Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2019, RV/7101631/2016

1. Vorsteuerabzug bereits vor der Erzielung von Umsätzen? 2. Ausschluss der Optionsmöglichkeit gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 nur dann, wenn ein nach dem 31. August 2012 neu begründetes Mietverhältnis vorliegt

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/13/0084. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7102948/2021 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch A, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt X vom , betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2014, und vom , betreffend Umsatzsteuer für die Monate Jänner 2015 und Februar 2015 (gemäß § 253 BAO gilt die auch gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Umsatzsteuer für die Monate Mai 2014 bis Dezember 2014 erhobene Beschwerde vom auch als gegen den später erlassenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2014 gerichtet), zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bei der Beschwerdeführerin (Bf.), einer GmbH, deren Betriebsgegenstand die Vermietung und Verpachtung darstellt, fand im Jahr 2015 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ("USO-Prüfung") gemäß § 147 Abs. 1 BAO statt, die den Zeitraum Mai 2014 bis Februar 2015 betraf. Dabei wurden von der Prüferin des Finanzamtes X folgende Feststellungen getroffen (siehe die Niederschrift über die Schlussbesprechung und den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom , ABNr. B, S 95 ff BFG-Akt):

"Steuerliche Feststellungen

Tz. 1 Nicht abzugsfähige Vorsteuern

Sachverhalt:

Im Mai 2014 wurden die Liegenschaft C sowie die auf der Nachbarliegenschaft D gelegenen fünf Kfz-Stellplätze zum Kaufpreis von gesamt netto 73,500.000,00 € gekauft.

Rund 3,58% dieser Liegenschaft waren bereits zum Zeitpunkt des Kaufes vom Voreigentümer an zwei Unternehmen vermietet, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen. Des Weiteren standen zum Zeitpunkt des Kaufes zwei Büros im Ausmaß von rund 3,92% der Liegenschaft leer.

Die auf den Kaufpreis entfallenden Vorsteuern von 14,700.000,00 € wurden um die anteilig auf die Leerstehungen und Vermietungen an die unecht befreiten Unternehmen entfallenden Vorsteuern vermindert und der verminderte Betrag in der Umsatzsteuervoranmeldung für 5/2014 geltend gemacht.

Am reichte das geprüfte Unternehmen eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung für 5/2014 samt einer Offenlegung des Sachverhalts ein.

Darin wurde zu den Vorsteuern iHv 576.956,10 € betreffend den damaligen Leerstand ausgeführt, dass das Unternehmen bereits zum Zeitpunkt des Kaufes beabsichtigte, die leerstehenden Büroflächen möglichst rasch an gewerbliche Mieter zu vermieten, die überwiegend Umsätze erbringen, die sie zum vollen Vorsteuerabzug berechtigen. Deshalb wurden umgehend die Hausverwaltung sowie Immobilienmakler beauftragt, entsprechende Mieter zu finden. In diesem Zusammenhang wurde ein bereits konkretes Mietanbot vorgelegt, das letztendlich aber nicht zustande kam.

Da das gepr. Unternehmen von vornherein die Absicht hatte, von der Option zur steuerpflichtigen Vermietung gem. § 6 Abs. 2 UStG Gebrauch zu machen, geht es davon aus, dass der entsprechende Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt der Anschaffung zustand.

Zu der Vorsteuer iHv 526.825,45 € betreffend die Weitervermietung an bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen, vertritt das gepr. Unternehmen die Ansicht, dass das Unternehmen mit dem Kauf der Liegenschaft - so wie zivilrechtlich - auch umsatzsteuerlich in die Rechtsposition des Voreigentümers eingetreten ist und somit auch umsatzsteuerlich keine neu beginnenden Mietverhältnisse vorliegen.

Das Unternehmen ist zivilrechtlich in die rechtliche Stellung des ursprünglichen Vermieters eingetreten, weshalb aus seiner Sicht die Optionsmöglichkeit gem. § 6 Abs. 2 UStG (idF vor dem 1. StabG 2012) weiterhin anzuwenden ist.

Steuerliche Würdigung:

Gemäß § 6 Abs. 2 UStG kann ein Unternehmer einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln.

Der Unternehmer kann den Vorsteuerabzug bereits vor Ausführung des Umsatzes in Anspruch nehmen, wenn er durch entsprechende Vorvereinbarungen mit zukünftigen Mietern oder anhand anderer, über eine bloße Absichtserklärung hinausgehender Umstände die künftige umsatzsteuerpflichtige Vermietung darlegen kann.

Durch das Stabilitätsgesetz 2012 wurde der Vorsteuerabzug hinsichtlich § 6 Abs. 2 UStG sehr eingeschränkt und nur mehr unter den folgenden Voraussetzungen ist dieser ab zulässig:

Der Vermieter ist nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit der Leistungsempfänger (=Mieter) das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Vermieter hat nachzuweisen, dass der Mieter diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

Um im gegenständlichen Fall den Vorsteuerabzug vor Erzielung von Umsätzen lukrieren zu können, wäre nach Ansicht der Bp eine verbindliche Vorvereinbarung mit einem künftigen Mieter erforderlich, aus der hervorgeht, dass der Mieter die Büroräumlichkeiten nahezu ausschließlich für Umsätze verwenden wird, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Zum derzeitigen Zeitpunkt sind die anteilig auf die leerstehenden Büroräumlichkeiten entfallenden Vorsteuern im Ausmaß von 3,92% der gesamten Vorsteuern nicht abzugsfähig.

Hinsichtlich der anteiligen Vorsteuern betreffend die Mietverhältnisse mit Mietern, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen, wird folgende Ansicht vertreten:

Bei Anschaffung des Gebäudes nach dem mit Übergang von Mietverhältnissen, die vor dem begonnen haben, ist § 6 Abs. 2 UStG idF 1. StabG 2012 anzuwenden.

Nachdem die Liegenschaft im Mai 2014 erworben wurde und somit der Wechsel auf der Vermieterseite nach dem liegt, ist die neue Bestimmung anzuwenden.

Somit sind die anteilig auf diese Mietverhältnisse entfallenden Vorsteuern im Ausmaß von 3,58% der gesamten Vorsteuern nicht abzugsfähig."

Das Finanzamt X folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ am entsprechende Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die Zeiträume Mai 2014, Juni 2014, Juli 2014, August 2014, September 2014, Oktober 2014, November 2014, Dezember 2014, Jänner 2015 und Februar 2015. Diese Bescheide weisen jeweils folgende Begründung auf:

"Die Festsetzung erfolgte unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind."

Gegen die angeführten Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide erhob die steuerliche Vertreterin der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde [Anm.: Die folgenden Hervorhebungen (Fettdruck) im Text entsprechen dem Original]:

Diese richte sich gegen die entsprechend der Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO und dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom in den angefochtenen Bescheiden amtswegig angesetzten Kürzungen des Vorsteuerabzugs nach § 12 Abs. 3 iVm Abs. 4 und 5 UStG 1994 betreffend

1) den zum Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft C (ein Bürogebäude), sowie von Parkplätzen im Nebengebäude D bestehenden Leerstand (3,92% der Liegenschaft) sowie

2) die an zum Zeitpunkt des Erwerbs der angeführten Liegenschaft bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen, vermieteten Flächen (3,58% der Liegenschaft).

Beantragt werde für die streitgegenständlichen Voranmeldungszeiträume der volle Abzug des Gesamtbetrags der Vorsteuern, so wie geltend gemacht und von der Außenprüfung festgestellt, und somit die Stornierung der in den angefochtenen Bescheiden amtswegig angesetzten Kürzungen des Vorsteuerabzugs gemäß § 12 Abs. 3 iVm Abs. 4 und 5 UStG 1994.

Für den Fall der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht werde die Entscheidung über diese durch den gesamten Senat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt [Anm.: Diese Anträge wurden mit Telefax vom zurückgezogen].

Zu dem in der Tz 1 "Nicht abzugsfähige Vorsteuern" des Bp-Berichts vom dargestellten Sachverhalt werde festgehalten, dass es sich bei der in Frage stehenden Liegenschaft um ein modernes Bürogebäude handle, dessen Errichtung im Jahr 2009 abgeschlossen worden und das bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung durch die Bf. fast gänzlich (zu 96,08%) zum Vorsteuerabzug berechtigend gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 echt umsatzsteuerbefreit an die E bzw. umsatzsteuerpflichtig an andere Mieter vermietet gewesen sei.

Das in der Darstellung des Sachverhalts im Bp-Bericht erwähnte konkrete Mietanbot ("In diesem Zusammenhang wurde ein bereits konkretes Mietanbot vorgelegt, das letztendlich aber nicht zustande kam") habe den gesamten in Frage stehenden Leerstand umfasst und sei über Vermittlung der F (im Folgenden kurz: F) von dem Beratungsunternehmen G (im Folgenden kurz: G) am schriftlich abgegeben worden, dem zu diesem Zeitpunkt aber bereits langwierige Verhandlungen - auch betreffend die gewünschten Adaptierungen (inkl. Grundrissänderung) und deren Kostentragung - vorausgegangen gewesen seien (siehe dazu die Korrespondenz per E-Mail mit der F und das Mietanbot samt Planänderung in der Anlage). G hätte als zukünftiger Mieter (Leistungsempfänger) die bisher leerstehenden Büroräumlichkeiten ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht eingeschränkt hätten.

Aufgrund des weiteren Fortschritts der Verhandlungen und des bekundeten Interesses von G sei die Geschäftsführung der Bf. von einer zukünftigen Vermietung an G und diesbezüglichen Option in die Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 ausgegangen. Leider habe sich G Anfang 2015 unerwartet aber doch anders entschieden und die geplante Vermietung sei nicht zustande gekommen. Die F habe die Bf. darüber per E-Mail am informiert (siehe dazu die Korrespondenz per E-Mail mit der F in der Anlage).

Die F sei seit Herbst 2014 als Immobilienmaklerin für die Vermarktung der leerstehenden Büros bestellt und beauftragt gewesen, Mietinteressenten für die Bf. zu finden, die voll bzw. nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, um der Bf. - wie von der Geschäftsführung beabsichtigt - eine zukünftige Option in die steuerpflichtige Vermietung zu ermöglichen und so Vermögensnachteile aus einer sonst erforderlichen Vorsteuerkorrektur zu vermeiden (siehe dazu das Schreiben der F per E-Mail in der Anlage).

Neben der F sei inzwischen auch H mit der Suche nach Mietern für die leerstehenden Büroräumlichkeiten beauftragt und ebenfalls angewiesen worden, Mietinteressenten für die Bf. zu finden, die voll bzw. nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, um der Bf. - wie von der Geschäftsführung beabsichtigt - eine zukünftige Option in die steuerpflichtige Vermietung zu ermöglichen (siehe dazu das Schreiben von H per E-Mail in der Anlage).

