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VfGH 24.06.2025, G170/2024

VfGH 24.06.2025, G170/2024

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
Rechtssatz
Abweisung der Parteianträge auf Aufhebung des §6 Abs2 Z4 KSchG idF BGBl I 91/2003 und des §879 Abs3 ABGB idF BGBl 275/1992.

Kein Verstoß gegen das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums durch die inhaltliche Einschränkung der Gestaltung von Verbraucherverträgen durch §6 Abs2 Z4 KSchG:

§6 Abs2 Z4 KSchG verfolgt das legitime, im öffentlichen Interesse liegende Ziel des Konsumentenschutzes bzw Verbraucherschutzes. Zweck der Bestimmung ist es, Verbraucher vor überraschenden und kurzfristigen Preiserhöhungen zu schützen. Die angefochtene Bestimmung ist auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen: Durch die Bestimmung wird verhindert, dass der Verbraucher von derartigen Wertsicherungsklauseln – insbesondere bei Verwendung von Vertragsformblättern durch den Unternehmer – überrascht wird. Das ursprüngliche, dh beim Vertragsabschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bleibt erhalten. Ein solches Schutzinteresse besteht sowohl bei Ziel- als auch bei Dauerschuldverhältnissen. Zu letzten zählen auch die in den gerichtlichen Ausgangsverfahren streitverfangenen Verbrauchermietverträge, die – wie alle anderen Dauerschuldverhältnisse – vom Anwendungsbereich des §6 Abs2 Z4 KSchG seit der Stammfassung erfasst werden.

Kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums durch §6 Abs2 Z4 KSchG:

§6 Abs2 Z4 KSchG sieht kein absolutes Verbot von vertraglichen Regelungen (wie etwa Wertsicherungsklauseln) vor, die zu Preiserhöhungen in den ersten beiden Monaten nach Vertragsschluss führen können. Dem Unternehmer steht es frei, Preiserhöhungen für diesen Zeitraum wirksam zu vereinbaren; er darf dies aber nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformularen tun, sondern muss dies mit dem Verbraucher im Einzelnen aushandeln.

Darüber hinaus erfasst die angefochtene Bestimmung Preiserhöhungen nur in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss. Es ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er in diesem – kurzen – Zeitraum von einem verminderten Wertsicherungsinteresse des Unternehmers und einer besonderen Überraschungseignung einer Preisanpassung für den Verbraucher ausgeht. Innerhalb dieses kurzen Zeitraumes ist es einem Unternehmer auch ohne weiteres zumutbar, die Preisentwicklung vorherzusehen und im Bedarfsfall eine abweichende vertragliche Regelung mit dem Verbraucher im Einzelnen auszuhandeln.

Schließt ein Unternehmer mit einem Verbraucher einen Vertrag unter Missachtung des §6 Abs2 Z4 KSchG ab, hat dies die Unwirksamkeit der Regelung über die Preiserhöhung zur Folge. Dies begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil es einem Unternehmen zumutbar ist, sich mit den gesetzlichen Vorgaben für seinen Tätigkeitsbereich ausreichend auseinanderzusetzen und bei der Vertragsgestaltung mit Verbrauchern, insbesondere bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Formblättern, mit der gebotenen Sorgfalt vorzugehen.

Ob und inwieweit eine gegen §6 Abs2 Z4 KSchG verstoßende Preiserhöhung, wie zB eine Wertsicherungsklausel, zur Gänze oder bloß teilweise unwirksam ist, haben bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die Zivilgerichte zu entscheiden.

Keine Unverhältnismäßigkeit der durch §6 Abs2 Z4 KSchG angeordnete Rechtsfolgen:

Die Rechtsfolge der Nichtigkeit verfolgt das Ziel, Unternehmer von der Verwendung missbräuchlicher Klauseln abzuhalten. Wenn man mit dem OGH die angefochtene Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG so versteht, dass daraus zwingend die gänzliche Unwirksamkeit einer gegen die Gesetzesbestimmung verstoßenden vertraglichen Regelung folgt, belastet dies die angefochtene Bestimmung nicht mit Verfassungswidrigkeit. Selbst die Nichtigkeit der gesamten (Wertsicherungs-)Klausel erscheint verhältnismäßig; bei der bloßen Teilnichtigkeit des "überschießenden" Teiles der Vereinbarung (im Fall des §6 Abs2 Z4 KSchG ist das die Möglichkeit der Preisanpassung innerhalb der ersten beiden Monate) unter Erhaltung der Geltung des "unbedenklichen" Teiles, der auch ohne Aushandeln im Einzelnen wirksam sein kann, blieben die Interessen des Unternehmers trotz Vereinbarung einer missbräuchlichen Klausel (weitestgehend) gewahrt, sodass es keinen Anreiz für ihn gäbe, auf diese missbräuchliche Regelung von vornherein zu verzichten. Der Unternehmer könnte mit der Unkenntnis und Prozessscheu des Verbrauchers spekulieren, ohne auf die gesetzlich normierten und allgemein anerkannten Schranken Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsfolge der Nichtigkeit in §6 Abs2 Z4 KSchG verfolgt sohin das Ziel des Konsumentenschutzes, indem sie den Unternehmer von der Verwendung missbräuchlicher Klauseln abschreckt, und ist durch die – im Vergleich zum Unternehmer – schwächere Stellung des Verbrauchers bei den Vertragsverhandlungen gerechtfertigt.

