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Richtlinie des BMF vom 27.10.2022, 2022-0.764.613
5. Realteilungen (Art. V UmgrStG)
5.1. Begriff und Anwendungsvoraussetzungen (§ 27 UmgrStG)

. Erfordernis einer Gegenleistung

.1. Allgemeines

1564Die Realteilung ist ungeachtet der gesellschaftsrechtlichen Verankerung ein tauschartiger Vorgang, der sich ertragsteuerlich von einem rechtsgeschäftlichen Veräußerungsvorgang insofern unterscheidet, als der ausscheidende Mitunternehmer nicht mit Geld und/oder anderen Wirtschaftsgütern der Mitunternehmerschaft abgefunden wird, sondern als Gegenleistung für die Aufgabe oder Verminderung seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft von der Mitunternehmerschaft eine betriebliche Einheit erhält.

Wirtschaftlich bedeutet dies im Fall der Abteilung eine (Teil)Abschichtung und im Fall der Aufteilung eine Verteilung des "Liquidationsvermögens". Durch die Verankerung in Art. V UmgrStG ist diesen Realisierungsfällen die sofortige Ertragsteuerwirksamkeit genommen. Erfordernis für eine steuerneutrale Realteilung ist idR die Feststellung des Verkehrs- und Buchwertes der Mitunternehmerschaft und des zu übertragenden Vermögens (ausgenommen die Verkehrwertfeststellung bei der verhältniswahrenden Abteilung im Sinne der Rz 1524).

Das Ausscheiden eines substanzbeteiligten Mitunternehmers aus einer Mitunternehmerschaft unter Verzicht auf eine Abfindung stellt keinen Vorgang gemäß Art. V UmgrStG dar, sondern ist idR eine unentgeltliche Mitunternehmeranteilsübertragung an die verbleibenden Mitunternehmer. Zur Behandlung der Übertragung eines Mitunternehmeranteils mit einem negativen Kapitalkonto siehe EStR 2000 Rz 5987 f.

.2. Verzicht auf Gesellschafterrechte (Ausscheiden)

1565Die Übertragung des Vermögens auf den oder die Mitunternehmer setzt nach § 27 Abs. 1 UmgrStG untergehende Gesellschafterrechte voraus. Unter "untergehende Gesellschafterrechte" fällt

  • der mit dem Ausscheiden verbundene vollständige Verzicht auf die Gesellschafterstellung.

  • eine mit einem Teilausscheiden verbundene Verminderung der Gesellschafterstellung.

  • die Abstockung des starren Kapitalkontos des einzigen vermögensbeteiligten Kommanditisten ungeachtet der weiterhin vorliegenden 100-prozentigen Substanzbeteiligung, weil auf gesellschaftsvertraglicher Ebene der Gesellschafter seine Gesellschafterrechte teilweise aufgibt.

Obwohl im Gegensatz zu § 23 Abs. 1 UmgrStG das Ausschließlichkeitsgebot nicht erwähnt wird, ist aus der Begriffsbestimmung des § 27 Abs. 1 UmgrStG abzuleiten, dass der gesellschaftsrechtliche Tausch in der - abgesehen von zulässigen Ausgleichszahlungen - ausschließlichen Übernahme von Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 2 oder 3 UmgrStG (Teilungsmasse) gegen anteilige oder volle Aufgabe der Gesellschafterrechte besteht. Die Übernahme von Vermögen der Mitunternehmerschaft, das nicht vom § 27 Abs. 2 oder 3 UmgrStG erfasst wird, fällt nicht unter den "gesellschaftsrechtlichen" Begriff der Realteilung, sondern unter den "rechtsgeschäftlichen" Begriff der Anteilsveräußerung. Geldzahlungen sind lediglich im Rahmen der Ausgleichszahlungen gemäß § 29 Abs. 2 UmgrStG (Rz 1528 ff) umgründungsteuerrechtlich unbedenklich.

Die Rückwirkung wirkt sich auf alle und nicht nur auf die bei einer Abteilung ausscheidenden Mitunternehmer aus.

