Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache XY-GmbH, Adresse1, vertreten durch die V1, 1010 Wien, über die durch V2, eingebrachte Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , StNr. xxxxx, betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom setzte das Finanzamt gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG für die Monate Jänner bis November 2007 Gebühren in Höhe von € 1.165.415,64 fest.
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Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde ausgeführt:
"Im Gastronomiebetrieb der XY-GmbH (“XY" oder
“Beschwerdeführerin") war im Jahr 2007 ein Wettautomat aufgestellt, mit dem man auf
Hunderennen wetten konnte. Der Wettvorgang erfolgte, indem der Wettkunde Banknoten in die aufgestellten Automaten einführte und auf den Sieg eines bestimmten Hundes oder auf jene zwei Hunde wettete, die seiner Ansicht nach die ersten beiden Plätze belegen würden.
Die belangte Behörde stellt im angefochtenen Bescheid dazu fest, dass die Hunderennen nicht "live" erfolgten, sondern aufgezeichnet seien und durch ein zentrales EDV-Programm zufällig ausgewählt würden.
Für den Zeitraum Jänner bis November 2007 meldete und bezahlte die Beschwerdeführerin für die durchgeführten Wetten eine Gebühr in Höhe von 2% vom Einsatz. Die Gebührenpflicht ergab sich aus § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBI. l Nr. 24/2007, wonach für im lnland abgeschlossene Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen eine Gebühr von 2% "vom Wert des bedungenen Entgelts” zu leisten war. insgesamt entrichtete die Beschwerdeführerin für den gegenständlichen Zeitraum EUR 126.003,58 an Gebühren gemäß § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG aF.
Im Jahr 2012 erfolgte im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt für Gebühren. Die Abgabenbehörde setzt daraufhin die selbst berechneten Abgaben gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO bescheidmäßig fest.
Mit dem bekämpften Festsetzungsbescheid wurde für die Hundewetten eine Gebühr gemäß § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG idF ab ABÄG, BGBl l 2005/105 vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010 in Höhe von EUR 1.165.415,64 festgesetzt. Diese Bestimmung sah eine Gebührenpflicht für Glücksspiel vor, wobei der Steuersatz 25% vom Gewinst betrug.
Der Beschwerdeführerin war jedoch im Jahr 2007 nicht bekannt, dass es für die Gebührenpflicht darauf ankommt, ob die sportliche Veranstaltung live oder mit zeitlicher Verzögerung wiedergegeben wird. Außerdem gab es eine Befreiung für Glücksspielautomaten (§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBI. I Nr. 24/2007) und für die Beschwerdeführerin war auch nicht erkennbar, dass diese nicht anwendbar ist. Die Beschwerdeführer hätte davon ausgehen dürfen, dass die Befreiung anwendbar ist und gar keine Gewinstgebühr zu entrichten ist und mehr noch durfte sie davon ausgehen, dass bloß die Gebühr für sportliche Wetten und nicht die Gebühr für Glücksspiele zu entrichten ist.
Erst zu einem viel späteren Zeitpunkt entwickelte sich Rechtsprechung dazu.
2. VERJÄHRUNG
Die Gebühren nach § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 bis 8 GebG sind Selbstberechnungsabgaben. Nach § 201 Abs 1 iVm Abs. 2 Z 3 BAO kann eine selbst zu berechnende Abgabe bescheidmäßig festgesetzt werden, wenn sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vorliegen.
Ein Verfahren “kann" von Amts wegen unter anderem dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen neu hervorkommen (§ 303 Abs 1 lit b BAO). Allerdings ist die Wiederaufnahme gemäß § 304 BAO und folglich auch die bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe nur bis zum Eintritt der Verjährung zulässig (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 201 Anm 20 [Stand . rdb.at]).
Das Recht, eine Gebühr nach § 33 GebG festzusetzen, verjährt gemäß § 207 Abs 2 BAO in fünf Jahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Gebühr entstanden ist
(§ 208 Abs 1 lit a BAO).
Die Verjährungsfrist begann im gegenständlichen Fall folglich am zu laufen und endete daher grundsätzlich bereits am . Nur wenn innerhalb dieser Frist "nach außen erkennbare Amtshandlungen" zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen werden, verlängert sich die Frist gemäß § 209 Abs 1 BAO um ein Jahr (bis ). Die Verjährungsfrist verlängert sich um ein weiteres Jahr (bis ), wenn im letzten Jahr der Verjährung (im Jahr 2013) weitere Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches erfolgen (§ 209 Abs 1 BAO).
Aus der Begründung des Bescheides ergeben sich keine nach außen erkennbaren
Amtshandlungen zur Geltendmachung des Gebührenanspruches, welche vor Ende des Jahres 2012 stattgefunden haben sollen.
Aus dem Bescheid geht lediglich hervor, dass 2012 offenbar eine Betriebsprüfung durchgeführt wurde und das Finanzamt zunächst ein Telefonat mit dem Betriebsprüfer geführt und anschließend eine Kontrollmitteilung erhalten hat. Offenbar erfolgte erst im Oktober 2013 eine Anfragebeantwortung durch lCB. Eine im Jahr 2012 "nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches" ergibt sich aus der Begründung des Bescheides hingegen nicht.
Die Außenprüfung im Jahr 2012 selbst wäre jedenfalls nur dann als eine nach außen erkennbare Amtshandlung zu qualifizieren, wenn die Gebühr auch Gegenstand der Prüfung gewesen wäre (vgl Ritz, BAO5 § 209 Rz 15 unter Verweis auf ; , 99/15/0098). Aufgrund der Tatsache, dass auf Seite 2 des bekämpften Bescheides von einer "Kontrollmitteilung” an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel die Rede ist, lässt die Bescheidbegründung nur den logischen Schluss zu, dass die Gebühr eben nicht Gegenstand der Außenprüfung war.
Im Ergebnis konnte somit die Glücksspielabgabe für den Zeitraum Jänner bis November 2007 nicht mehr wirksam festgesetzt werden, da das Recht zur Festsetzung bereits verjährt war.
3. UNZULÄSSIGKEIT DER FESTSETZUNG
3.1 Wiederaufnahmetatbestand nicht erfüllt
Wie bereits oben erwähnt ist bei der Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben nach § 201 BAO § 303 BAO sinngemäß anzuwenden.
Nach § 303 BAO kann das Verfahren unter anderem dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine Tatsache neu hervorgekommen ist, ist jedoch, ob diese Tatsache im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (auf den Fall des § 201 BAO übertragen also im Zeitpunkt der
Selbstberechnung) zu einer anderen Festsetzung geführt hätte (vgl dazu Ritz, BAO5 § 303 RZ 24).
Dies ist im konkreten Fall jedoch eindeutig zu verneinen, weil nicht nur der Beschwerdeführerin, sondern auch der Abgabenbehörde im Jahr 2007 noch nicht bekannt war, dass Wetten bei zeitlich verzögert wiedergegebenen Sportereignissen Glücksspiele sind und ein Wettautomat kein Glücksspielautomat iSd § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 GebG ist. Die von der belangten Behörde zitierte Rechtsprechung stammt nämlich erst aus dem Jahr 2009 und danach.
Es liegt somit eine Änderung der Rechtsmeinung vor: Die Tatsachen "aufgezeichnetes
Sportereignis" und "zentralseitige Zufallsentscheidung" sind im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Jahres 2007 nicht relevant und daher nicht "hervorgekommen". Da die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nach § 303 BAO nicht vorlagen, war auch die Festsetzung nach § 201 BAO unzulässig.
3.2 Unrichtige Ermessensübung
Die Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben (so wie die Wiederaufnahme eines Verfahrens) liegt grundsätzlich im Ermessen der Abgabenbehörde. Sämtliche Ermessensentscheidungen müssen sich im Rahmen der vom Gesetz gezogenen Grenzen bewegen und müssen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit getroffen werden (§ 20 BAO).
Sofern die Nachforderung gemäß § 235 BAO uneinbringlich oder deren Einhebung nach der Lage des Falles unbillig gemäß § 236 BAO ist, sprechen Erwägungen der Zweckmäßigkeit eindeutig gegen eine Festsetzung nach § 201 Abs 2 Z 3 BAO (vgl Ritz, BAO5 § 201 Rz 30).
Da die Beschwerdeführerin lediglich Gastronomiebetriebe betreibt und keinerlei Einnahmen aus Glücksspielen generiert, kann sie aus ihren Umsätzen unmöglich die Abgaben in Höhe von EUR 1.165.415,64 entrichten. Dieser Umstand hätte bei der Ermessungsübung berücksichtigt werden müssen.
Neben diesen Erwägungen spricht auch der Grundsatz von Treu und Glauben gegen die
Festsetzung der Abgaben (zur Relevanz dieses Grundsatzes für die Ermessensübung vgl Ritz, BAO5 § 201 Rz 30). Denn zum Zeitpunkt der Selbstberechnung der Abgaben gab es noch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die angebotenen Wetten als Glücksspiele und nicht als Sportwetten zu qualifizieren wären und dass der Automat, wenn die Wette ein Glücksspiel wäre, kein Glücksspielautomat iSd § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 GebG wäre. Eine in diese Richtung weisende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erging erst im Jahr 2009 ().
