Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2020, RV/1100284/2019

Beurteilung eines geplanten Verkaufs eines Grundstückes einer gemeinnützigen Bauvereinigung als steuerfreie Hauptgeschäft oder als steuerpflichtige konnexes Geschäft.

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/15/0024. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Feststellung gemäß § 6a Abs. 3 KStG 1988 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Es wird festgestellt, dass die geplante Veräußerung einer Teilfläche von 7.396 m² des Gst.-Nr. a in EZ b., KG c., zu einem Verkaufspreis von 800,00 Euro je m² an die PS. H. eGen unter § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgestzes-WGG 1979 fällt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigung in der Rechtsform einer GmbH.

Mit Eingabe vom stellte sie an das Finanzamt den Antrag gemäß § 6a Abs. 2 und 3 KStG 1988 auf Feststellung, ob die beabsichtigte Veräußerung einer Teilfläche eines in ihrem Eigentum befindlichen Grundstückes in der Gemeinde H. im Ausmaß von 7.396 m² an die gemeindeeigene PS. H. eGen zu einem Kaufpreis in Höhe von 800,00 Euro je m² in den steuerbefreiten Geschäftskreis gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz 1979 i.d.g.F (WGG) fällt oder nicht und im Falle der Verneinung dieser Frage die unbeschränkte Steuerpflicht auf dieses Rechtsgeschäft einzuschränken.

Den Antrag erläuternd führte die Bf. aus, sie sei aufgrund des Kaufvertrages vom Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ b., GB c. H., mit der Gst.-Nr. a im Gesamtausmaß von 12.970 m2. Auf dem östlichen Teil dieser Liegenschaft habe sie auf einer Fläche von ca. 5.574 m2 im Jahre 2001 den 1. Bauabschnitt der Mietwohnanlage d. H.-Straße1 mit insgesamt 60 Wohnungen errichtet. Ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, auf dem restlichen Teil dieser Liegenschaft einen weiteren Bauabschnitt mit derselben Anzahl von Wohnungen zu errichten. In der Zwischenzeit habe aber der Bedarf an gemeinnützigen Wohnungen mit der Verwirklichung von Projekten an anderen Standorten abgedeckt werden können, weshalb diese Liegenschaft derzeit als Vorratsgrundstück diene.

Aufgrund der starken Konzentration von gemeinnützigem Miet- und privatem Investorenwohnbau im Bereich H.-Straße2/Straße1 sei es der Wunsch der Gemeinde, dass eine weitere Verbauung für Wohnzwecke nicht forciert werde. Die Gemeinde beabsichtige daher, die noch unbebaute Restfläche im Verbund mit den der Marktgemeinde H. bereits gehörenden, angrenzenden bzw. noch zu erwerbenden Grundflächen künftig für infrastrukturelle Zwecke im Zuge der Hafenentwicklung zu verwerten. Der Bürgermeister der Gemeinde H., ***Bgm***, habe deshalb angeregt, dass die Bf. die unbebaute Restfläche des Gst.-Nr. a im Ausmaß von 7.396 m2 an die PS. H. eGen veräußere. Diese Veräußerung solle aber durch den Erwerb einer anderen für den Mietwohnungsbau geeigneten Liegenschaft in H. Ortsteil B. kompensiert werden, wo mit zwei weiteren Bauträgern eine Bebauung umgesetzt werden solle.

Es sei daher folgende Vorgehensweise geplant:

  1. Die Bf. veräußert die westlich gelegene Restfläche des Grundstücks Nr. a in EZ f GB H. im Ausmaß von 7.396 m² zu einem Kaufpreis in Höhe von 800,00 Euro je m² an die PS. H. eGen.

  2. Mit der Gemeinde H. wird vertraglich vereinbart, dass auf dieser Restfläche kein Wohnbau realisiert werden darf. Zur Absicherung dieser Vereinbarung dient ein grundbücherliches Rückkaufsrecht zugunsten der Bf.

  3. Die Bf. erwirbt eine Teilfläche des im Eigentum der Gemeinde H. stehenden und neu zu bildenden Grundstück Nr. e. GB H. im Ausmaß vom 7.080m² zu einem Kaufpreis in Höhe von 600,00 Euro je m².

Mit dem angefochtenen Feststellungsbescheid leistete das Finanzamt dem Primärantrag keine Folge. Es stellte vielmehr fest, dass die geplante Grundstücksveräußerung nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG falle. Dem Eventualantrag gab es hingegen statt und beschränkte die unbeschränkte Steuerpflicht der Bf. auf diese Grundstücksveräußerung unter der Auflage, dass für dieses Geschäft ein gesonderter Rechnungskreis geführt wird. Geschieht dies nicht, verliert diese Beschränkung ohne weiteres Zutun der Behörde ihre Wirkung.