Leider habe sich die Vermietung der leerstehenden Büroräumlichkeiten aber schwieriger herausgestellt als erwartet: Aufgrund der schwierigen Marktsituation und des Überangebots an Büroflächen in Wien hätten bisher noch keine neuen Mietinteressenten gewonnen werden können.

Die Liegenschaft sei im Mai 2014 umsatzsteuerpflichtig von der Bf. mit dem Ziel erworben worden, die Vorsteuern aus der Anschaffung abziehen zu können und langfristig durch umsatzsteuerpflichtige Vermietung Einnahmen zu erzielen, die ihren Vorsteuerabzug nicht einschränkten. Aus dem Gesamtbild der äußeren Verhältnisse scheine die zukünftige steuerpflichtige Vermietung (Option gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994) der leerstehenden Büros den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit zu haben:

- Bis auf den Leerstand im Ausmaß von 3,92% der Liegenschaft sei die Vermietung in zum Vorsteuerabzug berechtigender Weise erfolgt (echt steuerfrei bzw. steuerpflichtig; keine unecht steuerfreie Vermietung!).

- Es seien bereits 2014 konkrete Verhandlungen mit einem Mietinteressenten geführt worden, der zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei und an den umsatzsteuerpflichtig vermietet worden wäre.

- Die F sei seit 2014 und zusätzlich H seit 2015 als Makler beauftragt, Mieter zu suchen, die den Vorsteuerabzug der Bf. nicht ausschließen.

- Die unecht steuerfreie Vermietung an Mieter ohne Vorsteuerabzug würde den Vorsteuerabzug der Bf. einschränken und aus diesem Grund zu massiven Vermögensnachteilen führen, die die Geschäftsführung jedenfalls vermeiden wolle.

- In diesem Zusammenhang werde auch auf die schriftliche Stellungnahme der Geschäftsführung in der Anlage verwiesen.

Daraus ergebe sich folgende steuerrechtliche Würdigung:

1) Vorsteuerabzug betreffend den Leerstand zum Zeitpunkt des Kaufes

In diesem Zusammenhang folge die steuerliche Vertreterin der Rechtsauffassung und Argumentationslinie des VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. ; ).

Nach Wiedergabe der Gesetzesbestimmungen der §§ 12 Abs. 1 Z 1, 12 Abs. 3 Z 1 und 2, und 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 führte die steuerliche Vertreterin aus, gemäß § 6 Abs. 2 leg. cit. könne der Unternehmer ua. einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 16 leg. cit. steuerfrei sei, als steuerpflichtig behandeln. Betreffend diese Optionsmöglichkeit sei mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 in § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 mit Wirkung ab noch die Einschränkung eingeführt worden, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 nur mehr zulässig sei, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwende, die den Vorsteuerabzug nicht ausschlössen und der Unternehmer diese Voraussetzung nachzuweisen habe.

Die aus den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 16 iVm § 12 Abs. 3 Z 1 und 2 UStG 1994 resultierende sog. unechte Steuerbefreiung der Umsätze aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und die durch § 6 Abs. 2 leg. cit. geschaffene Möglichkeit des Steuerpflichtigen, solche Umsätze trotzdem steuerpflichtig zu behandeln und dadurch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug zu erlangen, habe ihre gemeinschaftsrechtliche Grundlage in der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ("Mehrwertsteuerrichtlinie"). Nach dieser Richtlinie legten die Mitgliedstaaten die Einzelheiten für die Inanspruchnahme der oa. Optionsmöglichkeit aber selbst fest und könnten diese auch einschränken.

Zu den "Modalitäten der Ausübung" des durch § 6 Abs. 2 UStG 1994 eingeräumten Optionsrechts habe der österreichische Gesetzgeber für den Fall der Vermietung keine Regelungen getroffen. Die Option für die Steuerpflicht iSd § 6 Abs. 2 leg. cit. werde daher schon mit der bloßen Behandlung des getätigten Umsatzes gegenüber dem Finanzamt als steuerpflichtig durch Erstattung der im Gesetz vorgesehenen Umsatzsteuervoranmeldung ausgeübt (vgl. Ruppe, UStG3, § 6 Tz 408 ff).

Die Mehrwertsteuerrichtlinie bestimme betreffend das Recht auf Vorsteuerabzug, dass der Steuerpflichtige, soweit Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet würden, berechtigt sei, von der von ihm geschuldeten Steuer die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht worden seien oder würden.

Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie entstehe das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entstehe.

Die Mehrwertsteuerrichtlinie bestimme, dass als Steuerpflichtiger gelte, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübe. Als Tätigkeit gelte insbesondere auch die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.

Im Urteil vom , C-110/98 bis C-147/98 "Gabalfrisa SL" ua., habe der EuGH zunächst daran erinnert, dass das in den Art. 17 ff der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer sei und grundsätzlich nicht eingeschränkt, sondern für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden könne (RNr 43). Der EuGH habe in diesem Urteil den Standpunkt wiederholt, dass der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer hinsichtlich der Abgabenbelastung des Unternehmens es verlange, dass schon die ersten Investitionsausgaben, die für die Zwecke eines Unternehmens oder zu dessen Verwirklichung getätigt würden, als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen würden. Es würde diesem Grundsatz nämlich zuwiderlaufen, wenn als Beginn der wirtschaftlichen Tätigkeiten erst der Zeitpunkt angesetzt würde, von dem an das Grundstück tatsächlich genutzt werde, dh. die zu versteuernden Einkünfte entstünden. Bei jeder anderen Auslegung des Art. 4 der Richtlinie würde der Wirtschaftsteilnehmer mit den Mehrwertsteuerkosten belastet, ohne dass er sie gemäß Art. 17 abziehen könnte, und es würde willkürlich zwischen Investitionsausgaben vor und während der tatsächlichen Nutzung eines Grundstücks unterschieden (RNr 45).

In Rn 46 desselben Urteils schließlich habe der EuGH klargestellt, dass Art. 4 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie die Abgabenverwaltung nicht hindere, objektive Nachweise für die erklärte Absicht zu verlangen, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufzunehmen. Diese Überlegung finde sich schon im "Rompelman", wenn es dort in RNr 24 heiße, dass derjenige, der einen Vorsteuerabzug vornehme, nachzuweisen habe, dass die Voraussetzungen hiefür gegeben seien und dass er Steuerpflichtiger sei, sodass Art. 4 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie dem nicht entgegen stehe, dass die Abgabenverwaltung objektive Belege für die erklärte Nutzungsabsicht verlange, in welchem Zusammenhang der EuGH als Beispiel "den Nachweis der besonderen Eignung der zu errichtenden Räumlichkeiten für eine gewerbliche Nutzung" anführe. Im Urteil vom finde sich unter RNr 52 schließlich auch noch der Hinweis des EuGH, dass Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie erlassen dürften, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen dürften, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sei, und daher auch nicht so eingesetzt werden dürften, dass sie das Recht auf Vorsteuerabzug systematisch in Frage stellten.

Im Urteil vom , C-400/98 "Breitsohl", habe der EuGH seinen Standpunkt wiederholt, dass als Steuerpflichtiger zu gelten habe, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht habe, im Sinne von Art. 4 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig auszuüben, und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätige, wobei der als Steuerpflichtiger Handelnde das Recht auf sofortigen Abzug der für die Zwecke seiner beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigten Investitionsausgaben geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer habe und die Aufnahme des tatsächlichen Betriebes seines Unternehmens nicht abwarten müsse (RNr 34). In RNr 40 dieses Urteils erkläre der EuGH es als Obliegenheit des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden sei und durch objektive Anhaltspunkte belegt werde.

In der zur Frage der Abziehbarkeit von Vorsteuern noch vor der Erzielung von Umsätzen ergangenen Judikatur des VwGH zum UStG 1972 habe dieser den Rechtssatz geprägt, dass für die Abziehbarkeit von Vorsteuern, noch bevor aus der Vermietung eines Gebäudes Entgelte erzielt würden, die bloße Erklärung, ein Gebäude künftig vermieten zu wollen, nicht ausreiche, sondern dass die Absicht der Vermietung eines Gebäudes in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag finden oder aus sonstigen, über die Erklärung hinausgehenden Umständen "mit ziemlicher Sicherheit" feststehen müsse.

Dass die Steuerpflicht der aus der künftigen Vermietung erwirtschafteten Umsätze zusätzlich noch der Option des vermietenden Steuerpflichtigen iSd § 6 Abs. 2 UStG 1994 bedürfe und die Berechtigung zum Vorsteuerabzug somit nicht nur davon abhänge, dass überhaupt vermietet werde, sondern auch davon, dass die (innerstaatlich durch keine zeitlichen und formellen Vorgaben eingeschränkte) Option zur Steuerpflicht der Vermietung gewählt werde, gebiete für die Beurteilung der Abziehbarkeit geltend gemachter Vorsteuern keine entscheidend andere Rechtsanwendung als noch nach dem UStG 1972. Zutreffend werde im Schrifttum (Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Anm. 78 ff zu § 6 Abs. 2) darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt im Hinblick auf eine zukünftige Option zur Steuerpflicht ähnlich gelagert sei wie schon bisher nach dem UStG 1972 bei der Frage, ob der Steuerpflichtige mit den bezogenen Leistungen eine steuerbare Tätigkeit ausüben werde (siehe etwa ; ; ). Auch die Frage, ob vom Gebrauch der im § 6 Abs. 2 UStG 1994 eingeräumten Möglichkeit durch den künftigen Vermieter auszugehen sei, müsse (wie schon die Frage, ob überhaupt vermietet werden werde) mit der Wahl jener Möglichkeit beantwortet werden, die den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit für sich habe (Ruppe, aaO, § 12 Tz 164/1).

Für den Geltungsbereich des UStG 1994 erfordere die Abziehbarkeit von Vorsteuern im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Vermietungstätigkeit noch vor deren Beginn damit ein Vorbringen des Steuerpflichtigen, mit welchem er Sachverhalte darlege, bei deren Würdigung am Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung wahrscheinlicher als der Fall einer steuerbefreiten Vermietung oder der Fall des Unterbleibens einer Vermietung sei. In einem solchen Verständnis könne der zum UStG 1972 geprägte Rechtssatz auch für die unter der Herrschaft des Gemeinschaftsrechts stehende Rechtslage Geltung behalten, wenn man an die Stelle des Kalküls "ziemlicher Sicherheit" das der "Wahrscheinlichkeit nach allgemeiner Erfahrung" setze und dem Beweismittel der "bindenden Vereinbarungen" keine Monopolstellung mehr einräume.