3.3 Keine Festsetzung bei Uneinbringlichkeit
Dass Abgaben bei Uneinbringlichkeit nicht festzusetzen sind, ergibt sich nicht nur aus § 201 iVm § 20 BAO und der Literatur, sondern gleichermaßen aus § 206 Abs 1 lit b BAO. Demnach kann die Behörde von der Festsetzung von Abgaben Abstand nehmen, wenn im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch gegenüber dem Abgabenschuldner nicht durchsetzbar sein wird. Da die Beschwerdeführerin als Trägerin eines Gastronomiebetriebes nicht EUR 1 Mio an Abgaben aufbringen kann, ist diese Voraussetzung erfüllt."
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
"Für den Zeitraum 01-11/2007 wurden dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel monatliche Wettgebührenabrechnungen (Geb 6) betreffend die Selbstberechnung der Gebühren gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG mit einem Gesamtbetrag Wettgebühren und Beträgen der jeweiligen Landeszuschläge sowie einem Berechnungsblatt, indem unter Punkt Wetten, im Inland angenommen, die gesamte Bemessungsgrundlage (Wert des bedungenen Entgelte) angeführt wurde, der Steuersatz von 2% und die entsprechende Gebühr, vorgelegt.
Aus den Abrechnungen und dem Berechnungsblatt konnten lediglich die zahlenmäßigen gebührenrelevanten Daten entnommen werden, nicht jedoch war zu erkennen, auf welche Wettereignisse die einzelnen Wetten abgeschlossen wurden, bzw. ob „Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen“ enthalten sind.
Im Berechnungsblatt ist angeführt: Bundesgebühren für im Inland abgeschlossene
Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen (ausgenommen Toto) gem. § 33
TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG.
Demnach kann davon ausgegangen werden, dass in der Bemessungsgrundlage nur solche Wetten enthalten sind, die sich auf sportliche Veranstaltungen beziehen und keine Glücksspiele.
Erst durch die Kontrollmitteilung der Großbetriebsprüfung vom und der am dazu vorgelegten Unterlagen - Aufstellvereinbarung über ein Computerterminal zur Vermittlung von Hunderennen, Aufstellung über Terminalabrechnungen „Greyhound“ je Monat 01-11/2007 sowie Abrechnungen einzelner „Greyhound“ Wettterminals - wurde dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel bekannt, dass Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen stattgefunden haben und dafür die Gebühr gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG abgeführt worden ist mittels der o.a. monatlichen Wettgebührenabrechnungen.
Die Tatsache, dass in den monatlichen Abgabenmeldungen für die Monate 01-11/2007 Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen enthalten sind und dafür eine Gebühr gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG abgeführt wurde, ist somit erst mit Kontrollmitteilung der GroßBP vom und der am dazu vorgelegten Unterlagen für das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel neu hervorgekommen.
Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des
Verfahrens vorliegen würden.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen erfolgen, wenn Tatsachen und Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Von der Kenntnis einer Tatsache kann erst dann gesprochen werden, wenn der Abgabenbehörde die Tatsache in ihrem für die abgabenrechtliche Beurteilung im
wesentlichen Umfang bekannt ist (vgl. Ellinger-lro-Kramer-Sutter-Urtz, BAO, § 303,
E 177).
Entscheidend ist, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie bereits in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB. ; ).
Nach der Judikatur muss, soll eine Tatsache als neu hervorgekommen, damit als Wiederaufnahmsgrund gelten können, aktenmäßig erkennbar sein, dass der Behörde nachträglich tatsächliche Umstände zugänglich gemacht worden sind, von denen sie nicht schon zuvor Kenntnis gehabt hat (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, § 303, S 2932).
Nach Rechtsprechung und Lehre besteht der Zweck des § 303 BAO darin, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen, Ziel ist ein insgesamt richtiges Ergebnis (; , B 2/96; Ritz, BAO4,S 303, TZ 38).
Die Verfügung der Wiederaufnahme liegt im Ermessen. Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben, unabhängig davon, ob sich die Wiederaufnahme letztlich zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde.
Gemäß § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Unter Zweckmäßigkeit ist das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben zu verstehen, unter Billigkeit ist die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen des Steuerpflichtigen zu verstehen.
Der Zweck der gesetzlichen Norm, die Ermessen einräumt, ist nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung von zentraler Bedeutung bei der Ermessensübung; im Fall der Wiederaufnahme ist der Zweck die Rechtsrichtigkeit und somit die Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
Dies und auch die Tatsache, dass die steuerlichen Auswirkungen der amtswegigen
Wiederaufnahme im gegenständlichen Fail nicht bloß geringfügig sind, führte dazu, bei der Ermessensentscheidung dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit Vorrang vor dem Gesichtspunkt der Billigkeit einzuräumen.
Im Übrigen hat sich die Rechtsmeinung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in diesem Bereich nicht geändert, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, es gab damals nur noch keine entsprechende Judikatur.
Dem Vorbringen in der Beschwerde, dass der Grundsatz von Treu und Glauben gegen eine Festsetzung spricht, ist entgegen zu halten, dass die Abgabenbehörde gegen diesen Grundsatz nicht verstoßen hat, da kein unrichtiges Verhalten ihrerseits vorliegt.
Selbst wenn die Abgabenbehörde eine geänderte rechtliche Beurteilung vornimmt, liegt in solchen Fällen nach der Rechtsprechung im Allgemeinen keine Verletzung von Treu und Glauben vor.
Nach der Rechtsprechung liegt nicht nur keine Rechtswidrigkeit, sondern auch kein Verstoß gegen die Ermessensmaßstäbe (insbesondere gegen die Billigkeit) vor, wenn zum Beispiel Abgabenerklärungen jahrelang unbeanstandet geblieben sind und die Sachverhalte erst anlässlich einer späteren behördlichen Prüfung, näher geprüft werden und die hiebei festgestellten tatsächlichen Umstände zum Anlass einer Wiederaufnahme des Verfahrens () und damit zu einer anders gearteten Tatsachenwürdigung, aber auch unter Umständen einer geänderten rechtlichen Beurteilung genommen werden. In solchen Fällen liegt nach der Rechtsprechung im allgemeinen auch keine Verletzung von Treu und Glauben vor, wenn die Abgabenbehörde längere Zeit hindurch übersehene oder aus anderen Gründen nicht erkannte Unrichtigkeiten im Tatsachenbereich erst im Zuge späterer Abgabenverfahren (beispielsweise anlässlich von Betriebsprüfungen) aufgreift und eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt (vgl 3166, 3225-3227/79 und , 86/13/47) und damit verbunden in der Folge auch andere (richtige, gesetzmäßige) rechtliche Positionen bezieht.
Ganz allgemein kann Treu und Glauben der gesetzmäßigen Anwendung von
Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (zum Beispiel ‚ 2814,
2909/80 u , 1283/79).
Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß § 207 Abs. 1 BAO der
Verjährung.
Nach der mit BGBl. I 9/1998 geänderten, ab geltenden Fassung des § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem ll. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.
Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Nach § 323 Abs. 18 BAO ist § 209 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 180/2004 ab anzuwenden.
Der nunmehr für "Verlängerungshandlungen” geltende Gesetzestext "nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden" ist ident mit dem Text der Unterbrechungshandlung nach den bisher geltenden Bestimmungen.
Es kann daher die Rechtsprechung zur Unterbrechungshandlung unmittelbar auch für die Verlängerungshandlung herangezogen werden.
An eine Verlängerungshandlung sind im Sinne dieser Rechtsprechung folgende
Anforderungen zu stellen:
a) Tauglichkeit der Amtshandlung
b) Verfolgung eines hinreichend bestimmten Abgabenanspruchs
c) Wirksamkeit und Erkennbarkeit nach außen
d) Nachweispflicht der Abgabenbehörde über die Verlängerungshandlung
e) Sachliche Zuständigkeit der Behörde
ln der Literatur und Rechtsprechung sind diese Kriterien wie folgt konkretisiert
worden:
Unterbrechungshandlungen müssen aus dem Bereich der Behörde heraustreten, nach außen erkennbar werden und aus den Akten nachweisbar sein; auf die Kenntnisnahme durch den Abgabepflichtigen kommt es nicht an (; , 92/14/0036).
Amtshandlungen sind - bei Zutreffen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen -
dann unterbrechungswirksam, wenn sie in ihrer rechtlichen Gestalt als
Behördenmaßnahmen über den Amtsbereich der Behörde hinaustreten und hiefür
ein aktenmäßiger Nachweis besteht ().
Nach ständiger Judikatur unterbricht jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Behörde unternommene, nach außen erkennbare Handlung die Verjährung auch dann, wenn sich diese Handlung nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet hat (sogenannte anspruchsbezogene Wirkung von Unterbrechungshandlungen, ; , 2002/16/0159).
Die Unterbrechungswirkung setzt allerdings die Geltendmachung eines bestimmten
Abgabenanspruches voraus (vgl dazu E , 99/16/0379; , 89/17/0183; , 85/15/0323, SlgNF 6211/F ua; ebenso Ritz, BAO-Kommentar3 Rz 3 zu § 209 BAO, und Stoll, aaO 2196 Abs 2; ).
Der VwGH führt im Erkenntnis vom , 86/14/0134, wörtlich aus:
"Jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Behörde unternommene, nach außen erkennbare Handlung, unterbricht die Verjährung. Es ist dazu weder erforderlich, dass diese behördlichen Schritte der schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommenen Person zur Kenntnis gelangt sind, noch dass ihnen etwa eine zutreffende Rechtsansicht zu Grunde liegt, noch dass die behördlichen Schritte zum Beweisthema etwas beizutragen vermögen." Ebenso .
