einer abgabenrelevanten Sphäre zuordenbar.

Die Steuerberatungskosten zur Gänze als rein aus der Mitgliedstellung erklärbare und veranlasste Zahlungen für den Verein zu behandeln, wäre aber zu weitreichend. Ungeachtet der Freiwilligkeit besteht natürlich ein Eigeninteresse des Haftungsverpflichteten, dass einerseits die Steuern des Vereins korrekt ermittelt werden und andererseits die Folgen seines abgabenrechtlichen Handelns (bzw Unterlassens) nicht in einem Finanzstrafverfahren münden. Auf eine Zwangsläufigkeit kommt es im Rahmen des § 18 EStG - anders etwa als bei außergewöhnlichen Belastungen - nicht an.

Die Interessenlage zwischen Verein und Haftendem zu quantifizieren, ist schwierig. Daher erscheint es sachgerecht, eine Hälfte-Teilung vorzunehmen und beim Bf somit 50 % der für 2015-2017 angefallenen Kosten zum Abzug zuzulassen. Dass auch andere Vorstandsmitglieder durch ihre Nennung in der Selbstanzeige profitieren, wird - wie bereits kurz ausgeführt - als vernachlässigbar gewertet, denn durch die Stellung des Bf als für das Handeln des Vereins Letztverantwortlicher in Verbindung mit der guten Einbringlichkeit bei ihm ist seine Haftungsinanspruchnahme wahrscheinlich, während jene der anderen Präsidiumsmitglieder im Gegenzug höchst unwahrscheinlich ist: Erstens ist ihr mögliches Verschulden gegenüber dem des Präsidenten deutlich geringer, zweitens gibt der Bf selbst an, dass die Vermögenslage der anderen Funktionäre bei ihnen zu einer geringeren Einbringlichkeit führte (vgl Mailverkehr zwischen Herbert Toifl (taxbert & Partner Steuerberatung GmbH) und Alois Depauly (Finanzamt) vom ).

Der Bf kann daher die Hälfte der auf die Jahre 2015 bis 2017 entfallenden Ausgaben (50 % von 38.066,71 Euro, somit 19.033,36 Euro der ausgewiesenen Steuerberatungskosten) nach § 18 Abs 1 Z 6 EStG als Sonderausgaben abziehen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Sowohl zu der Frage, ob Kosten einer Selbstanzeige Steuerberatungskosten iSd § 18 Abs 1 Z 6 EStG 1988 sind, als auch zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß ein potentiell nach § 9 BAO Haftender Steuerberatungskosten geltend machen kann, die für ein Abgabenverfahren des Vertretenen aufgewendet werden, fehlt eine höchstgerichtliche Rechtsprechung. Daher war die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 8 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 Abs. 2 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002
Verweise
Zitiert/besprochen in
Borns/Hubmann in
Toifl/Sautter in ZSS 2022, 159
ZWF 2023, 267
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100628.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at