Gleiches gelte für die mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 in § 6 Abs. 2 UStG 1994 geschaffene Einschränkung, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 nur zulässig sei, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwende, die den Vorsteuerabzug nicht ausschlössen (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das 1. Stabilitätsgesetz 2012, siehe weiter unten).

Bei der Anschaffung gerade von Bürogebäuden, deren Räumlichkeiten erst an verschiedene Unternehmer vermietet werden sollen, stünden die zukünftigen Mieter zum Zeitpunkt der Anschaffung idR noch nicht fest, sodass auch noch keine Vereinbarungen vorgelegt werden könnten, denen zufolge der künftige Umsatz steuerpflichtig behandelt werden solle. Das Beharren auf der Vorlage bindender Vereinbarungen zum Anschaffungszeitpunkt müsste daher als eine Vorgangsweise angesehen werden, mit welcher das Recht auf Vorsteuerabzug systematisch in Frage gestellt würde, wie dies der EuGH im Erkenntnis vom , C-110/98 bis C-147/98 "Gabalfrisa SL", als gemeinschaftsrechtswidrig beurteilt habe.

Vor dem Hintergrund des dargestellten und der Judikatur des VwGH und EuGH folgenden Lösungsansatzes nach dem Kalkül des aus dem Gesamtbild der äußeren Verhältnisse zu erschließenden höchsten Grades der Wahrscheinlichkeit könne davon ausgegangen werden, dass die zukünftige steuerpflichtige Vermietung jedenfalls mit höherer Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei als die unecht befreite Vermietung (oder das Unterlassen der Vermietung). Aus diesem Grund stehe der Bf. der Vorsteuerabzug für die Anschaffungskosten - wie beantragt - bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung zu.

Die belangte Behörde (die Außenprüfung) begründe die Kürzungen des Vorsteuerabzugs gemäß § 12 Abs. 3 iVm Abs. 4 und 5 UStG 1994 betreffend den Leerstand in ihrem Bp-Bericht vom aber nur mit der fehlenden verbindlichen Vorvereinbarung mit einem künftigen Mieter und verkenne damit die Rechtslage, indem es andere Indizien außer Acht gelassen, nicht geprüft und nicht zur Beurteilung herangezogen habe.

2) Vorsteuerabzug betreffend die Weitervermietung an zum Zeitpunkt der Anschaffung der Liegenschaft bereits bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen

In § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 habe der Gesetzgeber festgelegt, dass die zitierte Neuregelung des § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I. Nr. 22/2012, hinsichtlich § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden sei, die nach dem beginnen, sofern mit der Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer nicht bereits vor dem begonnen worden sei.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das 1. Stabilitätsgesetz 2012 (1680 der Beilagen XXIV. GP - Regierungsvorlage - Vorblatt und Erläuterungen) führten dazu näher aus, dass die Option zur Steuerpflicht bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken insoweit eingeschränkt werde, als dieses Recht nur mehr zustehe, wenn der Leistungsempfänger hinsichtlich dieser Leistungen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei, wodurch unerwünschte Gestaltungen vermieden werden sollten.

Wolle der leistende Unternehmer im Hinblick auf die von ihm auszuübende Option bereits vor der Ausführung des Umsatzes den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, sei dies nur dann möglich, wenn er darlegen könne (zB durch entsprechende Vorvereinbarungen mit zukünftigen Mietern oder anhand anderer, über eine bloße Absichtserklärung hinausgehender Umstände), dass im Zeitpunkt des Bezugs der Vorleistung die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung mit größerer Sicherheit anzunehmen sei als der Fall einer steuerfreien Vermietung ().

Zur Vermeidung von Härten werde in § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 vorgesehen, dass bereits begonnene Miet- und Pachtverhältnisse (maßgeblich sei die tatsächliche Innutzungnahme) nicht unter die Neuregelung fielen.

Die Bf. sei zivilrechtlich in die zum Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs bestehenden Mietverhältnisse zwingend eingetreten. Im Gegensatz zur zivilrechtlichen Regelung gebe es aber im Steuerrecht (UStG 1994 idgF) keine entsprechende gesetzliche Regelung betreffend den Eintritt in bestehende Mietverhältnisse, weshalb sich auch das steuerrechtliche Verständnis an der zivilrechtlichen Regelung zu orientieren und deren Verständnis zu folgen habe. Hätte der Gesetzgeber eine eigene steuerrechtliche Definition/Regelung in diesem Zusammenhang gewollt, hätte er diese auch entsprechend im Gesetz formulieren können. Aus diesem Grund gelte auch für die Bf., dass die in Frage stehenden Mietverhältnisse, in die sie zwingend eingetreten sei, iSd Übergangsregelung des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 vor dem begonnen hätten, nicht unter die Neuregelung fielen und der Bf. diesbezüglich somit die Option in die Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 offen stehe.

Nachfolgend werde auf die diesbezügliche Auslegung und Argumentation durch das BMF näher eingegangen, die ihren Niederschlag in den UStR 2000 gefunden habe; aufgezeigt werde, dass diese Auslegung rechtswidrig und ihr somit nicht zu folgen sei. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass es sich bei der Richtlinienmeinung des BMF nur um eine Rechtsmeinung, nicht aber um gesatztes Recht (Gesetze/Verordnungen) mit normativem Charakter handle.

Das BMF habe in den UStR 2000 Rz 899c sein Verständnis zum Anwendungsbereich der Neuregelung dahingehend konkretisiert, dass die Neuregelung auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden sei, die nach dem beginnen. Maßgeblich sei nicht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern die faktische Begründung des Miet- bzw. Pachtverhältnisses, somit die tatsächliche Innutzungnahme des Gebäudes bzw. Gebäudeteiles. Ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite begründe für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis.

In seiner Auslegung folge das BMF zunächst dem Gesetzgeber, weil auch das BMF feststelle, dass der relevante Zeitpunkt für den Anwendungsbereich der Neuregelung die tatsächliche Innutzungnahme des Gebäudes bzw. Gebäudeteiles sei. Die darauf folgende Feststellung des BMF, dass "ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis begründet" und die daran geknüpfte Konsequenz, dass einem in einen Mietvertrag mit tatsächlichem Nutzungsbeginn vor dem zivilrechtlich eintretenden neuen Vermieter/Eigentümer die Option gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 verwehrt werde, finde aber weder im Gesetz noch in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (in der Absicht des Gesetzgebers) Deckung und sei daher jedenfalls als gesetzwidrig abzulehnen. Hätte der Gesetzgeber dieses Verständnis des Anwendungsbereichs der Neuregelung gewollt, hätte er die Möglichkeit gehabt, das Gesetz entsprechend zu erlassen und dieses Verständnis auch in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu begründen. Das sei aber nicht der Fall.

Die Bf. sei mit dem Kauf der Liegenschaft zivilrechtlich in die Rechtsposition der Voreigentümerin in die bestehenden Mietverträge eingetreten und es sei ihr grundsätzlich nicht möglich, einen Mietvertrag als zweiseitiges Rechtsgeschäft durch ihre einseitige Willenserklärung abzuändern.

Beide in Frage stehenden Mietverträge (mit der XX sowie der YZ) seien vor dem abgeschlossen worden und auch die tatsächliche Innutzungnahme durch die Mieter sei vor dem erfolgt (siehe dazu die beiden Mietverträge in der Anlage). Aus diesem Grund sei die Neuregelung gemäß § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz iVm § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 auf die in Frage stehenden Mietverhältnisse, in die die Bf. als Vermieterin zivilrechtlich eingetreten sei, auch nicht anzuwenden. Die Optionsmöglichkeit nach § 6 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 stehe der Bf. in diesem Zusammenhang daher uneingeschränkt zu. Aufgrund der entsprechenden Mietvorschreibungen und Behandlung in den Umsatzsteuervoranmeldungen als steuerpflichtig habe die Bf. von der Optionsmöglichkeit gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 Gebrauch gemacht und der Vorsteuerabzug für Vorleistungen stehe ihr diesbezüglich uneingeschränkt zu (vgl. dazu zB Kanduth-Kristen/Komarek in SWK 27/2012, 1167: Klarstellung zu den umsatzsteuerlichen Änderungen bei Grundstücken).

Ziel der Übergangsregelung des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 sei es nach dem Willen des Gesetzgebers, zur Vermeidung von Härten bereits begonnene Miet- und Pachtverhältnisse (maßgeblich sei die tatsächliche Innutzungnahme) von der Neuregelung auszunehmen.

Die Bf. sei zivilrechtlich betreffend die in Frage stehenden Mietverhältnisse in die Rechtsposition der Voreigentümerin eingetreten. Einseitige Mietvertragsänderungen stünden ihr diesbezüglich nicht zu. In beiden Mietverträgen sei ein Netto-Mietzins zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart (siehe dazu die Mietverträge in der Anlage). Wenn es tatsächlich so wäre, dass die Bf. betreffend die in Frage stehenden Mietverhältnisse nicht mehr in die umsatzsteuerpflichtige Vermietung optieren könnte, wären damit wesentliche Vermögensnachteile und somit auch besondere Härten verbunden, die der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 gerade vermeiden habe wollen:

- Einerseits würde die Anwendung der Neuregelung für die Bf. zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs für alle Vorleistungen betreffend die in Frage stehenden Mietverhältnisse führen, und

- andererseits könnte die Bf. diesen Vermögensnachteil nicht in einen neu zu kalkulierenden und mit den Mietern zu vereinbarenden höheren Mietzins umlegen, weil eine einseitige Änderung der Mietverträge nicht möglich sei,

und die diesbezügliche, vom Abzug ausgeschlossene Vorsteuer würde endgültig zum Kostenfaktor für die Bf., was dem System der Mehrwertsteuer - wie bereits weiter oben gezeigt - widerspreche und somit sowohl gegen Gemeinschaftsrecht als auch Verfassungsrecht verstoße.

Abschließend ging die steuerliche Vertreterin noch auf die Erledigung des GZ. BMF-010219/0192-VI/4/2012, ein, in der das BMF zu Fragestellungen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zum 1. Stabilitätsgesetz 2012 (Neuregelung des § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012) Stellung genommen hatte. Die steuerliche Vertreterin wolle insbesondere die Antwort des BMF zur do. Frage 5), die den streitgegenständlichen Fall wiederspiegle, kritisch hinterfragen und die Fehlinterpretation des BMF aufzeigen. Diese Antwort laute wie folgt:

"Gem § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 idF 1. StabG 2012 ist § 6 Abs. 2 letzter UAbs UStG 1994 idF 1. StabG 2012 auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem beginnen. Ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite begründet für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw Pachtverhältnis.