Hinsichtlich der Entscheidungen des OGH (; , 8 Ob 37/23h; , 8 Ob 6/24a) ist darauf hinzuweisen, dass diese in Verbandsverfahren gemäß §28 KSchG ergingen. Die Beurteilung, ob eine Wertsicherungsklausel gegen §6 Abs2 Z4 KSchG verstößt, kann im Individualverfahren vom Ergebnis des Verbandsverfahrens abweichen, weil die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls zu beurteilen sind.

Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz hinsichtlich der gleichen Regelung von missbräuchlichen Klauseln für Ziel- und Dauerschuldverhältnisse:

In Bezug auf den angefochtenen §6 Abs2 Z4 KSchG ist für den VfGH nicht erkennbar, dass der Gleichheitsgrundsatz eine unterschiedliche Behandlung von Ziel- und Dauerschuldverhältnissen gebietet: §6 Abs2 Z4 KSchG verfolgt das Ziel, Verbraucher vor überraschenden und kurzfristigen Preiserhöhungen durch nicht im Einzelnen ausgehandelte (Wertsicherungs-)Klauseln zu schützen. Es ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er davon ausgeht, dass das Interesse des Verbraucherschutzes gleichermaßen bei einem Ziel- wie bei einem Dauerschuldverhältnis besteht und der Verbraucher sohin in beiden Konstellationen geschützt werden soll. Das grundsätzliche Interesse am Überraschungsschutz und der "Festpreisgarantie" des §6 Abs2 Z4 KSchG besteht also für Verbraucher bei Ziel- und Dauerschuldverhältnissen in gleicher Weise.

Dass bei Dauerschuldverhältnissen, wie dies auf dem Mietrechtsgesetz unterliegende Mietverhältnisse in besonderem Maße zutrifft, die Kündigungsmöglichkeiten in der Regel eingeschränkt sind bzw derartige Möglichkeiten überhaupt nicht bestehen und die Vertragsdauer bei Vertragsabschluss oft noch unklar ist, vermag an der Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Bestimmung nichts zu ändern. Es ist dem Unternehmer nach §6 Abs2 Z4 KSchG nicht verwehrt, eine Entgelterhöhung (zB Wertsicherung) wirksam zu vereinbaren; er muss dies aber (nur) im Einzelnen mit dem Verbraucher aushandeln.

Kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot durch § 879 Abs3 ABGB:

§879 Abs3 ABGB ist auf Grund der im ABGB enthaltenen Determinanten mit den herkömmlichen Interpretationsmethoden einer Auslegung zugänglich. Dies zeigt auch die reichhaltige Rsp des OGH. Der Gesetzgeber hat daher mit der angefochtenen Bestimmung in einer dem Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B‑VG entsprechenden Weise festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Nebenvereinbarung gröblich benachteiligend und in Folge nichtig ist. Aus den angeführten Gründen kann der VfGH nicht erkennen, dass §879 Abs3 ABGB wegen Unbestimmtheit gegen den Gleichheitsgrundsatz, das Eigentumsgrundrecht, das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit und das Legalitätsprinzip verstößt.

Entscheidungstext

Leitsatz

Kein Verstoß gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und gegen den Gleichheitsgrundsatz durch eine Bestimmung des KSchG betreffend Wertsicherungsklauseln (ua) in Mietverträgen; Möglichkeit einer Preiserhöhung durch einen Unternehmer innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss – bei sonstiger Nichtigkeit – nur durch Vereinbarung im Einzelnen mit dem Verbraucher; kein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot durch die Rechtsfolge der Nichtigkeit bei Verwendung missbräuchlicher Klauseln; keine Verletzung der Privatautonomie hinsichtlich der inhaltlichen Einschränkungen für die Gestaltung von Verbraucherverträgen; Schutz vor überraschenden und kurzfristigen Preiserhöhungen für Verbraucher von Ziel- und Dauerschuldverhältnissen im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes; kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot einer Bestimmung des ABGB betreffend die Voraussetzungen der Nichtigkeit einer gröblich benachteiligenden Nebenvereinbarung

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten, beim Verfassungsgerichtshof zur Geschäftszahl G170/2024 protokollierten Antrag begehrt die antragstellende Partei, der Verfassungsgerichtshof möge

"4.1.1. §6 Abs2 Z4 KSchG (BGBl Nr 140/1979 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 91/2003) zur Gänze als verfassungswidrig aufheben,

4.1.2. in eventu §6 Abs2 Z4 KSchG idF BGBl I Nr 91/2003 zur Gänze als verfassungswidrig aufheben,

4.1.3. in eventu die Z4 des §6 Abs2 KSchG idF BGBl I Nr 91/2003 zur Gänze als verfassungswidrig aufheben,

4.1.4. in eventu die Wortfolge 'dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht;' des §6 Abs2 Z4 KSchG idF BGBl I Nr 91/2003 zur Gänze als verfassungswidrig aufheben".

