Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 01.10.2018, RV/7104335/2014

Verzicht gemäß § 22 Abs. 6 UStG ist ein höchstpersönliches Recht

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104335/2014-RS1
Das Recht eines nicht buchführungspflichtigen Landwirtes auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 UStG gemäß § 22 Abs. 6 zu verzichten ist ein höchstpersönliches Recht und geht nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger über. Möchte der Gesamtrechtsnachfolger auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 Abs. 6 UStG verzichten, so hat der Gesamtrechtsnachfolger dies in eigenem Namen innerhalb der Fristen des § 22 UStG ausdrücklich zu erklären.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Gertraud Hausherr als beisitzende Richterin, Stv. Kammerdirektor Ing. Mag. Dr. Martin Jilch als fachkundigen Laienrichter und Edeltraud Müller-Kögler als fachkundige Laienrichterin über die Beschwerden der FirmaXX, Gassexx, OrXX, vertreten durch TitelA VNX VNY FNX, Gassexx, OrXX, steuerliche Vertretung Mag. Wilhelm Hogl, Mittergrabern 2, 2020 Grabern,

a) vom gegen den Bescheid des Finanzamts FAXX vom  betreffend Umsatzsteuer 2012 und

b) vom  gegen den Bescheid des Finanzamts FAXX vom betreffend Umsatzsteuer 2013, 

alle zur Steuernummer 22 N/N nach der am am Bundesfinanzgericht in Wien über Antrag der Partei (§ 78 BAO i. V. m. § 274 Abs. 1 Z 1 BAO) im Beisein der Schriftführerin Gerda Gülüzar Ruzsicska und in Anwesenheit des Vertreters der Beschwerdeführerin, von Mag. Wilhelm Hogl für die steuerliche Vertretung sowie von Mag. Alexandra Graf für das Finanzamt abgehaltenen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

Beschwerdeführer ist die FirmaXX, errichtet mit Gesellschaftsvertrag vom , im Firmenbuch eingetragen am , als Rechtsnachfolger der FirmaABX.

Beschwerdeanhängig sind die Jahre 2012 und 2013.

Bekanntgabe der Eröffnung eines Betriebs

Mit Schreiben vom wurde durch die steuerliche Vertretung mit beiliegendem Formular Verf 16 beim zuständigen Finanzamt die Eröffnung der Firma FirmaABX (Beschwerdeführerin) für den Betrieb eines land- und forstwirtschaftlichen Unternehmens bekanntgegeben. Das Wirtschaftsjahr wurde von 01.01.bis 31.12. und die Rechtsform als GnbR bekanntgegeben. Als Mitunternehmer wurden TiX VNX VNY FNX und VNB FNX bekanntgegeben. Es wurde weiters folgendes Wesentliches ausgeführt:

"FirmaABX

Steuernummer: neu

Ansuchen um Erteilung einer Steuernummer und einer UID-Nummer

Meldung eines Zusammenschlusses i.S.d. IV UmgrStG gemäß § 13 UmgrStG iZm § 24 Abs. 1 Z 2 UmgrStG

Unter Berufung auf die uns von obiger Mandantschaft erteilte Vertretungsvollmacht ersuchen wir um Erteilung einer Steuernummer, einer UID-Nummer sowie Aufnahme dieser Mandantschaft in die von uns vertretenen Steuerfälle, ab dem Jahr 2011.

In diesem Zusammenhang legen wir folgende Unterlagen diesem Schreiben bei:

Ausgefüllter Fragebogen

Zusammenschluss- und Gesellschaftsvertrag

Eröffnungsbilanz der GesBR

Im Namen und im Auftrag obiger Mandantschaft zeigen wir weiters den auf den Stichtag rückwirkenden Zusammenschluss gemäß Artikel IV UmgrStG folgender begünstigter Vermögensteile gemäß § 12 Abs. 2 UmgrStG zur Gründung der FirmaABX an:

Betrieb des Herrn Tia VNX FNX gehörenden landwirtschaftlichen Einzelunternehmens (Finanzamt FAXX, Steuernummer: NRYYY) entsprechend der aus der Übertragungsbilanz gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG abgeleiteten Zusammenschlussbilanz zum .

Weiters hat Frau VNB FNX (Finanzamt FAXX, Steuernummer: NRZZZZ) eine Bareinlage in Höhe von € 100,00 ins fixe Kapital geleistet.

Mit Zusammenschluss- und Gesellschaftsvertrag vom wurde das oben genannte Einzelunternehmen von Herrn Tia VNX FNX in die FirmaABX zum Zusammenschlussstichtag , und daher mit Wirkung , gegen Gewährung von € 100,00 fixes Kapital, übertragen.

An der FirmaABX sind somit aufgrund der Übertragungen von begünstigten Vermögenswerten und der Bareinlage von Frau VNB FNX  beteiligt:

1. Frau VNB FNX, als Gesellschafterin, mit einer fixen Einlage in Höhe von € 100,00, was einem Gesellschaftsanteil von 50% entspricht.

2. Herr Tia VNX FNX, als Gesellschafter, mit einer fixen Einlage in Höhe von € 100,00, was einem Gesellschaftsanteil von 50% entspricht.

Der Zusammenschluss wurde als Kapitalkontenzusammenschluss auf Basis fixer Kapitalkonten durchgeführt. Herr Tia VNX FNX hat sich die in seinem übertragenen Vermögen vorhandenen stillen Reserven in Höhe von € BetragXXX vorbehalten, sodass eine Vorsorge gegen die endgültige Verschiebung von Stillen Reserven entbehrlich ist.

Beiliegend finden Sie den Gesellschaftsvertrag, den Zusammenschlussvertrag samt Übertragungsbilanz gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG des Betriebes des Einzelunternehmens von Tia VNX FNX und der daraus abgeleiteten Zusammenschlussbilanz gemäß § 24 Abs. 1 iZm § 15 UmgrStG jeweils per .

Wir ersuchen um Kenntnisnahme des gegenständlichen Zusammenschlusses, Erteilung einer Steuernummer und einer UID-Nummer

Beilagen laut Brief"

Wortgleich wie für die neugegründete FirmaABX wurde dies dem Finanzamt für die einzelnen Gesellschafter Tia VNX FNX und VNB FNX bekanntgegeben.

Im beigelegten Zusammenschlussvertrag wurde folgendes Wesentliches für den Beschwerdefall vereinbart:

" Zusammenschlussvertrag abgeschlossen zwischen

Herrn Tia VNX FNX einerseits und Frau VNB FNX andererseits

im folgenden auch kurz Gesellschafter genannt,

zur Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wege des Zusammenschlusses gemäß Art. IV UmgrStG wie folgt:

Erstens Gegenstand und Durchführung des Zusammenschlusses (Vorbehaltszusammenschluss)

1.1. Herr Tia VNX FNX und Frau VNB FNX schließen sich hiermit, wobei seitens Herrn Tia VNX FNX sein Einzelunternehmen und seitens Frau VNB FNX eine Bareinlage von € 100,00 eingebracht werden, rückwirkend zum als Zusammenschlussstichtag entsprechend Art. IV des Umgründungssteuergesetzes unter Fortführung der ertragsteuerlichen Buchwerte des Einzelunternehmens von Herrn Tia VNX FNX unter Zugrundelegung der beiliegenden Zusammenschlussbilanz per (Anlage ./A) zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen........(Vorbehaltszusammenschluss).

1.2. Herr Tia VNX FNX bringt in die GesBR gegen Gewährung von Gesellschafterrechten sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen "VNX FNX",  OrXX, Gassexx, samt allen Aktiven und Passiven samt allem Zubehör, wie dieses in der aus der Übertragungsbilanz gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG des Einzelunternehmens zum abgeleiteten Zusammenschlussbilanz gemäß § 24 Abs. 1 UmgrStG ausgewiesen ist, ein. Im übrigen ist seitens Herr Tia VNX FNX keine weitere Einlage, insbesondere keine Bareinlage, zu leisten.