Veräußert der Vermieter ein vermietetes Grundstück und ist der Erwerber zivilrechtlich verpflichtet, in den bestehenden Mietvertrag einzutreten, liegt aufgrund des Vermieterwechsels für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw Pachtverhältnis vor. Ziel der Übergangsregelung ist es, Miet- bzw Pachtverhältnisse zu schützen, bei denen Mieter und Vermieter noch im Vertrauen auf die alte Rechtslage disponiert haben. Veräußert der Vermieter das Gebäude und ist der Käufer verpflichtet, in die bestehenden Mietverträge einzutreten, steht diesem beim Ankauf sehr wohl eine Dispositionsmöglichkeit (zB Vereinbarung mit dem bisherigen Vermieter, dass dieser nicht zur Steuerpflicht für den Grundstücksumsatz optiert) offen."

Das BMF habe zunächst richtig erkannt, dass der Erwerber einer Liegenschaft zivilrechtlich in bestehende Mietverträge eintrete, was aber umsatzsteuerlich mangels Unternehmeridentität nicht gelte.

Falsch liege das BMF aber wieder mit seiner weiterführenden Auslegung und seinem Verständnis (was im Ergebnis den UStR 2000 entspreche), dass es "Ziel der Übergangsregelung ist, Miet- bzw. Pachtverhältnisse zu schützen, bei denen Mieter und Vermieter noch im Vertrauen auf die alte Rechtslage disponiert haben. Veräußert der Vermieter das Gebäude und ist der Käufer verpflichtet, in die bestehenden Mietverträge einzutreten, steht diesem beim Ankauf sehr wohl eine Dispositionsmöglichkeit (zB Vereinbarung mit dem bisherigen Vermieter, dass dieser nicht zur Steuerpflicht für den Grundstücksumsatz optiert) offen."

Das BMF liege deshalb falsch, weil

a) wie richtig festgestellt, der Erwerber einer Liegenschaft zivilrechtlich in bestehende Mietverträge eintrete und somit auch die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags zwischen Mieter und Alteigentümer im Mietvertrag getroffenen Dispositionen (insbesondere auch der kalkulierte und vereinbarte Mietzins) für den Erwerber weiter gelten,

b) der Erwerber den bestehenden Mietvertrag, in den er eintrete, nicht durch einseitige Willenserklärung abändern könne,

c) dem Erwerber beim Ankauf keine einseitige Dispositionsmöglichkeit zustehe, insbesondere habe der Erwerber keinen Einfluss darauf, ob der Veräußerer in die Umsatzsteuerpflicht optiere oder nicht,

d) bei einer Vereinbarung mit dem bisherigen Vermieter, dass dieser nicht zur Steuerpflicht für den Grundstücksumsatz (bzw. Teile davon) optiere, das Problem Vorsteuerkürzung vom Erwerber auf den Veräußerer nur verlagert würde, was dem System der Mehrwertsteuer widerspreche und

e) unter Umständen zu dem mehrwertsteuersystemwidrigen Ergebnis führen würde, dass Vorsteuern letztendlich zum Kostenfaktor in der Unternehmerkette würden:

- Würde ein Grundstücksumsatz wie im BMF-Beispiel vereinbarungsgemäß steuerfrei behandelt, weil der Erwerber zur Zeit des Verkaufs aufgrund des nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Altmieters selbst keinen Vorsteuerabzug geltend machen könnte, und

- würde der Veräußerer die ihn dann treffende Vorsteuerberichtigung (-kürzung) betreffend Vorleistungen in den Verkaufspreis erhöhend einkalkulieren, dann

- könnte der Erwerber zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich seine Verhältnisse änderten (zB aufgrund der zukünftigen Vermietung an einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer), keine Vorsteuerberichtigung (-gutschrift) mehr durchführen, weil der Grundstücksankauf (die Vorleistung) umsatzsteuerfrei behandelt worden sei und eine Vorsteuerberichtigung insofern nicht möglich sei und

- die Umsatzsteuer würde in der Unternehmerkette endgültig zum Kostenfaktor, was jedenfalls mit dem System der Mehrwertsteuer nicht vereinbar sei.

Aufgrund der zitierten einschlägigen VwGH- und EuGH-Judikatur sowie der dargelegten rechtswidrigen Auslegung durch das BMF in den UStR 2000 werde um positive Erledigung ersucht.

Der Beschwerde waren ua. beigeschlossen:

- E-Mail der F vom betreffend das mit datierte Mietanbot der G für zwei Geschoße (i. e. zwei Büros mit insgesamt ca. 460 m2) in der C (S 39 BFG-Akt).

- Das oa. Mietanbot der G samt Plan (S 39/Rückseite bis S 40/Rückseite BFG-Akt).

- E-Mail der F vom , wonach sich G für eine andere Fläche entschieden habe, da diese etwas größer sei und sich auf einer Ebene befinde (S 41 BFG-Akt).

- E-Mail der F vom mit folgendem Wortlaut:

"Betreff: C - leerstehende Büros

Sehr geehrter Herr […],

gerne bestätige ich, dass wir seit Herbst 2014 als Immobilienmakler betreffend die Vermietung der beiden in der Liegenschaft C, leerstehenden Büros bestellt sind. In diesem Zusammenhang sind wir beauftragt und bemüht, Mietinteressenten für Sie zu finden, die ihrerseits zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, sodass auch Ihre Gesellschaft in die umsatzsteuerpflichtige Vermietung optieren kann, was beabsichtigt ist." (S 41/Rückseite BFG-Akt)

- E-Mail der H vom mit folgendem Wortlaut:

"Betreff: Vermietung C

Sehr geehrter Herr […],

ich bestätige, dass Sie uns mit der Vermarktung der in der C, leerstehenden Büroräumlichkeiten beauftragt haben. Diesbezüglich haben Sie uns angewiesen, nach potentiellen Mietern zu suchen, die zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, um Ihnen die beabsichtigte Option in die umsatzsteuerpflichtige Vermietung zu ermöglichen." (S 42 BFG-Akt)

- Eine an das Finanzamt X adressierte, mit datierte Stellungnahme der Geschäftsführung der Bf. "betreffend die Vermietung des zum Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs bestehenden Leerstands", die folgenden Wortlaut aufweist [Anm.: Die Hervorhebungen (Fettdruck) im Text entsprechen dem Original]:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit bestätigen wir, dass seit der Anschaffung der Liegenschaft C, sowie der auf der Nachbarliegenschaft D gelegenen Kfz-Stellplätze im Mai 2014

- die dort leerstehenden Büroräumlichkeiten ausschließlich an zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Mieter vermietet werden sollen und

- in diesem Zusammenhang die Absicht besteht, von der Option in die steuerpflichtige Vermietung gem. § 6 Abs. 2 UStG Gebrauch zu machen.

Diese erklärte Absicht lässt sich anhand folgender objektiver Nachweise belegen:

- Seit der Anschaffung der Liegenschaft erfolgt die Vermietung ausschließlich in zum Vorsteuerabzug berechtigender Weise (echt steuerfrei bzw. steuerpflichtig; keine unecht steuerfreie Vermietung).

- Es wurden bereits 2014 über Vermittlung der F konkrete Verhandlungen mit dem Beratungsunternehmen G als Mietinteressenten geführt, der zum Vorsteuerabzug berechtigt war und an den umsatzsteuerpflichtig vermietet worden wäre.

- Die F ist seit 2014 als Makler beauftragt, nach Mietern zu suchen, die unseren Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

- Zusätzlich ist H seit 2015 als Makler beauftragt, nach Mietern zu suchen, die unseren Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

- Die unecht steuerfreie Vermietung an Mieter ohne Vorsteuerabzug würde unseren Vorsteuerabzug einschränken, eine Vorsteuerberichtigung erforderlich machen und aus diesem Grund zu Vermögensnachteilen führen.

- Der Ausgleich dieses Vermögensnachteils würde einen Mietzins in einer solchen Höhe erfordern, die am Büromarkt keinesfalls zu erreichen ist.

Aufgrund der besonderen Treuepflicht gegenüber den Investoren ist es für uns undenkbar, die leerstehenden Büroräumlichkeiten an nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Mieter zu vermieten, um einen sonst eintretenden Vermögensschaden für die Gesellschaft jedenfalls auszuschließen." (S 42/Rückseite bis S 43 BFG-Akt)

- Mit der XX abgeschlossener Mietvertrag vom Datum1 betreffend "Büroobjekt C", aus dem hervorgeht, dass dieses Bestandverhältnis (die tatsächliche Innutzungnahme durch den Mieter) am Datum3 begonnen hat (Mietzins: 5.650,00 € monatlich zuzüglich Betriebs- und Nebenkosten und Umsatzsteuer (S 43/Rückseite bis S 49/Rückseite BFG-Akt)).

- Mit der UU (YZ) abgeschlossener Mietvertrag vom Datum2 betreffend "Büroobjekt C", aus dem hervorgeht, dass dieses Bestandverhältnis (die tatsächliche Innutzungnahme durch den Mieter) am Datum4 begonnen hat (Mietzins: 4.843,20 € monatlich zuzüglich Betriebs- und Nebenkosten und Umsatzsteuer (S 50 bis S 58 BFG-Akt)).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie dazu folgendes aus:

"[…]

ad 1) Vorsteuerabzug im Hinblick auf eine zukünftige Option

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen.

Gemäß § 12 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 sind die Steuer für Lieferungen und die Einfuhr von Gegenständen, soweit der Unternehmer diese Gegenstände oder sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Gemäß § 12 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 sind die Steuer für sonstige Leistungen, soweit der Unternehmer diese sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Anspruch nimmt, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Ein Vorsteuerabzug in Zusammenhang mit einer beabsichtigten Vermietungstätigkeit noch vor deren Beginn erfordert (bei nachgewiesener Unternehmereigenschaft) den Nachweis, dass die künftige steuerpflichtige Vermietung nach dem Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit in sich birgt. Das ausschließliche Abstellen auf Vorlage bindender Vereinbarungen ist nicht zulässig (). Die bloße Absichtserklärung ist nicht ausreichend, sondern es müssen objektive Umstände hinzutreten. Solche könnten zB Vorvereinbarungen, andere vom Unternehmer bereits in vergleichbarer Weise durchgeführte Projekte, usw. sein. Im Hinblick auf die Einschränkung der Option wird der Unternehmer insbesondere auch Umstände darzulegen haben, die eine nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung des Mietgegenstandes durch den künftigen Mieter als am wahrscheinlichsten erscheinen lassen (vgl. Mayr/Ungericht, UStG4 (2014) § 6 Anm. 80).

Ein ausschließliches Abstellen auf bereits geschlossene Mietverträge wird auch für diesen Umstand nicht zulässig sein. Die bloße Absichtserklärung, nur an vorsteuerabzugsberechtigte Mieter in Bestand geben zu wollen, wird hingegen ebenso wenig ausreichen (vgl. Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, § 6 Abs. 2 Anm. 106).