Auch "prophylaktische" Amtshandlungen sowie jedermann gestattete Tätigkeiten
wie die Einsichtnahme in das Firmenbuch unterbrechen die Verjährung (Ritz, BAO-
Kommentar2, § 209, Tz 6 ff; ).
Die mit Bescheid vom gemäß § 201 BAO festgesetzten Gebühren gem.
§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG betreffen die Monate 01-11/2007.
Die Verjährung beginnt daher mit Ablauf des Jahres 2007 und endet mit .
Am erging eine Anfrage an die XY-GmbH + RSb
(übernommen am ) — Verlängerung der Verjährungsfrist bis .
Am erging neuerlich eine Anfrage an die XY-GmbH zH. des steuerlichen Vertreters A. Wirtschaftstreuhand GmbH + RSb (übernommen
am ) - Verlängerung der Verjährungsfrist bis .
Die Verjährung betreffend Festsetzung der Gebühren für 01-11/2007 war somit noch
nicht eingetreten, da entsprechende Verlängerungshandlungen gesetzt wurden.
Es ist zwar richtig, dass eine festgestellte Uneinbringlichkeit i. S. des § 235 BAO bei
der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist. Dies liegt aber im konkreten Fall
nicht vor (§ 235 Abs. 1 BAO: Fällige Abgabenschuldigkeiten können von Amts wegen
durch Abschreibung gelöscht werden, wenn alle Möglichkeiten der Einbringung erfolglos versucht worden oder Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos sind und auf Grund der Sachlage nicht angenommen werden kann, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Erfolg führen werden.)
Die Frage der Einbringlichkeit der im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzenden Mehrsteuern ist bei der Verfügung der Wiederaufnahme grundsätzlich nicht zu prüfen, zumal eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit es nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können. Der Behörde kann daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie sich bei Bescheiderlassung nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzenden Steuern auch einbringlich sein werden.
Ob der im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzende Mehrbetrag an Abgaben einbringlich ist, ist bei der Verfügung der Wiederaufnahme nicht zu prüfen.
, ÖStZB 2008/499, 621.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen."
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Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom einen Vorlageantrag ein.
"Im Gastronomiebetrieb der XY-GmbH ("XY" oder
"Beschwerdeführerin") war im Jahr 2007 ein Wettautomat aufgestellt, mit dem man auf
Hunderennen wetten konnte. Der Wettvorgang erfolgte, indem der Wettkunde Banknoten in die aufgestellten Automaten einführte und auf den Sieg eines bestimmten Hundes oder auf jene zwei Hunde wettete, die seiner Ansicht nach die ersten beiden Plätze belegen würden
Für den Zeitraum Jänner bis November 2007 meldete und bezahlte die Beschwerdeführerin für die durchgeführten Wetten eine Gebühr in Höhe von 2% vom Einsatz. Die Gebührenpflicht ergab sich aus § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBl. I Nr. 24/2007, wonach für im Inland abgeschlossene Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen eine Gebühr von 2% "vom Wert des bedungenen Entgeltes" zu leisten war. Insgesamt entrichtete die Beschwerdeführerin für den gegenständlichen Zeitraum EUR 126.003,58 an Gebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG.
lm Jahr 2012 erfolgte im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt für Gebühren.
Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde daraufhin die selbst berechneten Abgaben gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO mit EUR 1.165.415,64 (25% vom Gewinst) fest und stützte dies auf § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 Iit b GebG idF ab ABÄG, BGBl I 2005/105 vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl l Nr 54/2010, da sie die Auffassung vertritt, die angebotenen Wetten seien als Glücksspiel und nicht als "im Inland abgeschlossene Wetten“ zu qualifizieren.
Der Beschwerdeführerin war im Jahr 2007 nicht bekannt, dass es für die Gebührenpflicht darauf ankommt, ob die sportliche Veranstaltung live oder mit zeitlicher Verzögerung wiedergegeben wird. Außerdem war der Beschwerdeführerin nicht erkennbar, dass die Befreiungsbestimmung für Glücksspielautomaten (§ 33 TP 17 Abs 1 Z 7 GebG idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBl. I Nr. 24/2007) auf sie nicht anwendbar ist.
Einschlägige Rechtsprechung zur Subsumtion vergleichbarer Sachverhalte unter den Tatbestand des § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG erging erst ab dem Jahr 2009.
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidung ergeht sich der vorliegende Vorlageantrag.
3. BEGRÜNDUNG
3.1 Unzulässigkeit der bescheidmäßigen Festsetzung in sinngemäßer Anwendung der
Wiederaufnahme
3.1.1 Wiederaufnahmetatbestand nicht erfüllt
Die Gebühren nach § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 bis 8 GebG sind Selbstberechnungsabgaben. Nach § 201 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 BAO kann eine selbst zu berechnende Abgabe bescheidmäßig festgesetzt werden, wenn sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vorliegen.
Ein Verfahren "kann" von Amts wegen unter anderem dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (§ 303 Abs 1 lit b BAO).
Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO ist somit
entscheidend, ob die neu hervorgekommene Tatsache oder das neu hervorgekommene
Beweismittel im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (auf den Fall des § 201 BAO übertragen also im Zeitpunkt der Selbstberechnung) zu einer anderen Abgabenfestsetzung geführt hätte (vgl dazu Ritz, BAO5, § 303 Rz 24).
Dies trifft im konkreten Fall jedoch nicht zu, weil nicht nur der Beschwerdeführerin, sondern auch der Abgabenbehörde im Jahr 2007 noch nicht bekannt war, dass Wetten bei zeitlich verzögert wiedergegebenen Sportereignissen Glücksspiele sind und ein Wettautomat kein Glücksspielautomat iSd § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 GebG ist. Die von der Abgabenbehörde in der Begründung des Bescheides vom zitierte Rechtsprechung stammt erst aus dem Jahr 2009 und danach.
Wie bereits in der Beschwerde vom ausgeführt, liegt eine Änderung der Rechtsmeinung vor, da die beiden Tatsachen "aufgezeichnetes Sportereignis" und "zentralseitige Zufallsentscheidung" im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Jahres 2007 nicht relevant waren und daher auch nicht "neu hervorgekommen" sind. Bei Kenntnis dieser Umstände wäre die Selbstberechnung nicht anders beurteilt worden.
Die Aussage der Abgabenbehörde auf Seite 3 der Beschwerdevorentscheidung, wonach sich ihre Rechtsmeinung nicht geändert habe, ist eine reine Schutzbehauptung, die nicht bewiesen ist und sich mangels veröffentlichter Meinungen der Finanzverwaltung im Jahr 2007 der Überprüfung entzieht.
Selbst wenn die Abgabenbehörde schon immer diese Rechtsmeinung vertreten hätte, wäre eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO aber unzulässig gewesen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die im Übrigen auch von der Abgabenbehörde auf Seite 2 der Beschwerdevorentscheidung zitiert wird, ist eine "auf neu hervorgekommene Tatsachen gestützte Wiederaufnahme des Verfahrens [..] ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können."(; , 2001/13100135).
Aus der Judikatur ergibt sich somit eindeutig, dass es für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht genügt, wenn neu hervorgekommene Tatsachen in dem abgeschlossenen Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätten. Vielmehr hätte dem abweichenden Ergebnis auch eine richtige rechtliche Subsumtion vorangehen müssen.
Zum Zeitpunkt der Abgabenmeldungen für den streitgegenständlichen Zeitraum war die richtige rechtliche Subsumtion jene der Beschwerdeführerin:
Dies ergibt sich schon aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG, welcher für eine Subsumtion der Hunderennen unter dessen Tatbestand spricht. Zweifellos sind Wetten auf Hunderennen, wie bspw. auch auf Pferderennen, als Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen zu qualifizieren.
Dass es für die Gebührenpflicht darauf ankommt, ob die sportliche Veranstaltung live oder mit zeitlicher Verzögerung wiedergegeben wird, wurde im streitgegenständlichen Zeitraum weder von der Literatur noch von der Rechtsprechung in Erwägung gezogen. Erst mit Erkenntnis vom stellte der VwGH (2009/17/0158) fest, dass Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen nicht als Sportwetten zu qualifizieren sind. Dieses Erkenntnis befasste sich jedoch nicht direkt mit dem GebG, sondern mit dem Wiener Vergnügungssteuergesetz. Weitere fünf Jahre später befasste sich der Verwaltungsgerichtshof erst explizit mit der Frage, ob Wetten auf aufgezeichnete Hundewetten unter § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 oder Z 7 GebG zu subsumieren seien
().
Beiden Erkenntnissen ist gemein, dass sie unter gänzlicher Außerachtlassung des eindeutigen Wortlauts ("Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen") des § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen dem äußerst unbestimmten Begriff des Glücksspiels (§ 33 TP 17 Abs 1 Z 7 iVm § 1 Abs 1 GSpG) unterstellen.
Aufgrund dieser unerwarteten Judikaturwende kann nicht behauptet werden, dass die
Abgabenbehörde im Jahr 2007 in Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsachen die
aufgezeichneten Hundewetten rechtsrichtig als Glücksspiele beurteilen hätte können. Die
Wiederaufnahme soll vielmehr rückwirkend die neue Rechtsprechung zur Anwendung bringen.
3.1.2 Unrichtige Ermessensübung
Die Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Abgabenverfahrens liegt grundsätzlich im Ermessen der Abgabenbehörde. Sämtliche Ermessensentscheidungen müssen sich im Rahmen der vom Gesetz gezogenen Grenzen bewegen und müssen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit und unter Berücksichtigung des Normzwecks getroffen werden (vgl Ritz, BAO5 § 303 Rz 62).
