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Richtlinie des BMF vom 16.11.2009, BMF-010200/0011-VI/6/2009
Teil 1: Körperschaftsteuerrecht der Stiftungen
3. Die Besteuerung der eigennützigen Privatstiftungen (§§ 7 und 13 KStG 1988)
3.2 Einkünfte und Einkunftsermittlung

3.2.5 Einkommensverwendung der Privatstiftung

3.2.5.1 Allgemeines

75Für Privatstiftungen als dem Grunde nach unbeschränkt Steuerpflichtige gilt wie für alle übrigen Einkommen- und Körperschaftsteuerpflichtigen der Grundsatz, dass Aufwendungen und Ausgaben im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften im Allgemeinen steuerlich berücksichtigt werden, während Aufwendungen und Ausgaben außerhalb der Einkünfteermittlung dem Begriff der steuerneutralen Einkommensverwendung zuzurechnen sind. Ausnahmen von diesem Grundsatz kann nur das Gesetz schaffen. Je nach Festlegung in der Stiftungsurkunde bzw. Stiftungszusatzurkunde können Zuwendungen nicht nur aus den erwirtschafteten Früchten des gestifteten Vermögens, sondern auch aus dem gestifteten Vermögen der Privatstiftung stammen.

3.2.5.2 Zuwendungen der Privatstiftung

76Zur Definition und Beurteilung beim Empfänger siehe Rz 213 ff und Rz 233 ff.

77Die Zuwendung der Privatstiftung ist der Ausschüttung der Kapitalgesellschaft insofern vergleichbar, als sie das steuerpflichtige Einkommen der Privatstiftung nicht vermindern kann, unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt erfolgt. Der mit der Zuwendung (Substanzauszahlung) verbundene Buchabgang bei der Privatstiftung ist steuerneutral. Der Begriff der Einlagenrückzahlung (§ 4 Abs. 12 EStG 1988) hat im Zusammenhang mit Zuwendungen der Privatstiftung keine Bedeutung. Als Pendant zur Einlagenrückzahlung wurde der Begriff der Substanzauszahlung geschaffen (siehe Rz 264 ff).

78Die körperschaftsteuerrechtlichen Konsequenzen einer Zuwendung auf Stiftungsebene richten sich danach, aus welchen Bereichen sie erfolgt:

  • Wird von der Privatstiftung ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil zugewendet, ist aus der Sicht der Privatstiftung § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 anzuwenden, eine Realisierung der stillen Reserven unterbleibt. Zur Behandlung des Empfängers siehe Rz 253 sowie Rz 264 ff.

  • Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens der Privatstiftung von der Privatstiftung zugewendet, ist zunächst eine Entnahme im Sinne des § 6 Z 4 EStG 1988 verwirklicht.

  • Wird ein nicht zu einem Betriebsvermögen der Privatstiftung gehörendes Wirtschaftsgut zugewendet, unterbleibt die Realisierung stiller Reserven auf Stiftungsebene unabhängig davon, ob dieses Wirtschaftsgut der Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 5 bis 7 EStG 1988 dient oder nicht.

Beispiel:

Der Stifter wendet der Privatstiftung anlässlich der Stiftungserrichtung eine Villa zu. Die Privatstiftung nutzt diese Villa nicht zur Einkunftserzielung, sie steht leer. Nach dem Tod des Stifters wendet die Privatstiftung die Villa stiftungserklärungsgemäß oder nicht stiftungserklärungsgemäß dem Begünstigten zu. Bei der Privatstiftung liegt kein Einkommensverwendungstatbestand, sondern ein steuerneutraler Vorgang vor, dh. die Vermögensminderung kann weder als Betriebsausgabe noch im Rahmen der Werbungskosten geltend gemacht werden. Die Zuwendung aus der Substanz heraus ist hingegen beim Begünstigten steuerwirksam.

  • Zuwendungen, die in ein anderes Rechtsgeschäft mit der Privatstiftung gekleidet sind, mindern das steuerpflichtige Einkommen der Privatstiftung ebenfalls nicht. Überhöhte Leistungsentgelte der Privatstiftung sind im betrieblichen Bereich nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig (zB überhöhte Bezüge eines Forstverwalters). Bei Veräußerungsvorgängen zu Unterpreisen ist der betriebliche Gewinn in Höhe der entzogenen stillen Reserven zu erhöhen, weil sonst die Entnahmegewinnrealisierung gemäß § 6 Z 4 EStG 1988 umgangen würde (zB Verkauf einer Liegenschaft unter ihrem Wert). Bei der unterpreisigen oder unentgeltlichen Nutzungsüberlassung von betrieblichem Vermögen liegt eine Nutzungsentnahme vor, die nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG 1988 in Verbindung mit § 6 Z 4 EStG 1988 zu einer Gewinnerhöhung führt (zB unterpreisige Überlassung von Arbeitskräften).