Zur Begründung verwies es im Wesentlichen auf die Ausführungen in der am gegenüber dem Amt der Vorarlberger Landesregierung abgegebenen Stellungnahme, wonach es sich bei der beabsichtigten Grundstücksveräußerung um ein konnexes Zusatzgeschäft im Sinne des § 7 Abs. 4 WGG handle, weil mit diesem Verkaufsgeschäft mehr als die Hälfte eines Grundstücks verkauft werde. Das Amt der Vorarlberger Landesregierung sei dieser Stellungnahme gefolgt und habe mit Bescheid vom , Zl. g, festgestellt, dass die geplante Veräußerung ein konnexes Zusatzgeschäft sei. Auf die Begründung in diesem Bescheid werde verwiesen.

Die Begründung im Bescheid des Amtes der Vorarlberger Landesregierung, auf die das Finanzamt hier verwiesen hat, lautete in Auszügen wie folgt: "Die Frage, ob die Veräußerung als unbedingt betriebsnotwendig eingestuft werden muss, ist jedoch zu verneinen. Dies deshalb, da sich die Liegenschaft in einer sehr guten Baulage befindet, voll erschlossen und derzeit als Baumischgebiet gewidmet ist. Zudem besteht in der Marktgemeinde H. eine überaus starke Wohnungsnachfrage, sodass bei einer Realisierung von 60 weiteren Wohnungen auf dem derzeit noch unverbauten Restgrundstück ein allfälliger Wohnungsleerstand praktisch ausgeschlossen werden kann. Der Verkauf der unverbauten Teilfläche der Gst.-Nr. a im Ausmaß von rund 7.396 m² an die gemeindeeigene PS. H. eGen soll zudem ausschließlich auf Wunsch der Marktgemeinde H. erfolgen, die als Gesellschafter-Gemeinde 1,479% des Stammkapitals der Bf. hält. Mit diesem Grunderwerb verfolgt die Marktgemeinde durchaus legitime raumplanerische und gemeindeentwicklungspolitische Ziele.

Zur Frage, inwieweit der gegenständliche Verkauf einer unbebauten Liegenschaft nach den leitenden Prinzipien des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes in den üblichen Rahmen einer ordnungsgemäßen Wohnungswirtschaft fällt oder nicht, hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 96/13/0049, 50, eine eindeutige Aussage getroffen. In diesem Erkenntnis verweist der VwGH auf seine Entscheidung vom , 93/05/0238, 0239. Er bringt darin zum Ausdruck, dass eine Veräußerung von mehr als der Hälfte des ursprünglichen Bestandes keine Deckung in § 7 Abs. 3 Z 6 WGG finde, respektive als kein Rechtsgeschäft, welches mit dem üblichen Rahmen ordnungsgemäßer Wohnungswirtschaft zusammenhängt, anzusehen ist. Lediglich die Veräußerung und Abschreibung von unproduktiven Randbereichen oder die Begradigung von Grundstücken könne als mit § 7 Abs. 3 Z 6 WGG vereinbar gesehen werden.

Im gegenständlichen Fall ist geplant, eine unverbaute Teilfläche von rund 7.369 m², das sind rund 57% der ursprünglichen Fläche von 12.970 m², an die PS. H. eGen zu veräußern, um - wie bereits zuvor angeführt - infrastrukturelle Zwecke im Zuge der Hafenentwicklung zu ermöglichen.

Da es sich bei dieser Teilfläche zum einen um keinen (unproduktiven) Randbereich des Grundstückes Gst.-Nr.a handelt und zum anderen das Ausmaß der Teilfläche die kritische Größe von 50% des Flächenausmaßes deutlich überschreitet, ist das gegenständliche Rechtsgeschäft klarerweise nicht unter § 7 Abs. 3 Z 6 WGG zu subsumieren, sondern unter § 7 Abs. 4 WGG.

Im Übrigen liegen der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung gemäß § 7 Abs. 4 WGG auch keine konkreten Hinweise vor, dass das gegenständliche Geschäft bereits von vornherein den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des § 23 Abs. 1 WGG widerspricht oder dass eine Gefahr besteht, dass bei Durchführung des gegenständlichen Geschäftes die Hauptgeschäfte gemäß § 7 Abs. 1 und 2 WGG nicht mehr überwiegen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte die Bf. durch ihre Steuervertretung zusammengefasst vor, im angefochtenen Bescheid sei die Stellungnahme vom "Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen Revisionsverband" vom unerwähnt geblieben. Dieser habe wie die Bf. die Ansicht vertreten, dass das in Rede stehende Veräußerungsgeschäft als zulässiges Nebengeschäft im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 6 WGG einzustufen sei. Die in den Bescheiden des Amtes der Vorarlberger Landesregierung und des Finanzamtes Feldkirch vertretene Rechtsansicht sei jedenfalls unrichtig, vor allem deshalb, weil in beiden Entscheidungen nicht darauf Bedacht genommen worden sei, dass mit der geplanten Veräußerung der Teilfläche der Erwerb eines anderen Grundstücks aus dem Eigentum der Marktgemeinde H. verbunden sei und der Bf. für den Fall der Verwendung der zur Veräußerung stehende Teilfläche für Wohnzwecke ein Rückkaufsrecht zustehe. Daher sei auch der Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/13/0049, 0050, verfehlt und für die Entscheidung des gegenständlichen Falles nicht relevant, weil der dort erwähnten Veräußerung kein Gegengeschäft durch den Erwerb eines anderen Grundstücks gegenüber stehe.

