Richtlinie des BMF vom 19.07.2018, BMF-010200/0019-IV/1/2018
7. Sonderthemen
7.4. Investmentfonds im zwischenstaatlichen Steuerrecht
7.4.3. Immobilienfonds
7.4.3.1. Inländische Fonds

7.4.3.1.3. Besteuerung von Ausschüttungen an inländische und ausländische Anteilinhaber

581Im Falle von Immobilienfonds werden gemäß § 40 ImmoInvFG grundsätzlich nur die ausschüttungsgleichen Erträge bei den Anteilinhabern besteuert. Nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen gemäß § 40 ImmoInvFG gehören jedoch Gewinne ausländischer Immobilien, wenn auf Grund eines DBAs oder einer Maßnahme gemäß § 48 BAO die Einkünfte dieser Immobilien von der Besteuerung ausgenommen sind. Die Ermittlung der nach der derzeitigen Rechtsauslegung erforderlichen Trennung der Immobilienfondserträgnisse in steuerfreie und steuerpflichtige Ertragsteile muss im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht seitens des Steuerpflichtigen vorgenommen und belegt werden.

582Sieht das DBA mit dem Belegenheitsstaat die Befreiungsmethode vor, sind die Bewirtschaftungsgewinne der ausländischen Immobilien von der Bemessungsgrundlage gemäß § 40 ImmoInvFG ausgenommen, da sie unter Art. 6 OECD-MA fallen und daher nur im Belegenheitsstaat steuerpflichtig sind (vgl. Rz 579). Dies gilt unabhängig davon, wie die Ausschüttung des Fonds an die Anteilinhaber abkommensrechtlich zu qualifizieren ist (vgl. EAS 2409, EAS 2778, EAS 2972). Ebenso werden in diesem Fall die Aufwertungsgewinne von der Bemessungsgrundlage gemäß § 40 ImmoInvFG ausgenommen sein (vgl. Rz 580).

583Die abkommensrechtliche Qualifikation der ausschüttungsgleichen Erträge bei den Anteilinhabern hängt vom Ausmaß der Beteiligung der Anteilinhaber ab. Befindet sich der Immobilienfonds im Streubesitz, dann können die Anteilinhaber keinen unmittelbaren Einfluss auf die Immobiliennutzung ausüben. Diese Art der Investition in Immobilienvermögen ist vergleichbar mit einem Portfolioanteil an einer Kapitalgesellschaft und wird daher gleich behandelt. Der internationalen Entwicklung folgend werden daher die von Kleininvestoren erzielten ausschüttungsgleichen Erträge abkommensrechtlich als Dividenden iSd Art. 10 OECD-MA behandelt (siehe EAS 2834; vgl. auch OECD, Tax Treaty Issues Related to REITs, Rn 27). Für eine Behandlung der ausschüttungsgleichen Erträge als Dividenden spricht zudem die Definition von Dividenden iSd Art. 10 Abs. 3 OECD-MA, welche auf die Einstufung der Einkünfte laut nationalem Recht verweist. Wie bereits erwähnt, stellen die bei den Anteilinhabern besteuerten Erträge Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Somit kommt Österreich als Ansässigkeitsstaat des Fonds unabhängig von der Ansässigkeit der Anteilinhaber idR ein der Höhe nach beschränktes Quellenbesteuerungsrecht zu.

584Die von einem inländischen Immobilienfonds aus inländischem Immobilienvermögen an beschränkt steuerpflichtige Anteilinhaber ausgeschütteten (bzw. als ausgeschüttet geltenden) Erträge unterliegen nach Maßgabe des § 98 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht. Unterliegen die Einkünfte dem Steuerabzug gemäß § 99 EStG 1988 (zu den Voraussetzungen siehe Rz 444 ff), können die ausländischen Anteilinhaber inländischer Immobilienfonds daher die Rückzahlung der das Abkommensausmaß übersteigenden Steuer (idR 12,5%) beim FA Bruck-Eisenstadt-Oberwart in Anspruch nehmen.

585Ist der Anteilinhaber jedoch in der Lage, kraft des Ausmaßes seines Anteilbesitzes unmittelbar auf die Erzielung der Immobilienerträge Einfluss auszuüben, so ist er in wirtschaftlicher Betrachtung auf Abkommensebene wie ein Miteigentümer des Immobilienbesitzes anzusehen. Die Beteiligung am Immobilienfonds ersetzt in diesen Fällen den direkten Besitz der Liegenschaft. Unter diesen Umständen schlägt daher das innerstaatliche Transparenzkonzept infolge der Anwendung von Art. 3 Abs. 2 OECD-MA auf das Abkommensrecht durch. Von einer solchen Direktinvestition ist ab einem Anteilsausmaß ab 10% auszugehen (Großinvestoren). In derartigen Fällen finden folglich die dem Art. 6 (und Art. 13 Abs. 1) des OECD-MA nachgebildeten Abkommensbestimmungen Anwendung und die Einkünfte werden im Belegenheitsstaat des Grundstücks der uneingeschränkten Besteuerung unterzogen (siehe EAS 2834; vgl. auch OECD, Tax Treaty Issues Related to REITs, Rn 27). Somit darf Österreich als Belegenheitsstaat der Immobilien die gesamte 27,5-prozentige Steuer erheben.

586Ist der ausländische Anteilinhaber eine im EU-Raum ansässige Kapitalgesellschaft, kann sie sich nicht auf § 94 Z 2 EStG 1988 berufen und eine vollständige Entlastung von der Abzugsteuer erlangen, weil der österreichische Fonds auf der Ebene des innerstaatlichen Rechts transparent ist und daher § 94 Z 2 EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen kann.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
19.07.2018
Betroffene Normen:
§ 40 ImmoInvFG, Immobilien-Investmentfondsgesetz, BGBl. I Nr. 80/2003
§ 48 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 3 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 6 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 10 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 13 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
§ 98 Abs. 1 Z 5 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 99 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 94 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Mitwirkungspflicht - Befreiungsmethode - abkommensrechtliche Qualifikation - Transparenzkonzept - Direktinvestition
Stammfassung:
BMF-010200/0019-IV/1/2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
MAAAA-76452