Da die Beschwerdeführerin lediglich einen Gastronomiebetrieb führt, und mittlerweile keinerlei Einnahmen aus Glücksspielen generiert, kann sie aus ihren Umsätzen unmöglich die Abgaben in Höhe von EUR 1.165.415,64 entrichten. Dieser Umstand hätte bei der Ermessensübung berücksichtigt werden müssen.
Dies gesteht auch die Abgabenbehörde ein: ”Es ist zwar richtig, dass eine festgestellte
Uneinbringlichkeit i. S. des § 235 BAO bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist. Dies[e] liegt aber im gegenständlichen Fall nicht vor. "
Diese Feststellung ist zum einen falsch und unbegründet, zum anderen widerspricht sich die Abgabenbehörde einige Zeilen später, wenn sie ausführt, dass die Frage der Einbringlichkeit bei der Verfügung der Wiederaufnahme grundsätzlich nicht zu prüfen sei (Seite 6 der Beschwerdevorentscheidung). Wenn die Einbringlichkeit nicht zu prüfen sei, wie soll dann die Abgabenbehörde angeblich zur Auffassung gekommen sein, dass keine Uneinbringlichkeit vorliege?
4. BEGRÜNDUNG DES ANTRAGS AUF AUSSETZUNG DER EINHEBUNG
Gemäß § 212a BAO kann die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde ausgesetzt werden.
Dies trifft auf die mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Abgaben zu. Für die Aussetzung kommt ein Betrag von EUR 1.186.218,17 (Stammabgabe in Höhe von EUR 1.165.415,64 + Säumniszuschlag in Höhe von EUR 20.802,53) in Betracht.
In Bezug auf den Säumniszuschlag ergibt sich die Zulässigkeit der Aussetzung aus § 217 Abs. 8 BAO‚ wonach im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen hat.
Die Beschwerdeführerin stellt daher die Anträge
1. auf Entscheidung durch den gesamten Senat
2. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sowie
3. der Beschwerde stattzugeben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Außerdem stellt die Beschwerdeführerin den Antrag
4. die Einhebung der Abgaben in der von der Beschwerde anhängigen Höhe (EUR 1.186.218,17) bis zur Entscheidung auszusetzen."
******
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag mit der Begründung ab, dass gemäß § 212a Abs. 1 BAO die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen sei, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweiche, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liege, zurückzuführen sei, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO sei die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.
Die beantragte Aussetzung der Einhebung sei gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht zu
bewilligen, da die Bescheidbeschwerde nach Lage des Falles aus den folgenden Gründen wenig erfolgversprechend erscheine:
Der in der Beschwerde erhobene Einwand der Verjährung der gegenständlichen Abgaben gehe aufgrund der nach außen wirksamen, einwandfrei nach außen erkennbaren, aktenmäßig nachweisbaren und somit die Verjährung verlängernden Amtshandlungen ins Leere. Die von der Beschwerdeführerin als unzulässig erachtete Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO (insbesondere hinsichtlich der sinngemäßen Anwendung des § 303 BAO) und die dabei vorgenommene Ermessensübung seien im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erfolgt.
Der Abgabenbehörde sei (bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO) im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt nicht so vollständig bekannt gewesen, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. bspw. und ).
Die Frage der Einbringlichkeit der im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzenden
Mehrsteuern sei bei der Verfügung der Wiederaufnahme grundsätzlich nicht zu prüfen, zumal eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit es nicht ausschließe, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen könnten. Der belangten Behörde könne daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie sich im angefochtenen Bescheid nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzenden Steuern auch einbringlich sein würden (vgl. ).
Ungeachtet der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Selbstberechnung der gegenständlichen Abgaben die damalige Rechtsauslegung der Beschwerdeführerin ohnehin nicht mit jener der Abgabenbehörde übereingestimmt habe, sei anzumerken, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen in eine bestimmte Rechtsauslegung schütze (vgl. und ).
*****
In der dagegen mit Eingabe vom eingebrachten Beschwerde wurde vorgebracht:
"1. SACHVERHALT UND VERFAHRENSGANG
Da Sachverhalt und bisheriger Verfahrensgang dem Grunde nach weitgehend unstrittig sein dürften, werden im Folgenden nur die wesentlichen Sachverhaltselemente und Verfahrensschritte wiedergegeben:
lm Gastronomiebetrieb der XY-GmbH ("XY“ oder
“Beschwerdeführerin“) war im Jahr 2007 ein Wettautomat aufgestellt, mit dem man auf
Hunderennen wetten konnte.
Für den Zeitraum Jänner bis November 2007 meldete und bezahlte die Beschwerdeführerin für die durchgeführten Wetten eine Gebühr in Höhe von 2% vom Einsatz. Die Gebührenpflicht ergab sich aus § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG (idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBI. l Nr. 24/2007), wonach für im Inland abgeschlossene Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen eine Gebühr von 2% "vom Wert des bedungenen Entgeltes" zu leisten war.
Im Jahr 2012 erfolgte im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt für Gebühren.
Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde daraufhin die selbst berechneten Abgaben gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO mit EUR 1.165.415,64 (25% vom Gewinst) fest und stützte dies auf § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG (idF ab ABÄG, BGBl l 2005/105 vor der Glücksspielgesetz - Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010), da sie die Auffassung vertritt, die angebotenen Wetten seien als Glücksspiel und nicht als "im Inland abgeschlossene Wetten" zu qualifizieren.
Gegen den Bescheid der Abgabenbehörde vom betreffend die Festsetzung von Gebühren für den Zeitraum Jänner bis November 2007 erhob XY mit Schriftsatz vom Beschwerde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen. Hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin am einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO und verband diesen mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO.
Während der Vorlageantrag nach wie vor beim BFG anhängig ist, wies die Abgabenbehörde den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit Bescheid vom , zugestellt am , ("bekämpfter Bescheid") als unbegründet ab. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
2. Begründung
2.1 Vorbemerkung
Gemäß § 212a Abs 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Die Aussetzung der Einhebung ist gemäß § 212a Abs 2 BAO nicht zu bewilligen,
- soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend
erscheint, oder
- soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird,
in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
- wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
Die Abgabenbehörde begründet die Abweisung des Aussetzungsantrages damit, dass die
Beschwerde wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO erscheine.
2.2 Kein Ausschlussgrund nach § 212a Abs 2 lit. a BAO
Einleitend sei bemerkt, dass eine Beschwerde nur dann als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs 2 lit a BAO erscheint, wenn die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels offenkundig ist, sie also für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist (; , 2000/1610393).
Dass die Beschwerde nicht offenkundig aussichtslos ist, ergibt sich aus der Unzulässigkeit der von der Abgabenbehörde vorgenommenen Abgabenfestsetzung nach § 201 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 BAO. Nach dieser Bestimmung kann eine selbst zu berechnende Abgabe nur dann bescheidmäßig festgesetzt werden, wenn sich die Selbstberechnung als nicht
richtig erweist und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vorliegen.
Wenngleich es jüngere Rechtsprechung zu der Frage gibt, wie Wettautomaten zu besteuern sind (vgl Twardosz, GebG6 § 33 TP 17 Rz 10 mwN), liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht vor:
2.2.1 Kein Vorliegen der Voraussetzungen des § 303 BAO
Ein Verfahren ”kann" von Amts wegen unter anderem dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorkommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (§ 303 Abs 1 iit b BAO).
Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO ist somit
entscheidend, ob die neu hervorgekommene Tatsache oder das neuhervorgekommene
Beweismittel im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (auf den Fall des § 201 BAO übertragen also im Zeitpunkt der Selbstberechnung) zu einer anderen Abgabenfestsetzung geführt hätte (vgl dazu Ritz, BAO5 § 303 Rz 24).
Dies trifft im konkreten Fall jedoch nicht zu, weil sowohl der Beschwerdeführerin als auch der Abgabenbehörde im Jahr 2007 noch nicht bekannt war, dass Wetten auf zeitlich verzögert wiedergegebene Sportereignisse als Glücksspiele zu qualifizieren sind und ein Wettautomat kein Glücksspielautomat iSd § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 GebG ist. Einschlägige Rechtsprechung zur Subsumtion vergleichbarer Sachverhalte unter den Tatbestand des
§ 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG erging erst frühestens ab dem Jahr 2009 und einige
Entscheidungen stammen erst aus den Jahren 2013 und 2014 (vgl. wiederum die bei Twardosz, GebG6 § 33 TP 17 Rz 10 zit Jud).
Mit dem Wiederaufnahmegrund der neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel besteht die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen, jedoch nicht die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung offengelegter Sachverhalte zu beseitigen ( 59).
Eine geänderte rechtliche Beurteilung des schon bekannten Sachverhalts rechtfertigt eine
Wiederaufnahme nicht, selbst wenn diese Beurteilung nunmehr richtig ist ().
lm gegenständlichen Fall liegt unzweifelhaft eine Änderung der Rechtsmeinung vor, da die beiden Tatsachen "aufgezeichnetes Sportereignis" und "zentralseitige Zufallsentscheidung" im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Jahres 2007 nicht entscheidungswesentlich waren und daher auch nicht “neu hervorgekommen" sind. Die Kenntnis dieser Sachverhaltselemente hätte im Jahr 2007 zu keiner von der Selbstberechnung abweichenden rechtlichen Beurteilung durch die Abgabenbehörde geführt.