Die vom Verkauf umfasste Teilfläche aus Gst.-Nr. a diene der Bf. derzeit als Vorratsgrundstück. Die Realisierung des zweiten Bauabschnittes, mit welchem weitere 60 Wohnungen errichtet werden sollten, sei infolge der starken Konzentration von gemeinnützigem Mietwohnungen an gegenständlichem Standort weder derzeit noch auch zukünftig umsetzbar. Dies zeige schon der Umstand, dass seit Errichtung des ersten Bauabschnittes bereits mehr als 15 Jahre vergangen und trotz hoher Nachfrage nach leistbarem Wohnraum keine Wohnungen an diesem Standort errichtet worden seien. Demnach könne die gegenständliche Teilfläche keiner Verwertung zu eigenen Zwecken zugeführt werden, weshalb im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes gemäß § 23 Abs. 1 WGG die Veräußerung der gegenständlichen Teilfläche nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig sei.

Um den Verlust der Möglichkeit, die gegenständliche Liegenschaft für Wohnzwecke zu verbauen auszugleichen, habe die Marktgemeinde H. der Bf. den Erwerb einer anderen Teilfläche aus dem GSt.-Nr. e. im Ausmaß von 7.080 m2 angeboten, auf welcher von der Bf. ein Bauvolumen von ca. 60 Wohnungen umgesetzt werden könnte. Ein diesbezüglicher Ankauf sei jedoch von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass im Gegenzug die Bf. die gegenständliche Teilfläche am Gst.-Nr. a im Ausmaß von 7.396 m2 an die PS. H. eGen veräußere. Der Verkauf der in Rede stehenden Teilfläche sei daher conditio sine qua non für den Ankauf der Teilfläche im Gebiet B.. Unterbliebe der Verkauf der antragsgegenständlichen Teilfläche aus Gst.-Nr. a, wäre auch kein Ankauf der Teilfläche im Eigentum der Marktgemeinde H. möglich, was zur Folge hätte, dass die Bf. ein Bauvolumen von 60 Wohnungen gar nicht umsetzen könnte und die unbebaute Fläche brachläge und lediglich Kosten verursache.

Da mit der Veräußerung der Teilfläche im Ausmaß von 7.396 m2 gleichzeitig der Erwerb einer nahezu gleichgroßen Liegenschaft im Ausmaß von 7.080 m2 verbunden sei, sei auch die Auffassung des Finanzamt Feldkirch widerlegt, dass es sich um einen Verkauf von mehr als 50 % handle, zumal die Differenzfläche lediglich 316 m2 bzw. 4,3 % und damit weit weniger als 50 % betrage.

Die geplante Veräußerung verbunden mit dem Erwerb einer anderen Liegenschaft entspreche daher den Bestimmungen des § 1 Abs. 2 WGG, des § 7 Abs. 3 Z 6 WGG und des § 23 Abs. 1 WGG.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Zum Argument, es habe die Stellungnahme des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen nicht berücksichtigt bemerkte es, diese sei eine Interessensvertretung der gemeinnützigen Bauvereinigungen und es bestehe für die Abgabenbehörde keinerlei Bindung an die Rechtsmeinung dieser Interessensvertretung. Der Bf. sei zwar beizupflichten, dass der in Rede stehende Grundstücksverkauf nicht in Spekulationsabsicht erfolgt sei, dies allein bewirke aber nicht, dass darin ein zulässiges Nebengeschäft im Sinne des § 7 Abs. 3 WGG erblickt werden könne. Auch dem Argument, dass der in Verkauf conditio sine qua non für den Ankauf von Grundstücken im Ortsteil H. B. sei, könne nicht gefolgt werden. Das Finanzamt teile die Ansicht der Steuervertretung, mit dem Grundstücksverkauf werde dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 23 Abs. 1 WGG entsprochen, allein die anlaufenden Verwaltungskosten reduzierten sich ungeachtet der Klassifizierung des zu beurteilenden Rechtsgeschäftes. Auch könne der Meinung nicht gefolgt werden, aufgrund des Ankaufs eines anderen, annähernd gleich großen Grundstückes werde im Ergebnis lediglich eine Fläche von 316 m² verkauft, weshalb das Erkenntnis des , nicht anzuwenden sei.