.3. Verminderung der Gesellschafterrechte

1566Nach allgemeinem Einkommensteuerrecht führt die entgeltliche Aufgabe eines Teiles der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft zur Veräußerungsgewinnbesteuerung im Sinne des § 24 EStG 1988 auf den vereinbarten Auflösungsstichtag. Sollte der Abfindungsanspruch durch die Herausgabe eines Wirtschaftsgutes der Mitunternehmerschaft befriedigt werden, liegt darin neben dem Veräußerungs- ein Entnahmetatbestand, der für die verbleibenden Mitunternehmer idR insoweit zum Aufdecken ihrer steuerhängigen stillen Reserven führt (Sachabfindung, EStR 2000 Rz 5975).

1567Im Falle der Einbettung des Veränderungstatbestandes in eine Realteilung im Sinne des Art. V UmgrStG unterbleibt die Veräußerungsgewinn(Entnahme)besteuerung. Liegt eine Abteilung dergestalt vor, als ein Mitunternehmer mit einem Teilbetrieb bzw. Mitunternehmeranteil der Mitunternehmerschaft und daher mit Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 2 UmgrStG gegen Aufgabe seiner Beteiligung abgefunden wird und die Mitunternehmerschaft nach der Abteilung Vermögen im Sinne des § 27 UmgrStG behält, ist eine der Anwendungsvoraussetzungen für Art. V UmgrStG gegeben.

1568Die gesellschaftsvertragliche Veränderung der Beteiligungsverhältnisse in einer Mitunternehmerschaft bei gleich bleibender Mitunternehmerzahl ist dem Grunde nach ein Realteilungstatbestand, wenn die Anwendungsvoraussetzungen des § 27 UmgrStG erfüllt sind. Beschließen die Mitunternehmer eine "Kapitalherabsetzung" dahin gehend, dass die Beteiligungen (verkörpert durch die starren Kapitalkonten) gleichmäßig herabgesetzt werden und der Herabsetzungsbetrag entnommen wird, ergibt sich vor und nach diesem Vorgang keine Änderung der Beteiligungsverhältnisse. Eine Realteilung im Sinne des Art. V UmgrStG liegt nicht vor, da die Mitunternehmer für den anteiligen Anteilsverzicht kein begünstigtes Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 2 UmgrStG erhalten; es kann darin aber auch keine verunglückte, unter § 24 Abs. 7 EStG 1988 fallende Realteilung erblickt werden, da sich gesamthaft keine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse und der Steuerlastverhältnisse ergibt. Sollte die gleichmäßige Herabsetzung der starren Kapitalkonten gegen Übertragung eines Wirtschaftsgutes der Mitunternehmerschaft erfolgen, ohne eine Steuerlastverschiebung zu bewirken, liegt für alle Mitunternehmer nur insoweit ein Entnahmetatbestand im Sinne des § 6 Z 4 EStG 1988 vor.

. Erfordernis eines übernehmenden Mitunternehmers

1569Übernehmende und damit Nachfolgeunternehmer im Sinne des § 30 UmgrStG können nur Mitunternehmer der übertragenden Mitunternehmerschaft sein.

.1. Inländischer übernehmender Mitunternehmer

1570Bei der Aufteilung (Liquidationsteilung) müssen alle Mitunternehmer Übernehmende sein und Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 2 UmgrStG erhalten. Dabei ist es gleichgültig, ob eine verhältniswahrende oder eine nicht verhältniswahrende (entflechtende) Aufteilung erfolgt.

Bei der Abteilung (Übertragungsteilung) muss der (müssen die) ganz oder zum Teil ausscheidende(n) Mitunternehmer Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 2 UmgrStG erhalten und der bestehen bleibenden Personengesellschaft Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 2 UmgrStG verbleiben.

.2. Ausländischer Mitunternehmer

1571Art. V UmgrStG ist auch auf ausländische Realteilungen anzuwenden, wenn sich ein Inlandsbezug insofern ergibt, als ausländische Gesellschafter mit inländischem Vermögen im Sinne des § 27 Abs. 2 UmgrStG abgefunden werden, sodass sich realteilungsbedingt beim inländischen Vermögen ein Eigentümerwechsel ergibt.