Selbst unter der unwahrscheinlichen Annahme, dass die Abgabenbehörde bereits im Jahr 2007 diese Rechtsmeinung vertreten hätte, wäre eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO aber unzulässig gewesen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes genügt es nicht, wenn neu hervorgekommene Tatsachen in dem abgeschlossenen Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, sondern vielmehr hätte dem abweichenden Ergebnis auch eine richtige rechtliche Subsumtion vorangehen müssen (vgl. etwa ; , 2001/13/0135).
Zum Zeitpunkt der Abgabenmeldungen für den streitgegenständlichen Zeitraum war unstrittig die rechtliche Subsumtion der Beschwerdeführerin die einzig richtige:
Dies ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG ("Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen"), welcher für eine Subsumtion der Hundewetten unter diesen Tatbestand spricht. Die gebührenrechtliche Relevanz der Frage, ob die sportliche Veranstaltung live oder mit zeitlicher Verzögerung wiedergegeben wird, wurde im streitgegenständliche Zeitraum weder von der Literatur noch von der Rechtsprechung in Erwägung gezogen. Erst in einem Erkenntnis vom zum Wiener Vergnügungssteuergesetz stellte der VwGH fest, dass Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen nicht als Sportwetten zu qualifizieren sind (). Nach fünf weiteren Jahren befasste sich der Verwaltungsgerichtshof erstmals mit der Frage, ob Wetten auf aufgezeichnete Hundewetten unter § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 oder Z 7 GebG zu subsumieren sind ( mit Hinweis auf ). Der UFS hatte sich erst im Jahr 2013 mit dem Thema beschäftigt (vgl UFS Innsbruck , RV/0343-I/10).
Der Wortlaut ließ für den Rechtsunterworfenen bis dahin jedoch keine andere Auslegung zu, als die Wetten als Sportwetten zu qualifizieren, zumal Glücksspielautomaten nach § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 GebG idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBL I Nr. 24/2007 gänzlich von der Abgabe ausgenommen waren. Keineswegs war der Begriff des Glücksspiels im Jahr 2007 bereits so hinreichend geklärt, dass die Abgabenbehörde bei Kenntnis der Umstände eine Festsetzung der Abgabe vorgenommen hätte.
Da lediglich Jahre später eine unerwartete Rechtsprechung erging, liegen die Voraussetzungen für eine Festsetzung bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO nicht vor.
2.3 Ergebnis
Da überaus strittig ist, ob die Voraussetzungen des § 303 BAO vorlagen und die
Abgabenfestsetzung gemäß § 201 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 BAO zu Recht erfolgte, ist die
Beschwerde keinesfalls als wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit. a BAO zu qualifizieren.
Die strittige Abgabe ist daher auszusetzen.
3. ANTRAG
Die Beschwerdeführerin stellt daher den Antrag, der Beschwerde stattzugeben und auszusprechen, dass dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung in der im Rubrum genannten Höhe stattgegeben wird.
*****
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass aus den für den Zeitraum 01-11/2007 übermittelten Wettgebührenabrechnungen (GebG) betreffend die Selbstberechnung der Gebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG nicht ersichtlich gewesen sei, dass sich die bekanntgegebene Bemessungsgrundlage auch aus Einsätzen zusammensetze, die im Zusammenhang mit „Wetten“ auf aufgezeichnete Hunderennen getätigt worden seien, welche über Terminals angeboten worden seien, die über einen Router mit einem Server verbunden gewesen und bei denen durch Zufallsgenerator zentralseitig das Spielergebnis herbeigeführt worden sei. Es könne wohl nicht zweifelhaft sein, dass es sich hierbei um neu hervorgekommene Tatsachen und nicht um eine neue Rechtsauffassung handle.
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden als „Bf.“ bezeichnet) vertrete die Ansicht, dass hinsichtlich der gegenständlichen Rechtsfragen eine Änderung der Rechtsmeinung vorliege, da die beiden Tatsachen „aufgezeichnetes Sportereignis" und „zentralseitige Zufallsentscheidung" im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Jahres 2007 nicht relevant gewesen wären und daher nicht neu hervorgekommen seien.
Dieser Ansicht könne in keinerlei Hinsicht gefolgt werden. Wie bereits in der Begründung des Abgabenbescheides erläutert, könne eine „Wette“ über ein aufgezeichnetes Hunderennen keine Wette anlässlich einer sportlichen Veranstaltung darstellen. Schon gar nicht dann, wenn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht einmal feststehe, welches aufgezeichnete Rennen den Gegenstand der Wette bilde. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Entscheidung über das Spielergebnis (bzw. die Entscheidung über Gewinn und Verlust) ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhänge. Sei dies der Fall, liege ein Glücksspiel und keine Wette vor.
Die den Wettgebührenabrechnungen des Jahres 2007 zugrundeliegende Rechtsansicht stütze sich unter anderem auf die These, dass das Glücksspielgesetz nur Spiele im Sinne des ABGB erfasse und Wetten im zivilrechtlichen Sinn vom GSpG ausgenommen seien. Demzufolge hätten die gegenständlichen Wetten schon deshalb keine Glücksspiele sein können, weil die Spielteilnehmer die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht durch eigenes spielendes Verhalten beeinflussen könnten.
Dass die Finanzbehörden eine derartige Rechtsansicht im Jahr 2007 vertreten haben sollte, sei in mehrfacher Hinsicht ausgeschlossen. Eine Ausspielung und damit ein Spiel im Sinn des GSpG setze nicht voraus, dass der Spieler während des Spiels aktiv werde (vgl. etwa die Definition des Glücksspielapparates in § 2 Abs. 2 GSpG ldF vor BGBl. I Nr. 54/2010, der zufolge die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst und daher ohne Zutun des Spielers während des Spiels erfolge).
Das BMF habe bereits im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf seiner Homepage die Rechtsmeinung veröffentlicht, dass es sich bei den "Wetten" auf virtuelle bzw. aufgezeichnete Bewerbe deren Ergebnisse von einem Computer generiert würden, um Glücksspiel handle (vgl. Anfragebeantwortung 817/XXlll.GP‚ — abrufbar unter www.parlament.gv.at). Diese Tatsache lasse sich auch durch nachstehende Anfrage und Anfragebeantwortung (ebenfalls abrufbar unter www.parlament.gv.at) belegen:
Die schriftliche Anfrage vom an den damaligen Bundesminister für Finanzen (2489/J, XXlll‚ GP) laute auszugsweise wie folgt
„Eine eindeutige Position schon vertrat 2006 auch das BMF bei Wetten auf bereits vor Jahren gelaufene Hunderennen. Weiß der Wettende zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wette nicht, um welches Rennen es sich handelt (oder auch wenn während des Rennens der Zieleinlauf eines anderen Rennens eingespielt wird), besteht der Verdacht, dass es sich hierbei nicht um eine erlaubte Sportwette, sondern um ein unzulässiges Glücksspiel handelt. Daher werden und wurden - soweit Fälle den zuständigen Stellen des Ressorts bekannt wurden - durch das BMF Anzeigen erstattet.
Diese Argumentation wurde nun verstärkt: Die Illegalität von virtuellen Hunderennen
wurde bekräftigt und sogar auf der Homepage des BMF dargestellt (AB 817/XXIII.GP ).
Auch der unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich hat diese Rechtsansicht in
einer Entscheidung vom bestätigt (!) und diese Hundewetten als Glücksspiel bewertet.“
Die daraufhin ergangene Anfragebeantwortung vom des damaligen
Bundesministers für Finanzen (2582/AB, XXlll. GP) laute auszugsweise wie folgt:
„Wetten auf virtuelle bzw. aufgezeichnete Bewerbe (egal auf welchem Medium)
stellen einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes dar. An dieser Rechtsansicht meines Ressorts hat sich nichts geändert. Folgende lnformationen finden sich daher auch auf der Homepage meines Ressorts unter https://www.bmf.gv.at/Steuern/FAQ/Glücksspielmonopol:
- Wetten auf virtuelle Bewerbe (z.B. Pferde- oder Hunderennen), deren Ergebnisse
von einem Computer generiert werden, oder
- Wetten auf aufgezeichnete Bewerbe
Bei beiden Wettarten handelt es sich nicht um Wetten aus Anlass einer sportlichen
Veranstaltung. Es ist dem Spielteilnehmer nicht möglich, lnformationen über Starter,
Rennbahn, Datum, Wetter oder andere Rahmenbedingungen in Erfahrung zu bringen. Sie sind unzulässig, weil sie die in der klassischen Sportwette vorherrschenden Geschicklichkeitskomponenten zu Gunsten des Zufalls vermindern. Die Wette wird dadurch zum Glücksspiel im Sinne des Glücksspielgesetzes und ist von einer gewerberechtlichen Bewilligung nicht mehr erfasst. Der UVS Niederösterreich hat die Glücksspieleigenschaften solcher Wetten in einem Erkenntnis vom bestätigt.“
Des Weiteren sehe § 7 GSpG in seit unveränderter Fassung vor, dass das Toto eine Ausspielung sei, bei der ein Veranstalter Wetten über den Ausgang mehrerer sportlicher Wettkämpfe (Kollektivwetten) annehme und durchführe. Der Gesetzgeber sehe somit Toto als Ausspielung und daher als Glücksspiel an. Dem entspreche auch die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen, welche besage, dass bei einer Kombination von mehr als zehn Einzelwetten aufgrund der überwiegenden Zufallsabhängigkeit der Entscheidung über das Spielergebnis die Glücksspieleigenschaft zu bejahen sei. Auf diese Rechtsansicht des BMF (vom ) werde sogar in dem von der Bf. der Großbetriebsprüfung vorgelegten Rechtsgutachten (von RA Dr. S, ) Bezug genommen. Dies belege, dass die Rechtsauffassung, nach welcher die in § 1 GSpG normierte ausschließliche oder vorwiegende Zufallsabhängigkeit der Entscheidung über das Spielergebnis (bzw. die Entscheidung über Gewinn und Verlust) als grundlegendes Unterscheidungskriterium zwischen Spiel und Wette maßgeblich sei, bereits im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von Behördenseite angewendet worden sei.