Im Vorlageantrag vom wandte die Steuervertretung gegen die Beschwerdevorentscheidung zusammengefasst ein, das Finanzamt stütze den angefochtenen Bescheid letztlich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/05/0238. Dieses Erkenntnis sei für den beschwerdegegenständlichen Fall aber nicht einschlägig, weil der diesem Erkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt wesentlich vom Sachverhalt im Beschwerdefall abweiche. In diesem Erkenntnis sei von einem unbebauten Grundstück eine Teilfläche von 35.725 m2 veräußert worden, während im Beschwerdefall lediglich eine Teilfläche 7.396 m2 verkauft und die kritische Größe von 50% dabei nur unwesentlich überschritten worden sei. Zudem sei mit dem Verkauf der Ankauf eines zur sofortigen Bebauung geeigneter Grundstückes verknüpft gewesen und liege das Veräußerungsgeschäft daher im Rahmen der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung. Die im erwähnten Erkenntnis genannten begünstigungsunschädlichen Veräußerungen zur Begradigung von Grundstücken oder zur Abschreibung unproduktiver Grundstücke seien nur beispielsweise und keineswegs abschließend genannt und als Entscheidungsgrundlage für die Ablehnung des Primärantrages daher ungeeignet.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung. In der im Vorlagebericht zum Vorlageantrag abgegebenen Stellungnahme verwies es auf das Erkenntnis des , wonach für den Verkauf von Teilflächen einer Liegenschaft eine kritische Grenze von 50% festgelegt worden sei. Diese Grenze sei im Beschwerdefall überschritten worden. Der Verkauf der in Rede stehenden Teilfläche und der Ankauf einer Liegenschaft im Ortsteil B. seien zwei getrennt voneinander zu beurteilende Rechtsgeschäfte.

II. Sachverhalt

Für die Beurteilung der strittigen Frage, ob die in Rede stehende Grundstücksveräußerung der Bf. zu den Geschäften des § 7 Abs. 1 bis 3 WGG, insbesondere des § 7 Abs. 1a Z 1 WGG bzw. früher § 7 Abs. 3 Z 6 WGG oder zu jenen des § 7 Abs. 4 WGG gehört, geht das Bundesfinanzgericht von folgendem, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Die Bf. ist seit dem Jahr 1994 Alleineigentümerin der Liegenschaft Gst.-Nr. a, EZ b., GB c. H., mit einer Fläche von 12.970 m². Auf einer Teilfläche von 5.574 m² wurde im Jahr 2001 eine Mietwohnanlage mit insgesamt 60 Mietwohnungen errichtet. Der restliche unbebaute Teil des Grundstückes wurde auf Vorrat gehalten, da der Bedarf an gemeinnützigen Wohnungen mit Projekten an anderen Standorten abgedeckt werden konnte.

Dieser restliche Teil des Grundstücks mit einer Fläche von 7.396 m² soll auf Wunsch der Gemeinde H. nicht für eine weitere Verbauung durch die Bf. genutzt, sondern an die Gemeinde bzw. die gemeindeeigene PS. H. eGen (PSG H.) verkauft werden, die dieses Grundstück im Verbund mit angrenzenden Grundstücken für infrastrukturelle Zwecke im Zuge der Hafenentwicklung verwerten soll.

In der Gemeinderatssitzung vom wurde der Ankauf dieser Teilfläche durch die PSG H. um einen Kaufpreis von 800,00 Euro je m² beschlossen (vgl. homepage, Niederschrift Nr. 1/2019, Punkt 4. Ankauf).

Auf derselben Gemeinderatssitzung wurde ferner beschlossen, ein Grundstück im H. Ortsteil B., Baufeld 1, bestehend aus den Baufeldern 2-6, mit einer Fläche von 13.874 m² um 600,00 Euro je m² an die Projektpartner Bf. (7.080 m²), Partner2 (3.849m²) und Partner3 (2,945 m²) als Miteigentümer zu verkaufen (vgl. Niederschrift Punkt 4. Grundverkauf B.).

Zu diesem Verkauf wurde in der erwähnten Niederschrift festgehalten, dass der Bürgermeister der Gemeinde H., ***Bgm***, im Zuge der Verhandlungen erwirken habe können, "dass sich die Bf. bereit erklärt, eine rund 7.000 m² große Teilfläche des Gst.-Nr. a, KG H. (Straße1), um € 800 pro m² an die PS. zu verkaufen".

Schließlich wurde in dieser Niederschrift, Punkt. 4, festgehalten, dass der Aufsichtsrat der Bf. in seiner Sitzung vom dem Grundstücksverkauf unter 2 Auflagen zugestimmt habe, nämlich erstens, dass der Verkauf des Gst.-Nr. a, KG H., erst mit einem rechtskräftigen Baubescheid für das Projekt B. gültig zustande komme und zweitens, dass sich die Bf. für den Fall einer geplanten Nutzung für Wohnbauzwecke ein Rückkaufsrecht zum wertgesicherten Verkaufspreis ausbedinge.