Auch die Wesensart des zu errichtenden Bauwerks wird Einfluss auf den Nachweis der Wahrscheinlichkeit der steuerpflichtigen künftigen Vermietung haben. So wird bei einem Industriegebäude prima facie eine höhere Wahrscheinlichkeit bestehen, einen vorsteuerabzugsberechtigten Mieter zu finden, als bei einem Bürogebäude, in das sich zB auch Körperschaften öffentlichen Rechts einmieten könnten (vgl. Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, § 6 Abs. 2 Anm. 106/3).

Kann der Unternehmer die höhere Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung nicht nachweisen und deshalb den Vorsteuerabzug in der Bauphase nicht geltend machen, kann eine spätere steuerpflichtige Vermietung zu einer Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 ff [UStG 1994] führen (Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, § 6 Abs. 2 Anm. 106/4).

Für den Fall, dass es zu einer steuerpflichtigen Erstvermietung kommt, liegt ein Anwendungsfall des § 12 Abs. 11 [UStG 1994] (noch nicht in Verwendung genommener Gegenstand des Anlagevermögens) vor. Eine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 11 [UStG 1994] tritt bereits in jenem Voranmeldungszeitraum ein, in dem der Unternehmer seine Absicht, einen Gegenstand oder eine sonstige Leistung zur Ausführung unecht steuerfreier Umsätze zu verwenden, nach außen hin erkennbar, klar bestimmt und verbindlich geändert hat (vgl. Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, § 6 Abs. 2 Anm. 106/5).

Im vorliegenden Fall handelt es sich beim Vermietungsgegenstand um leerstehende Büroflächen, die grundsätzlich auch von Mietern angemietet werden können, die diese nicht nahezu ausschließlich für Umsätze verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Die Vorlage einer Absichtserklärung, nur an vorsteuerabzugsberechtigte Mieter iSd § 6 Abs. 1 Z 16 iVm § 6 Abs. 2 UStG 1994 vermieten zu wollen allein, reicht nicht aus, um eine steuerpflichtige Vermietung wahrscheinlicher zu machen.

Der Argumentation der Bf., eine unecht steuerfreie Vermietung an Mieter ohne Vorsteuerabzug würde aufgrund der Einschränkung des Vorsteuerabzugs zu massiven Vermögensnachteilen führen, kann nicht gefolgt werden, da seitens der Bf. die Dispositionsmöglichkeit besteht, einen Mietpreis an Mieter ohne Vorsteuerabzug entsprechend zu kalkulieren; zumal eine Vermietung an vorsteuerabzugsberechtigte Mieter sich "als schwieriger herausstellt als erwartet", wie die Bf. selbst ausführt.

Des Weiteren wurde auch ein Mietanbot seitens eines Interessenten vorgelegt, es wurden jedoch keine Umstände dargelegt, die eine nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung des Mietgegenstandes durch den künftigen Mieter als am wahrscheinlichsten erscheinen lassen bzw. wurden diese Voraussetzungen nicht nachgewiesen.

Aus den vorgelegten Unterlagen kann daher nicht geschlossen werden, dass eine steuerpflichtige Vermietung mit größerer Sicherheit anzunehmen ist als eine - grundsätzlich unecht steuerfreie - Vermietung.

Die Beschwerde war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Allerdings kann gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für den Veranlagungszeitraum vorgenommen werden, in dem die Änderung (steuerpflichtige Erstvermietung) eintritt.

ad 2) Vorsteuerabzug betreffend die Weitervermietung an zum Zeitpunkt der Anschaffung der Liegenschaft (Mai 2014) bereits bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen

Für Umsatzsteuerzwecke wird immer dann ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis vorliegen, wenn sich ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite ergibt (so auch Melhardt/Reinbacher, aaO, 183). Dies gilt mangels Unternehmeridentität auch dann, wenn der Wechsel im Zuge einer nicht steuerbaren Rechtsnachfolge (zB Erbfolge, Umgründung) erfolgt (vgl. Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, § 6 Anm. 108, mVa UStR 2000 Rz 899c).

Ziel der Übergangsregelung kann es nur sein, Miet- bzw. Pachtverhältnisse zu schützen, bei denen Mieter und Vermieter noch im Vertrauen auf die alte Rechtslage disponiert haben. Veräußert der Vermieter das Gebäude und ist der Käufer verpflichtet, in die bestehenden Mietverträge einzutreten, steht diesem beim Ankauf sehr wohl eine Dispositionsmöglichkeit (zB Vereinbarung mit dem Vermieter, dass dieser nicht zur Steuerpflicht für den Grundstücksumsatz optiert) offen, sodass er nicht schutzwürdig ist (Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, § 6 Anm. 108/1).

Die Einschränkung der Optionsmöglichkeit ist auf Bestandverhältnisse anzuwenden, die nach dem beginnen. Maßgeblich ist die tatsächlich Innutzungnahme, wobei Wechsel auf Vermieter- oder Mieterseite (zB Ankauf eines Gebäudes, auch unter Übernahme der bestehenden Mietverträge durch den Erwerber) nach UStR [2000 Rz] 899c zu einem neuen Miet- bzw. Pachtverhältnis führen. Eine Vertragsübernahme bzw. ein Vertragseintritt eines Dritten werden ein solcher Wechsel sein, nicht jedoch Vertragsverlängerungen zwischen den bestehenden Parteien, wenn die Verlängerung ohne zeitliche Unterbrechung erfolgt (vgl. Mayr/Ungericht, UStG4 (2014), § 6 Anm. 80 d).

Im vorliegenden Fall liegt mangels Unternehmeridentität des Vermieters für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis vor, wobei ein Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 iVm § 6 Abs. 2 UStG 1994 nur in dem Ausmaß zulässig ist, in dem der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Vermietung an bereits bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, steht daher nicht zu. Die Beschwerde war daher auch in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen."

In ihrem Vorlageantrag vom verwies die steuerliche Vertreterin zunächst auf die umfangreichen Ausführungen in ihrer Beschwerde sowie auf die dort angeschlossenen Beilagen.

Zu den in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung enthaltenen Ausführungen der belangten Behörde nahm die steuerliche Vertreterin wie folgt Stellung [Anm.: Die Hervorhebungen (Fettdruck) im Text entsprechen dem Original]:

1. Vorsteuerabzug im Hinblick auf eine zukünftige Option:

1.1 Das Finanzamt führe in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung richtig aus, dass bei nachgewiesener Unternehmereigenschaft ein Vorsteuerabzug in Zusammenhang mit einer beabsichtigten Vermietungstätigkeit noch vor deren Beginn möglich sei und verweise in diesem Zusammenhang auf den Nachweis, dass die künftige steuerpflichtige Vermietung nach dem Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsguts und der Denkgesetze den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit in sich berge.

Richtig erkannt habe das Finanzamt, dass in diesem Zusammenhang einerseits ein ausschließliches Abstellen auf die Vorlage bindender Vereinbarungen (auf bereits geschlossene Mietverträge) nicht zulässig sei, andererseits auch die bloße Absichtserklärung nicht ausreichend sei und somit objektive Umstände diesen Schluss zulassen müssten.

Die belangte Behörde habe auch richtig festgestellt, dass eine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 11 UStG 1994 bereits in jenem Voranmeldungszeitraum eintrete, in dem der Unternehmer seine Absicht, einen Gegenstand oder eine sonstige Leistung zur Ausführung unecht steuerfreier (Anmerkung: aber auch für steuerpflichtige Umsätze) zu verwenden, nach außen hin erkennbar, klar bestimmt und verbindlich geändert (bzw. dokumentiert) habe.

Nicht berücksichtigt habe die belangte Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung, dass die F seit Herbst 2014 als Immobilienmaklerin für die Vermarktung der leerstehenden Büros bestellt und beauftragt gewesen sei, Mietinteressenten für die Bf. zu finden, die voll bzw. nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, um der Bf. - wie von der Geschäftsführung beabsichtigt - eine zukünftige Option in die steuerpflichtige Vermietung zu ermöglichen und so Vermögensnachteile aus einer sonst erforderlichen Vorsteuerkorrektur zu vermeiden (erneut werde in diesem Zusammenhang das Schreiben der F per E-Mail in der Anlage beigeschlossen).

Ebenso nicht berücksichtigt habe das Finanzamt im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung, dass neben der F inzwischen auch H mit der Suche nach Mietern für die leerstehenden Büroräumlichkeiten beauftragt und ebenfalls angewiesen worden sei, Mietinteressenten für die Bf. zu finden, die voll bzw. nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, um der Bf. - wie von der Geschäftsführung beabsichtigt - eine zukünftige Option in die steuerpflichtige Vermietung zu ermöglichen (siehe dazu das Schreiben von H per E-Mail in der Anlage).

1.2 Nicht nachvollziehbar sei die Argumentation der belangten Behörde, wieso es die Vorsteuerabzugsberechtigung des Mietinteressenten G (im Folgenden kurz: G) in Frage stelle. Es handle sich bei G um ein Personalberatungsunternehmen, das Mitglied der Wirtschaftskammer sei, das umsatzsteuerpflichtige Gewerbe "Personalberatung" ausübe und sich mit der UID-Nr. J als Unternehmer ausweise.

Aus diesem Grund gehe die steuerliche Vertreterin davon aus, dass G die angebotenen Räumlichkeiten, die den gesamten in Frage stehenden Leerstand umfasst hätten, nahezu ausschließlich für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten genutzt hätte. Wenn die belangte Behörde gewollt hätte, hätte sie finanzverwaltungsintern leicht überprüfen können, ob G nahezu ausschließliche zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten ausübe.

1.3 Falsch sei die Feststellung des Finanzamts, dass die Bf. selbst ausgeführt habe, dass sich eine Vermietung "an vorsteuerabzugsberechtigte" (?) Mieter als schwieriger herausgestellt habe als erwartet.

Tatsächlich führe die Beschwerde der steuerlichen Vertreterin aus, dass sich "die Vermietung der leerstehenden Büroräumlichkeiten aber schwieriger herausgestellt hat als erwartet: Aufgrund der schwierigen Marktsituation und es Überangebots an Büroflächen in Wien konnten bisher noch keine neuen Mietinteressenten gewonnen werden."

1.4 In Ergänzung zu ihrer Beschwerde lege die steuerliche Vertreterin in der Anlage noch ein aktuelles Mietanbot und diesbezügliche Korrespondenz mit der K (im Folgenden kurz: K) vor.

Es handle sich bei K um ein Unternehmen, das Mitglied der Wirtschaftskammer sei, das umsatzsteuerpflichtige Gewerbe Arbeitskräfteüberlassung/Arbeitskräftevermittlung ausübe und sich mit der UID-Nr. L ausweise.

