Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.04.2018, RV/5100319/2016

Voraussetzungen eines Mantelkaufs - Maßgeblichkeit der Strukturänderungen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100319/2016-RS1
Mantelkauf ist der Erwerb der Anteile an einer nicht (mehr) wirtschaftlich tätigen und/oder vermögenslosen Gesellschaft, sodass bildlich gesprochen nur (noch) ein funktionsloser „Gesellschaftsmantel“ vorliegt. Der Begriff Mantelkauf ist im KStG eine Sammelbezeichnung, dessen Anwendungsbereich über den „klassischen“ Mantelkauf iSd Erwerbs (nahezu) sämtlicher Gesellschaftsanteile einer abwicklungsreifen Gesellschaft hinausgeht. Ansatzpunkt ist der Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft. Der durch die Rechtsfolge des Unterganges des Verlustvortragsrechtes geprägte Mantelkaufstatbestand liegt beim kumulativen Auftreten einer gesamthaften wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen der Körperschaft sowie auf Gesellschafterebene innerhalb eines überschaubar kurzen Zeitraumes vor.
RV/5100319/2016-RS2
Eine vollständige bzw weitgehende Änderung der organisatorischen Struktur einer Körperschaft liegt bei einer Änderung, somit einem Austausch, im Bereich der willensbildenden Organe, dh Leitungs- und Verwaltungsorgane einer Körperschaft (zB gesetzliche Vertreter wie Geschäftsführer oder Vorstand bzw Aufsichtsrat) vor. Ein Austausch von Gesellschaftsorganen in einem Umfang, der eine Änderung der Willensbildung im Ausmaß von 75 % darstellt, ist jedenfalls als wesentliche Änderung zu werten. Die gesetzliche Bestimmung der Folge einer Änderung der organisatorischen Struktur knüpft ausschließlich an den objektiven Umstand des Austauschs der Geschäftsführung an, misst aber den hiefür maßgeblichen Gründen (zB Insolvenz) keine Bedeutung bei.
RV/5100319/2016-RS3
Die Änderung der wirtschaftlichen Struktur betrifft die faktische wirtschaftliche Tätigkeit einer Körperschaft. Darunter ist der tatsächlich verfolgte Unternehmenszweck und nicht der davon allenfalls abweichende satzungsmäßige Unternehmensgegenstand zu verstehen. Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit der Körperschaft verloren geht. Diese Änderung kann auch eintreten, wenn sich nur eines dieser Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert. Besonderes Gewicht ist dabei auf jenes Strukturmerkmal zu legen, das diesbezüglich identitätsstiftend wirkt. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob Lieferungen bzw sonstige Leistungen durch Einsatz von Arbeitskräften gegenüber einer Vielzahl von Kunden selbst erbracht werden oder lediglich das entsprechende technische Equipment einem (einzigen) Dritten zur Verfügung gestellt wird, der diese Zurverfügungstellung mit einem fixen Honorar, gleich einem Mietentgelt, vergütet.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Mag. Bernhard Renner und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Susanne Haim, Mag. Peter Neumann sowie Leopold Pichlbauer in der Beschwerdesache XY-GmbH, vertreten durch KRW Braunau Steuerberatungsgesellschaft mbH, Berggasse 3, 5280 Braunau am Inn, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding, vertreten durch Peter Bernroider, vom und vom betreffend Körperschaftsteuer für 2013 und 2014 in der Sitzung am im Beisein der Schriftführerin Marija Schistek-Benischko nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

(1) Die beschwerdeführende GmbH (im Folgenden: Bf), deren Unternehmensgegenstand laut Firmenbuch "Handel mit Waren aller Art, sowohl Einzelhandel als auch Großhandel" ist, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Der Sitz der Bf befand sich zunächst in W. und wurde laut Firmenbucheintrag vom xx.2.2013 nach B. verlegt.

An der Bf bestanden bzw bestehen folgende Beteiligungsverhältnisse:

  • Dr. MH (EUR 315); SH (EUR 315); ABC_GmbH (EUR 34.370) - Funktionen gelöscht laut Firmenbucheintrag vom xx.5.2011

  • XY-Holding s.r.o (EUR 35.000) - Funktion gelöscht laut Firmenbucheintrag vom xx.2.2013

  • AB-GmbH (nunmehr XY-GmbH-Deutschland) - laut Firmenbucheintrag vom xx.2.2013.

Unternehmensrechtliche Geschäftsführer waren bzw sind Dr. MH, seit (Funktion gelöscht), Mag. (FH) BA, gemeinsam mit Dr. SR (Funktionen gelöscht) bzw. WS, der die Bf seit selbständig vertrat. Seit ist BS Geschäftsführerin.

Über das Vermögen der Bf wurde am der Konkurs eröffnet, welcher am mit rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes aufgehoben wurde. Seit fungierten eine Masseverwalterin und ihr Stellvertreter (Funktionen gelöscht laut Firmenbucheintrag vom xx.6.2012). Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen.

(2) Im Zuge einer Außenprüfung bei der Bf stellte der Prüfer laut (vorläufigem) "Schlussbesprechungsprogramm" Folgendes fest:

"Die Betriebsprüfung bei der Bf hatte den Zweck den Sachverhalt festzustellen, ob ein Mantelkauf gem. § 8 Abs. 4 Z 2 KStG vorliegt. Dabei wurde Folgendes festgestellt: Im Dezember 2010 wurde in W. die Bf gegründet. Das Geschäftsfeld dieser Firma war die Vermittlung von Geschäften zwischen Unternehmen und Kunden über eine Internetplattform. Das Zusammenführen von Unternehmen und Kunden wird als ,Deal' bezeichnet. Dabei wurden mit eigenem Betriebsvermögen (wie EDV Anlage, Website, Software, E-Mail-Adressen und BGA) Homepages in 12 Ländern betrieben und eine große Anzahl von Deals administriert, was zu einem Einsatz von 27 eigenen Mitarbeitern und zusätzlichem Fremdpersonal führte. Wesentliches wirtschaftliches Element war die Tätigkeit der Vermittlung von Deals über eine Internetplattform. Letztlich konnten aber die Erlöse die enormen Kosten dieses Engagements nicht decken und es kam zum Konkurs im Jahr 2012. Weiters entstand in der ,alten' Bf ein grundsätzlich vortragsfähiger steuerlicher Verlust von 1,4 Mio. Euro. Nach der Konkursabwicklung wurden vom Alleingesellschafter Bf 100% der Geschäftsanteile mittels Abtretungsvertrag veräußert. Es ergeben sich folgende Tatbestände hinsichtlich Mantelkauf.

Änderung der Gesellschafterstruktur

Mit Abtretungsvertrag vom wurden gegen Entgelt (Abtretungspreis € 115.000 und Übernahme der Quotenverbindlichkeiten von rund € 100.000) 100 % der Geschäftsanteile der Bf ... an den neuen Alleingesellschafter ... übertragen.

Änderung der organisatorischen Struktur

Alle Geschäftsführer wurden durch einen neuen, bei der bisherigen Gesellschaft nicht tätigen, Geschäftsführer ... ersetzt.

Änderung der wirtschaftlichen Struktur

Wesentliches wirtschaftliches Element war die Tätigkeit der Vermittlung von Deals über eine Internetplattform. Nach der Abtretung wurde diese Tätigkeit vollständig geändert, da die Vermittlung von Deals nicht mehr selbst durchgeführt wird. Die Internetplattform wird dem Alleingesellschafter ... gegen Entgelt zur Nutzung überlassen. Der Gesellschafter betreibt das Vermittlungsgeschäft in stark eingeschränkter Form. Für diese Nutzungsüberlassung erhält die Bf ein Entgelt bzw. Umsatzerlös von € 72.000 jährlich. Dies entspricht nur mehr 16,3 % der Erlöse vor der Abtretung als die Vermittlungsgeschäfte noch selber durchgeführt wurden (Erlös € 442.000). Die wirtschaftliche Struktur hat sich somit um mehr als 75 % geändert. Von der steuerlichen Vertretung wurde eingewendet, dass in Zukunft die Tätigkeit der Bf ausgeweitet wird. Dies ist aber aus heutiger Sicht für die Betriebsprüfung nicht überprüfbar und ändert auch nichts daran dass die Bf nach der Abtretung ihre Tätigkeit vollständig geändert hat.