Mit Kaufvertrag vom verkaufte die Gemeinde H. das Grundstück Gst.-Nr. e. in GB c. H. mit insgesamt 13.870,00 m² um einen Quadratmeterpreis in Höhe von 600,00 Euro an die Projektbetreiber und -entwickler Bf., Partner2 GmbH und I. Immobilien GmbH auf der Grundlage des Rahmenplanes der Gemeinde H. vom November 2018. Auf die Bf. entfiel bei diesem Kauf ein Miteigentumsanteil von Höhe von 51/100 mit einem Kaufpreis in Höhe von insgesamt 4.248.000,00 Euro. Mit diesem Anteil wurde die Bf. in das Grundbuch GB c., EZ h, GST-NR e., eingetragen.

Beim Bauprojekt B. sollen insgesamt ca. 160 Wohnungen, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen errichtet werden (vgl. ***).

Laut dem Rahmenplan zur Quartiersentwicklung B. errichtet die Bf. auf dem Baufeld 2 drei Gebäude mit je drei Geschossen und einer Bruttogeschoßfläche von 3.249 m² und auf dem Baufeld 5 drei Gebäude, eines mit 5 Geschoßen und zwei mit je 4 Geschoßen und einer Bruttogeschoßfläche von 4.693 m² (vgl. https://www.stadtland.at/htm/projekte/H./B..htm).

III. Rechtslage und rechtlicher Würdigung

Gemäß § 5 Z 10 KStG 1988 sind Bauvereinigungen, die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz als gemeinnützig anerkannt sind, nach Maßgabe des § 6a von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht befreit, wenn sich ihre Tätigkeit auf die in § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes genannten Geschäfte und die Vermögensverwaltung beschränkt.

Gemäß § 6a Abs. 1 KStG sind Bauvereinigungen im Sinne des § 5 Z 10, die Geschäfte außerhalb der in § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes bezeichneten Art tätigen, ab dem Wirtschaftsjahr unbeschränkt steuerpflichtig, in dem die Tätigkeit aufgenommen wird. Die Tätigkeit gilt als aufgenommen, wenn konkrete Vorbereitungshandlungen für solche Geschäfte vorgenommen werden. Die unbeschränkte Steuerpflicht endet mit Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem die Tätigkeit im Sinne des ersten Satzes abgeschlossen wird.

Gemäß § 6a Abs. 2 KStG hat das zuständige Finanzamt auf Antrag der Bauvereinigung (Abs. 6) die unbeschränkte Steuerpflicht bescheidmäßig auf geplante Geschäfte im Sinne des Abs. 1 unter der Auflage zu beschränken, dass für diese Geschäfte insgesamt ein gesonderter Rechnungskreis geführt wird. Der Antrag ist von der Bauvereinigung vor der Aufnahme der Geschäfte im Sinne des Abs. 1 zu stellen. Ein aus diesen Geschäften insgesamt entstehender Verlust ist nicht ausgleichsfähig. Das Antragsrecht des zuständigen Finanzamtes (Abs. 6) nach § 35 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes bleibt unberührt.

Gemäß § 6a Abs. 3 KStG 1988 hat das zuständige Finanzamt auf Antrag der Bauvereinigung im Zweifelsfall bescheidmäßig festzustellen, ob ein geplantes Geschäft unter § 7 Abs. 1 bis 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes fällt oder nicht. Der Antrag ist von der Bauvereinigung vor der Aufnahme des Geschäftes zu stellen. Der Antrag kann mit einem Antrag nach Abs. 2 verbunden werden.

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes BGBl. Nr. 139/1979 idF BGBl. I Nr. 89/2019 (WGG) lauten:

§ 1 (2) Bauvereinigungen, die auf Grund dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig anerkannt wurden, haben ihre Tätigkeit unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten, ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen und ihren Geschäftsbetrieb regelmäßig prüfen und überwachen zu lassen. Auf gemeinnützige Bauvereinigungen finden die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, keine Anwendung.

§ 7 (1) Die Bauvereinigung hat sich nach ihrem Genossenschaftsvertrag (Gesellschaftsvertrag, Satzung) und tatsächlich mit der Errichtung und Verwaltung von Wohnungen mit einer Nutzfläche von höchstens 150 m2 mit normaler Ausstattung, von Eigenheimen mit höchstens zwei Wohnungen dieser Art und von Heimen sowie mit Sanierungen größeren Umfanges im Inland zu befassen und ihr Eigenkapital vornehmlich für diese Zwecke einzusetzen. Diesfalls wird die Bauvereinigung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig. Mit der Errichtung und Verwaltung zusammenhängende Geschäfte und Tätigkeiten können auch für andere gemeinnützige Bauvereinigungen vorgenommen werden. Die Verwaltung schließt alle Maßnahmen der Gebäudebewirtschaftung einschließlich deren Finanzierung, insbesondere die Instandhaltung und Instandsetzung samt der Errichtung von Hauswerkstätten zur Durchführung kleinerer Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten im Umfang des nötigen Bedarfs sowie die befugte Ausstellung von Energieausweisen und die Verbesserung mit ein.