Aus diesem Grund gehe die steuerliche Vertreterin davon aus, dass auch K, sofern es sich für die angebotenen Räumlichkeiten entscheide, diese nahezu ausschließlich für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten nutzen werde. Finanzverwaltungsintern könne leicht überprüft werden, ob K nahezu ausschließliche zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten ausübe.

1.5 Aufgrund der dargestellten objektiven, nachvollziehbaren und nach außen erkennbaren Umstände gehe die steuerliche Vertreterin davon aus, dass das Finanzamt einen falschen Schluss gezogen habe, weil die künftige steuerpflichtige Vermietung für die Bf. nach dem Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit in sich berge, weshalb der Bf. auch der Vorsteuerabzug in Zusammenhang mit der beabsichtigten Vermietungstätigkeit noch vor deren Beginn zustehe.

2. Vorsteuerabzug betreffend die Weitervermietung an zum Zeitpunkt der Anschaffung der Liegenschaft (Mai 2014) bereits bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen

2.1 Die Argumentationslinie des Finanzamts stütze sich ausschließlich auf die Rechtsauffassung des BMF (UStR 2000 Rz 899c), dass

- ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis begründe, und

- dies mangels Unternehmeridentität auch dann gelte, wenn der Wechsel im Zuge einer nicht steuerbaren Rechtsnachfolge (zB Erbfolge, Umgründung) erfolge.

Zu beachten sei, dass die belangte Behörde im Rahmen der von ihr in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Fachliteraturzitate (Melhardt/Reinbacher, aaO, 183; Mayr in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 6 Anm. 108) ebenfalls nur den BMF-Richtlinientext wiedergebe.

2.2 Aufgrund des finanzverwaltungsinternen Weisungscharakters der UStR 2000 sei auch klar, dass das Finanzamt dazu angehalten gewesen sei, der Rechtsauffassung des BMF in den UStR 2000 Rz 899c zu folgen und in der Beschwerdevorentscheidung entsprechend zu entscheiden.

2.3 Die vom BMF vertretene und in den UStR 2000 Rz 899c vertretene Rechtsauffassung sei aber weder im Gesetz gedeckt noch lasse sie sich aus der Absicht des Gesetzgebers (siehe die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012) ableiten und sei somit - weil rechtswidrig - abzulehnen (siehe dazu die Ausführungen in der Beschwerde).

2.4 Die belangte Behörde habe richtig erkannt, dass es Ziel der Übergangsregelung gewesen sei, Miet- und Pachtverhältnisse zu schützen, bei denen Mieter und Vermieter noch im Vertrauen auf die alte Rechtslage disponiert hätten ("Alt-Mietverträge").

Richtig erkannt habe die belangte Behörde auch, dass der Käufer eines Gebäudes verpflichtet sei, in die bestehenden Mietverträge einzutreten (dh. es würden zivilrechtlich keine neuen Mietverträge abgeschlossen). Das sei auch genau der Grund, warum der Neueigentümer gerade keine Dispositionsmöglichkeit betreffend die in Frage stehenden übernommenen Mietverträge gehabt habe (zB Vereinbarung einer höheren Miete, um den Nachteil aus dem nicht zustehenden Vorsteuerabzug auszugleichen), die unverändert weiterliefen.

Die in Frage stehenden Mietverhältnisse und der Nutzungsbeginn hätten tatsächlich vor dem begonnen, weshalb es sich dabei auch um schutzwürdige Alt-Mietverträge im obigen Sinn handle.

Die vom Finanzamt irrtümlich vertretene Rechtsauffassung, dass dem Verkäufer bzw. Käufer des Gebäudes im Rahmen des Kaufvertrags eine Dispositionsmöglichkeit offen stehe und dies von Relevanz für die nachfolgende umsatzsteuerliche Behandlung der Alt-Mietverträge beim Käufer sei, sei ebenfalls weder im Gesetz gedeckt noch lasse sich dies aus der Absicht des Gesetzgebers (siehe die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012) ableiten und sei somit - weil rechtswidrig - abzulehnen.

Dem Gesetzeswortlaut und der Absicht des Gesetzgebers betreffend die in Frage stehende Übergangsregelung folgend sei ausschließlich auf den tatsächlichen Nutzungsbeginn (Innutzungnahme) im Rahmen der relevanten Alt-Mietverträge abzustellen. Die Bf. sei mit dem Kauf der Liegenschaft zivilrechtlich in die Rechtsposition der Voreigentümerin in die bestehenden Mietverträge eingetreten (ohne diesbezügliche neue Dispositionsmöglichkeit zB betreffend Vereinbarung eines höheren Mietentgelts) und es sei ihr grundsätzlich nicht möglich, diese Alt-Mietverträge als zweiseitiges Rechtsgeschäft durch ihre einseitige Willenserklärung abzuändern.

Zur Klarstellung sei erneut ausgeführt, dass die Bf. nur zivilrechtlich, nicht aber umsatzsteuerlich in die Rechtsposition der Voreigentümerin betreffend die bestehenden Mietverträge eingetreten sei, weil die Unternehmeridentität nicht gegeben sei. Aber aufgrund der tatsächlichen Innutzungnahme durch die Mieter vor dem handle es sich um schutzwürdige Alt-Mietverträge im obigen Sinn und es sei konsequenterweise die Neuregelung gemäß § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz iVm § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 auf die in Frage stehenden Mietverhältnisse der Bf. noch nicht anzuwenden, weshalb der Bf. weiterhin die diesbezügliche Option in die Steuerpflicht (so wie ausgeübt) jedenfalls offenstehen müsse.

Wiederholt werde daher der bereits in der Beschwerde gestellte Antrag, für die streitgegenständlichen Voranmeldungszeiträume den vollen Abzug des Gesamtbetrags der Vorsteuern zu gewähren und die in den angefochtenen Bescheiden amtswegig angesetzten Kürzungen des Vorsteuerabzugs zu stornieren.

Dem Vorlageantrag waren ua. beigeschlossen:

- E-Mail der M vom betreffend ein weiteres Mietanbot (=Mietanbot der K für Büroflächen von ca. 230,40 m2 in der C (S 74 bis S 75 BFG-Akt)).

- Das oa. Mietanbot der K vom (S 75/Rückseite bis S 77 BFG-Akt).

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Am erließ die belangte Behörde - wiederum unter Zugrundelegung der Feststellungen der oa. "USO-Prüfung", ABNr. B - den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2014.

Gegen diesen Bescheid erhob die steuerliche Vertreterin mit Schreiben vom Beschwerde, in der sie ua. den vollen Abzug des Gesamtbetrags der in der Umsatzsteuererklärung 2014 geltend gemachten Vorsteuern und die Stornierung der im angefochtenen Bescheid amtswegig angesetzten Kürzung des Vorsteuerabzugs beantragte. Zur Begründung verwies die steuerliche Vertreterin auf die gegen die oa. Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide mit Schreiben vom erhobene Beschwerde und auf den Bezug habenden Vorlageantrag vom (siehe oben).

Ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde die gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2014 erhobene Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht gemäß § 262 Abs. 2 BAO zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

I. Rechtsgrundlagen:

- Gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 in der für die Streitjahre anzuwendenden Fassung sind von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 leg. cit. fallenden Umsätzen steuerfrei die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, auf welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden, und von staatlichen Hoheitsrechten, die sich auf die Nutzungen von Grund und Boden beziehen; die Überlassung der Nutzung an Geschäftsräumen und anderen Räumlichkeiten auf Grund von Nutzungsverträgen ist als Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken anzusehen.

- Gemäß § 6 Abs. 2 1. Satz UStG 1994 kann der Unternehmer ua. einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 16 leg. cit. steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln.

- Nach § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012 (anzuwenden ab ), ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat diese Voraussetzung nachzuweisen.

- Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in der für die Streitjahre anzuwendenden Fassung kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 leg. cit.) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.

- Gemäß § 12 Abs. 3 UStG 1994 sind vom Vorsteuerabzug ua. ausgeschlossen:

1. Die Steuer für die Lieferungen und die Einfuhr von Gegenständen, soweit der Unternehmer diese Gegenstände zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet;

2. die Steuer für sonstige Leistungen, soweit der Unternehmer diese sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Anspruch nimmt.

- Nach § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 ist § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 in der Fassung des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, hinsichtlich § 6 Abs. 1 Z 16 leg. cit. auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem beginnen, sofern mit der Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer nicht bereits vor dem begonnen wurde.

II. Festgestellter Sachverhalt:

Fest steht im gegenständlichen Fall, dass die Bf. im Mai 2014 die Liegenschaft C, sowie die auf der Nachbarliegenschaft D gelegenen fünf Kfz-Stellplätze zum Kaufpreis von gesamt netto 73,500.000,00 € gekauft hat.

Fest steht weiters, dass zum Zeitpunkt des Kaufes zwei Büros im Ausmaß von rund 3,92% dieser Liegenschaft leer standen und dass rund 3,58% jener Liegenschaft zum Zeitpunkt des Kaufes vom Voreigentümer an zwei Unternehmen vermietet waren, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen.

Im Rahmen der im Jahr 2015 bei der Bf. stattgefundenen "USO-Prüfung" wurden die auf den Kaufpreis entfallenden Vorsteuern von 14,700.000,00 € um die anteilig auf die Leerstehungen und die Vermietungen an die unecht befreiten Unternehmen entfallenden Vorsteuern vermindert.

Betreffend die Leerstehungen wurde dies von der belangten Behörde zunächst (im Bp-Bericht) damit begründet, dass eine für die Anerkennung des Vorsteuerabzugs vor der Erzielung von Umsätzen erforderliche, verbindliche Vorvereinbarung mit einem künftigen Mieter fehle. In der Bezug habenden Beschwerdevorentscheidung hingegen hat die belangte Behörde damit argumentiert, dass in Zusammenhang mit dem von der steuerlichen Vertreterin vorgelegten Mietanbot keine Umstände dargelegt worden seien, die eine nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung des Mietgegenstandes durch den künftigen Mieter als am wahrscheinlichsten erscheinen ließen; aus den vorgelegten Unterlagen könne daher nicht geschlossen werden, dass eine steuerpflichtige Vermietung mit größerer Sicherheit anzunehmen sei als eine grundsätzlich unecht steuerfreie Vermietung.

Betreffend die Vermietungen an die unecht befreiten Unternehmen hat die belangte Behörde, gestützt auf die in den UStR 2000 Rz 899c vertretene Rechtsmeinung des BMF, dass ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis begründe, die Auffassung vertreten, dass, nachdem die gegenständliche Liegenschaft im Mai 2014 erworben worden und somit der Wechsel auf der Vermieterseite nach dem erfolgt sei, § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, anzuwenden sei, sodass der Vorsteuerabzug betreffend die Vermietungen an die unecht befreiten Unternehmen nicht (mehr) zustehe.

