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Keine Verpflichtung zum Eintrag eines dritten Geschlechts
iFamZ 2023/48
EGMR , Y gg Frankreich, Bsw 76888/17
Der Antragsteller, französischer Staatsangehöriger, begehrte als intersexueller Mensch die Eintragung „neutral“ bzw „intersex“ anstatt „männlich“ in der Geburtsurkunde. Die Gerichte wiesen diesen Antrag ab.
Der EGMR sah keine Verletzung des Art 8 EMRK. Demnach seien Staaten nicht verpflichtet, ein drittes Geschlecht in die Geburtsurkunde einzutragen. Dazu könne der Gesetzgeber nicht verpflichtet werden. Der Unterschied zwischen der biologischen und der rechtlichen Identität sei zwar grundsätzlich geeignet, Personen Leid zuzufügen. Es sei aber den Argumenten der französischen Behörden zu folgen. Das französische Recht sei auf der Grundlage von zwei Geschlechtern aufgebaut. Die gerichtliche Anerkennung eines „neutralen“ Geschlechts hätte somit weitreichende Folgen für das französische Rechtssystem. Gesetzesänderungen wären nötig, die Anerkennung eines dritten Geschlechts könne daher ausschließlich durch den Gesetzgeber und nicht durch die Justiz erfolgen. In Europa herrsche zu dieser Frage kein Konsens, daher die Zurückhaltung des Gerichtshofs.