Sanierung zum Zweck der Erhaltung der Arbeitsplätze

Es erfolgte zwar eine Sanierung (die Insolvenzquote leistete die Erwerberin) es wurden aber keine Arbeitsplätze erhalten. Vormals gab es 27 Beschäftigte, nunmehr ist der einzige Angestellte der Bf, der Geschäftsführer der dafür kein Entgelt erhält."

(3) Zu diesen Feststellungen gab die Bf am folgende Stellungnahme ab:

Änderung der Gesellschafterstruktur

Die Bf habe sich 2012 in einem Insolvenzverfahren befunden, im Zuge dessen die AB-GmbH 100% der Anteile an der Bf erworben habe. Die Übernahme sei Voraussetzung für die erfolgreiche Sanierung des Unternehmens gewesen.

Änderung der organisatorischen Struktur

Die Bf habe sich in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverantwortung befunden. Durch die Bestellung der Insolvenzverwalterin seien die bisherigen Geschäftsführer ihres Amtes enthoben worden. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens habe daher ein neuer Geschäftsführer bestellt werden müssen.

Änderung der wirtschaftlichen Struktur

Die Bf sei am errichtet worden. Die Altgesellschafter hätten die Bf mit rasantem Tempo aufgebaut und in 12 europäischen Ländern etabliert. Für den Aufbau ihres Geschäftsmodells, die Entwicklung der dazu notwendigen Software und den laufenden Betrieb habe die Bf zahlreiche Mitarbeiter benötigt. Rasch habe sich herausgestellt, dass die zu erwirtschaftenden Erträge weder dieses schnelle Wachstum noch den laufenden Betrieb finanzieren könnten. Die Unternehmensführung habe versucht durch Personalreduktion und Kosteneinsparungen das Unternehmen zu retten, sei jedoch gescheitert und Insolvenzantrag stellen müssen. Die Insolvenzverwalterin habe die verbliebenen Mitarbeiter gekündigt. Die Geschäftsführung der AB-GmbH sei auf die Bf aufmerksam geworden und habe deren Geschäftsmodell vom Grundsatz so interessant gefunden, dass sie sich entschlossen habe, die insolvente Bf zu übernehmen und mit erheblichen finanziellen Mitteln deren Sanierung zu ermöglichen. Entscheidend für den Kauf sei das entwickelte Geschäftsmodell, nicht jedoch die Weiterführung der bisherigen operativen Umsetzung gewesen. Die operative Umsetzung dieser an sich sehr guten Geschäftsidee sei so mangelhaft gewesen, dass die Bf innerhalb kürzester Zeit und trotz großer Investitionsanstrengungen der bisherigen Eigentümer Insolvenz habe anmelden müssen. Zur erfolgreichen Weiterführung des Unternehmens habe die teuer erkaufte Geschäftsidee auf andere Art und Weise umgesetzt werden müssen. Die Geschäftsführung habe sich daher für einen radikalen Konsolidierungskurs entscheiden müssen, um das Unternehmen auf gesicherter Basis weiter entwickeln zu können.

Sanierung zum Zweck der Erhaltung von Arbeitsplätzen

Es sei zweifelsfrei eine Sanierung erfolgt. Zum Zeitpunkt des Engagements der AB-GmbH sei kein einziger Mitarbeiter mehr beschäftigt gewesen. Die Mitarbeiterzahl sei bereits von der alten Geschäftsführung zwecks angestrebter Reorganisation stark reduziert worden, die noch verbliebenen Mitarbeiter seien durch die Insolvenzverwalterin gekündigt worden. Der Wechsel der Geschäftsführung habe sich zwangsläufig ergeben, da nach erfolgter Sanierung die bisher geschäftsführende Insolvenzverwalterin abberufen worden sei und die Bf mit funktionierenden Organen ausgestattet habe werden müssen.

Zusammenfassung

Das Geschäftsmodell der Bf habe darin bestanden, Gutscheine und Produkte über eine Flash-Sale-Plattform zu verkaufen und sei auch unter der neuen Führung beibehalten worden. Die Länder, in denen die Bf weiterhin aktiv sei, seien als erste Sofortmaßnahme auf zwei reduziert worden; zwischenzeitig sei die Bf wieder in vier Ländern tätig. Das Ziel, die Bf als europaweit agierendes Internetunternehmen unter Ausnutzung der von den Vorgängern geschaffenen Strukturen am Markt zu platzieren, werde unverändert verfolgt und der eingeschlagene Weg sei erfolgversprechend.

Die österreichische Gesellschaft sei weiterhin Lizenzgeberin für alle weltweiten Aktivitäten; ebenso bleibe Österreich der zentrale Standort für alle technologischen Einrichtungen. Bei strikter Einhaltung des eingeschlagenen Weges sei es möglich, wieder Gewinne zu erwirtschaften und die Bf mit eigenem Personal auszustatten. Dies sei für die nächste Zeit geplant. Die wesentlichsten Assets der Bf, nämlich Kundenadressen und Newsletter-Abonnenten, Software, Computer befänden sich nach wie vor im Betriebsvermögen der Bf und seien für die Erfüllung des Unternehmenszwecks notwendig. Die im Eigentum der Bf befindlichen Computer stünden wie schon vor der Insolvenz in einem Rechenzentrum und die diesbezüglichen alten Verträge würden unverändert weitergelten. Dies sei weiterer Beweis dafür, dass die wirtschaftlichen Strukturen weitergeführt würden.

Das von den Geschäftsführern der ursprünglichen Bf entwickelte Geschäftsmodell sei von der sanierten Bf übernommen worden. Die praktische Umsetzung des Geschäftsmodells habe die Bf trotz massiven Kapitaleinsatzes in die Insolvenz geführt. Es würde einen strafrechtlich zu ahndenden Kridatatbestand darstellen, so weiter zu machen, wie die Vorgänger aufgehört hätten. Tatsche sei, dass die wirtschaftliche Struktur der Bf weiter Bestand habe. Die Verfolgung des Unternehmenszweckes sei jedoch den Erfordernissen des Marktes und dem finanziell Leistbaren angepasst worden.

(4) Das erwähnte Schlussbesprechungsprogramm bildete unverändert die Tz 1 des Berichtes über die Außenprüfung vom bzw der Niederschrift über Schlussbesprechung vom selben Tag, ist jedoch mit einer Ergänzung dahingehend versehen dass die steuerliche Vertretung der Ansicht sei, dass die wirtschaftliche Tätigkeit nach der Abtretung gleich anzusehen sei, da die Tätigkeit vom Gesellschafter der Bf ... ausgeübt werde. Bei der Änderung der wirtschaftlichen Tätigkeit sei die 75%-Grenze nur bei der Änderung der Tätigkeit maßgebend, aber es liege keine andere Tätigkeit vor. Die Tätigkeit sei nach dem Konkurs mit null Arbeitskräften übernommen worden, daher könne nicht davon gesprochen werden, das die Bf 27 Arbeitnehmer gehabt hätte.

(5) Im Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom , der in der Begründung auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verweist, ist festgehalten, dass der geltend gemachte Verlustabzug iHv € 1,441.979,38 wegen Mantelkaufs nicht anerkannt wird.