83Erwirbt die Privatstiftung Wirtschaftsgüter oder Leistungen in ihr Betriebsvermögen überpreisig, sind diese Wirtschaftsgüter beziehungsweise Leistungen mit ihrem angemessenen Wert als Anschaffungskosten oder Betriebsausgabe zu berücksichtigen (zB überpreisiger Kauf einer Liegenschaft oder überhöhte Honorare für Dienstleistungen). Der Gewinn wird entsprechend erhöht.

84Überhöhte Leistungsentgelte der Privatstiftung sind im außerbetrieblichen Bereich nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

85Bei der unterpreisigen Veräußerung von nicht der Erzielung betrieblicher Einkünfte dienendem Stiftungsvermögen kommt es auch dann nicht zu einer Aufdeckung der entzogenen stillen Reserven, wenn es sich um ein nach den §§ 30 und 31 EStG 1988 steuerverfangenes Wirtschaftsgut handelt (zB unterpreisiger Verkauf einer Liegenschaft oder einer Beteiligung).

Beispiel 1:

Die Privatstiftung erwirbt im Jahr 0 eine Liegenschaft in ihr Privatvermögen zum Preis von 1.000. Im Jahr 5 hat diese Liegenschaft einen Verkehrswert von 4.000. Sie veräußert im Jahr 5 diese Liegenschaft um 3.000 an einen Begünstigten. Sie hat einen Spekulationsüberschuss von 2.000 zu versteuern (25 Prozent). In Höhe der restlichen 1.000 liegt eine Zuwendung an den Begünstigten vor.

Beispiel 2:

Die Privatstiftung erwirbt im Jahr 0 eine Liegenschaft in ihr Privatvermögen zum Preis von 1.000. Im Jahr 5 hat diese Liegenschaft einen Verkehrswert von 4.000. Sie veräußert diese Liegenschaft im Jahr 5 um 1.000 an einen Begünstigten. Die Privatstiftung realisiert keinen Spekulationsüberschuss, er ist auch nicht fiktiv anzusetzen. In Höhe der 3.000 liegt eine Zuwendung an den Begünstigten vor.

Beispiel 3:

Die Privatstiftung erwirbt im Jahr 1 eine Beteiligung von 20 Prozent um 1.000. Innerhalb eines halben Jahres steigt der Wert der Beteiligung auf 3.000. Nach einem dreiviertel Jahr veräußert sie die weiterhin den Wert von 3.000 repräsentierende Beteiligung an einen Begünstigten um a) 1.000, b) 2.000.

Im Fall a) hat sie keine Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung, allerdings liegt eine Zuwendung in Höhe von 2.000 an den Begünstigten vor.

Im Fall b) sind Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen in Höhe von 1.000 der Spekulationsbesteuerung zu unterwerfen. Der Begünstigte erhält eine Zuwendung in Höhe von 1.000. Sollte die Beteiligung nach Ablauf eines Jahres veräußert werden, sind Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen in Höhe von 1.000 der Zwischenbesteuerung zu unterwerfen oder zu übertragen (siehe Rz 102 ff).

86Bei unterpreisigen oder unentgeltlichen Nutzungsüberlassungen von außerbetrieblichem Vermögen (zB Gewährung eines unverzinslichen Darlehens, unterpreisige Vermietung einer Liegenschaft) wird das steuerpflichtige Einkommen der Privatstiftung nicht um entgehende Überschüsse erhöht.

Beispiel 1:

Die Privatstiftung erwirbt eine Villa als Wohnung für einen Begünstigten, dieser zahlt keine Miete. Die Villa steht im Privatvermögen der Privatstiftung. Einkünfte aus Vermietung werden nicht erzielt, AfA wird nicht geltend gemacht. Bei der Privatstiftung liegt keine Einkommensverwendung vor, ein fiktives Mietentgelt in Höhe des monatlichen ortsüblichen Mietzinses ist nicht anzusetzen. Sehr wohl liegt aber eine Zuwendung oder eine Substanzauszahlung an den Begünstigten in Höhe des monatlichen Mietzinses vor.