1.3. Die Vertragsparteien wählen als Zusammenschlussmethode somit den Kapitalkontenzusammenschluss zu Buchwerten auf Basis fixer Kapitalkonten, wobei sich die Parteien die jeweils stillen Reserven und einen allfällig eingebrachten Firmenwert vorbehalten, sodass keine Verschiebung in der Besteuerung der stillen Reserven eintreten kann und somit nur die den fixen Kapitalkonten zugewiesenen Buchwerte - somit je € 100,00 auf die Gesellschaft übertragen werden.

1.4. Frau VNB FNX bringt in die GesBR lediglich eine Bareinlage von € 100,00 ein, und Herr Tia VNX FNX überführt hiermit mit Wirkung zum Zusammenschlussstichtag eine Vermögenseinlage im Betrage von € 100,00 ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten.

1.5. Weiters wird für die Anwendung des Art IV UmgrStG festgehalten, dass das gegenständliche Einzelunternehmen des Herrn Tia VNX FNX länger als 2 Jahre als Vermögen des Einbringenden besteht.

1.6..............

Die tatsächliche Vermögensübertragung erfolgt am Tag der fristgerechten Meldung bei der zuständigen Abgabenbehörde........

Zweitens Gesellschafter, Name der GesBR, Ort der Verwaltung und Zweck der Gesellschaft

2.1. Gesellschafter der GesBR sind Herr Tia VNX FNX und Frau VNB FNX

2.2. Die GesBR hat den Namen "FirmaABX".

2.3. Die GesBR wird in OrtGESBR geführt und verwaltet, ist in Verfolgung ihres Zwecks jedoch nicht örtlich beschränkt.

2.4. Zweck der Gesellschaft ist die gemeinsame Führung des landwirtschaftlichen Betriebes in OrtGESBR.

Drittens Gesellschafterbeiträge ..............

Viertens Beteiligungsverhältnisse und Entnahmen .............

Fünftens Geschäftsführung und Vertretung.............

Sechstens Beschlussfassung ...........

Siebentens Buchführung und Rechnungslegung ........

Achtens Konkurrenz- und Wettbewerbsverbot ....

Neuntens Haftung .....

Zehntens Versicherung ......

Elftens Dauer

Dieser GesBR-Vertrag beginnt am und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Zwölftens Ausscheiden eines Gesellschafters .......

Dreizehntes Auflösung der Gesellschaft.....

Vierzehntes Allgemeines

OrtZZ, am

Unterschriften"

Beigelegt war die Eröffnungsbilanz.

Gemäß § 81 BAO ist Herr Tia VNX FNX der Vertreter der FirmaABX. 

Die FirmaABX reichte die Umsatzsteuererklärung für 2012 beim Finanzamt ein und wurde am ein erklärungsgemäßer Bescheid erlassen, in dem die Umsatzsteuer mit € -5.812,54 festgesetzt wurde. 

Ergänzungsersuchen

Mit Schreiben vom   ersuchte das Finanzamt die FirmaXX als Nachfolgerin der FirmaABX

um folgende Ergänzung für U 2012 und 2013:

"Im Zuge einer Nachbescheidkontrolle kam zutage, dass für dieses durch Zusammenschluss neu entstandene Unternehmen für das Jahr 2012 keine Option gemäß § 22 Abs. 6 UStG vorliegt. Die Option zur Regelbesteuerung  ist ein höchstpersönliches Wahlrecht des Unternehmers und wirkt bei Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge nicht automatisch auf den Betriebsübernehmer weiter (Scheiner, USt-Kommentar § 22 Rz 138). Der Vorsteuerabzug steht daher 2012 (und auch 2013) nicht zu.

Wurden Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis gelegt?"

Mit Mail vom beantwortete der Vertreter der GesBR dies wie folgt:

"In Bezug auf Ihr Schreiben vom 20. Februar teile ich Ihnen mit, dass die FirmaXX neu gegründet und mit Wirkung DatumD in das Firmenbuch eingetragen worden ist. In den Jahren 2012 und 2013 wurden keine Rechnungen von der FirmaXX gelegt. Die Gültigkeit der UID ATU.... für dieses Unternehmen wurde erst vor ein paar Wochen mit dem Finanzamt abgeklärt."

Aufhebungsbescheid und Sachbescheide 

Am erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2012 Aufhebung gemäß § 299 BAO:

"Der Bescheid vom wird gemäß § 299 BAO aufgehoben.

Begründung: Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Da die aus der Begründung des Sachbescheides sich ergebende inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen.

Der Bescheid wird aufgehoben, da eine Option gemäß § 22 Abs. 6 UStG für dieses Unternehmen bis zum Jahresende nicht vorlag und daher keine Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Die Umsatzsteuer wird kraft Rechnungslegung geschuldet. Siehe auch Bescheidbegründung des neuen Sachbescheides Umsatzsteuer 2012."

Am wurde ein neuer Sachbescheid für die Umsatzsteuer 2012 erlassen und wurde die Umsatzsteuer mit € 8.699,10 festgesetzt. In der Begründung wird ausgeführt, dass

"Im Zuge einer Nachbescheidkontrolle kam zutage, dass für dieses durch Zusammenschluss neu entstandene Unternehmen für das Jahr 2012 keine Option gemäß §  22 Abs. 6 UStG vorliegt. Die Option zu Regelbesteuerung ist ein höchstpersönliches Wahlrecht des Unternehmers und wirkt bei Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge nicht automatisch auf den Betriebsübernehmer weiter (Scheiner, USt-Kommentar § 22 Rz 138). Der Vorsteuerabzug steht daher 2012 (und auch 2013) nicht zu. Die Umsatzsteuer wird kraft Rechnungslegung geschuldet, da der Vorhalt vom diesbezüglich unbeantwortet geblieben ist."  

Beschwerde Umsatzsteuer 2012

Durch die steuerliche Vertretung erhob die GesBR nach Rechtsmittelfristverlängerung fristgerecht am Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom und führte aus:

"Die Beschwerde richtet sich gegen die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, da die hier angewandten Rechtsvorschriften den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechtes widersprechen.

Wir stellen daher den Beschwerdeantrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Begründung:

Sachverhalt:

Die FirmaABX führt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Der Zusammenschluss der FirmaABX von Herrn Tia VNX FNX und Frau VNB FNX wurde am dem Finanzamt angezeigt, eine UID Nummer wurde zeitgleich im Schriftstück beantragt. In der Folge wurden die Umsatzsteuervoranmeldungen vom Mandanten stets fristgerecht beim Finanzamt eingebracht. Die Umsätze wurden, wie für regelbesteuerte Landwirte üblich, einer 10%igen Umsatzsteuer unterworfen, ebenso wurden Vorsteuern geltend gemacht. Unser Mandant ging daher davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt dem Finanzamt die Umsatzregelbesteuerung bekannt sei. Schlussendlich wurde für das Jahr 2012 ein der Umsatzsteuererklärung gleichlautender Umsatzsteuerbescheid (am ) erlassen. 

Mit Bescheid vom wurde der ursprünglich ausgestellte Umsatzsteuerbeschied widerrufen, da gemäß Begründung eine Option gemäß § 22 Abs. 6 UStG bis Jahresende 2012 nicht vorlag.

Rechtliche Würdigung:

Der Unabhängige Finanzsenat hatte im Urteil RV/0339-W/10 bereits zu einem ähnlichen Fall Stellung zu nehmen und festgestellt, dass das Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalem Recht habe und führt dazu folgendes aus:

"Als Zwischenergebnis ist zusammenfassend festzuhalten, dass die berufungswerbende Gesellschaft ihre Behauptung, rechtzeitig eine Erklärung nach § 22 Abs. 6 UStG 1994 eingereicht zu haben, nicht beweisen konnte. Es wurde zwar gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet, diese Erklärung kann allerdings nach nationalem Recht die fehlende Optionserklärung im Sinne des § 22 Abs. 6 UStG 1994 nicht ersetzen.