(6) In der gegen diesen Bescheid nach mehrfach verlängerter Beschwerdefrist am eingebrachten Beschwerde führte die Bf aus:

Die Bf sei im Dezember 2010 mit dem Geschäftsfeld der Vermittlung von Geschäften zwischen Unternehmern und Kunden über eine Internetplattform gegründet worden. Die Abwicklung dieses Geschäftes sei über eigenes Betriebsvermögen, wie EDV-Anlage, Webseiten, Software und Mailadressen erfolgt. Weiters seien in 12 Ländern Homepages eingerichtet worden, um die große Anzahl von Deals administrieren zu können. Für den Aufbau der Homepages seien 27 eigene Mitarbeiter eingestellt und zusätzliches Fremdpersonal herangezogen worden. Aufgrund der hohen Anfangskosten und der nicht nach Plan verlaufenden Erlösen sei 2012 der Konkurs eröffnet worden. Bis zu diesem Zeitpunkt seien insgesamt vortragsfähige Verluste von 1,4 Mio EUR entstanden. Mit Konkurseröffnung seien die Aufgaben der Geschäftsführung vom Masseverwalter übernommen worden, der eine sofortige Kündigung der Mitarbeiter eingeleitet und einen Käufer gesucht habe. In der Konkursabwicklung seien vom Alleingesellschafter der Bf sodann 100% der Geschäftsanteile an den jetzigen Gesellschafter veräußert worden. Die neuen Gesellschafter führten das Geschäftsmodell in gleicher Form weiter.

Das Verlustvortragsrecht sei das Recht des Steuerpflichtigen, betriebliche Verluste der Vorjahre soweit als Sonderausgabe abzusetzen, als sie nicht durch Verrechnung mit Vorjahreseinkünften aufgebraucht worden seien. Hinsichtlich eines Mantelkaufes werde in den KStR auf eine gesamthafte wesentliche Änderung der Struktur der Körperschaft verwiesen, in der sämtliche Strukturänderungen kumulativ vorliegen müssten, dies aber in unterschiedlicher Ausprägung sein könne. Weiters sei unmaßgeblich, in welcher Reihenfolge die drei Strukturelemente wesentlich geändert würden. Änderungen innerhalb eines kurzen Zeitraums seien Indiz für einen Mantelkauf.

Änderung der Gesellschafterstruktur

Insoweit sei den Ausführungen der belangten Behörde vollinhaltlich zuzustimmen.

Änderung der organisatorischen Struktur

Erfolge die Ersetzung der bisherigen Geschäftsführung zur Gänze oder würde die überwiegende Mehrheit der Mitglieder in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive ersetzt, werde von einer Änderung der organisatorischen Struktur gesprochen.

Die Bf habe sich zum Zeitpunkt der Übernahme in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung befunden, in welchem die Insolvenzverwalterin die bisherigen Geschäftsführer ihres Amtes gemäß Gesetzeslage zu entheben gehabt habe und nach Abschluss dieses Verfahrens ein neuer Geschäftsführer habe bestellt werden müssen. Auch bei Nichtübertragung der Bf wäre es zu einem Wechsel der organisatorischen Struktur gekommen. Die Änderung in der bisherigen Geschäftsführung sei somit kein Ausfluss der Änderung in der Gesellschafterstruktur, sondern sei aufgrund des vorgelagerten Sanierungsverfahrens erfolgt und stehe in keinem Zusammenhang mit der Übernahme durch die neuen Gesellschafter. Wäre ein Sanierungsverfahren mit Eigenverantwortung erfolgt und damit die Geschäftsführung weiterhin im Amt, hätte eine Übernahme unter Beibehaltung der bisherigen Geschäftsführung erfolgen können. Dies habe im vorliegenden Fall nicht mehr in Betracht gezogen werden können. Die Änderung der organisatorischen Struktur sei somit nicht im Einflussbereich der neuen Gesellschafter erfolgt und sei somit nicht im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung in der Gesellschafterstruktur zu erblicken. Im Gesetzestext werde auf das Zusammentreffen aller drei Strukturelemente abgestellt, die hier aber nicht im zeitlichen Konnex stünden und daher eine Änderung der organisatorischen Struktur im Zusammenhang mit der Änderung der Gesellschafterstruktur nicht anzunehmen sei.

Änderung der wirtschaftlichen Struktur

Gehe die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit verloren, sei von einer Änderung der wirtschaftlichen Struktur zu sprechen. Es sei auf jenes Strukturmerkmal (Vermögen oder Tätigkeit) Gewicht zu legen, das identitätsstiftend sei. Die bloße Beendigung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit im Bereich des Folgeeigentümers sei insbesondere dann keine Veränderung, wenn keine neue Einheit geschaffen werde. Bei Verminderung der wirtschaftlichen Einheit liege nur dann eine wesentliche Veränderung vor, wenn eine neue Einheit geschaffen werde und gegenüber der bisherigen Einheit um mindestens 75% überwiege.

Die Bf sei am errichtet worden. Seitens der Altgesellschafter sei versucht worden, innerhalb eines kurzen Zeitraumes die Software für das Geschäftsmodell (Gutscheine und Produkte über eine Flash-Sale-Plattform zu verkaufen) zu entwickeln, in zwölf europäischen Ländern etabliert zu sein und eine große Adressendatei zu erhalten, um schnell einen Firmenwert aufzubauen und das Unternehmen sodann gewinnbringend an Investoren verkaufen zu können. Aufgrund des schnellen Wachstums habe schon vor Insolvenz der Altgesellschafter festgestellt werden müssen, dass die Fortführung des Unternehmens nur durch Kosteneinsparungen und drastische Personalreduzierung erfolgen könne. Diese Maßnahmen seien von den Altgesellschaftern eingeleitet worden. Neben der Bf habe es zum gleichen Zeitpunkt einen weiteren Konkurrenten gegeben, der später von Google aufgekauft worden sei. Nachdem nach erfolgloser langer Käufersuche kein Käufer gefunden worden sei, sei seitens der Altgesellschafter keine weitere Finanzierung zugesagt worden, was sodann zum Sanierungsverfahren geführt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die AB-GmbH ein kleiner Gläubiger der Bf gewesen.

Der identitätsstiftende Teil der Bf sei zu diesem Zeitpunkt durch folgende Elemente geprägt gewesen:

  • entwickelte Software

  • aufgebaute Infrastruktur beim EDV-Dienstleister

  • Adressdatei.

Seitens der belangten Behörde sei vor allem auf das Element der Tätigkeit abgestellt worden. Hiezu sei festzuhalten, dass das grundsätzlich identitätsstiftende Umsatzelement nicht das Umsatzgeschäft, das nur Ausfluss aus den oben angeführten Elementen sei, sondern vor allem die Software und der aufgebaute Adresssatz die Hauptelemente zum Zeitpunkt der Übernahme gewesen seien. Zusätzlich sei keine weitere neue Einheit von den Neugesellschaftern aufgebaut und parallel dazu etabliert worden.

Nach Übernahme durch den neuen Gesellschafter sei am Geschäftsmodell grundsätzlich nichts verändert worden. Die Infrastruktur hinsichtlich der Serverlandschaft sei weiterhin beim gleichen Anbieter fortgeführt worden. Das entwickelte Softwareprogramm sowie die Adressendatei seien weiterhin verwendet worden. Entscheidend für den Kauf sei das entwickelte Geschäftsmodell (Verkauf von Gutscheinen und Produkten über eine Flash-Sale-Plattform) gewesen, nicht aber die vorherige operative Umsetzung, die schon seitens der Altgesellschafter teilweise revidiert worden sei. Die Altgesellschafter hätten hiezu die Kostenstruktur vermindert und durch Reorganisation die Mitarbeiteranzahl stark reduziert. Der radikale Kurs der Kostensenkung sei seitens der neuen Geschäftsführung weiter fortgeführt worden, indem kurzfristig die Präsenz von zwölf auf zwei Länder reduziert worden sei, um damit das Unternehmen von einer gesicherten Basis aus weiterentwickeln und langfristig etablieren zu können. Zwischenzeitig sei das Unternehmen wieder in vier Ländern tätig.