Dagegen hat die steuerliche Vertreterin in ihren Rechtsmittelschriftsätzen, wie in der Darstellung des Verfahrensganges in diesem Erkenntnis ausgeführt, repliziert und den vollen Vorsteuerabzug beantragt.

III. Rechtliche Würdigung:

III.1 Vorsteuerabzug betreffend die Leerstehungen zum Zeitpunkt des Kaufes:

Der Unternehmer hat das Recht, einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfrei ist, als steuerpflichtig zu behandeln (§ 6 Abs. 2 leg. cit.). Optionsberechtigt ist der Unternehmer, der die Vermietungsleistung erbringt. Die Option bewirkt, dass der Umsatz steuerpflichtig wird; anzuwenden ist dann der Normalsatz. Der Vorsteuerabzug steht zu (Ruppe/Achatz, UStG5, § 6 Tz 406).

Will der Unternehmer im Hinblick auf die geplante Option bereits vor Ausführung des Umsatzes den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, so ist dies nur möglich, wenn er - zB durch entsprechende Vorvereinbarungen mit zukünftigen Mietern oderanhand anderer, über eine bloße Absichtserklärung hinausgehender Umstände - darlegen kann, dass im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung mit größerer Sicherheitanzunehmen war als der Fall einer steuerfreien Vermietung oder des Unterbleibens einer Vermietung (; Ruppe/Achatz, § 6 Tz 411).

Nach der Rechtsprechung () und Verwaltungspraxis ist ein Vorsteuerabzug für ein künftig zu vermietendes Objekt zulässig, wenn nach dem Gesamtbild der äußeren Verhältnisse mit ziemlicher Sicherheit feststeht, dass das Gebäude steuerpflichtig vermietet werden wird. Absichtserklärungen genügen nicht; die Absicht muss vielmehr ihren Niederschlag in bindenden Vereinbarungen finden oder aus sonstigen Umständen zu erschließen sein (; ; Ruppe/Achatz, § 12 Tz 247). Ein Beharren auf der Vorlage bindender Vereinbarungen ist jedoch unionsrechtswidrig; auchandere Indizien, wie zB ernsthafte Verhandlungen mit präsumtiven Mietern oder die zielstrebige Verfolgung der Sanierung, sind heranzuziehen ( aaO mit Hinweis auf ua. "Gabalfrisa"; vgl. auch -G/06). Der auf die steuerpflichtige Vermietung gerichtete Entschluss muss klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten (Ruppe/Achatz, § 12 Tz 247). Die Frage, ob die geschilderten Voraussetzungen vorliegen, ist eine auf Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage (vgl. ).

Bezogen auf den streitgegenständlichen Fall bedeutet dies zunächst, dass, wie dies auch die steuerliche Vertreterin in ihrer Beschwerde zutreffend ausführt, das von der belangten Behörde im Bp-Bericht vertretene Beharren auf der Vorlage einer verbindlichen Vorvereinbarung mit einem künftigen Mieter für die Anerkennung des Vorsteuerabzugs vor der Erzielung von Umsätzen unionrechtswidrig ist (siehe dazu nochmals , RS-Nr. 3: "Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Rechtsansicht, dass das Vorhaben künftiger steuerpflichtiger Vermietung […] ausschließlich durch die Vorlage bindender Vereinbarungen mit potenziellen Mietern, nicht aber auch durch die Erweislichkeit anderer Indizien ausreichend belegt werden könnte. Das Beharren auf der Vorlage bindender Vereinbarungen […] müsste als eine Vorgangsweise angesehen werden, mit welcher das Recht auf Vorsteuerabzug systematisch in Frage gestellt würde, wie dies der EuGH in dem Erkenntnis vom , C-110/98-C-147/98 (Gabalfrisa SL), als gemeinschaftsrechtswidrig beurteilt hat.")

Wenn die belangte Behörde schließlich in der Bezug habenden Beschwerdevorentscheidung damit argumentiert, dass in Zusammenhang mit dem von der steuerlichen Vertreterin vorgelegten Mietanbot keine Umstände dargelegt worden seien, die eine nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung des Mietgegenstandes durch den künftigen Mieter als am wahrscheinlichsten erscheinen ließen, so ist seitens des Bundesfinanzgerichts dazu festzuhalten, dass sich diese Argumentation als nicht nachvollziehbar erweist:

Zwar ist, wenn der Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen die Ausübung einer Option zur Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 erfordert, für den Vorsteuerabzug auch die Absicht der Optionsausübung maßgebend: Am Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze ist zu beurteilen, ob die steuerpflichtige Vermietung wahrscheinlicher ist als die steuerfreie Vermietung ( aaO; Ruppe/Achatz, § 12 Tz 248). Allerdings hat gerade dies - die größere Wahrscheinlichkeit der steuerpflichtigen Vermietung - die steuerliche Vertreterin nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts überzeugend belegt:

- Das gegenständliche Gebäude ist zum größten Teil in zum Vorsteuerabzug berechtigender Weise vermietet, darunter gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 echt umsatzsteuerbefreit an die E (dies hat die steuerliche Vertreterin durch Vorlage einer Bescheinigung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994 und durch Vorlage eines von der E unterfertigten "Antrags auf Steuerbefreiung bei Vermietung eines Grundstücks gemäß § 6 Abs. 1 Z 6 lit. d UStG 1994" nachgewiesen (Kopien dieser Dokumente befinden sich auf S 78 und S 78/Rückseite BFG-Akt)).

- Die F ist seit 2014 und zusätzlich die H seit 2015 als Makler beauftragt, für die Bf. Mieter zu suchen, die den Vorsteuerabzug der Bf. nicht ausschließen. Dies hat die steuerliche Vertreterin durch Vorlage entsprechender E-Mails vom , vom , vom (worin es wortwörtlich heißt: "[…] gerne bestätige ich, dass wir [die F] seit Herbst 2014 als Immobilienmakler betreffend die Vermietung der beiden in der Liegenschaft C, leerstehenden Büros bestellt sind. In diesem Zusammenhang sind wir beauftragt und bemüht, Mietinteressenten für Sie zu finden, die ihrerseits zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, sodass auch Ihre Gesellschaft in die umsatzsteuerpflichtige Vermietung optieren kann, was beabsichtigt ist") und vom nachgewiesen, siehe dazu auch das E-Mail der M vom (zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Darstellung des Verfahrensganges in diesem Erkenntnis verwiesen).

- Bereits 2014 wurden konkrete Verhandlungen mit dem Mietinteressenten G (diese Gesellschaft übt das umsatzsteuerpflichtige Gewerbe Personalberatung aus) geführt, der zum Vorsteuerabzug berechtigt war und an den umsatzsteuerpflichtig vermietet worden wäre. Dies hat die steuerliche Vertreterin durch Vorlage des entsprechenden Mietanbots (das den gesamten in Frage stehenden Leerstand umfasst hat) im Zuge der Beschwerde und durch Nennung der UID-Nummer dieser Gesellschaft im Vorlageantrag nachgewiesen (dass jene Gesellschaft nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei, hat die belangte Behörde auch im Bezug habenden Vorlagebericht nicht einmal behauptet).

- Im Zuge des Vorlageantrags hat die steuerliche Vertreterin ein weiteres Mietanbot (=das der K, die das umsatzsteuerpflichtige Gewerbe Arbeitskräfteüberlassung/Arbeitskräftevermittlung ausübt) vorgelegt. Diese Gesellschaft ist ebenfalls zum Vorsteuerabzug berechtigt, was die steuerliche Vertreterin durch Nennung der Bezug habenden UID-Nummer im Vorlageantrag nachgewiesen hat (dass jene Gesellschaft nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, hat die belangte Behörde im Bezug habenden Vorlagebericht nicht einmal behauptet). Somit erscheint es als (sehr) wenig wahrscheinlich, dass die K, sofern sie sich für die angebotenen Räumlichkeiten entscheidet, letztere nicht nahezu ausschließlich für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten nutzen wird.

- Die glaubwürdige und in sich schlüssige Stellungnahme der Geschäftsführung der Bf. (zum genauen Wortlaut dieser Stellungnahme siehe oben in der Darstellung des Verfahrensganges in diesem Erkenntnis), die die seitens der Bf. bestehende Absicht der Option in die steuerpflichtige Vermietung gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 und die bedeutenden Vermögensnachteile der Bf. (Einschränkung des Vorsteuerabzugs, Erforderlichmachen einer Vorsteuerberichtigung) bei unecht steuerfreier Vermietung an Mieter ohne Vorsteuerabzug, die der besonderen Treuepflicht gegenüber den Investoren zuwiderliefen, überzeugend darlegt (dass der Ausgleich dieser Vermögensnachteile einen Mietzins in seiner solchen Höhe erforderlich machen würde, der am Büromarkt nicht zu erreichen ist, erweist sich ebenfalls als überzeugend (es stellt einen Erfahrungssatz dar, dass in Wien ein Überangebot an Büroflächen besteht, das sich negativ auf die Höhe der zu erzielenden Mietentgelte für derartige Flächen auswirkt) und widerlegt die Argumentation der belangten Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung, seitens der Bf. bestehe die Dispositionsmöglichkeit, "einen Mietpreis an Mieter ohne Vorsteuerabzug entsprechend zu kalkulieren").

Aus diesen Ausführungen folgt, dass im gegenständlichen Fall - wie von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung () gefordert - die steuerpflichtige Vermietung wahrscheinlicher ist als die steuerfreie Vermietung. Die steuerliche Vertreterin konnte darlegen, dass im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung mit größerer Sicherheitanzunehmen war als der Fall einer steuerfreien Vermietung oder des Unterbleibens einer Vermietung, weshalb der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben und der diesbezüglich strittige Vorsteuerabzug zu gewähren ist.

III. 2 Vorsteuerabzug betreffend die Weitervermietung an zum Zeitpunkt der Anschaffung der Liegenschaft bereits bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen:

Die belangte Behörde stützt sich in ihrer Argumentation ausschließlich auf die in den UStR 2000 Rz 899c vertretene Rechtsmeinung des BMF, dass ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis begründe; dies soll mangels Unternehmeridentität auch dann gelten, wenn der Wechsel im Zuge einer nicht steuerbaren Rechtsnachfolge (zB Erbfolge, Umgründung) erfolgt.