Auch der VwGH habe in seinem Erkenntnis vom , 2011/17/0296, nicht erkennen können, an welche Gestaltung gedacht sei, wenn die Auffassung vertreten werde, dass der "Spielausgang zwar vom Verhalten des Spielers bestimmt oder mitbestimmt wird, dass aber das Ergebnis - Gewinn oder Verlust - zumindest vorwiegend vom Zufall“ abhänge.
Die Nichtanwendbarkeit der in § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG (idF vor BGBl. l Nr. 54/2010) vorgesehenen Ausnahme von der Gebührenpflicht für Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten sei unzweifelhaft gegeben. Eine andere Auffassung wäre mit den eindeutigen gesetzlichen Regelungen schlichtweg nicht zu vereinbaren gewesen, da im gegenständlichen Fall die Terminals über einen Router mit einem Server verbunden gewesen seien, bei denen durch Zufallszahlen zentralseitig die Entscheidung über Gewinn und Verlust herbeigeführt worden sei.
§ 2 Abs. 2 GSpG (idF vor BGBl. l Nr. 54/2010) habe gelautet:
„Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird.“
§ 2 Abs. 3 GSpG (idF vor BGBl. l Nr. 54/2010) habe gelautet:
„Ein Glücksspielautomat ist ein Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt.“
Die von der Bf. angeführte Judikatur des , und vom
, 2967/79 könne schon deshalb nicht herangezogen werden, da diese (zu
Recht) die Wiederaufnahme im Falle einer geänderten rechtlichen Beurteilung des
schon bekannten Sachverhaltes untersage. ln gegenständlicher Sache habe sich jedoch
in völligem Gegensatz dazu, einerseits die rechtliche Beurteilung nicht geändert,
andererseits sei der Sachverhalt im Zeitpunkt der Selbstberechnung nicht vollständig
offengelegt bzw. bekannt gewesen und seien später neue Tatsachen hervorgekommen.
Wenn die Bf. nun meine, zum Zeitpunkt der Abgabenmeldungen für den streitgegenständlichen Zeitraum wäre unstrittig ihre eigene rechtliche Subsumtion die einzig richtige, so sei dies schlichtweg nicht nachvollziehbar und alles andere als unstrittig.
Wie die zahlreichen höchstgerichtlichen Entscheidungen und die eindeutige Gesetzeslage zeigen würden, sei einzig die von der Finanzverwaltung bereits im Jahr 2007 veröffentlichte und bis heute geübte Rechtsansicht rechtsrichtig und vertretbar.
Zusammenfassend lasse sich daher festhalten, dass die Rechtsansicht der Bf. im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit den soeben erläuterten Gesetzesstellen nicht zu vereinbaren und im klaren Widerspruch zur Verwaltungspraxis gestanden sei. Die
Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsachen hätte daher entgegen der Meinung
der Bf. jedenfalls einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt. Die von der Bf. angeführten Erkenntnisse des VwGH (VwGH. , 2009/17/0158 und , 2013/16/0239) seien keineswegs als unerwartete Judikaturwende anzusehen. Die von der Bf. als unzulässig erachtete Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO (insbesondere hinsichtlich der sinngemäßen Anwendung des § 303 BAO) und die dabei vorgenommene Ermessensübung seien im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erfolgt: Der Abgabenbehörde sei (bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO) im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt nicht so vollständig bekannt gewesen, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. bspw. und ). Angesichts der sich in (bereits klar widerlegten) bloßen Behauptungen erschöpfenden Beschwerdeargumente liege eine offenkundige Aussichtslosigkeit der Beschwerde vor. Die Abweisung des Aussetzungsantrages sei zu Recht erfolgt, da die Bescheidbeschwerde nach Lage des Falles aus den angeführten Gründen wenig erfolgversprechend erscheine. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.
*****
Dagegen brachte die Bf. mit Eingabe vom folgenden Vorlageantrag ein:
"Sachverhalt und bisheriger Verfahrensgang dürften dem Grunde nach weitgehend unstrittig sein.
Daher werden im Folgenden nur einige wesentliche Punkte wiedergegeben:
Im Gastronomiebetrieb der XY-GmbH ("XY" oder
“Beschwerdeführerin“) war im Jahr 2007 ein Wettautomat aufgestellt, mit dem man auf
Hunderennen wetten konnte. Wie sich später herausstellte, waren diese Hunderennen
aufgezeichnet, also fanden zu einem Zeitpunkt vor der Wette statt.
Für den Zeitraum Jänner bis November 2007 meldete und bezahlte die Beschwerdeführerin für die Wetten eine Gebühr in Höhe von 2% vom Einsatz. Die Gebührenpflicht ergab sich aus § 33 TP 17 Abs 1 Z 6 GebG (idF Budgetbegleitgesetz 2007 BGBl. I Nr. 24/2007), wonach für im Inland abgeschlossene Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen eine Gebühr von 2% "vom Wert des bedungenen Entgelts"zu leisten war.
Im Jahr 2012 erfolgte im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt für Gebühren.
Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde daraufhin die selbst berechneten Abgaben gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO mit EUR 1.165.415,64 (25% vom Gewinst) fest und stützte dies auf § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG (idF ab ABÄG, BGBl I 2005/105 vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl l Nr 54/2010), da sie die Auffassung vertritt, die angebotenen Wetten seien als Glücksspiel und nicht als "im Inland abgeschlossene Wetten" zu qualifizieren.
Gegen den Bescheid der Abgabenbehörde vom betreffend die Festsetzung von Gebühren für den Zeitraum Jänner bis November 2007 erhob XY mit Schriftsatz vom Beschwerde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen. Hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin am einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO und verband diesen mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO.
Während der Vorlageantrag nach wie vor beim BFG anhängig ist, wies die Abgabenbehörde den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit Bescheid vom , zugestellt am , als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom binnen offener Frist Beschwerde. Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung ("bekämpfter Bescheid") richtet sich der vorliegende Vorlageantrag.
2. BEGRÜNDUNG
2.1 Vorbemerkung
Gemäß § 212a Abs 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch in dem Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragendenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Die Aussetzung der Einhebung ist gemäß § 212a Abs. 2 lit a BAO unter anderem nicht zu
bewilligen, soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Eine Beschwerde erscheint nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als wenig erfolgversprechend im Sinne des § 212a Abs. 2 Z 3 BAO, wenn die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels offenkundig ist, sie also für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist (; , 2000/16/0393).
Dennoch begründet die belangte Behörde den bekämpften Bescheid damit, dass die Beschwerde wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO erscheine.
Dass die Beschwerde nicht offenkundig aussichtslos ist, ergibt sich aus der Unzulässigkeit der von der Abgabenbehörde vorgenommenen Abgabenfestsetzung nach § 201 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 BAO. Nach dieser Bestimmung kann eine selbst zu berechnende Abgabe nur dann bescheidmäßig festgesetzt werden, wenn sich die Selbstberechnung als nicht
richtig erweist und bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vorliegen.
Wenngleich es jüngere Rechtsprechung zu der Frage gibt, wie Wettautomaten zu besteuern sind (vgl Twardosz, GebG6 § 33 TP 17 Rz 10 mwN), liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nach § 303 BAO nicht vor:
2.2 Kein Vorliegen der Voraussetzungen des § 303 BAO
Im Folgenden wird unter Punkt 2.2.1 noch einmal das Vorbringen aus der Beschwerde vom in seinen wesentlichen Punkten wiedergegeben, bevor anschließend unter Punkt 2.2.2 ein ergänzendes Vorbringen erstattet wird, womit die Ausführungen im bekämpften Bescheid widerlegt werden.
2.2.1 Vorbringen in der Beschwerde vom
Ein Verfahren "kann" von Amts wegen unter anderem dann wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorkommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (§ 303 Abs 1 lit b BAO).
Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO ist somit
entscheidend, ob die neu hervorgekommene Tatsache oder das neu hervorgekommene
Beweismittel im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (auf den Fall des § 201 BAO übertragen also im Zeitpunkt der Selbstberechnung) zu einer anderen Abgabenfestsetzung geführt hätte (vgl dazu Ritz, BAO5 § 303 Rz 24).
Dies trifft im konkreten Fall jedoch nicht zu, weil sowohl der Beschwerdeführerin als auch der Abgabenbehörde im Jahr 2007 noch nicht bekannt war, dass Wetten auf zeitlich verzögert wiedergegebene Sportereignisse als Glücksspiele zu qualifizieren sind und ein Wettautomat kein Glücksspielauiomat iSd § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 GebG ist. Einschlägige Rechtsprechung zur Subsumtion vergleichbarer Sachverhalte unter den Tatbestand des
§ 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG erging erst frühestens ab dem Jahr 2009 und einige
Entscheidungen stammen erst aus den Jahren 2013 und 2014 (vgl wiederum die bei Twardosz, GebG6 § 33 TP17 Rz10 zit Jud).