Die in der Anfangsphase entstandenen steuerlichen Verluste beruhten vor allem auf der Entwicklung der Plattform und des Geschäftsmodells sowie auf dem Ausbau der Adressdatei. Zum Zeitpunkt der Übernahme durch die neue Gesellschafterin seien aufgrund des Sanierungsverfahrens keine Mitarbeiter mehr angestellt gewesen. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Kündigung der Mitarbeiter und Übernahme durch die Neugesellschafter sei nicht vorgelegen. Zusätzlich sei festzuhalten, dass die Mitarbeiter vor allem für die Erstellung der Software und des Geschäftsmodells in der Anfangsphase erforderlich gewesen seien und das Geschäftsmodell in Zukunft mit stark reduzierter Mannschaft bzw mit Fremdpersonal abgewickelt werden könne.

Das Geschäftsmodell sei weiterhin im Eigentum der Bf und werde derzeit in Lizenz durch die Muttergesellschaft weiter ausgebaut um in der Reorganisationsphase keine weiteren Kosten zu verursachen. Ebenso sei weiterhin Österreich der zentrale Standort für alle technologischen Entwicklungen und dem Aufbau der Adressdatei. Beim eingeschlagenen Reorganisationsweg würden in Zukunft auch aufgrund der Umstellung vom derzeitigen Fixum (Nutzungsüberlassung während der Reorganisation) auf Provisionsbasis Gewinne zu erwirtschaften sein und könne die Bf wieder mit eigenem Personal ausgestattet werden.

Die wirtschaftliche Einheit bestehe auch nach Übernahme der Geschäftsanteile, da die Hauptelemente des identitätsstiftenden Teils für die wirtschaftliche Einheit weiterhin in Form des Geschäftsmodells und der Internetplattform bei der Bf in Österreich vorhanden und damit eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur nicht zu erblicken sei.

Sanierung zum Zwecke der Erhaltung der Arbeitsplätze.

Zweifelsfrei sei eine Sanierung des Unternehmens erfolgt, indem das Geschäftsmodell weiter fortgeführt worden sei und die Quotenverbindlichkeiten zur Gänze bedient worden seien. Im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsanteile seien im Unternehmen keine Mitarbeiter beschäftigt gewesen; diese seien durch Reorganisation seitens der Altgesellschafter und durch Kündigung durch die Insolvenzverwalterin abgebaut worden. Eine Erhaltung der Arbeitsplätze zum Zeitpunkt der Übernahme sei somit nicht möglich gewesen. Ziel der neuen Gesellschafter sei, nach erfolgreicher Umsetzung der Reorganisation aus gesicherter Basis wieder Arbeitsplätze aufzubauen. Wie auch in KStR 2013, Rz 1002 festgehalten werde, sei eine Übernahme von konkreten Arbeitnehmern nicht erforderlich. Das Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teils der betrieblichen Arbeitsplätze setze einen vor den Strukturänderung existierenden Betrieb von Arbeitsplätzen voraus, welche vorher bei den Altgesellschaftern vorhanden gewesen seien. Im Gesetzestext sowie in den Ausführungen in den Richtlinien sei keine Zeitspanne für den Erhalt der Arbeitsplätze festgehalten. Daher sei ein gewisser Betrachtungszeitraum heranzuziehen, in welchem der Erhalt der Arbeitsplätze gewährleistet sein sollte. Auch bei der vorherigen Gesellschafterstruktur sei Fremdpersonal zur Abwicklung herangezogen worden. Die heutige Bf habe ebenfalls für die Abwicklung Fremdpersonal herangezogen, wobei der Aufbau der Gebiete sowie der Adressdatei durch Lizenzvergabe an die Muttergesellschaft erfolgt sei. Durch weitere Ausweitung der Gebiete sei eine Aufstockung von Personal in Österreich zur Abwicklung der Aktivitäten in naher Zukunft erforderlich und damit ein Erhalt von Arbeitsplätzen über einen gewissen Betrachtungszeitraum gegeben.

Bei den angeführten drei Strukturelementen sei immer auf das Gesamtbild abzustellen. Liege auch nur in einem Strukturelement keine wesentliche Veränderung vor, könne aufgrund der gesetzlichen kumulativen Notwendigkeit kein Mantelkauf unterstellt werden. Es sei zwar die Gesellschafterstruktur verändert worden, jedoch die organisatorische Struktur nur im Rahmen des Sanierungsverfahrens verändert worden, die aber in keinem Zusammenhang mit der Änderung der Gesellschafterstruktur stehe und daher nicht als Änderung der organisatorischen Struktur in Bezug auf den Mantelkauf gesehen werden könne und zusätzlich eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur ebenfalls nicht vorliege. Ein Mantelkauf könne nicht vorliegen, womit die Versagung des Verlustvortragsrechts nicht gerechtfertigt sei.

(7) Im Körperschaftsteuerbescheid für 2014 vom ist festgehalten, dass die belangte Behörde hinsichtlich der vortragsfähigen Verluste von der abgegebenen Erklärung abweiche.

(8) In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom begehrte die Bf die Berücksichtigung des in den Jahren 2010 und 2011 entstandenen Verlustabzugs und verwies zur Begründung auf die das Jahr 2013 betreffende Beschwerde.

(9) Die Beschwerden für beide Streitjahre wurden seitens der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

"Sachverhalt:

Im Dezember 2010 wurde in W. die Bf gegründet. Das Geschäftsfeld dieser Firma war die Vermittlung von Geschäften zwischen Unternehmen und Kunden über eine Internetplattform. Das Zusammenführen von Unternehmen und Kunden wird als ,Deal' bezeichnet. Dabei wurden mit eigenem Betriebsvermögen (wie EDV Anlage, Website, Software, E-Mail-Adressen und BGA) Homepages in 12 Ländern betrieben und eine große Anzahl von Deals administriert, was zu einem Einsatz von 27 eigenen Mitarbeitern und zusätzlichem Fremdpersonal führte. Wesentliches wirtschaftliches Element war die Tätigkeit der Vermittlung von Deals über eine Internetplattform. Letztlich konnten aber die Erlöse die enormen Kosten dieses Engagements nicht decken und es kam im Jahr 2012 zum Konkurs. Bis einschließlich 2012 entstand bzw. ergab sich ein grundsätzlich vortragsfähiger steuerlicher Verlust von 1.441.979,38 €. Nach der Konkursabwicklung wurden vom Alleingesellschafter ... sämtliche Geschäftsanteile mittels Abtretungsvertrag veräußert. Im Jahr 2015 fand bei oben angeführtem Unternehmen eine Außenprüfung gem. § 150 BAO statt, welche den Zeitraum 2012 - 2013 umfasste. Der Prüfer ging danach auf Grund eines Gesamtbildes vom Vorliegen eines Mantelkaufes gem. § 8 Abs. 4 Z 2c KStG 1988 aus und untersagte die Verlustvortragsfähigkeit der in den Jahren 2010 bis 2011 entstandenen Verluste.

Rechtliche Würdigung:

"Zum Mantelkauftatbestand wird in den Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 folgendes wiedergegeben (RZ 993 ff). Der Mantelkauftatbestand bewirkt den Untergang des Verlustvortragsrechtes bei einer gesamthaften wesentlichen Änderung der Strukturen der Körperschaft (organisatorisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich) auf entgeltlicher Grundlage innerhalb eines überschaubaren kurzen Zeitraumes bei unverändert zivilrechtlichem Weiterbestand. Der Regelung liegt eine Aufgabe der körperschaftsteuerrechtlichen Identität zugrunde. Im Gegensatz zur Bezeichnung setzt der Mantelkauftatbestand nicht die Vermögenslosigkeit der zu beurteilenden Körperschaft voraus. Sämtliche Strukturänderungen müssen zwar kumulativ vorliegen, können aber unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Die Vortragsfähigkeit von Vorjahresverlusten ist jedoch bei Vorliegen der Mantelkaufelemente nicht beeinträchtigt, wenn der Sanierungstatbestand des § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG 1988 oder Rationalisierungstatbestand des § 4 Z 2 UmgrStG beim aufnehmenden Unternehmen gegeben ist."