(1a) Zu den Hauptgeschäften gehören auch:

1. alle Rechtsgeschäfte, die mit der Errichtung, Erwerbung, Finanzierung und Überlassung ihrer Bauten und Anlagen in dem üblichen Rahmen ordnungsgemäßer Wohnungswirtschaft zusammenhängen, insbesondere der Erwerb, die Belastung und Übertragung von Grundstücken und Baurechten, der Erwerb von Grundstücken und deren Veräußerung oder die Übertragung im Baurecht an andere Bauvereinigungen, die Einräumung des Eigentums (Miteigentum, Wohnungseigentum) und die Aufnahme von Zwischenkrediten und Baudarlehen;

2. alle Rechtsgeschäfte, die mit der nachträglichen Übertragung von Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) an Wohnungen und Geschäftsräumen an die bisherigen Mieter und sonstigen Nutzungsberechtigten gem. § 15 c zusammenhängen.

….

(3a) Auf Antrag der Bauvereinigung hat die Landesregierung im Zweifelsfall bescheidmäßig festzustellen, ob ein geplantes Geschäft oder eine geplante Beteiligung unter Abs. 1 bis 3 fällt oder nicht.

(4) Andere im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung notwendig werdende Geschäfte einer Bauvereinigung als die in den Abs. 1 bis 3 angeführten bedürfen der Zustimmung der Landesregierung...………….

….

§ 23 (1) Geschäftsführung und Verwaltung einer gemeinnützigen Bauvereinigung müssen den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entsprechen.

Dem mit der Gesetzesänderung BGBl. I Nr. 85/2019 neu eingefügten § 7 Abs. 1a WGG entsprach bis zu dessen Inkrafttreten am der § 7 Abs. 3 Z 6 WGG i.d.F. BGBl. I Nr. 157/2015, welcher lautete:

§ 7 (3) Die Bauvereinigung hat überwiegend die in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Geschäfte zu betreiben. Neben diesen Geschäften darf die Bauvereinigung unbeschadet des Abs. 4 nachfolgende Geschäfte betreiben:

…..

6.alle Rechtsgeschäfte, die mit der Errichtung, Erwerbung, Finanzierung und Überlassung ihrer Bauten und Anlagen in dem üblichen Rahmen ordnungsgemäßer Wohnungswirtschaft zusammenhängen, insbesondere den Erwerb, die Belastung und Übertragung von Grundstücken und Baurechten oder die Einräumung des Wohnungseigentums und die Aufnahme von Zwischenkrediten und Baudarlehen;

Diese bis zur Gesetzesänderung mit dem BGBl. I Nr. 85/2019 als Nebengeschäfte eingestuften Geschäfte gelten nunmehr als Hauptgeschäfte. Die unterschiedliche Qualifizierung dieser Geschäfte durch den Gesetzgeber sind für den Beschwerdefall allerdings ohne Bedeutung, weil Haupt- und Nebengeschäfte im Sinne des WGG gleichermaßen nach dem Körperschafsteuergesetz steuerbegünstigt sind und nur für Geschäfte im Sinne des § 7 Abs. 4 WGG Steuerpflicht besteht.

Nach der eben dargestellten Rechtslage sind sowohl die Landesregierung als auch das zuständige Finanzamt verpflichtet, auf Antrag der Bauvereinigung mit Bescheid festzustellen, ob ein geplantes Geschäft unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fällt oder nicht. Dabei besteht keinerlei Bindungswirkung des einen Bescheides an den anderen, die Landesregierung und das Finanzamt haben die Feststellungen eigenständig und unabhängig voneinander zu treffen, weshalb es auch zu voneinander abweichenden oder einander widersprechenden Feststellungen kommen kann (vgl. ).

Wenn daher die Landesregierung mit Bescheid vom festgestellt hat, dass die zur beurteilende Veräußerung einer Teilfläche nicht unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG, sondern unter § 7 Abs. 4 WGG fällt, so ist das Bundesfinanzgericht an diese Entscheidung nicht gebunden. Es hat vielmehr unabhängig davon die in Streit stehende Frage selbst zu beantworten.

Dazu wird erwogen:

Das Finanzamt hat, wie auch die Vorarlberger Landesregierung, die in Rede stehende Grundstücksveräußerung im Wesentlichen mit der Begründung als konnexes und damit steuerpflichtiges Geschäft gemäß § 7 Abs. 4 WGG und nicht als Geschäft im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 6 WGG bzw. jetzt § 7 Abs. 1a WGG beurteilt, damit sei mehr als die Hälfte des ursprünglichen Grundstückes verkauft worden und sich dabei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/05/0238 gestützt.

Das Bundesfinanzgericht vermag dem nicht zu folgen.