Mit dem Wiederaufnahmegrund der neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel besteht die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen, jedoch nicht die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung offengelegter Sachverhalte zu beseitigen (). Eine geänderte rechtliche Beurteilung des schon bekannten Sachverhalts rechtfertigt eine Wiederaufnahme nicht, selbst wenn diese Beurteilung nunmehr richtig ist ().
lm gegenständlichen Fall liegt unzweifelhaft eine Änderung der Rechtsmeinung vor, da die beiden Tatsachen "aufgezeichnetes Sportereignis" und "zentralseitige Zufallsentscheidung“ im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Jahres 2007 nicht entscheidungswesentlich waren und daher auch nicht "neu hervorgekommen" sind. Die Kenntnis dieser Sachverhaltselemente hätte im Jahr 2007 zu keiner von der Selbstberechnung abweichenden rechtlichen Beurteilung durch die Abgabenbehörde geführt.
2.2.2 Ergänzendes Vorbringen
Die belangte Behörde begründet den bekämpften Bescheid im Wesentlichen damit, dass
hinsichtlich der gegenständlichen Rechtsfragen keine Änderung der Rechtsmeinung vorliege, da die beiden Tatsachen "aufgezeichnetes Sportereignis" und "zentralseitige Zufallsentscheidung“ im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Jahres 2007 relevant gewesen und somit neu hervorgekommen seien (Seite 1 des bekämpften Bescheides). Mit anderen Worten vertritt die belangte Behörde, dass sie bereits im Jahr 2007 die gegenständlichen Wetten unter § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG (idF ab ABÄG, BGBl l 2005/105 vor der Glücksspielgesetz - Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010) subsumiert hätte, wenn sie darüber Bescheid gewusst hätte, dass sich die Wetten auf aufgezeichnete Hundewetten bezogen haben.
Denn schon damals habe das BMF auf seiner Homepage die Rechtsmeinung veröffentlicht, dass es sich bei Wetten auf aufgezeichnete Bewerbe, deren Ergebnisse von einem Computer generiert werden, um Glücksspiele handelt. Zum Beleg dafür zitiert die belangte Behörde auf Seite 2 des bekämpften Bescheides parlamentarische Anfragen (815/J XXII/J GP vom und 2489/J, XXIII. GP vom ) und daraufhin ergangene Anfragebeantwortungen des BMF (817/AB XXIII. GP vom und 2582/AB XXIII. GP vom ).
Diese Begründung vermag den bekämpften Bescheid aus folgenden Gründen nicht zu tragen:
- Die zitierten parlamentarischen Anfragen geben keinesfalls die Rechtsmeinung des BMF
wieder. Parlamentarische Anfragen werden durch Abgeordnete des Parlaments gestellt
und sind daher nicht als eine Veröffentlichung der Rechtsmeinung des BMF anzusehen.
Aus diesem Grund kann sich aus den Anfragen nicht ergeben, dass die Abgabenbehörde bereits im Jahr 2007 vertreten hat, dass Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen unter § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG (idF ab ABÄG, BGBl I 2005/105 vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010) zu subsumieren sind.
- Die Anfragebeantwortung des (817/AB XXIII. GP) behandelt auf
Seite 4 die Frage, ob Hundewetten als illegale Glücksspiele im Sinne des § 168 StGB zu
qualifizieren sind. Wörtlich führte der BMF hierzu wie folgt aus (Hervorhebung durch
V2):
"Auf die Illegalität von virtuellen Hundewetten hat mein Haus bereits in der Vergangenheit mehrfach hingewiesen. So wurde die diesbezügliche Rechtsansicht sogar auf der Homepage unter www.bmf.qv.at/steuem/fachinformationen/glücksspiel/FAQs frei zugänglich veröffentlicht. Diese Entscheidung wurde mittlerweile auch durch eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Niederösterreich von 2006 bestätigt."
Hierzu ist zu bemerken, dass Wetten auf virtuelle Hunderennen - also Rennen mit
elektronisch generierten, "virtuellen Hunden" - Gegenstand der Anfragebeantwortung
waren und nicht wie im gegenständlichen Fall Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen.
Darüber hinaus ging es lediglich um die Frage der regulatorischen Zulässigkeit der
Wetten auf diese Hunderennen und nicht um deren Besteuerung.
Die Anfragebeantwortung des (2582/AB XXIII. GP) beschäftigt sich
auf Seite 6 ebenso wenig mit den steuerlichen Konsequenzen, sondern wiederum nur
mit der Frage der regulatorischen Zulässigkeit. Auszugsweise führte der BMF wörtlich
wie folgt aus (Hervorhebung durch V2):
"Wetten auf virtuelle bzw. aufgezeichnete Bewerbe (egal auf welchem Medium) stellen einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes dar. An dieser Rechtsansicht meines Ressorts hat sich nichts geändert. Folgende Informationen finden sich daher auch auf der Homepage meines Ressorts unter https://www.bmf.gv.at/Steuern/FAQ/Glücksspielmonopol:
- Wetten auf virtuelle Bewerbe (z.B. Pferde- oder Hunderennen), deren Ergebnisse von einem Computer generiert werden, oder
- Wetten auf aufgezeichnete Bewerbe
Bei beiden Wettarten handelt es sich nicht um Wetten aus Anlass einer sportlichen
Veranstaltung. […] Die Wette wird damit zum Glücksspiel […] und ist von einer
gewerberechtlichen Bewilligung nicht mehr erfasst."
Aus den Ausführungen im bekämpften Bescheid ergibt sich somit lediglich (sofern die genannten Angaben zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich auf der Homepage des BMF abrufbar waren, was zum heutigen Zeitpunkt von der Beschwerdeführerin nicht mehr überprüft werden kann), dass der Bundesminister bereits in den Jahren 2007 und 2008 davon ausgegangen ist, dass Wetten auf aufgezeichnete und virtuelle Hunderennen einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes darstellen und daher illegal sind. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Abgabenbehörde bereits im Jahr 2007 vertreten hat, dass Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen gebührenrechtlich unter § 33 TP 17 Abs 1 Z 7 lit b GebG (idF ab ABÄG, BGBI I 2005/105 vor der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr 54/2010) zu subsumieren sind.
2.3 Ergebnis
Da überaus strittig ist, ob die Voraussetzungen des § 303 BAO vorlagen und die
Abgabenfestsetzung gemäß § 201 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 BAO zu Recht erfolgte, ist die
Beschwerde keinesfalls als wenig erfolgversprechend iSd § 212a Abs 2 lit a BAO zu qualifizieren.
Die strittige Abgabe ist daher auszusetzen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergehenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist eine Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen,
a) insoweit die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheint, oder
b) insoweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
Eine Abweisung nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO kommt nur dann in Betracht, wenn die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels offenkundig ist, wenn also die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist. Als offenkundig erfolglos kann eine Berufung etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen ist, das Beschwerdebegehren mit der Rechtslage eindeutig im Widerspruch steht, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder eine längerwährend unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt (vgl. Ellinger, ÖStZ 1998, 166).
§ 201 BAO lautet:
(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
Die Festsetzung gemäß § 201 BAO kann demnach dann, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als "nicht richtig" erweist, gemäß Abs. 2 Z 3 erfolgen, "wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden". Die Vorschrift hat insoweit den Zweck, einen Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage herbeizuführen (vgl. , und , 2011/15/0156).
Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
In sinngemäßer Anwendung dieser Rechtsprechung zur Wiederaufnahme des Verfahrens ist im vorliegenden Fall einer amtswegigen (Neu)Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO somit entscheidend, ob und gegebenenfalls welche für das Finanzamt seit der Selbstbemessung neu hervorgekommenen Umstände seitens des Finanzamts in seinem Bescheid dargetan wurden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind (vgl. ).
Im Bescheid gemäß § 201 BAO über die Festsetzung der Gebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG vom ist diesbezüglich ausgeführt:
" Die Feststellungen der Prüfung laut nachstehenden Ausführungen stellen für das
Steuerverfahren neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel dar, die bisher
nicht geltend gemacht worden sind. Die Kenntnisse dieser Umstände allein oder in
Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, hätten einen im Spruch anders
lautenden Bescheid herbeigeführt.
Für die Monate Jänner bis November 2007 wurden die Wettgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG samt Landeszuschlägen von der Abgabenschuldnerin jeweils für jedes
Monat mittels Wettgebührenabrechnungen (Geb 6) selbstberechnet. Bei den Selbstberechnungen wurden sowohl Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen als auch „Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen bzw. Rennen" der Gebühr unterzogen. In der Selbstberechnung via Geb 6 sind lediglich der Tatbestand (Wetten im Inland angenommen) und die ziffernmäßigen Bemessungsgrundlagen enthalten. Darüber hinausgehende, weitere Tatsachen sind nicht erfasst.
Aus den monatlich an das Finanzamt übermittelten Wettgebührenabrechnungen (Geb 6) war daher nicht ersichtlich, dass auch Wetten auf aufgezeichnete Rennen der Wettgebühr unterzogen wurden.
Bei einem Telefonat vom mit der Großbetriebsprüfung bzw. mit abschließender Kontrollmitteilung der Großbetriebsprüfung vom , eingelangt am 15:22, wurde dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mitgeteilt, dass bei der XY-GmbH der Sachverhalt Hunderennen vorliegt.