Diese Rechtsmeinung - an die das Bundesfinanzgericht nicht gebunden ist, da aufgrund des Legalitätsprinzips Erlässe oder Richtlinien des BMF keine maßgebende Rechtsquelle darstellen (vgl. für viele ; ; ) - findet aber, wie die steuerliche Vertreterin in ihren Schriftsätzen zu Recht ausführt, weder im Gesetz noch in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (in der Absicht des Gesetzgebers) Deckung und ist demzufolge im Schrifttum auf zahlreiche Kritik gestoßen (zB Kanduth-Kristen/Komarek, Klarstellung zu den umsatzsteuerlichen Änderungen bei Grundstücken, SWK 2012, S 1167 ff; Lang, Neuregelung der Optionsmöglichkeit bei Geschäftsraummieten, SWK 2013, S 792 ff; Lang, Vermietung an Mieter mit ("schädlichen") umsatzsteuerfreien Umsätzen, SWK 2013, S 837 ff; Katzlinger, Die USt-Option beim Parteienwechsel ohne Willenseinigung, ÖStZ 2013, S 413 ff; Rattinger in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 6 Rz 509c):

Nach Katzlinger, ÖStZ 2013, S 413 ff, setzt das vom Gesetz geforderte neue Mietverhältnis eine neue Willenseinigung voraus. Wenn aber der Vermieter einen Parteienwechsel nicht verhindern kann und es dazu auch keiner Zustimmung des Vermieters bedarf, könne gar kein neues Mietverhältnis im Sinn einer Willenseinigung iSd § 1094 ABGB über den Bestandgegenstand und den Bestandzins zustande kommen. Aufgrund der Formulierung des § 28 Abs. 38 UStG 1994 könne daher auch für Zwecke der Umsatzsteuer in derartigen Fällen kein neues Mietverhältnis unterstellt werden (zitiert nach ).

Ähnlich auch Bergmann/Bieber in Finanz Journal 2015, 207: Das Gesetz stellt auf den Beginn des Bestandverhältnisses und nicht auf die beteiligten Personen ab. Eine Rechtsnachfolge auf Seiten des Bestandgebers oder Bestandnehmers nach dem Stichtag muss daher unschädlich sein. Wenn ein rechtsnachfolgebedingter Vertragspartnerwechsel ohne Zustimmung des anderen Vertragspartners durch einseitige Willenserklärung oder von Gesetzes wegen stattfindet, liegt kein neues Bestandverhältnis vor (zitiert nach ).

Kanduth-Kristen/Komarek, SWK 2012, S 1167 ff, führen dazu aus:

"Die Auffassung des BMF, wonach ein Wechsel auf Vermieterseite nach dem stets zur Anwendbarkeit der neuen Bestimmung [=§ 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012] führt, ist u. E. in dieser Form abzulehnen. Nach Auffassung des BMF soll es im Fall der Schenkung oder Veräußerung eines bereits vor dem vermieteten Grundstücks nach dem zu einem Vermieterwechsel kommen und ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis zwischen dem Geschenknehmer/Käufer und dem bisherigen Mieter begründet werden. Stellt man aber - wie dies das BMF tut […] - für den Beginn des Mietverhältnisses auf die tatsächliche Innutzungnahme ab, kann ein Vermieterwechsel mit Übergang des vor dem abgeschlossenen und begonnenen Mietverhältnisses keinen Anwendungsfall der Neuregelung darstellen. Aufgrund eines Vermieterwechsels infolge einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung kommt es aufgrund des Wortlauts des § 28 Abs 38 Z 1 UStG (" ... , ist hinsichtlich § 6 Abs 1 Z 16 auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem beginnen, ... ") und unter Berücksichtigung der Gleichsetzung des Beginns mit der tatsächlichen Innutzungnahme durch das BMF und in den ErlRV nicht zu einem Neubeginn des Mietverhältnisses. Der Erwerber tritt zivilrechtlich in die rechtliche Stellung des ursprünglichen Vermieters ein, umsatzsteuerlich ist u. E. die Optionsmöglichkeit gem. § 6 Abs 2 UStG i. d. F. vor dem 1. StabG 2012 (weiterhin) anzuwenden." (S 1174 f.)

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:

- Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 ist § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, hinsichtlich § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem beginnen, sofern mit der Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer nicht bereits vor dem begonnen wurde (eine solche Errichtung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor).

- In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetzes 2012, 1680 BlgNr 24. GP 3 und 23 f, wird ua. ausgeführt:

"Zur Vermeidung von Härten wird in § 28 Abs. 38 vorgesehen, dass bereits begonnene Miet- und Pachtverhältnisse (maßgeblich ist die tatsächliche Innutzungnahme) nicht unter die Neuregelung fallen. […]"

- Im vorliegenden Fall wurden die beiden Bezug habenden Mietverträge (mit der XX und der UU (YZ), siehe dazu oben in der Darstellung des Verfahrensganges) bereits vor dem (am Datum1 bzw. Datum2) abgeschlossen und auch die tatsächliche Innutzungnahme durch die Mieter ist vor dem (am Datum3 bzw. Datum4) erfolgt.

- Die Bf. ist zivilrechtlich in diese zum Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs im Mai 2014 bereits bestehenden Mietverhältnisse zwingend (keine Dispositionsmöglichkeit) eingetreten, sodass zivilrechtlich keine neuen Mietverträge zustande gekommen sind. Aufgrund der rechtlich-formalen Anknüpfung der Übergangsbestimmung des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 kann daher in diesem Fall auch nicht für Zwecke der Umsatzsteuer ein neues Mietverhältnis vorliegen (Katzlinger, ÖStZ 2013, S 413 ff, Punkt "5. Fazit").

- Da nach dem Gesetzeswortlaut auf den Beginn des Mietverhältnisses und nicht auf die Unternehmeridentität abzustellen ist (die Inkrafttretensbestimmung des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 stellt für den Ausschluss des Optionsrechts eindeutig auf die Begründung eines neuen Mietverhältnisses nach dem und nicht auf die Unternehmeridentität ab, siehe dazu ), ein derartiges neues Mietverhältnis aber im gegenständlichen Fall nicht begründet wurde, steht der Bf. weiterhin die diesbezügliche Option in die Steuerpflichtund der strittige Vorsteuerabzug für Vorleistungen aus den beiden oa. Mietverhältnissen zu (nach § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 ist noch § 6 Abs. 2 UStG 1994 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, anzuwenden).

Diese Rechtsauffassung hat das Höchstgericht in seinem jüngst ergangenen Erkenntnis , bestätigt:

In diesem Urteil, mit dem die Entscheidung des , wonach die Inkrafttretensbestimmung des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 für den Ausschluss des Optionsrechts eindeutig auf die Begründung eines neuen Mietverhältnisses nach dem abstellt und nicht auf die Unternehmeridentität (siehe oben), bestätigt wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach auszugsweiser Wiedergabe des Gesetzeswortlauts des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 und der Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetzes 2012, 1680 BlgNr 24. GP 3 und 23 f (Rz 13 f. des Erkenntnisses), ausgeführt, dass nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 entscheidend ist, wann das Miet- und Pachtverhältnis begonnen hat (Rz 16). Die Änderung der Parteien ändert nichts am weiterhin aufrechten Bestand des Mietverhältnisses (Rz 18). § 28 Abs. 38 UStG 1994 verweist auf "Miet- und Pachtverhältnisse" und sieht dazu keine Einschränkungen im Hinblick auf die Vertragsparteien vor (Rz 19); darauf, mit wem der Mietvertrag ursprünglich geschlossen wurde, kommt es nicht an (vgl. Rz 20).

Der Beschwerde war daher auch in diesem Punkt stattzugeben und der diesbezüglich strittige Vorsteuerabzug zu gewähren.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben stellen sich wie folgt dar:

- Umsatzsteuer für das Jahr 2014:

Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen (BGL) für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen): 1,915.536,17 €

Davon steuerfrei mit Vorsteuerabzug § 6 Abs. 1 Z 2 bis 7 u. § 23 Abs. 5: -1,743.112,22 €

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): 172.423,95 €

Davon sind zu versteuern mit:

20% Normalsteuersatz: 159.591,55 € (BGL) 31.918,31 € (USt)

10% ermäßigter Steuersatz: 12.832,40 € (BGL) 1.283,24 € (USt)

Steuerschuld gem. § 19 Abs. 1 2. Satz sowie gem. Art. 19 Abs. 1 Z 3 u. Art. 25 Abs. 5: 1.620,80 €

Summe Umsatzsteuer: 34.822,35 €

Gesamtbetrag der Vorsteuern (ohne nachstehende Vorsteuern): -14,801.737,54 €

Vorsteuern betreffend die Steuerschuld gem. § 19 Abs. 1 2. Satz sowie gem. Art. 19 Abs. 1 Z 3 u. Art. 25 Abs. 5: -1.620,80 €

Gutschrift (festgesetzte Umsatzsteuer): -14,768.535,99 €

- Umsatzsteuer für den Monat Jänner 2015:

Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen (BGL) für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen): 22.492,31 €

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): 22.492,31 €

Davon sind zu versteuern mit:

20% Normalsteuersatz: 20.807,40 € (BGL) 4.161,48 € (USt)

10% ermäßigter Steuersatz: 1.684,91 € (BGL) 168,49 € (USt)

Summe Umsatzsteuer: 4.329,97 €

Gesamtbetrag der Vorsteuern: -9.617,63 €

Gutschrift (festgesetzte Umsatzsteuer): -5.287,66 €

- Umsatzsteuer für den Monat Februar 2015:

Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen (BGL) für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen): 22.492,31 €

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): 22.492,31 €

Davon sind zu versteuern mit:

20% Normalsteuersatz: 20.807,40 € (BGL) 4.161,48 € (USt)

10% ermäßigter Steuersatz: 1.684,91 € (BGL) 168,49 € (USt)

Summe Umsatzsteuer: 4.329,97 €

Gesamtbetrag der Vorsteuern: -5.582,91 €

Gutschrift (festgesetzte Umsatzsteuer): -1.252,94 €

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der gegenständliche Fall betrifft einerseits auf Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfragen, die einer Revision nicht zugänglich sind, andererseits ergeben sich die Rechtsfolgen aus der im vorliegenden Erkenntnis angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. unmittelbar aus dem Gesetz (§ 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994). Es liegt sohin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Ruppe/Achatz, UStG 5. Auflage, § 6 Tz 406, 411; § 12 Tz 247, 248

Kanduth-Kristen/Komarek, Klarstellung zu den umsatzsteuerlichen Änderungen bei Grundstücken, SWK 2012, S 1167 ff



Katzlinger, Die USt-Option beim Parteienwechsel ohne Willenseinigung, ÖStZ 2013, S 413 ff
Rattinger in Melhardt/Tumpel, UStG 2. Auflage, § 6 Rz 509c
Bergmann/Bieber in Finanz Journal 2015, 207
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101631.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at