Von einer gesamthaften Strukturänderung ist jedenfalls auszugehen, wenn der Unternehmensgegenstand iZm der Veräußerung der Gesellschaftsanteile eine vollkommene Änderung erfährt und auch Name, Sitz und Geschäftsanschrift sowie Gesellschaftsorgane geändert werden. (KSt-Kommentar zu § 8 Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock).

Der Abtretungspreis der Geschäftsanteile betrug EUR 115.000; es lag somit Entgeltlichkeit vor. Neue Alleingesellschafterin ist ab die AB-GmbH .... Mit Eintragung ins Firmenbuch vom xx.01.2013 wurde der Konkurs aufgehoben. Im Zusammenhang mit dem GV-Beschlusses vom über die Fortsetzung der Gesellschaft wurde der Sitz und die Geschäftsanschrift ... geändert.

Die Strukturänderungen im Einzelnen:

1.Organisatorische Strukturänderung:

Nach Ansicht der Finanzverwaltung in RZ 995 KStR 2013 liegt eine Änderung der organisatorischen Struktur vor, wenn die Organwalter der Körperschaft in den Leitungs- und Verwaltungsfunktionen geändert werden. Eine wesentliche Änderung ist gegeben, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführung in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs sukzessive ersetzt werden. Dabei ist lediglich auf jene Personen abzustellen, die auch tatsächlich die Geschäfte führen.

Unter einer vollständigen bzw. weitgehenden Änderung der organisatorischen Struktur einer Körperschaft ist eine Änderung - dh ein Austausch - im Bereich der willensbildenden , dh Leitungs- und Verwaltungsorgane einer Körperschaft (zB Geschäftsführer) zu verstehen (KSt-Kommentar zu § 8 Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock).

Lt. dem GV-Beschluss vom - Seite 3 Pkt 1.) wurden die Liquidatoren (= bisherige Geschäftsführer ...) unter gleichzeitiger Erteilung der Entlastung von der Alleingesellschafterin ... abberufen. Der dritte Geschäftsführer ... schied bereits mit aus. Alle drei Geschäftsführer haben ihren Wohnsitz in W.. Unter dem gleichen Punkt beschloss die Alleingesellschafterin, Herrn WS, wohnhaft ...) mit sofortiger Wirkung () als neuen selbständig vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Bf zu bestellen. WS ist zugleich auch einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der ... Alleingesellschafterin - Seite zwei des GV Beschlusses. Zwischen der jetzigen Alleingesellschafterin und der Beschwerdeführerin besteht Geschäftsführeridentität (Herr WS) bzw. war der Geschäftsführerwechsel auch wegen der Sitzverlegung nach B. so beabsichtigt. Es besteht nach h.A. somit kein Zweifel mehr, dass der Geschäftsführerwechsel nicht auf Grund des vorgelagerten Sanierungsverfahrens erfolgte, sondern ausschließlich wegen der Verbundenheit der Alleingesellschafterin mit dem österreichischen Unternehmen. Es kam somit zu einer vollständigen Änderung der organisatorischen Struktur der Bf.

2.Wirtschaftliche Strukturänderung:

"Nach der Ansicht der Finanzverwaltung in RZ 996 KStR 2013 liegt eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit (bezogen auf sämtliche bisherigen Tätigkeitsbereiche) der Körperschaft verloren geht. Diese kann auch dann verloren gehen, wenn sich nur eines der genannten Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert. Bei Verminderung der wirtschaftlichen Einheit liegt dann eine wesentliche Änderung vor, wenn der Folgeeigentümer eine zusätzliche wirtschaftliche Einheit schafft und die neue Einheit gegenüber der bisherigen erheblich (um mindestens 75 %) überwiegt. Bei einer wirtschaftlichen Einheit, deren Identität vor allem durch ihre Tätigkeit geprägt ist (insbesondere Produktionsbetrieb), liegt in einem solchen Fall nur dann eine wesentliche Änderung vor, wenn die zusätzliche Einheit in einer anderen Branche geschaffen wird."

Nach (KSt-Kommentar zu § 8 Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock) muss sich die wirtschaftliche Struktur in wesentlichen Umfang ändern, um einen Mantelkauf annehmen zu können. Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur setzt grds einen Wechsel oder Erweiterung des Unternehmensgegenstandes voraus. Soweit sich der Unternehmensgegenstand nur teilweise ändert, kann von wesentlicher Änderung der wirtschaftlichen Struktur nur gesprochen werden, wenn sich Veränderungen im Bereich des Betriebsvermögens von zumindest 75 % ergeben.

Die Bf hat das ursprüngliche Geschäftsmodell (Verkauf von Gutscheinen und Produkte über eine Flash-Sale-Plattform) selbst verwirklicht. Dieses von der GmbH (alt) entwickelte Modell war das entscheidende Kriterium für den Kauf der Geschäftsanteile .... Durch diese Maßnahme kam es zu einer radikalen Reduzierung der Umsatzerlöse. Durch die Überlassung der Internetgeschäfte an die Erwerberin werden nur mehr Lizenzeinnahmen in Höhe von 72.000 Euro jährlich erzielt, was einem Abgang gegenüber 2012 von 83,70 % entspricht (Erlöse 2012: 441.994 € gegenüber jenen 2013 von 72.000 €). Wenn auch, wie in der Beschwerde argumentiert, das entwickelte Geschäftsmodell sich weiterhin im Eigentum der Bf befindet, so ist einerseits anzumerken, dass im Jahr 2012 eine außerordentliche Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsgutes E-Mail Adressen stattfand (165.585 €) und andererseits die Einnahmen auf die Lizenzzahlungen reduziert wurden. Nach Ansicht der Finanzverwaltung in RZ 998 KStR 2013 ist es notwendig, einen Zusammenhang zwischen dem Zustand der betrieblichen Sphäre bei Auftreten der Verluste und dem Zustand der betrieblichen Sphäre unmittelbar vor den Strukturänderungen herzustellen. Wirtschaftliche Vergleichbarkeit ist gegeben, solange die bedeutendsten betriebswirtschaftlichen Parameter (Umsatz, Anlagevermögen, Auftragsvolumen) der betrieblichen Sphäre nicht auf ein bloß unwesentliches Ausmaß (dh. 25% und weniger) abgesunken sind. Im Verhältnis zum Zustand der betrieblichen Sphäre vor den Strukturänderungen ist der Umsatz um 83,70% gesunken; das Auftragsvolumen reduzierte sich ebenfalls nicht unwesentlich (Präsenz nur mehr in zwei statt bisher zwölf europäischen Ländern bzw. nur mehr Lizenzeinnahmen). Das Anlagevermögen verringerte sich im Verhältnis vor den Strukturänderungen zum Bw zum um rd 63 %

Anschaffungskosten 2012: 682.917,27

Abschreibungen 2012 - 441.550,63

Außerplanmäßige Abschreibung E-Mai Adressen 165.585,36

Anschaffungskosten Sachanlagen 2012 121.918,98

Gesamt 528.870,98

Buchwert 195.356,00

Veränderung in % 36,93

Nach hiesiger Ansicht hat sich somit das Strukturmerkmal Tätigkeit wesentlich geändert (RZ 996 KStR 2013), sodass die daraus gebildete wirtschaftliche Einheit der Körperschaft verloren ging.

3. Änderung der Gesellschafterstruktur:

Hinsichtlich der Änderung der Gesellschafterstruktur wird in der Beschwerde den Ausführungen der Außenprüfung vollinhaltlich gefolgt.

Sanierung zum Zwecke der Erhaltung der Arbeitsplätze:

In der RZ 1002 KStR 2013 wird die Ansicht der Finanzverwaltung folgendermaßen wiedergegeben:

" … Das Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles der betrieblichen Arbeitsplätze setzt einen vor den Strukturänderungen existierenden Betreib mit Arbeitsplätzen voraus."