Der Vorrang des Gemeinschaftsrechtes gegenüber nationalem Recht verpflichtet jedoch den erkennenden Senat darüber hinaus, den gegenständlichen Berufungsfall auch am Maßstab des Gemeinschaftsrechts zu prüfen und eine Beurteilung nach der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH vorzunehmen.

Gemäß Art 25 Abs. 10 der Sechsten Richtlinie hat jeder Pauschallandwirt nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten und Voraussetzungen das Recht, für die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Regelung nach Art 24 Abs. 1 zu optieren.

Der österreichische Gesetzgeber hat unter Bedachtnahme auf Art 249 Abs. 3 EG-Vertrag der Zielvorgabe aus Art 25 Abs. 10 Rechnung getragen und mit der Bestimmung des § 22 Abs. 6 UStG 1994 ein Optionsrecht für land- und forstwirtschaftliche Unternehmer geschaffen. Materiellrechtliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieses Rechts ist eine fristgerechte Abgabe der Verzichtserklärung. Grundsätzlich befindet sich diese Bestimmung nach ihrem Wortlaut im Einklang mit der Richtlinie, sie ist allerdings derart auszulegen, dass sie in richtlinienkonformer Interpretation dem Sinn und Zweck des Gemeinschaftsrechts entspricht (Achatz, in: Achatz/Tumpel (Hrsg.), EuGH-Rechtsprechung und Umsatzsteuerpraxis, 31f).

Mit der Frage der Verwehrung dieses Optionsrechts durch nationale Behörden hat sich der EuGH bis dato noch nicht konkret auseinander gesetzt. Allerdings sieht die Sechste Richtlinie im Art 13 Teil C für bestimmte Umsätze (unter anderem für Vermietung und Verpachtung von Grundstücken) ebenfalls eine Möglichkeit der Optionseinräumung vor, zu der sich der EuGH bereits mehrfach geäußert hat. Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des Senates auch von grundsätzlicher Bedeutung für das Optionsrecht nach Art 25 Abs. 10.

So betonte der , Turn- und Sportunion Waldburg, Randnr. 31, den Stellenwert des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer. Obwohl die Sechste Richtlinie den Mitgliedstaaten im Rahmen der Bestimmungen des Art 13 Teil C ein weites Ermessen zugesteht, müssen die Mitgliedstaaten, wenn sie von der Befugnis Gebrauch machen, den Umfang des Optionsrechts zu beschränken und die Modalitäten seiner Ausübung festzulegen, die Ziele und die allgemeinen Grundsätze der Sechsten Richtlinie, insbesondere den Grundsatz der steuerlichen Neutralität und das Erfordernis einer korrekten, einfachen und einheitlichen Anwendung der vorgesehenen Befreiungen, beachten.

In der Rechtssache Uudenkaupungin kaupunki, Rs C-184/04, Urteil vom , befand der EuGH hinsichtlich einer nicht innerhalb von sechs Monaten ab Ingebrauchnahme der betreffenden Immobilie ausgeübten Option, dass es den Mitgliedstaaten zwar frei steht, die Verfahrensbedingungen festzulegen, unter denen ein Optionsrecht ausgeübt werden kann, was die Möglichkeit einschließt, vorzusehen, dass die Besteuerung erst nach der Einreichung des Antrags erfolgt und dass der Abzug der entrichteten Steuern erst nach diesem Zeitpunkt möglich ist. Allerdings dürfen solche Bestimmungen nicht dazu führen, dass das Recht auf Vornahme der mit den besteuerten Umsätzen verbundenen Abzüge beschränkt wird, wenn das Optionsrecht gemäß diesen Bestimmungen wirksam ausgeübt worden ist.

Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch die unterschiedlichen Zielvorgaben der Sechsten Richtlinie: Während Art 13 Teil C den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Optionseinräumung Ermessen zugesteht (arg. "Die Mitgliedstaaten können...), räumt Art 25 Abs. 10 hingegen jedem Pauschallandwirt das Recht auf Besteuerung nach den allgemeinen Regeln ein und stellt dies nicht ins Ermessen der Mitgliedstaaten. Die Behörden der Mitgliedstaaten haben daher bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen die Entscheidung des landwirtschaftlichen Unternehmers anzunehmen, wobei diese Voraussetzungen in richtlinienkonformer Interpretation nicht dazu führen dürfen, die Ausübung der Option unnötig zu erschweren und damit den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zu gefährden.

Im gegenständlichen Streitfall hat die berufungswerbende Gesellschaft klar zum Ausdruck gebracht nach den allgemeinen Regeln des Umsatzsteuergesetzes versteuern zu wollen. Diese Absicht wurde nicht nur mündlich geäußert, sondern geht vor allem aus der am verfassten, schriftlichen Erklärung ("Ich werde meine Umsätze nach den allgemeinen Bestimmungen des UStG 1994 versteuern") hervor. Auch wenn dieses Schriftstück primär auf den Verzicht der Kleinunternehmerregelung gerichtet war, geht doch der eigentliche Sinn dieser Willenserklärung nicht verloren. Nach Ansicht des erkennenden Senats ist der Wortsinn des § 22 Abs. 6 UStG 1994 in richtlinienkonformer Auslegung dahingehend zu verstehen, dass das Recht zur Optionsausübung nicht dadurch verloren gehen kann, wenn eine rechtzeitig vorgelegte Erklärung nicht ausdrücklich auf den Verzicht der Pauschalierungsbestimmungen des § 22 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 hinweist. Es genügt vielmehr, wenn dem Inhalt der Erklärung - so wie im vorliegenden Fall - keine andere Bedeutung beigemessen werden kann, als nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes versteuern und von einer Pauschalierung Abstand nehmen zu wollen.

Darüber hinaus ist auch auf den Vertrauensschutzgrundsatz hinzuweisen, der vom EuGH zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Gemeinschaft gerechnet wird. Im Urteil Lageder vom , Rs. C-31/91 bis Rs C-44/91, "Lageder" vertrat der Gerichtshof die Ansicht, dass "die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts von jeder innerstaatlichen mit der Anwendung des Gemeinschaftsrechts betrauten Behörde zu beachten" sind, vorausgesetzt, dass "der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht gegen eine klare gemeinschaftsrechtliche Bestimmung angeführt werden kann."

Somit erweisen sich die gemeinschaftsrechtlichen Argumente der berufungswerbenden Gesellschaft als berechtigt. Dem Berufungsbegehren war daher stattzugeben."

(...)

Wie in der Entscheidung des Linzer Senates des ausgeführt, kann eine derart strikte Formvorschrift dem Berufungswerber im Sinne des Gemeinschaftsrechtes nicht zum Nachteil gereichen, wenn der erklärte Wille nach den allgemeinen Regeln der Umsatzsteuer versteuern zu wollen klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommt.""

In Achatz/Tumpel, EuGH-Rechtsprechung und Umsatzsteuerpraxis, Seite 62 wird u.a. ausgeführt: ""Bei der Auslegung von Steuerbefreiungs-Vorschriften durch den EuGH zeigen sich einige Neutralitätsaspekte besonders deutlich......

Wenn die Tatbestandsmerkmale zum Anwendungsbereich der MwSt weit auszulegen sind, so folgert daraus, dass Ausnahmetatbestände, also Steuerbefreiungen eng auszulegen sind.""

Die vierte Begründungserwägung in der zweiten MwSt- Richtlinie bringt das ausdrücklich zum Ausdruck:

""Damit das System einfach und neutral angewandt und der normale Steuersatz in vernünftigen Grenzen gehalten werden kann, müssen Sonderregelungen und Ausnahmemaßnahmen beschränkt werden.""