Durch dieses Telefonat und die Kontrollmitteilung vom kam die Tatsache hervor, dass von der XY-GmbH im Zeitraum vom - Wetten auf aufgezeichnete Rennen angeboten wurden und dass bei der Seibstberechnung diese der Wettgebühr als „Sportwetten“ und nicht wie gesetzlich normiert als Glücksspiele der Gebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG unterzogen wurden.
Weiters kam durch die am vorgelegten Unterlagen - Aufstellvereinbarung
über ein Computerterminal zur Vermittlung von Hunderennen, Aufstellung über
Terminalabrechnungen „Greyhound“ je Monat 01-11/2007 sowie Abrechnungen
einzelner „Greyhound“ Wettterminals - hervor, dass die Wetten auf aufgezeichnete
Rennen über Terminals der Firma G., die über einen Router mit dem Server
verbunden waren und bei denen durch Zufallszahlen zentralseitig das Spielergebnis
herbeigeführt wurde, angeboten wurden.
Mit Anfragenbeantwortung der XY-GmbH vom , übermittelt per Mail vom steuerlichen Vertreter A.-Wirtschaftstreuhand GmbH am , wurde der Spielablauf der aufgezeichneten Hunderennen bekanntgegeben, die Allgemeinen Wettbestimmungen der XY-GmbH für Wetten auf Global Greyhounds Rennen sowie der Vertrag mit der G. über die Miete der Terminals und für die Terminals die Aufstellungen der Monate 01-11/2007, die u. a. die Wetteinsätze und die Auszahlungen beinhalten, vorgelegt.
Aufgrund dieser Unterlagen kam die Tatsache neu hervor, dass in den Wettgebührenabrechnungen 01-11/2007 Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen enthalten sind, für die von der XY-GmbH die Wettgebühren mit 2% des Wetteinsatzes gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG selbstberechnet wurden, obwohl es sich um Glücksspiele handelt und diese der Gebühr gem. § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG unterliegen mit 25% vom Gewinst.
Dies stellt den Wiederaufnahmsgrund gem. § 303 BAO dar."
Dieser Sachverhalt wird von der Bf. nicht bestritten.
Die Bf. vermeint jedoch, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme nicht vorgelegen seien, da der Abgabenbehörde im Jahr 2007 nicht bekannt gewesen sei, dass Wetten auf zeitlich verzögert wiedergegebene Sportereignisse als Glücksspiele zu qualifizieren seien und ein Wettautomat kein Glücksspielautomat iSd § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG sei.
Die Bf. behauptet weiters - ohne dies entsprechend nachzuweisen - dass die beiden Tatsachen "aufgezeichnetes Sportereignis" und "zentralseitige Zufallsentscheidung" im Hinblick auf die Rechtsauffassung im Jahr 2007 nicht entscheidungswesentlich gewesen und daher nicht neu hervorgekommen seien.
Dazu ist festzustellen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. das Erkenntnis vom , 2008/15/0005).
Im Erkenntnis vom , 88/13/0011 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:
"Voraussetzung für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 4 BAO ist unter anderem das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und deren Kenntnis allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Aus welchen Gründen die Tatsachen oder Beweismittel der Abgabenbehörde bisher unbekannt geblieben sind, ist für das Vorliegen des Wiederaufnahmsgrundes unerheblich. Insbesondere ist es auch unerheblich, ob die neuen Tatsachen oder Beweismittel aus Verschulden der Abgabenbehörde erst nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sind. Solche Gründe könnten nur im Rahmen der Ermessensübung von Bedeutung sein, und zwar bei Entscheidung der Frage, ob das Vorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes von der Abgabenbehörde auch tatsächlich zum Anlass einer amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens genommen werden soll. Es kann daher durchaus der Fall sein, dass die Abgabenbehörde einen abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt nicht oder nur unvollständig ermittelt, weil sie ihn zu Unrecht für ausreichend geklärt hält. Dennoch kann das spätere Hervorkommen neuer entscheidungsrelevanter Tatsachen und Beweismittel einen Wiederaufnahmsgrund darstellen. Entscheidend ist nämlich nicht, ob sich die Abgabenbehörde der Relevanz bisher unbekannter Sachverhaltselemente im vollen Ausmaß bewusst war, sondern dass sie bei richtiger rechtlicher Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes zu einem anderen Bescheid gelangt wäre."
Für das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen ist ausschlaggebend, ob im Zeitpunkt des wiederaufzunehmenden Verfahrens - bei Kenntnis der Tatsachen - eine anderslautende Entscheidung erfolgt wäre, wobei auf die damalige Rechtslage, nicht jedoch auf die damalige Verwaltungsübung oder Rechtsmeinung (Rechtskenntnis) des Organwalters abzustellen ist (vgl. Ritz, BAO6 TZ 24 zu § 303).
Unbestritten ist, dass die belangte Behörde nicht in Kenntnis davon war, dass in den Wettgebührenabrechnungen 01-11/2007, für die von der Bf. die Wettgebühren mit 2% des Wetteinsatzes gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG selbst berechnet wurden, Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen enthalten waren, die der Gebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. b GebG unterliegen.
Im Hinblick auf die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war die belangte Behörde berechtigt, einen Bescheid gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO über die Festsetzung der Gebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit b. GebG zu erlassen, da die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme aufgrund der neu hervorgekommenen Tatsachen berechtigt war.
Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben wird verstanden, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftige Gründe in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertrauen konnten ().
Die Anwendung von Treu und Glauben setzt einen Vollzugsspielraum, entweder bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe oder bei der Ermessensübung, voraus ().
Ist hingegen eine Rechtsfrage bereits durch den Verwaltungsgerichtshof entweder in ständiger Rechtsprechung oder wie im gegenständlichen Fall durch einen verstärkten Senat entschieden, hat der Grundsatz von Treu und Glauben keine Bedeutung mehr, weil das Legalitätsprinzip grundsätzlich stärker ist als jeder andere Grundsatz.
Durch den Grundsatz von Treu und Glauben wird auch nicht allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit geschützt, da die Behörden verpflichtet sind, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen ().
Eine Änderung der Rechtslage ist durch das Erkenntnis des , nicht eingetreten, sondern eine Klarstellung der Rechtsauslegung, nämlich dass bei "Wetten" auf aufgezeichnete Hunde- bzw. Pferderennen keine Wette aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung oder eines Hunderennens vorliegt.
Soferne die Bf. vorträgt, dass der Wortlaut des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG dem Rechtsunterworfenen bis zum Ergehen des genannten Erkenntnisses des VwGH keine andere Auslegung zuließ, als die "Wetten" auf aufgezeichnete Hunderennen als Sportwetten zu qualifizieren, ist dem entgegenzuhalten, dass bereits bei Auslegung des Gesetzeswortlautes (Wortinterpretation) "Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen", somit aufgrund der Wortinterpretation, von einer Wette auf einen noch nicht beendeten Wettkampf ausgegangen werden muss.
Auf einen bereits abgeschlossenen Wettkampf könnte lediglich anlässlich des Abspielens des Videos gewettet werden, diese "Wette" erfolgt jedoch nicht aufgrund des Anlasses der sportlichen Veranstaltung (zumal bereits beendet, daher kein Anlass mehr vorliegen kann) und ist eine solche "Wette" daher schon aufgrund des Gesetzeswortlautes nicht von § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 erfasst, sondern vielmehr von § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit b GebG idF Budgetbegleitgesetz 2007, BGBl. I Nr. 24/2007, (Glücksspiele (§ 1 Abs. 1 GSpG), die von einem Veranstalter angeboten oder organisiert werden, und sonstige Veranstaltungen, die sich an die Öffentlichkeit wenden und bei denen den Teilnehmern durch Verlosung Gewinste zukommen sollen, wenn die Gewinste in Geld bestehen,...).
Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes, kann nicht nachvollzogen werden, weshalb die Bf. (unbewiesenermaßen) davon ausgeht, die belangte Behörde habe bis zum Ergehen des genannten Erkenntnisses des VwGH "Wetten" auf aufgezeichnete Sportveranstaltungen unter § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 subsumiert, nicht gefolgt werden.
In der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Bescheid gemäß § 201 BAO nahm das Finanzamt zur Frage der Verjährung ausführlich Stellung.
Diesen Ausführungen wurde im Vorlageantrag nichts entgegengesetzt. Auch die Beschwerde zum hier gegenständlichen Aussetzungsverfahren gemäß § 212a BAO enthält keine diesbezüglichen Ausführungen.
Das Bundesfinangericht geht davon aus, das die Frage der Verjährung nunmehr keinen Beschwerdegrund darstellt und verweist zur Vollständigkeit auf die Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung betreffend Bescheid gemäß § 201 BAO vom .
Dem Vorbringen, dass das Ermessen unrichtig ausgeübt worden sei, dass die Bf. einen Gastronomiebetrieb führe und mittlerweile keine Einnahmen aus Glücksspiel generiere und sie die Abgaben nicht entrichten könne, ist entgegen zu halten, dass die Frage der Einbringlichkeit der im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzenden Mehrsteuern bei der Verfügung der Wiederaufnahme grundsätzlich nicht zu prüfen ist, zumal eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit es nicht ausschließt, dass künftig neu herkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können. Der belangten Behörde kann daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie sich im angefochtenen Bescheid nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die im wiederaufgenommenen Verfahren festzusetzenden Steuern auch einbringlich sein werden () .
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die Beschwerde der Bf., die ihrem Aussetzungsantrag zugrunde liegt, als nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.
Aus all diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 17 Abs. 1 Z 6 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 2 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105879.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at