Im Kommentar zur Körperschaftsteuer (§ 8 Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock) wird folgendes ausgeführt:

"Von wirtschaftlicher Vergleichbarkeit wird so lange gesprochen werden können, als die bedeutsamsten betriebswirtschaftlichen Parameter der betrieblichen Sphäre nicht auf ein bloß unwesentliches Ausmaß (dh nur 25 % oder noch geringer) abgesunken sind. Als maßgebliche betriebswirtschaftliche Faktoren können in diesem Zusammenhang Umsatz, Anlagevermögen und Auftragsvolumen eingestuft werden. Ist diese wirtschaftliche Vergleichbarkeit nicht gegeben, kommt die Ausnahme vom Mantelkauf jedenfalls nicht zum Tragen (RZ 297/1 24. Lieferung- Stand November 2013)."

Dass sich die angeführten Parameter wesentliche reduzierten, wurde oben ausführlichst beschrieben.

Zusammenfassung:

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ergaben sich wesentliche Änderungen in der organisatorischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur der Körperschaft im Vergleich mit dem Entstehen der Verluste. Die Ausnahme des Mantelkaufes zu Sanierungszwecke liegt nach hiesiger Ansicht ebenfalls nicht vor.

Es ist somit der Mantelkauftatbestand des § 8 Abs. 4 Z 2c KStG 1988 verwirklicht; die Verlustvortragsfähigkeit für die in den Jahren 2010 - 2012 entstandenen Verluste ist nicht gegeben."

(10) Dagegen brachte die Bf ohne weitere Begründung einen Vorlageantrag ein.

(11) Die Umsatzerlöse der Bf betrugen im Jahr 2012 441.994,34 EUR; die Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände 428.844,59 EUR (davon außerplanmäßig 165.585,36 EUR).

Die Umsatzerlöse der Bf betrugen in den Jahren 2013, 2014 bz2 2015 jeweils 72.000 EUR. Die Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände betrugen 2013 und 2014 jeweils 49.157 EUR bzw 2015 die Abschreibungen auf immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens und Sacheinlagen 49.800,60 EUR.

(12) Im am 29.2.206 beim BFG eingegangenen Vorlagebericht verwies die belangte Behörde auf die "ausführliche Begründung" in den Beschwerdevorentscheidungen und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Eine Reaktion der Bf darauf ist nicht erfolgt.

(13) Seitens der belangten Behörde wurde dem BFG ein Aktenvermerk der Finanzpolizei, über eine Kontrolle bei der Bf wegen des "Verdachtes einer Briefkastenfirma" bzw einer "Scheinadresse in B." übermittelt. Demnach war im Außenbereich kein Firmenschild ersichtlich. Das Büro der Bf wurde im zweiten Stock vorgefunden, an der Tür war ein Schild mit der Aufschrift "Bf, ON" ersichtlich. Durch die Tür war erkennbar, dass lediglich ein Stuhl an der Wand stand und das Büro ansonsten leer war.

(14) In der mündlichen Verhandlung vom verwiesen die Parteien im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen. Sachverhaltsmäßig gab der steuerliche Vertreter ergänzend bekannt, dass die Bf im Herbst 2017 einen Letztverbrauchermarkt eröffnet habe, es sei dies eine Sparte, die "zusätzlich hinzugekommen ist". Das Büro, nicht jedoch der Sitz der Bf, sei in diesem Zusammenhang dorthin verlegt worden, weswegen es im Zeitpunkt der Nachschau der Finanzpolizei leer gewesen sei.

Der steuerliche Vertreter brachte weiters vor, es sei bei der Beurteilung der organisatorischen Struktur mitberücksichtigen, ob es zu einem tatsächlichen Geschäftsführerwechsel gekommen sei. Da die Masseverwalterin nach Abwicklung des Insolvenzverfahrens die Geschäftsführung nicht weiter ausgeführt habe, habe man jedenfalls einen neuen Geschäftsführer bestellen müssen. Der Geschäftsführerwechsel sei somit kein Ausfluss aus dem Verkauf. Bei der wirtschaftlichen Struktur dürfe man nicht lediglich Umsätze vergleichen, sondern müsse die gesamte Struktur dahingehend betrachten, ob es zu einer starken Veränderung gekommen sei. Die wichtigsten "Assets" gehörten noch immer der Bf. Den Gesellschaftern der Muttergesellschaft sei es nicht darum gegangen, "ein Unternehmen zu kaufen, das Verlustvorträge hat".

Der Vertreter der belangten Behörde verwies darauf, dass es sich beim Letztverbrauchermarkt um eine "neue wirtschaftliche Einheit handeln" dürfte.

In Bezug auf die organisatorische Änderung sei der Name ist geändert sowie der Sitz wie auch die Geschäftsanschrift verlegt worden. Das sind drei Merkmale. Die organisatorische Strukturänderung bestehe daher zu Recht. Diese organisatorische Strukturänderung besteht meiner Meinung nach zu Recht. Bei der wirtschaftlichen Strukturänderung bestehe eine Unterscheidung zwischen Tätigkeit und Vermögen. Es liege insoweit eine Änderung der wirtschaftlichen Einheit vor: zuerst war es ein operativer Betrieb und jetzt nur mehr ein Lizenzgeber.

Festgestellter Sachverhalt

(15) Die Bf wurde im Dezember 2010 mit Sitz in W. gegründet. Ihr Geschäftsfeld war die Vermittlung von Geschäften zwischen Unternehmen und Kunden über eine von ihr unterhaltene Internetplattform, was als "Deal" bezeichnet wird. Die Bf betrieb mit eigenem Betriebsvermögen (zB EDV-Anlage, Website, Software, E-Mail-Adressen, ec) Homepages in zwölf Ländern und administrierte eine große Anzahl derartiger Deals, was zum Einsatz von 27 eigenen Mitarbeitern und zusätzlichem Fremdpersonal führte. Bis einschließlich 2012 entstand ein auf Grund ordnungsgemäßer Buchführung grundsätzlich vortragsfähiger steuerlicher Verlust von 1.441.979,38 €.

Die Erlöse aus den Deals konnten die hohen Kosten dieses Engagements nicht decken und es kam im Jahr 2012 zum Konkurs und damit verbunden zur Abberufung der bisherigen Geschäftsführer und zur Kündigung der verbliebenen Arbeitnehmer seitens der Masseverwalterin.

Nach der Konkursabwicklung wurden vom damaligen Alleingesellschafter sämtliche Geschäftsanteile mittels Abtretungsvertrag an den nunmehrigen Alleingesellschafter, der im Insolvenzverfahren einer der Gläubiger der Bf war, veräußert und der Sitz wie auch die Geschäftsanschrift der Gesellschaft nach B. verlegt. Ein aktives Tätigwerden an der Sitzadresse war nicht feststellbar. Zum neuen Geschäftsführer wurde jene Person bestellt, die diese Funktion auch alleinverantwortlich bei der in Deutschland situierten Muttergesellschaft ausübt. Die Geschäftstätigkeit der Bf wurde nach der Anteilsabtretung insofern umgestellt, als das bisher ausgeübte Internetgeschäfte ("Deals") ausschließlich der Muttergesellschaft überlassen wurde, welche dieses zunächst in zwei, in der Folge in vier Ländern ausübte und an die Bf hiefür umsatzunabhängige Lizenzeinnahmen iHv 72.000 Euro jährlich leistet, was im ersten Jahr des Beschwerdezeitraums einem Rückgang der Erlöse gegenüber zB 2012 von 83,70 % entspricht. Die für die Abwicklung des Internetgeschäfts erforderlichen Wirtschaftsgüter befinden sich weiterhin im Eigentum bzw Betriebsvermögen der Bf. Im Jahr 2012 fand eine außerordentliche Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsgutes E-Mail-Adressen iHv 165.585 EUR statt.