In diesem Fall war der Finanzverwaltung spätestens zum Zeitpunkt der Abgabe der ersten Umsatzsteuervoranmeldung der Wille des Unternehmens bekannt, nach den allgemeinen Regeln der Umsatzsteuer versteuern  zu wollen. Zumal die Umsatzsteuer- undVorsteuerbeträge im Formular offen ausgewiesen und erklärt wurden, somit kein Wille des Unternehmens erkennbar war, die Pauschalierung in Anspruch zu nehmen (es wurde auch die Umsatzsteuer von 10%, wie für regelbesteuerte Landwirte üblich, angegeben). Weiters hat die Finanzverwaltung Gutschriften und Belastungen auf dem Finanzamtskonto des Unternehmens gemäß den abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen im Laufe des Jahres 2012 vorgenommen und schlussendlich einen erklärungsgemäßen Umsatzsteuerbescheid 2012 am erlassen.

Es war somit für unseren Mandanten nicht erkennbar, dass das Finanzamt von einer Pauschalbesteuerung bei der Umsatzsteuer ausging. Es ist im Gegenteil anzunehmen, dass die Finanzverwaltung selbst, bis zur Erlassung des Umsatzsteuerbescheides vom , von der gültigen Regelbesteuerung des Unternehmens ausging. Dies deshalb, weil unser Mandant seinen Willen, die Umsatzregelbesteuerung in Anspruch zu nehmen klar durch die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen bekundete.

In der Regelung des § 6 Abs. 3 UStG kann ein Unternehmer den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung bis zur Rechtskraft des Bescheides schriftlich beim Finanzamt einbringen. Die Regelung des § 22 Abs. 6 UStG sieht hingegen vor, dass bis zum Ende des Kalenderjahres eine schriftliche Erklärung abgegeben werden muss. In unserem Fall war es für den Mandanten unmöglich zeitgerecht auf die Formalvorschrift des § 22 Abs. 6 UStG zu reagieren, da seinen Eingaben (Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen) beim Finanzamt zu keinem Zeitpunkt widersprochen wurde."

Beschwerdevorentscheidung Umsatzsteuer 2012

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Umsatzsteuerbescheid vom ab und begründete dies wie folgt:

"Gemäß § 22 Abs. 6 UStG muss bis zum Jahresende des betreffenden Jahres eine schriftliche Option beim zuständigen Finanzamt eingereicht werden. Da diese Option nicht vorliegt und auch die Beschwerde damit argumentiert wird, dass keine Option gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 vorliegt, wird die Beschwerde abgewiesen."

Vorlageantrag Umsatzsteuer 2012

Am  wurde durch die steuerliche Vertretung folgender Antrag eingebracht: "Im Auftrag und im Namen unser Mandantschaft, FirmaXX, bringen wir innerhalb offener Rechtsmittelfrist einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO gegen den Bescheid 2012 Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom zugestellt am .

Begründung:

Sachverhalt:

Die FirmaABX betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Herr Tia VNX FNX führte ursprünglich den Betrieb als Einzelunternehmer, im Rahmen eines Zusammenschlusses gemäß UmgrStG wurde der Betrieb des Einzelunternehmens in die FirmaABX eingebracht. Bereits einige Jahre zuvor hatte der landwirtschaftliche Betrieb Tia VNX FNX in die umsatzsteuerliche Regelbesteuerung optiert.

Dieser Zusammenschluss wurde am dem Finanzamt angezeigt, eine UID Nummer wurde zeitgleich im Schriftstück ohne weitere Angabe von Gründen beantragt. Ein Formular U15 wurde nicht beigelegt und wurde in der Folge vom Finanzamt auch nicht verlangt. Die UID Nummer wurde mit Bescheid vom der FirmaABX erteilt.

In der Folge wurden die Umsatzsteuervoranmeldungen in den Jahren 2012 und 2013 von der FirmaABX stets fristgerecht beim Finanzamt eingebracht. Die Umsätze wurden, wie für regelbesteuerte Landwirte üblich, mit 10% Umsatzsteuer verrechnet, ebenso wurden Vorsteuern geltend gemacht.

Während des Jahres 2012 wurden von Seiten des Finanzamtes die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen erklärungsgemäß auf dem Finanzamtskonto verarbeitet.

Unser Mandant ging daher davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt, dem Finanzamt die Umsatzsteuerregelbesteuerung bekannt sei. Schlussendlich wurde für das Jahr 2012 ein der Umsatzsteuererklärung gleichlautender Umsatzsteuerbescheid (am ) erlassen.

Mit Bescheid vom wurde der ursprünglich ausgestellte Umsatzsteuerbescheid widerrufen, mit der Begründung, dass eine Option gemäß § 22 Abs. 6 UStG bis Jahresende 2012 nicht vorlag.

Rechtliche Würdigung:

Der unabhängige Finanzsenat hatte im Urteil RV/0339-W/10 bereits zu einem ähnlichen Fall Stellung zu nehmen und festgestellt, dass das Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalem Recht habe und führt dazu unter anderem folgendes an:

""Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch die unterschiedlichen Zielvorgaben der Sechsten Richtlinie: Während Art 13 Teil C den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Optionseinräumung Ermessen zugesteht (arg. "Die Mitgliedstaaten können...), räumt Art 25 Abs. 10 hingegen jedem Pauschallandwirt das Recht auf Besteuerung nach den allgemeinen Regeln ein und stellt dies nicht ins Ermessen der Mitgliedstaaten. Die Behörden der Mitgliedstaaten haben daher bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen die Entscheidung des landwirtschaftlichen Unternehmers anzunehmen, wobei diese Voraussetzungen in richtlinienkonformer Interpretation nicht dazu führen dürfen, die Ausübung der Option unnötig zu erschweren und damit den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zu gefährden.""

Im Erkenntnis des VwGH (2003/15/0011) - BFG Anm: vom   - wurde folgendes festgehalten:

""Nach dem ersten Satz des Art 28 Abs 1 der in einem Anhang zum UStG 1994 zusammengefassten Binnenmarktregelung (BMR) hat das Finanzamt eine UID grundsätzlich jedem Unternehmer auf Antrag zu erteilen. Dieser Grundsatz erfährt im nächsten Satz eine Einschränkung, weil Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich nach § 22 UStG 1994 versteuern (deren unternehmerische Tätigkeit sich somit in der Führung eines pauschalierten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erschöpft), und solchen, die nur Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen (z.B. Kleinunternehmer) eine UID nur dann erteilt wird, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen oder Erwerbe benötigen. In diesem Fall muss der Antrag somit zusätzlich eine entsprechende Begründung enthalten. Da eine UID stets benötigt wird, wenn innergemeinschaftliche Erwerbe oder Lieferungen getätigt werden, genügt es, glaubhaft zu machen, dass solche Umsätze in Zukunft getätigt werden (Hinweis Ruppe, UStG 1994, 2. Auflage, Art. 28 BMR Tz. 9).""

Im vorliegenden Fall hatte die FirmaABX in Ihrem Antrag die UID Nummer lediglich mit folgender Formulierung beantragt:

""Wir ersuchen um Kenntnisnahme des gegenständlichen Zusammenschlusses, Erteilung einer Steuernummer und UID Nummer und verbleiben mit freundlichen Grüßen.""

In weiter Folge hat das Finanzamt die UID Nummer vergeben, ohne weitere Begründungen von Seiten der FirmaABX zu verlangen, zu welchem Zweck die UID Nummer beantragt wird. Ein ausgefülltes Formular "U15", in die Regelbesteuerung unter dem Punkt "Andere Gründe" beantragt hätte werden könne, wurde nicht verlangt.

Zum Zeitpunkt der Erteilung der UID Nummer - am - hätte, bei Nachfrage von Seiten der Finanzverwaltung, zu welchem Zweck eine UID Nummer beantragt wird, geklärt werden können, dass kein schriftlicher Antrag auf Regelbesteuerung vorliegt und eine Nachreichung fristgerecht erfolgen können. Diese Begründung wurde von Seiten der Finanzverwaltung in rechtswidriger Weise nicht verlangt. Die FirmaABX hatte daher vertraut, dass durch die Erteilung der UID Nummer die gewollte Regelbesteuerung der Behörde bekannt sei, zumal die laufenden Umsatzvorsteuervoranmeldungen während des Jahres 2012 richtig auf dem Finanzamtskonto verbucht wurden.