5.2. Teilungsvorgang (§ 28 UmgrStG)

1572Zum Teilungsvorgang verweist § 28 UmgrStG hinsichtlich des Teilungsstichtages, der zu teilenden Personengesellschaft und der zum Zweck der Darstellung des Vermögens erstellten Teilungsbilanz auf die Bestimmungen der §§ 13 bis 15 UmgrStG.

5.2.1. Zurechnung des Vermögens bis zum Teilungsstichtag

1573Das am Tag des Abschlusses des Teilungsvertrages vorhandene zu übertragende Vermögen (Teilungsmasse) muss schon am Teilungsstichtag

  • sowohl der übertragenden Mitunternehmerschaft

  • als auch jedem Mitunternehmer (in Erbfällen seinem Rechtsvorgänger)

zuzurechnen gewesen sein (siehe Rz 1544), sonst verschiebt sich steuerlich der festgelegte Teilungsstichtag nach § 13 Abs. 2 UmgrStG auf den Tag des tatsächlichen Vermögensüberganges (Abschluss des Teilungsvertrages).

Beispiel 1:

Die ABC-OG erwirbt am einen 25-prozentigen Mitunternehmeranteil. Die Abfindung des rückwirkend zum ausscheidenden C mit dem Mitunternehmeranteil ist frühestens zum als Realteilungsfall möglich. Sollte C laut Teilungsvertrag vom mit einem am bestehenden Teilbetrieb samt dem am erworbenen Mitunternehmeranteil abgefunden werden, könnte auch in diesem Fall der Mitunternehmeranteil nicht Gegenstand der Realteilung zum werden, da er stets als begünstigtes Vermögen anzusehen ist. Als Ersatzstichtag kommt der in Betracht, wenn alle Voraussetzungen des § 27 UmgrStG innerhalb der mit beginnenden Neunmonatsfrist erfüllt werden.

Art. V UmgrStG kann diesfalls aber nur zur Anwendung kommen, wenn die Anwendungsvoraussetzungen des § 27 UmgrStG auf diesen Stichtag (fristgerecht) geschaffen werden.

Beispiel 2:

Die ABC-OG unterhält seit Jahren drei Teilbetriebe. Sie soll mit Vertrag vom zum aufgeteilt werden. Mitunternehmer B hat zum seinen Anteil seinem Sohn D unentgeltlich übertragen. Die Aufteilung ist frühestens zum möglich. Wird die ABC-OG vertragsgemäß dennoch zum aufgeteilt, bleibt Art. V UmgrStG dann anwendbar, wenn die Sanierungsmöglichkeit des § 13 Abs. 2 UmgrStG wahrgenommen wird, dh. die Realteilung rechtzeitig zum neu organisiert wird.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
VAG 2016, Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, BGBl. I Nr. 34/2015
AktG, Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98/1965
GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
UmwG, Umwandlungsgesetz, BGBl. Nr. 304/1996
BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
IPRG, IPR-Gesetz, BGBl. Nr. 304/1978
GenVG, Genossenschaftsverschmelzungsgesetz, BGBl. Nr. 223/1980
GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955
KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
SpG, Sparkassengesetz, BGBl. Nr. 64/1979
VO 2157/2001, ABl. Nr. L 294 vom S. 1
§ 27 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 28 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 29 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 30 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 31 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 13 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 14 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 15 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 24 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise:
SpaltG, Spaltungsgesetz, BGBl. Nr. 304/1996
UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 1524
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 5975
UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 1544
§ 27 Abs. 1 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 23 Abs. 1 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 27 Abs. 2 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 27 Abs. 3 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 29 Abs. 2 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 24 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 5987 f
UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 1528 ff
§ 13 Abs. 2 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
Schlagworte:
Auslegungsbehelf - Verschmelzung - Umwandlung - Einbringung - Zusammenschluss - Realteilung - Spaltung - Fusion - merger - Gegenleistung - (Teil)Abschichtung - Abschichtung - Liquidationsvermögen - Gesellschafterstellung - Ausschließlichkeitsgebot - Gesellschafterrechte - Anteilsverzicht - begünstigtes Vermögen - Beteiligungsverhältnisse - Liquidationsteilung - Abteilung - Teilungsvorgang - Teilungsvorgänge - Teilungsstichtag
Stammfassung:
06 8603/1-IV/6/03

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76461