Wie sich aus den bereits weiter oben zitierten Bestimmungen des § 7 Abs. 1a WGG (bzw. davor des § 7 Abs. 3 Z 6 WGG) ergibt, ist die Veräußerung eines Grundstückes einer Bauvereinigung dann als Hauptgeschäft iSd § 7 Abs. 1a WGG zu beurteilen, wenn sie mit der Errichtung, Erwerbung, Finanzierung und Überlassung ihrer Bauten und Anlagen in den üblichen Rahmen der ordnungsgemäßen Wohnungswirtschaft zusammenhängt.

Nach der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung sind der Erwerb und die Veräußerung von Liegenschaften nur insoweit begünstigungsunschädlich, als sie zur Zweckerfüllung der Bauvereinigung notwendig sind. Die Veräußerung von Grundstücken im üblichen Rahmen ordnungsgemäßer Wohnungswirtschaft, z.B. wenn geplante Bau- oder Sanierungsvorhaben nicht verwirklicht werden können, ist daher begünstigungsunschädlich, sofern keine Spekulationsabsicht vorliegt (vgl. KStR 2001 Rz 203 und 204; ; Achatz in Achatz/Kirchmayr, KStG § 6a Tz 29; Schellmann in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer KStG 1988, § 6a Tz 40).

Ein solch betriebsnotwendiger Zusammenhang ist im Beschwerdefall durchaus zu bejahen. Wenn der Bürgermeister in der Gemeinderatssitzung vom erklärt, "dass eine besondere Gelegenheit besteht, ein Grundstück in sehr guter Lage zu erwerben" und er im Zuge der Verhandlungen über den Grundverkauf im Gemeindegebiet B. erwirken konnte, "dass sich die Bf. dazu bereit erklärt, eine rund 7.000 m²-Teilfläche des Gst.-Nr. a, KG H. (Straße1) um € 800 pro m² an die PS. zu verkaufen", so kommt damit deutlich zum Ausdruck, dass sich die Bf. zum Verkauf der Teilfläche nur bereit erklärt hat, weil sie ein annähernd gleich großes anderes Grundstück in der Gemeinde H. erwerben konnte und andererseits die Bf. den Zuschlag zum Kauf der Miteigentumsanteile am Baufeld 1 B. im Ortsteil E. in H., zu den vereinbarten Bedingungen wohl nur bekommen hat, weil sie sich im Gegenzug zum Verkauf der bislang auf Vorrat gehaltenen Teilfläche bereit erklärte.

Für einen engen Zusammenhang zwischen Verkauf und Kauf der beiden Grundstücke spricht weiters, dass der Aufsichtsrat der Bf. dem Verkauf ihrer Teilfläche nur unter der Bedingung zugestimmt hat, dass er erst mit dem Vorliegen eines rechtskräftigen Baubescheides für das Projekt B. gültig wird und für den Fall, dass die zu verkaufende Teilfläche dennoch für Wohnzwecke verwendet wird, der Bf. ein Rückkaufsrecht zusteht. Dass der Verkauf der Teilfläche auf Wunsch des Bürgermeisters erfolgt, ändert nichts am Bestehen dieses Zusammenhangs.

Das Projekt B. sieht die Errichtung von insgesamt ca. 160 Wohnungen vor, wobei nach der glaubwürdigen Aussage der Bf. auf dem von ihr erworbenen Grundanteil ca. 60 Wohnung errichtet werden könnten. Damit würde für den geplanten Grundstückverkauf durch die Bf. ausreichend Kompensation geschaffen, zumal der Grundstückverkauf erst mit Vorliegen der rechtskräftigen Baubewilligung für das Projekt B. zustande käme.

Ein Zusammenhang zwischen der geplanten Grundstückveräußerung und der Errichtung von Bauten und Anlagen der Bf., nämlich den zu errichtenden Eigentumswohnungen auf dem bereits gekauften Grundanteil am Baufeld 1 B. ist daher zu bejahen. Dass die geplante Verwirklichung des Projektes B. im Rahmen der ordnungsgemäßen Wohnungswirtschaft erfolgt, unterliegt keinem Zweifel. Denn mit dem bereits getätigten Erwerb des Grundanteils am Baufeld 1 B. und der konkret geplanten und in naher Zukunft verwirklichten Errichtung von Wohnungen übt die Bf. eine Tätigkeit aus, die sich unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens richtet. Der Verkauf der in Rede stehenden Teilfläche erweist sich unter diesem Gesichtspunkt als durchaus betriebsnotwendig, da deren Nutzung zu Wohnzwecken aus den von der Steuervertretung dargelegten Gründen zumindest in zeitlicher Hinsicht ungewiss gewesen wäre.