Die Regelung des § 22 Abs. 6 UStG zielt hauptsächlich darauf ab, dass Landwirtschaftsbetriebe, die bis zum Ende des Jahres weder regelbesteuerungskonforme Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben haben noch in einer anderen Form kundgetan haben, dass sie Regelbesteuerung anwenden wollen (z.B. durch Beantragung einer UID Nummer, mit entsprechender notwendiger Begründung), bekannt geben, dass sie von der Regelbesteuerung Gebrauch machen wollen. Dies trifft auch auf pauschalierte Landwirtschaftsbetriebe zu, die bereits in Vorjahren eine UID Nummer zum Zwecke innergemeinschaftlicher Erwerbe beantragt haben. Beide Varianten treffen im vorliegenden Fall nicht zu. Im Gegenteil, war der Behörde im Jahr 2012 bereits bekannt, dass die FirmaABX die Regelbesteuerung anwendet.

Es ist daher die Vorgehensweise der Behörde nicht nachvollziehbar, dass zunächst in rechtswidriger Weise eine UID Nummer für die FirmaABX vergeben wird, ohne genauer zu hinterfragen, zu welchem Zweck diese Nummer benötigt wird. andererseits von der FirmaABX eine neuerliche schriftliche Erklärung bis zum zu verlangen, obwohl diese nicht sichtbar ist, dass diese noch fehlt. 

Diese Vorgehensweise widerspricht eindeutig dem Grundsatz, der EuGH Rechtsprechung, dass die Voraussetzungen in richtlinienkonformer Interpretation nicht dazu führen dürfen die Ausübung der Option unnötig zu erschweren und damit den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zu gefährden. So wurde auch im oben genannten UFS Urteil festgehalten:

""So betonte der , Turn- und Sportunion Waldburg, Randnr. 31, den Stellenwert des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer. Obwohl die Sechste Richtlinie den Mitgliedstaaten im Rahmen der Bestimmungen des Art 13 Teil C ein weites Ermessen zugesteht, müssen die Mitgliedstaaten, wenn sie von der Befugnis Gebrauch machen, den Umfang des Optionsrechts zu beschränken und die Modalitäten seiner Ausübung festzulegen, die Ziele und die allgemeinen Grundsätze der Sechsten Richtlinie, insbesondere den Grundsatz der steuerlichen Neutralität und das Erfordernis einer korrekten, einfachen und einheitlichen Anwendung der vorgesehenen Befreiungen, beachten.""

In diesem Zusammenhang ist auch der Vertrauensschutz maßgeblich, dazu oben genanntes UFS Urteil:

""Darüber hinaus ist auch auf den Vertrauensschutzgrundsatz hinzuweisen, der vom EuGH zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Gemeinschaft gerechnet wird. Im Urteil Lageder vom , Rs. C-31/91 bis Rs C-44/91, "Lageder" vertrat der Gerichtshof die Ansicht, dass "die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts von jeder innerstaatlichen mit der Anwendung des Gemeinschaftsrechts betrauten Behörde zu beachten" sind, vorausgesetzt, dass "der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht gegen eine klare gemeinschaftsrechtliche Bestimmung angeführt werden kann.""

Dass die Behörde im gegenständlichen Fall ihre Verpflichtung auf eine umfassende Information des Abgabepflichtigen unterlassen bzw. 2 Jahre lang im Vertrauen auf eine geschützte Rechtsposition die Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben und entsprechend veranlagt hat, zeigt ebenfalls, dass der nunmehr angefochtene Bescheid rechtswidrig ergangen ist.

Darüber hinaus ist die - unstrittig vorliegende - Option des Einzelunternehmers durch den erfolgten Zusammenschluss nicht untergegangen, wie es die Behörde vermeint.

Den durch den Zusammenschluss ist im Umsatzsteuerrecht eine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 19 BAO gegeben.

Gemäß der Kommentierung Ruppe/Achatz Umsatzsteuergesetz S 287 f (§ 2 RZ 156f) erfolgt bei einer Umgründung (in diesem Fall Zusammenschluss) ein unmittelbarer Eintritt in die umsatzsteuerliche Rechtsposition. Oben genannte Kommentierung führt dazu aus:

""Unmittelbarer Eintritt bedeutet eine auf umsatzsteuerliche Positionen beschränkte Gesamtrechtsnachfolge.""

Damit rückt der Rechtsnachfolger unmittelbar in die Rechtsposition des Vorgängers.

Gemäß Bundesabgabenordnung Kommentar Stoll Band 1 Seite 193 gehen folgende Rechte auf den Gesamtrechtsnachfolger über:

""Gesetzlich vorgesehene berechtigende oder verpflichtende Verfahrensschritte und ebenso vorgesehene marteriell-rechtlich bedeutsame Anträge, Berichtigungs-, Meldepflichten und andere Pflichten die dem Rechtsvorgänger zugestanden wären, wäre nicht der zur Gesamtrechtsnachfolge führende Anlass eingetreten, können gleicherweise in der Person des Rechtsnachfolgers wirksam werden, also von ihm geltend zu machen oder zu erfüllen sein.""

Einzig "höchstpersönliche Rechte" können nicht im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge iSd § 19 BAO übergehen, dabei liegen solche Rechtspositionen vor, wenn die Rechtsposition nach Wegfall des Rechtsträgers dem Sinn und Zweck der sie begründenden Rechtsnorm nicht mehr gerecht werden kann (vgl. Ritz Bundesabgabenordnung Kommentar, 5. Auflage, § 19 RZ 4).

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass es sich bei der "Regelbesteuerungsoption" für Landwirtschaftsbetriebe um ein höchstpersönliches Recht handelt. Ein Wegfall des Rechtsträgers bewirkt nicht, dass der Sinn und Zweck der Rechtsnorm nicht mehr erfüllt ist.

Im Umsatzsteuerbescheid vom wurde in der Begründung weiters festgestellt, das die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung geschuldet wird.

Dazu ist festzuhalten, dass pauschalierte Landwirte im Gegensatz zu Kleinunternehmern iSd § 6 Abs 1 Z 27 UStG grundsätzlich ihre Leistungen im Rahmen der Pauschalierung an Unternehmer mit 12% Umsatzsteuer fakturieren. Die FirmaABX hat in den Jahren 2012 und 2013 mit 10% Umsatzsteuer fakturiert.

Bei der landwirtschaftlichen Pauschalierung im Bereich der Umsatzsteuer handelt es sich nicht um eine sogenannte "unechte Umsatzsteuerbefreiung". Im Rahmen der landwirtschaftlichen Pauschalregelung können die Umsatzsteuerbeträge offen in der Rechnung ausgewiesen werden; die Umsatzsteur sowie die anfallende Vorsteuer gelten allerdings als pauschal abgegolten (siehe UStRL RZ 2852).

Eine "Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung'" kann daher bei pauschalierten Landwirten nur dann vorliegen, wenn eine umsatzsteuerbefreite Lieferung oder Leistung vorliegt (z.B. die Verpachtung eines Grundstückes).

Die Vorschreibung der Umsatzsteuer widerspricht daher der nunmehrigen Rechtsmeinung des Finanzamtes, dass es sich bei der FirmaABX um einen umsatzsteuerpauschalierten Unternehmer handelt.

Conclusio:

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass im Rahmen eines Zusammenschlusses gemäß UmgrStG eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, somit die FirmaABX in alle Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers eintritt, somit auch den ursprünglich eingebrachten Regelbesteuerungsantrag von Herrn Tia VNX FNX übernimmt.