Seit Herbst 2017 unterhält die Bf überdies einen Letztverbrauchermarkt.

Als Ergebnis einer Außenprüfung ging der Prüfer auf Grund eines Gesamtbildes vom Vorliegen eines Mantelkaufes gemäß § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG 1988 aus und untersagte die Verlustvortragsfähigkeit der in den Jahren 2010 bis 2011 entstandenen Verluste.

Beweiswürdigung

(16) Der Sachverhalt ist, wie insbesondere die diesbezüglichen, im Wesentlichen übereinstimmenden, Ausführungen in der Beschwerde bzw der Beschwerdevorentscheidung dokumentieren, dem Grunde nach unstrittig. Die unterschiedliche Interpretation der Parteien ist lediglich Ausdruck unterschiedlicher Rechtsansichten bzgl der Tatbestandsmerkmale des Verlustabzugs bzw Mantelkaufes.

Der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt gründet sich daher auf die im Akt des Verwaltungsgerichts aufliegenden Unterlagen, insbesondere die Feststellungen der Außenprüfung, den Ausführungen der Bf in der Rechtsmittelschrift bzw jenen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung sowie den in der mündlichen Verhandlung getätigten Ausführungen der Streitparteien.

Rechtslage

(17) Gemäß § 18 Abs 6 EStG sind als Sonderausgaben Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung oder bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs 3 EStG ermitteln, durch ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.

(18) Gemäß § 8 Abs 4 Z 2 lit a und b KStG 1988 ist der Verlustabzug iSd § 18 Abs 6 EStG 1988 als Sonderausgabe abzugsfähig. Gemäß § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG 1988 steht der Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). Diese Versagung des Verlustabzugs gilt dann nicht, wenn diese Änderungen zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen.

Erwägungen

(19) Mantelkauf ist der Erwerb der Anteile an einer nicht (mehr) wirtschaftlich tätigen und/oder vermögenslosen Gesellschaft ("Mantel- oder Vorratsgesellschaften"; vgl Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht [2007], 11; Peyerl, Die Verlagerung von Einkünften [2015], 566), sodass bildlich gesprochen nur (noch) ein - funktionsloser - "Gesellschaftsmantel" vorliegt (vgl zB ). Eine derartige Gesellschaft wird daher auch als "leere Hülse" ( und , RV/0377-W/12, Lassacher, Auswirkungen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf den Mantelkauf, SWK 18/2016, 840), "abwicklungsreife vermögensloseKapitalgesellschaft" (Kampitsch/Petritz, Mantelkauf: Bedeutung des "wirtschaftlichen/faktischen Geschäftsführers" nach dem Salzburger Steuerdialog, ZUS 2012/49, 162) bzw "Kapitalgesellschaft, deren Unternehmen praktisch nicht mehr betrieben wird" (O. Mayr, Verlustvortrag bei Änderung der Firma und des Betriebsgegenstandes einer GmbH, ÖStZ 1978, 138) bezeichnet.

Der Begriff "Mantelkauf" wird im KStG als Sammelbezeichnung verwendet, dessen Anwendungsbereich über den "klassischen" Mantelkauf iSd Erwerbs (nahezu) sämtlicher Gesellschaftsanteile einer abwicklungsreifen Gesellschaft hinausgeht (vgl Wiesner, Die Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter im neuen Körperschaftsteuerrecht - Prinzipielle Gleichbehandlung der einkommensteuerpflichtigen Unternehmung gegenüber der körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft, SWK 29/1988, A I 233).

Ansatzpunkt für die gesetzliche Umschreibung des Mantelkaufes ist der Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft. Der durch die Rechtsfolge des Unterganges des Verlustvortragsrechtes geprägte Mantelkaufstatbestand liegt diesbezüglich beim kumulativen Auftreten einer gesamthaften wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturen der Körperschaft sowie auf Gesellschafterebene innerhalb eines überschaubar kurzen Zeitraumes vor, sofern nicht bestimmte Ausnahmetatbestände, wie etwa die Erhaltung von Arbeitsplätzen, vorliegen (Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock, KStG27 [2015] § 8 Tz 257/2 mwN). Eine gesamthafte Strukturänderung liegt jedenfalls vor, wenn der Unternehmensgegenstand iZm der Veräußerung der Gesellschaftsanteile eine vollkommene Änderung erfährt und auch Name, Sitz und Geschäftsanschrift sowie Gesellschaftsorgane geändert werden (). Festzuhalten ist vorweg, dass im gegenständlichen Fall jedenfalls Sitz (Verlegung von W. nach B.), damit auch die Geschäftsanschrift sowie die Gesellschaftsorgane geändert worden sind, wobei hinsichtlich letzteren Tatbestandes allerdings die daraus resultierenden Rechtsfolgen strittig sind.

Zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des Mantelkaufs wird seitens des Bundesfinanzgerichts festgehalten:

Zur Änderung der Gesellschafterstruktur

(20) Im gegenständlichen Fall ist die ein Tatbestandsmerkmal des Mantelkaufs repräsentierende wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur infolge Wechsels des Alleingesellschafters zwischen den beiden Parteien unstrittig und bedarf daher nach Ansicht des erkennenden Senates grundsätzlich keiner näheren Ausführungen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang allenfalls der Umstand, dass es sich beim nunmehrigen Geschäftsführer der Bf wie auch deren Alleingesellschafterin um ein und dieselbe Person handelt, was jedenfalls einen faktischen Einfluss der Alleneingesellschafterin auf die Bf nahelegt.

Zur Änderung der organisatorischen Struktur:

(21) Eine (vollständige bzw weitgehende) Änderung der organisatorischen Struktur einer Körperschaft liegt bei einer Änderung - dh einem Austausch - im Bereich der willensbildenden Organe, dh Leitungs- und Verwaltungsorgane einer Körperschaft (zB gesetzliche Vertreter wie Geschäftsführer oder Vorstand bzw Aufsichtsrat) vor. Ein Austausch von Gesellschaftsorganen in einem Umfang, der eine Änderung der Willensbildung im Ausmaß von 75 % darstellt, ist jedenfalls als wesentliche Änderung zu werten (Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock, KStG27 [2015] § 8 Tz 285 f mwN). Bei der Beurteilung ist lediglich auf jene Personen abzustellen, die auch tatsächlich die Geschäfte führen ( unter Hinweis auf die Verwaltungspraxis). Im gegenständlichen Fall haben sich allerdings keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die faktische Geschäftsführung nicht auch in den Händen der bestellten Organe läge.

(22) Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile ein neuer Geschäftsführer bestellt worden, der offenbar auch tatsächlich die Geschäfte führt. Laut Generalversammlungsbeschluss vom wurden die beiden Liquidatoren als bisherige Geschäftsführer unter gleichzeitiger Erteilung der Entlastung von der neuen Alleingesellschafterin abberufen. Der dritte Geschäftsführer schied bereits mit aus.

Die Bf verweist in diesem Zusammenhang in der Beschwerde darauf, dass es infolge der insolvenzrechtlichen Bestimmungen auch bei Nichtübertragung der Gesellschaft zu einem Wechsel der organisatorischen Struktur gekommen wäre, weswegen die Änderung der bisherigen Geschäftsführung kein Ausfluss aus der Änderung der Gesellschafterstruktur sei und in keinem Zusammenhang mit der Übernahme durch die neuen Gesellschafter stehe.

Dem hat die belangte Behörde - seitens der Bf unwidersprochen - entgegnet, dass der nunmehrige Geschäftsführer zugleich auch einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Alleingesellschafterin (Muttergesellschafterin) sei und zwischen der jetzigen Alleingesellschafterin und der Bf somit Geschäftsführeridentität bestehe bzw ein Geschäftsführerwechsel auch wegen der Sitzverlegung so beabsichtigt gewesen sei. Es bestehe somit aus Sicht der belangten Behörde "kein Zweifel", dass der Geschäftsführerwechsel nicht (gesetzlich zwingend) auf Grund des vorgelagerten Sanierungsverfahrens, sondern ausschließlich wegen der Verbundenheit der Alleingesellschafterin mit dem österreichischen Unternehmen (Bf) erfolgt sei.