Dass im Beschwerdefall keine der Gemeinnützigkeit widersprechende Spekulationsabsicht hinsichtlich des zu beurteilenden Verkaufs besteht und der Verkauf und der Ankauf der Grundstücke zu den je nach Lage gegebenen Bodenpreisen auch den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des § 23 Abs. 1 WGG entspricht, steht außer Zweifel und wurde dies auch weder vom Finanzamt noch vom Amt der Vorarlberger Landesregierung je in Streit gezogen.

Der geplante Grundstückverkauf ist daher als Hauptgeschäft im Sinne des § 7 Abs. 1a Z 1 WGG zu beurteilen.

Dieser Beurteilung steht das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/05/0238 nicht entgegen. In dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Sachverhalt hatte eine Bauvereinigung eine unbebaute Liegenschaft im Ausmaß von 66.027 m² erworben. Da eine Bebauungsstudie ergeben hatte, dass eine kurz- bis mittelfristige Bebauung alleine durch die Bauvereinigung nicht möglich sei, beabsichtigt sie, einen Teil der Liegenschaft im Ausmaß von 35.725 m² zu veräußern.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu entschieden, dass auch eine Veräußerung einer Teilfläche eines Grundstückes im Zusammenhang mit der Errichtung, Erwerbung, Finanzierung und Überlassung von Bauten und Anlagen stehen müsse und bei Grundstücksveräußerungen im Rahmen von Maßnahmen zur Begradigung von Grundstücken oder zur Abschreibung unproduktiver Randbereiche von Liegenschaften ein solcher Zusammenhang zu bejahen sei. Der geplante Verkauf einer Teilfläche im Ausmaß von 33.725 m² und somit mehr als der Hälfte eines Grundstückes im Ausmaß von 66.027 m² durch eine Bauvereinigung bewege sich aber - unabhängig von einer allfälligen Spekulationsabsicht - angesichts der Größe des zu verkaufenden Grundstückes nicht mehr im üblichen Rahmen ordnungsgemäßer Wohnungswirtschaft, insbesondere unter Bedachtnahme auf die leitenden Prinzipien des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes iSd § 1 Abs. 2 Satz 1 WGG.

Daraus kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht gefolgert werden, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes jeder Verkauf von mehr als 50% des ursprünglichen Grundbestandes stets begünstigungsschädlich sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Nebensatz lediglich festgestellt, dass es sich bei diesem Verkauf um "mehr als der Hälfte" des Grundstückes handelte, im Übrigen aber auf die schiere Größe des verkauften Grundstückes - 35.725m² - abgestellt. Dass nicht die Überschreitung der 50%-Grenze ausschlaggebend gewesen sein kann erhellt schon daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof diesfalls den Verkauf von "lediglich" 33.000m² und damit knapp weniger als 50% der Gesamtfläche als im Rahmen der ordnungsgemäßen Wohnungswirtschaft erfolgt beurteilen hätte müssen, ein Ergebnis, das bei der immer noch gegebenen Größenordnung dieser angenommenen Veräußerung und der geringfügigen Differenz zur tatsächlich vorgesehenen Veräußerung einerseits sowie der beträchtlichen Differenz zum im Beschwerdefall zu beurteilenden Verkauf andererseits unverständlich wäre.

Auschlaggebend für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes war wohl vielmehr, dass anders als im Beschwerdefall der geplante Verkauf dieser Teilfläche nicht im Zusammenhang mit dem Ankauf eines anderen Grundstückes von vergleichbarer Größe stand, sondern lediglich ein Teil des ursprünglichen Grundstückes ohne Kompensation veräußert werden sollte. In diesem Falle wäre eine betriebsnotwendige Veräußerung nur vorgelegen, wenn ein Zusammenhang mit dem verbleibenden Grundstück vorgelegen hätte und dies wäre eben anzunehmen gewesen, wenn es sich dabei um die Veräußerung eines unproduktiven Grundstückes gehandelt hätte oder wenn die Veräußerung zur Begradigung des Grundstückes erfolgt wäre. Da dem nicht so war, stand dieser Verkauf weder im Zusammenhang mit der Errichtung von Bauten und Anlagen auf diesem noch auf einem anderen Grundstück. Im Beschwerdefall besteht aber ein Zusammenhang zwischen dem in Rede stehenden Verkauf und der Errichtung von Wohnungen auf einem anderen Grundstück. Es liegt daher ein völlig anders gelagerter Sachverhalt vor als jener, der dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde lag.

Der Beschwerde war daher Folge zu leisten.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die mit dieser Erkenntnis zu lösende Rechtsfrage, ob der Verkauf einer Teilfläche eines Grundstückes zu den unter § 7 Abs. 1 bis 3 WGG fallenden Geschäften fällt oder nicht, wurde in unmittelbarer Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der dazu ergangenen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Da diese, wie ausgeführt, für den Beschwerdefall nicht einschlägig war und eine Rechtsprechung zu einem dem vorliegenden direkt vergleichbaren Fall fehlt, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und ist daher eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, , 92/05/0238
Zitiert/besprochen in
Knotzer in AVR 2022, 109
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100284.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at