Das Finanzamt hat es unterlassen, dem Antrag auf UID Nummer eine rechtlich erforderliche Anfrage an die FirmaABX zu stellen, für welchen Zweck die UID Nummer verwendet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass selbst die Finanzverwaltung von einer Weiterführung der Regelbesteuerung im Sinne einer Gesamtrechtsnachfolge zum Zeitpunkt der bescheidmäßigen Erlassung der UID Nummer ausging.

Anträge

Im Auftrag und im Namen unserer Mandantschaft stellen wir den Antrag den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben sowie den zugrundeliegenden Umsatzsteuerbescheid 2012 vom ersatzlos aufzuheben.

Des Weiteren stellen wir im Auftrag und im Namen unserer Mandantschaft folgende Anträge:

1. auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO

2. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO."

Umsatzsteuerbescheid 2013

Das Finanzamt setzte mit Umsatzsteuerbescheid vom die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 mit € 9.709,37 fest.

Beschwerde Umsatzsteuer 2013

Mit Schreiben vom erhob die GesBR durch die steuerliche Vertretung Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom und führte aus:

"Begründung:

Auf die Begründung des Vorlageantrages § 254 BAO betreffend Bescheid 2012 Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO zum Umsatzsteuerbescheid 2012 persönlich eingereicht am wird verwiesen."

Beschwerdevorentscheidung Umsatzsteuer 2013

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Auf die BVE zur USt 2012 wird verweisen. Es ergeht eine abweisende BVE, da in der Beschwerde kein Antrag auf Vorlage gemäß § 262 Abs. 2 BAO gestellt worden ist."

Vorlageantrag Umsatzsteuer 2013

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingelangt am wurde durch die steuerliche Vertretung der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt und ausgeführt:

"Im Auftrag und im Namen unserer Mandantschaft stellen wir den Antrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO die Beschwerde vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Begründung:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am wurde die Beschwerde unseres Mandanten gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 als unbegründet abgewiesen. Innerhalb offener Frist gemäß § 264 BAO wird nun die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt. Betreffend die Beschwerdegründe wird auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.

Wir ersuchen um stattgebende Erledigung und verbleiben mit freundlichen Grüßen ..."

Verbindung der Verfahren

Gemäß § 272 Abs. 2 Z 2 BAO in Verbindung mit § 272 Abs. 3 BAO wird durch die Einzelrichterin in der Beschwerdesache Umsatzsteuer 2013 die Entscheidung durch den Senat nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung verlangt, da für die Beschwerdesache Umsatzsteuer 2012 durch den Beschwerdeführer eine mündliche Senatsverhandlung beantragt wurde und die Verbindung der Verfahren zweckmäßig ist.   

Mündliche Verhandlung

In der am durchgeführten mündlichen Senatsverhandlung wurde folgendes vorgebracht:

"Der Berichterstatter trägt die Sache vor.

Der steuerl. Vertr. verweist ergänzend darauf, dass Umgründungen jederzeit wirksam vorgenommen werden könnten, sodass die gegenständliche Regelung mit einer Befristung 31.12. Unschärfen aufweisen.

Seitens des FA wird auch auf die bisherigen Schriftsätze im Verfahren verwiesen.

Der Bf. erläutert, dass der Betrieb im Jahr 1999 von den Großeltern übernommen worden sei. Im Jahr 2005 seien größere Investionen vorgenommen worden. Die Gattin sei bereits damals Miteigentümerin der Liegenschaften und Gebäude gewesen aber nicht als Betriebsführerin nach außen aufgetreten. Der Außenauftritt war auf Tia VNX FNX. Im Jahr 2012 wurde dann die GesBR gegründet und im Jahr 2014 in die KG umgewandelt. Der Antrag auf Vergabe einer UID-Nummer habe nur Sinn gemacht, da die Regelbesteuerung weitergeführt werden sollte. Diesbezüglich gab es auch ein Telefonat mit dem Finanzamt wobei ich mich aber an näheres nicht mehr erinnern kann. Überhaupt versteh ich nicht, wieso das FA USt. vorschreibt aber keine Vorsteuer zum Abzug zulässt.

Die Parteien erklären übereinstimmend, dass im Fall, dass der Senat dem FA folgt, im Jahr 2012 eine Steuerschuld Kraft Rechungslegung nur hinsichtlich einer Bemessungsgrundlage von 124,38 (8 %, Fuhrwerksleistungen an andere Unternehmen im Rahmen der landw. Nebentätigkeit) und im Jahr 2013 keine Steuerschuld Kraft Rechnungslegung besteht.

Weiteres Vorbringen seitens der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird nicht erstattet.

Der Vorsitzende weist darauf hin, dass gemäß § 23 BFGG die Erkenntnisse und Beschlüsse des Bundesfinanzgerichts – unter Anonymisierung personenbezogener Daten, soweit diesbezüglich ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Parteien besteht – grundsätzlich der Öffentlichkeit im Internet (https://findok.bmf.gv.at/) zugänglich zu machen sind, außer es stehen im Einzelfall wesentliche Interessen der Parteien oder wesentliche öffentliche Interessen entgegen.

Seitens der Parteien werden wesentliche Interessen, die einer Veröffentlichung entgegenstehen, nicht bekannt gegeben.

Die belangte Behörde beantragt, das Bundesfinanzgericht möge in seiner Entscheidung davon ausgehen, dass keine wirksame Regelbesteuerungserklärung vorliegt, allerdings die Steuerschuld kraft Rechnungslegung wie in der Verhandlung ausgeführt reduziert wird.

Seitens der beschwerdeführenden Partei wird abschließend die Stattgabe ihrer Beschwerde beantragt."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Herr Tia VNX FNX und seine Frau VNB FNX schlossen sich mit Vertrag vom zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wege des Zusammenschlusses gemäß Art. IV UmgrStG zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes zusammen. In diese GesBR brachte Herr FNX seine zuvor als Einzelunternehmer geführte Landwirtschaft ein.

Sowohl als Einzelunternehmen als auch als GesBR waren die Unternehmen keine buchführungspflichtigen landwirtschaftlichen Betriebe.

Für sein Einzelunternehmen verzichtete Herr FNX auf die Pauschalierung der Umsatzsteuer gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994

Für die beschwerdegegenständlichen Jahre 2012 und 2013, in denen der landwirtschaftliche Betrieb durch die GesBR geführt wurde, wurde weder im Jahr 2012 noch im Jahr 2013 eine Erklärung zum Verzicht auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 noch eine Verzichtserklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 im Namen der FirmaABX für die FirmaABX abgegeben.

Abgegebene Umsatzvorsteueranmeldungen wurden vom Finanzamt verbucht.

Beweiswürdigung

Dies steht aufgrund des bisherigen Verfahrenganges und des Vorbringens der Parteien fest und ist unstrittig.

Rechtsfrage:

Wirkt die Verzichtserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 des Einzelunternehmers Tia VNX FNX auch für die FirmaABX in den Jahren 2012 und 2013 weiter oder hätte die FirmaABX eine Verzichtserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG im eigenen Namen einbringen müssen?

Maßgebende rechtliche Bestimmungen:

Umsatzsteuergesetz:

Besteuerung der Umsätze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben

Für die beschwerdegegenständlichen Jahre 2012 und 2013: 

§ 22. (1) Bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, wird die Steuer für diese Umsätze mit 10% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, wird die Steuer für diese Umsätze mit 12% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden jeweils in gleicher Höhe festgesetzt.

Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 8 bis 26, des § 11 und des § 12 Abs. 10 und 11 sind anzuwenden. Weiters sind Berichtigungen nach § 16 vorzunehmen, die Zeiträume betreffen, in denen die allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes Anwendung gefunden haben.

(2) ......

(3) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist ein Betrieb anzusehen, dessen Hauptzweck auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet ist. Als Landwirtschaft gelten insbesondere der Acker-, Garten-, Gemüse-, Obst- und Weinbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich der Wanderschäferei, die Fischzucht einschließlich der Teichwirtschaft und die Binnenfischerei, die Imkerei sowie Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe im Sinne des § 30 des Bewertungsgesetzes 1955.