(23) Der diesbezüglichen Ansicht der belangten Behörde schließt sich auch der erkennende Senat jedenfalls dahingehend an, dass auch seiner Ansicht nach die Bestellung der konkreten Person des Geschäftsführers in keinem Zusammenhang mit dem Sanierungsverfahren steht, sondern - aus wirtschaftlicher Sicht durchaus nachvollziehbar - ausschließlich deshalb erfolgte, weil diese auch bereits diese Funktion bei der Muttergesellschaft ausübte und somit Synergieeffekte etc genützt werden können. Davon abgesehen knüpft die gesetzliche Bestimmung die Folge einer Änderung der organisatorischen Struktur ausschließlich an den objektiven Umstand des Austauschs der Geschäftsführung an, misst aber den hiefür maßgeblichen Gründen (zB Insolvenz) keine Bedeutung bei. Dass im Zusammenhang mit den Tatbestandsmerkmalen des Mantelkaufs rein formale Aspekte entscheidend sind, hat der VwGH mit Erkenntnis vom , Ro 2015/13/0007 im Zusammenhang mit der Änderung der Gesellschafterstruktur bestätigt und dabei dem Umstand, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise infolge Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft weiterhin mittelbare Gesellschafteridentität besteht, keine Beachtung geschenkt. Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls, wie bereits erwähnt, ein vollständiger Wechsel der Leitungsorgane der Bf eingetreten.

Somit ist nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls auch dieses Tatbestandsmerkmal eines Mantelkaufs erfüllt.

Zur Änderung der wirtschaftlichen Struktur:

(24) Das Tatbestandselement der Änderung der wirtschaftlichen Struktur betrifft die faktische wirtschaftliche Tätigkeit einer Körperschaft. Darunter ist der tatsächlich verfolgte Unternehmenszweck und nicht der davon allenfalls abweichende satzungsmäßige Unternehmensgegenstand zu verstehen ().

Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit (bezogen auf sämtliche bisherigen Tätigkeitsbereiche) der Körperschaft verloren geht. Diese Änderung kann auch dann eintreten, wenn sich nur eines der genannten Strukturmerkmale (Vermögen oder Tätigkeit) wesentlich ändert. Besonderes Gewicht ist dabei auf jenes Strukturmerkmal zu legen, das diesbezüglich identitätsstiftend wirkt.

Bei einer Änderung des Unternehmensgegenstandes muss sich dieser, um Mantelkauf annehmen zu können, in wesentlichem Umfang in Form eines Wechsel oder einer Erweiterung des Unternehmensgegenstandes ändern.

(25) Die Bf argumentiert zusammengefasst, dass im gegenständlichen Fall der identitätsstiftende Teil des Strukturmerkmals im Betriebsvermögen, namentlich Software, Infrastruktur beim EDV-Dienstleister und Adressdatei und nicht im Umsatzgeschäft bestanden habe und diese Wirtschaftsgüter nach wie vor unverändert vorhanden seien.

Den Wechsel des Unternehmensgegenstandes hat die belangte Behörde insbesondere in der Beschwerdevorentscheidung zusammengefasst damit begründet, dass die Bf in ihrem bisherigen Geschäftsfeld nicht mehr tätig ist, sondern dieses der Muttergesellschaft überlassen hat und hiefür nur mehr (betragsmäßig fixe), im Vergleich zu den bisherigen Umsätzen exorbitant niedrige, Lizenzeinnahmen erhält. Dem - an sich zutreffenden - Vorbringen der Bf, dass sich das bisherige Geschäftsmodell bzw die diesbezüglich erforderlichen Wirtschaftsgüter weiterhin im Eigentum der Bf befinde, hielt die belangte Behörde weiters entgegen, dass insoweit eine außerordentliche Abschreibung (betreffend Mail-Adressen) stattgefunden habe und überdies aus dem Einsatz dieses Vermögens nur mehr Lizenzeinnahmen erzielt würden. Diesem Vorbringen hat die Bf nichts Wesentliches mehr entgegengesetzt.

(26) Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht der belangten Behörde an. Es ist auch seiner Ansicht nach ein erheblicher Unterschied, ob, wie dies bei der Bf früher der Fall war, Lieferungen bzw sonstige Leistungen durch Einsatz von Arbeitskräften - hier mittels Vermittlung von Kaufabschlüssen im Internet - gegenüber einer Vielzahl von Kunden selbst erbracht werden, oder lediglich, wie dies bei der Bf nunmehr der Fall ist, das entsprechende technische Equipment einem (einzigen) Dritten zur Verfügung gestellt wird, der diese Zurverfügungstellung mit einem fixen Honorar, gleich einem Mietentgelt, vergütet. Daran vermag der von der Bf vorgebrachte Umstand, es würde weiterhin dasselbe Betriebsvermögen hiefür eingesetzt, nichts zu ändern, zumal ja nunmehr der effektive Einsatz dieses Betriebsvermögens zur Erzielung von Verkaufsabschlüssen nicht mehr seitens der Bf erfolgt. Insofern kann daher das Betriebsvermögen nicht als (überwiegend) identitätsstiftend beurteilt werden.

(27) Keiner Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass die Bf zwischenzeitig einen Letztverbrauchermarkt eröffnet hat, selbst wenn in diesem tatsächlich auch solche Waren verkauft werden sollten, hinsichtlich derer früher von der Bf selbst bzw nunmehr von der Muttergesellschaft Kaufabschlüsse vermittelt werden. Es handelt sich bei diesem Geschäft um die Schaffung einer weiteren wirtschaftlichen Einheit, die mit der bisherigen Geschäftstätigkeit in keinerlei Zusammenhang steht und die sich überdies auch von der früheren Tätigkeit der Bf vor den Strukturänderungen wesentlich unterscheidet.

Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze

(28) Die Änderungen der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur erfolgten letztlich auch nicht zum Zwecke der Sanierung der Bw mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze. Dies setzt nämlich voraus, dass im Rahmen der betrieblichen Struktur noch Arbeitskräfte beschäftigt sein, wobei eine bloß kurzfristige Weiterbeschäftigung (etwa zur Abarbeitung weniger Restaufträge oder Stilllegung des Betriebs) nicht ausreichend ist (Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock, KStG27 [2015] § 8 Tz 295 mwN).

Im Zusammenhang mit der Insolvenz der Bf wurden jedoch sämtliche Dienstverhältnisse gelöst, zu einer Neubegründung dieser Arbeitsplätze ist es nach erfolgter Sanierung, dh Beendigung des Insolvenzverfahrens, nicht gekommen; darüber hinaus wurde die Anzahl der Arbeitsplätze erheblich reduziert.

(29) Infolge kumulativen Vorliegens aller gesetzlichen Voraussetzungen war somit vom Vorliegen eines Mantelkaufs auszugehen und waren daher die Beschwerden abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

(30) Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

(31) Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage aufgeworfen, der iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Primär war nämlich jene Frage von Relevanz, ob sachverhaltsmäßig die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Mantelkaufes vorlagen, was insbesondere hinsichtlich der hiefür erforderlichen Änderung der wirtschaftlichen Struktur strittig war. Aus dem festgestellten, unstrittigen, Sachverhalt ergab sich, dass eine Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen Struktur vor und nach der Veräußerung der Anteile der Bf nicht vorlag und somit die Voraussetzungen für einen Mantelkauf vorlagen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Marschner/Renner in SWK 17/2018, 778
Knesl/Knesl in BFGjournal 2022, 80
ECLI
ECLI:AT:BFG:2018:RV.5100319.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at