Beispiel 2:

Die Privatstiftung erwirbt eine Villa als Wohnung für einen Begünstigten, dieser zahlt keine Miete. Aus anderen Objekten erzielt die Privatstiftung Einkünfte aus Vermietung. AfA und Betriebskosten für die Begünstigtenwohnung werden einkunftsmindernd geltend gemacht. Die AfA und Betriebskosten für die Begünstigtenwohnung sind nicht als Werbungskosten absetzbar, fiktives Mietentgelt ist nicht anzusetzen. Sehr wohl aber ist eine Zuwendung oder eine Substanzauszahlung an den Begünstigten in Höhe des monatlichen Mietzinses anzunehmen.

87Erwirbt die Privatstiftung Wirtschaftsgüter oder Leistungen in ihre außerbetriebliche Sphäre zu einem Überpreis, sind diese Wirtschaftsgüter bzw. Leistungen mit ihrem angemessenen Wert als Anschaffungskosten oder Werbungskosten zu berücksichtigen (zB überpreisiger Kauf einer Liegenschaft oder überhöhte Honorare für Dienstleistungen, siehe Beispiel 2 in Rz 231).

3.2.5.3 Sonderausgaben

88Die Privatstiftung kann im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 8 Abs. 4 KStG 1988 folgende Sonderausgaben geltend machen, sofern sie nicht bereits Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen:

Beispiel:

Erwirbt eine Privatstiftung ein Wirtschaftsgut von wem auch immer außerbetrieblich gegen Kaufpreisrente, sind die Rentenzahlungen Sonderausgaben, sobald die Summe der bezahlten Beträge den auf den Zeitpunkt der Übertragung gemäß § 16 BewG 1955 kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung übersteigt.

Erfolgt die Rentenzahlung allerdings in Erfüllung des Stiftungszweckes an Begünstigte oder Letztbegünstigte, unterliegt sie dem Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988. Dabei ist allerdings zu differenzieren, ob es sich um eine Kaufpreisrente oder um eine Versorgungs- bzw. gemischte Rente handelt. Unterhaltsrenten sind generell nicht abzugsfähig.

Beispiel:

Der Stifter (50 Jahre) wendet der Privatstiftung Vermögen (einen landwirtschaftlichen Betrieb, Kapitalanteile, ein Mietwohngrundstück) im Gesamtwert von 15 Mio. mit der Auflage zu, ihm als Begünstigten eine lebenslängliche Rente in Höhe von 1 Mio. pro Jahr zu zahlen. Der Rentenbarwert beträgt 13 Mio., es liegt damit ein Kauf des Vermögens durch die Privatstiftung vor. Die Rente ist verhältnismäßig aufzuteilen. Der Teil, der auf den landwirtschaftlichen Betrieb entfällt, ist dort Betriebsausgabe. Jener Teil, der auf die Kapitalgesellschaftsanteile entfällt, ist als Anschaffungspreis anzusetzen und ab Überschreiten des auf die Kapitalgesellschaftsanteile entfallenden Anteiles des Barwertes als Sonderausgabe abzugsfähig. Das Gleiche gilt für den auf das Mietwohngrundstück entfallenden Rententeil.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
PSG, Privatstiftungsgesetz, BGBl. Nr. 694/1993
StiftEG (SchenkMG 2008), Stiftungseingangssteuergesetz (Schenkungsmeldegesetz 2008), BGBl. I Nr. 85/2008
UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 2 Abs. 3 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 3 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 31 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 9 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 8 Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
Verweise:
StiftR 2009, Stiftungsrichtlinien 2009 Rz 213 ff
StiftR 2009, Stiftungsrichtlinien 2009 Rz 233 ff
StiftR 2009, Stiftungsrichtlinien 2009 Rz 264 ff
StiftR 2009, Stiftungsrichtlinien 2009 Rz 253
StiftR 2009, Stiftungsrichtlinien 2009 Rz 102 ff
StiftR 2009, Stiftungsrichtlinien 2009 Rz 231
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7001 ff
LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 561 ff
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 4501 ff
Schlagworte:
Besteuerung - Stiftungen - Einkommensverwendung - Zuwendungen der Privatstiftung - Zuwendung - Substanzauszahlung - Einlagenrückzahlung - Betrieb - Teilbetrieb - Mitunternehmeranteil - Betriebsvermögen - Leistungsentgelte - Nutzungsüberlassung - Sonderausgaben
Stammfassung:
BMF-010200/0011-VI/6/2009

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
BAAAA-76460