(4) .......

(5) .......

(6) Der Unternehmer kann bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, daß seine Umsätze vom Beginn dieses Kalenderjahres an nicht nach den Abs. 1 bis 5, sondern nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes besteuert werden sollen. Diese Erklärung bindet den Unternehmer für mindestens fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären.

Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 19. (1) Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

(2) Mit der Beendigung von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehen deren sich aus Abgabenvorschriften ergebende Rechte und Pflichten auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) über. Hinsichtlich Art und Umfang der Inanspruchnahme der ehemaligen Gesellschafter (Mitglieder) für Abgabenschulden der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) tritt hiedurch keine Änderung ein.

Anwendung auf den beschwerdegegenständlichen Fall:

Die GesBR hatte keine Erklärung zum Verzicht auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1994 für landwirtschaftliche Betriebe gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 im eigenen Namen beim Finanzamt eingereicht - weder im Jahr 2012 noch im Jahr 2013.

Aus dieser rechtlichen Bestimmung steht daher der GesBR für die Jahre 2012 und 2013 kein Recht zu die Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes zu versteuern.

Auch hat die GesBR keine Verzichtserklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 bis zum Ende der jeweiligen Kalenderjahre 2012 bzw. 2013 eingereicht. Dies wäre aber Voraussetzung um den gleichen Sachverhalt zu verwirklichen wie in der vom Beschwerdeführer zitierten UFS Entscheidung vom , RV/0339-W/10.

Nun beruft sich der Beschwerdeführer durch die steuerliche Vertretung darauf, dass gemäß § 19 BAO eine Gesamtrechtsnachfolge der FirmaABX zum Einzelunternehmen des Tia VNX FNX eingetreten sei und daher auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 Abs. 1 UStG 1994 wirksam verzichtet worden ist.

Zu prüfen ist nun, ob das Recht, auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 zu verzichten, ein höchstpersönliches Recht ist oder im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge übergeht. Letzteres mit der Folge, dass der Gesamtrechtsnachfolger an die Entscheidung des Rechtsvorgängers gebunden ist und ein Widerruf erst nach Ablauf der Bindungsfrist des § 22 Abs. 6 UStG 1994 wirksam erfolgen kann.

In der Literatur besteht dazu folgende Auffassung:

Melhardt, Umsatzsteuer-Handbuch 2018, 1. Auflage, § 22 RZ 2917:

"Die Option zur Regel­besteuerung ist ein höchstpersönliches Recht des Unternehmers und wirkt bei Einzel- oder Gesamt­rechtsnachfolge nicht automatisch auf den Betriebsübernehmer weiter (vgl. auch Rz 204). Will der Betriebsübernehmer zB bei unentgeltlicher Betriebsübergabe oder bei einem Erbanfall weiterhin die Regel­besteuerung anwenden, muss er innerhalb der im § 22 Abs 6 UStG 1994 vorgesehenen Frist neuerlich eine Optionserklärung beim zuständigen Finanzamt abgeben. Dies gilt auch für die Fälle der § 1 Rz 47. Die fünfjährige Binde­frist beginnt ab Beginn der neuerlich erklärten Regel­besteuerung neu zu laufen."

Jilch, Die Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte, 5. Auflage, Seite 746f:

"Die Option zur Regelbesteuerung ist ein höchstpersönliches Recht des Unternehmers und wirkt bei Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge nicht automatisch für den Betriebsübernehmer weiter. Dieser muss neuerlich bis zum 31. Dezember einen Optionsantrag beim Finanzamt abgeben, wenn die Regelbesteuerung aufrecht belieben soll. Mit dem neuen Optionsantrag beginnt auch die fünfjährige Bindungsfrist neu zu laufen.....

Die von einem Unternehmer abgegebenen Voranmeldungen, Umsatzsteuererklärungen, der Antrag auf Vergabe einer UID und selbst die Veranlagung zur Umsatzsteuer in den Vorjahren können eine fehlende ausdrückliche Erklärung nicht ersetzen; die Option zur Regelbesteuerung setzt einen förmlichen Antrag voraus.

Nur eine rechtzeitig vorgelegte Erklärung, der keine andere sinnvolle Bedeutung zugemessen werden kann, wird wohl ausnahmsweise als wirksamer Optionsantrag zu interpretieren sein (zB Unternehmer hat nur Umsätze aus LuF und verzichtet auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer)".

Liegt kein Nachweis für die Optionserklärung auf Regelbesteuerung vor, ist die Umsatzsteuer mit 0 Euro festzusetzen (Rückabwicklung).

Melhardt/Tumpel, Umsatzsteuergesetz 2015, 2. Auflage, §22:

Option zur allgemeinen Besteuerung

A. EU-Recht

96 Jeder Pauschallandwirt hat nach den von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten und Voraussetzungen das Recht, sich für die Anwendung der normalen MwSt-Regelung oder gegebenenfalls der Klein­unternehmerregelung zu entscheiden (Art 296 Abs 3 MwStSyst-RL).

B. UStG

99 Der Unternehmer kann bis zum Ablauf des Veranlagungs­zeitraumes gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass seine Umsätze vom Beginn dieses Kj an nicht nach § 22 Abs 1 bis 5, sondern nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen. Diese Erklärung bindet den Unternehmer für mindestens fünf Kj. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kj anwiderrufen werden. Der schriftliche Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kj zu erklären (§ 22 Abs 6).

100 Ein Übergang zur Regel­besteuerung ist nur mit dem Beginn eines Kj möglich. Die an keine besondere Form gebundene Erklärung ist iSv § 85 Abs 1 und § 86a BAO schriftlich oder per Fax einzureichen und eine bereits abge­gebene Optionserklärung kann nach der Verwaltungsmeinung bis zum Ablauf des betroffenen Veranlagungs­zeitraumes zurückgenommen werden (Rz 2916 UStR; entspr zur Verzichtserklärung für Klein­unternehmer – Rz 1020 UStR). Es bedarf jedenfalls einer ausdrücklichen Erklärung; die bloße Abgabe einer UVA, Jahresumsatz­steuererklärung oder Entrichtung von Voraus­zahlungen ist unzureichend ( Ruppe/Achatz 4, § 22 Rz 53 mit Hinweisen auf Rechtsprechung).

101 Die Option zur Regel­besteuerung ist ein höchstpersönliches Recht des Unternehmers und wirkt bei Einzel- oder Gesamt­rechtsnachfolge nicht automatisch auf den Betriebsübernehmer weiter (Rz 204 UStR). Will der Betriebsübernehmer zB bei unentgeltlicher Betriebsübergabe oder Erbanfall weiterhin die Regel­besteuerung anwenden, muss er innerhalb der im § 22 Abs 6 vorgesehenen Frist neuerlich eine Optionserklärung beim zuständigen Finanzamt abgeben; die fünfjährige Binde­frist beginnt ab Beginn der neuerlich erklärten Regel­besteuerung neu zu laufen. Anderes gilt nach Ansicht des BMF beim nicht­steuerbaren Anwachsen (zB § 142 UGB), da der letzte verbleibende Gesellschafter die Option mitgetragen hat, weshalb die Fristen weiterlaufen (s Rz 2917 UStR mit Beispiel).

102 Beim Wechsel von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen zur Besteuerung nach den allgemeinen Bestimmungen und umgekehrt ist es bis zum Veranlagungsjahr 2013 zu keiner Änderung der Verhältnisse gem § 12 Abs 10 ff gekommen. Ab dem Veranlagungsjahr 2014 liegt eine Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend ist, auch vor, wenn die Änderung darin besteht, dass ein Wechsel in der Anwendung der allgemeinen Vorschriften und der Vorschriften des § 22 für den Vorsteuerabzug vorliegt (s Rz 21).

In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde - soweit erkennbar - zu der Frage der Rechtsnachfolge bei § 22 Abs. 6 UStG noch nicht entschieden. In seiner Judikatur findet sich zu § 22 Abs. 6 UStG aber folgendes:

"Rechtssatz

§ 22 Abs 6 UStG 1972 verlangt - ebenso wie § 21 Abs 8 UStG 1972 - eine formgebundene Erklärung ganz bestimmten Inhaltes. Die von einem Unternehmer abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen und/oder Umsatzsteuererklärungen können die erforderliche ausdrückliche schriftliche Erklärung nicht ersetzen (Hinweis E , 87/15/0055)".

"Rechtssatz

Der Umstand, daß in den Vorjahren die Veranlagung - wegen des Fehlens einer Erklärung im Sinne des § 22 Abs 6 UStG 1972 in gesetzwidriger Weise - entsprechend den abgegebenen Steuererklärungen und nicht nach Durchschnittssätzen vorgenommen wurde, vermag eine Bindung der Abgabenbehörde an diese Vorgangsweise nicht zu bewirken (Hinweis E , 2330/58, VwSlg 2047 F/1959)".

Für den Beschwerdefall bedeutet dies:

Der erkennende Senat schließt sich der herrschenden Meinung an, dass die Ausübung der Option gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 durch den Rechtsvorgänger nicht im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge für den Rechtsnachfolger wirkt. Der Gesamtrechtsnachfolger kann daher ohne Bindung an Fristen, die den Rechtsvorgänger treffen, neu disponieren.

Ginge man von wie der Beschwerdeführer von einer Bindungswirkung aus, wäre ein Rechtsnachfolger an den Verzicht auf die Umsatzsteuerpauschalierung gebunden, auch wenn er nicht nach den allgemeinen Regeln des Umsatzsteuerrechts versteuern möchte.

Nach Ansicht des Gerichts steht es aber dem Gesamtrechtsnachfolger frei, einerseits die Umsätze gemäß § 22 UStG 1994 zu versteuern und nicht an den Verzicht des Vorgängers gebunden zu sein, anderseits auf die Pauschalierung innerhalb der Fristen gemäß § 22 UStG 1994 zu verzichten und nicht an die Pauschalierung des Vorgängers gebunden zu sein.

Es ist von einem Unternehmer nicht zu viel verlangt, anlässlich der Gründung einer Erwerbsgesellschaft gegenüber dem Finanzamt ausdrücklich zu erklären, dass auch die Erwerbsgesellschaft (GesBR) gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 (und gegebenenfalls gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994) zur Regelbesteuerung optiert.

Herr TitelA FNX hat als Einzelunternehmer auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 UStG 1994 verzichtet. Er gründete mit seiner Frau ein neues Unternehmen, eine GesBR und wurde als ihr Vertreter bestimmt. Als Vertreter der Erwerbsgesellschaft war er wie jeder andere Vertreter eines neu gegründeten Unternehmen angehalten, sich über die Änderungen der Rechte und Pflichten zu informieren. 

Da die GesBR unbestritten im Beschwerdezeitraum keine Verzichtserklärungen - weder gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 noch gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 - abgegeben hat, hat sie als nichtbuchführungspflichtiges Unternehmen die landwirtschaftlichen Umsätze gemäß dem § 22 Abs. 1ff UStG 1994 pauschal zu versteuern.

Wie in der Literatur und in der VwGH-Judikatur dargelegt, reichen für den erklärten Willen, zu einer Regelbesteuerung zu optieren, abgegebene Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Jahreserklärungen nicht aus.

Es ist dem Vorbringen in den Schriftsätzen des Beschwerdeführers und dem Vorbringen des Vertreters der GesBR in der mündlichen Verhandlung entgegenzutreten, dass die Vergabe einer UID-Nummer an eine nicht buchführungspflichtige Landwirtschaft nur den Zweck haben könne, auf die Umsatzsteuerpauschalierung gemäß § 22 UStG 1994 zu verzichten und nach den allgemeinen Regeln des Umsatzsteuergesetzes versteuern zu wollen.

Auch ein nicht buchführungspflichtiger Landwirt ist Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und hätte die Umsätze zu besteuern, wenn nicht in § 22 Abs. 1 UStG 1994 die Fiktion der gleich hohen Vorsteuern fingiert würde.

Ein pauschalierter Landwirt ist berechtigt, Rechnungen zu legen und die Umsatzsteuer gesondert auszuweisen. Soweit ein pauschalierter Landwirt die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person ausführt, ist er verpflichtet ordnungsgemäße Rechnungen auszustellen. Dazu zählt auch die Bekanntgabe einer UID Nummer des leistenden Unternehmers, des nicht buchführungspflichtigen Landwirtes (vgl. Jilch, Die Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte, 5. Auflage, Seite 691).

Die Rechnungslegung mit UID Nummer führt somit nicht automatisch zu einem Verzicht auf die Umsatzsteuerpauschalierung. Zu hohe Steuerausweise führen zu einer Versteuerung des zu hohen Steuerausweise kraft Rechnungslegung, wie auch in der mündlichen Senatsverhandlung festgestellt. Es ist daher aus dem Vorbringen, dass die GesBR eine UID Nummer beantragt hat nicht für eine Erklärung zum Verzicht auf die Umsatzsteuerpauschalierung gewonnen.

Darüber hinaus ist auch bei pauschalierten Landwirten die Vergabe einer UID-Nummer nicht ausgeschlossen.

Auch die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie überlässt es den Mitgliedsstaaten die Form einer Verzichtserklärung zu regeln - siehe oben Melhardt/Tumpel, § 22 RZ 96.

Wie dargelegt ist der beschwerdegegenständliche Fall auch nicht mit den vom steuerlichen Vertreter zitierten Entscheidungen vergleichbar, da in diesen Fällen die jeweiligen Steuerpflichtigen innerhalb der Frist des § 22 Abs. 6 UStG 1994 - bis zum Ende des Kalenderjahres - eine ausdrückliche Verzichtserklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 abgegeben hatten und diese in systemkonformer Auslegung als rechtzeitige Verzichtserklärungen im Sinne des § 22 Abs. 6 UStG 1994 beurteilt wurden.

Es ist daher mit Verweis auf das EU-Recht für den Beschwerdeführer nichts gewonnen.

Inhaltlich sind die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 daher grundsätzlich abzuweisen.

Das Finanzamt ist allerdings im Unrecht, wenn es die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung vorschreibt.

Ist es dem Beschwerdeführer verwehrt nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes seine Umsätze zu versteuern, ist zwingend nach den § 22 Abs. 1ff UStG vorzugehen, siehe auch Jilch oben.

Anders als Kleinunternehmer i.S.d. § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 sind pauschalierte Land- und Forstwirte befugt, Rechnungen gemäß § 11 UStG 1994 auszustellen. Die Umsätze der Land- und Forstwirte sind gemäß § 22 UStG 1994 nicht steuerfrei, sondern steuerpflichtig. Der Gesetzgeber fingiert in § 22 UStG 1994 lediglich, dass der Umsatzsteuer im Regelfall gleich hohe Vorsteuerbeträge gegenüber stehen und daher im Regelfall keine Umsatzsteuerzahllast anfällt.

Wie in der mündlichen Senatsverhandlung festgestellt wird

die Umsatzsteuer für 2012 mit 8% von 124,38 = 9,95 Euro

und die Umsatzsteuer für 2013 mit 0,00 Euro festgesetzt.

Den Beschwerden ist daher teilweise Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es ist keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Rechtsfrage erkennbar, ob eine Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 3 UStG 1994 des Rechtsvorgängers auch für den Gesamtrechtsnachfolger weiterwirkt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
nichtbuchführungspflichtiger Landwirt
Verzicht auf die Umsatzsteuerpauschalierung eines Landwirtes
höchstpersönliches Recht
Gesamtrechtsnachfolge bei § 22 UStG
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.7104335.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at