2. Mit dem beim Verfassungsgerichtshof zur Geschäftszahl G37/2025 ua protokollierten Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG beantragt die antragstellende Partei,

"1) §6 Abs2 Z4 KSchG, nämlich in seiner gesamten Wortfolge 'dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht', als verfassungswidrig aufzuheben;

und

2) §879 Abs3 KSchG [richtig: ABGB], nämlich in seiner gesamten Wortfolge 'Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt', als verfassungswidrig aufzuheben".

II. Rechtslage

1. §6 des Bundesgesetzes vom , mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (KonsumentenschutzgesetzKSchG), BGBl 140/1979, idF BGBl I 91/2003 lautet wie folgt (die angefochtene Bestimmung gilt in der Stammfassung BGBl 140/1979 und ist hervorgehoben):

"Unzulässige Vertragsbestandteile

§6. (1) Für den Verbraucher sind besonders solche Vertragsbestimmungen im Sinn des §879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen

1. sich der Unternehmer eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist ausbedingt, während deren er einen Vertragsantrag des Verbrauchers annehmen oder ablehnen kann oder während deren der Verbraucher an den Vertrag gebunden ist;

2. ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gilt, es sei denn, der Verbraucher wird bei Beginn der hiefür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen und hat zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist;

3. eine für den Verbraucher rechtlich bedeutsame Erklärung des Unternehmers, die jenem nicht zugegangen ist, als ihm zugegangen gilt, sofern es sich nicht um die Wirksamkeit einer an die zuletzt bekanntgegebene Anschrift des Verbrauchers gesendeten Erklärung für den Fall handelt, daß der Verbraucher dem Unternehmer eine Änderung seiner Anschrift nicht bekanntgegeben hat;

4. eine vom Verbraucher dem Unternehmer oder einem Dritten abzugebende Anzeige oder Erklärung einer strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen zu genügen hat;

5. dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt zusteht, es sei denn, daß der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, daß die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie daß ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt.

6. das Recht des Verbrauchers, seine Leistung nach §1052 ABGB bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung zu verweigern, für den Fall ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, daß der Unternehmer seine Leistung nicht vertragsgemäß erbringt oder ihre Erbringung durch seine schlechten Vermögensverhältnisse, die dem Verbraucher zur Zeit der Vertragsschließung weder bekannt waren noch bekannt sein mußten, gefährdet ist, indem etwa das Leistungsverweigerungsrecht davon abhängig gemacht wird, daß der Unternehmer Mängel seiner Leistung anerkennt;

7. ein dem Verbraucher nach dem Gesetz zustehendes Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen oder eingeschränkt wird;

8. das Recht des Verbrauchers, seine Verbindlichkeiten durch Aufrechnung aufzuheben, für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmers oder für Gegenforderungen ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, die im rechtlichen Zusammenhang mit der Verbindlichkeit des Verbrauchers stehen, die gerichtlich festgestellt oder die vom Unternehmer anerkannt worden sind;

9. eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz eines Schadens an der Person ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz sonstiger Schäden für den Fall ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, daß er oder eine Person, für die er einzustehen hat, den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat;

10. der Unternehmer oder eine seinem Einflußbereich unterliegende Stelle oder Person ermächtigt wird, mit bindender Wirkung für den Verbraucher darüber zu entscheiden, ob die ihm vom Unternehmer erbrachten Leistungen der Vereinbarung entsprechen;

11. dem Verbraucher eine Beweislast auferlegt wird, die ihn von Gesetzes wegen nicht trifft;

12. die Rechte des Verbrauchers auf eine Sache, die der Unternehmer zur Bearbeitung übernommen hat, in unangemessen kurzer Frist verfallen;

13. die im Fall des Verzugs des Verbrauchers zu zahlenden Zinsen den für den Fall vertragsgemäßer Zahlung vereinbarten Zinssatz um mehr als fünf Prozentpunkte pro Jahr übersteigen;

14. das Recht zur Geltendmachung eines ihm unterlaufenen Irrtums oder des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage im vorhinein ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, etwa auch durch eine Vereinbarung, wonach Zusagen des Unternehmers nicht die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben (§871 Abs1 ABGB) betreffen;

15. er sich nach Eintritt des Verzugs zur Zahlung von Betreibungs- oder Einbringungskosten verpflichtet, sofern diese Kosten in der Vereinbarung nicht gesondert und aufgeschlüsselt ausgewiesen sind oder soweit diese Kosten zur zweckentsprechenden Betreibung oder Einbringung der Forderung nicht notwendig waren.

(2) Sofern der Unternehmer nicht beweist, daß sie im einzelnen ausgehandelt worden sind, gilt das gleiche auch für Vertragsbestimmungen, nach denen

1. der Unternehmer ohne sachliche Rechtfertigung vom Vertrag zurücktreten kann;

2. dem Unternehmer das Recht eingeräumt wird, seine Pflichten oder den gesamten Vertrag mit schuldbefreiender Wirkung einem Dritten zu überbinden, der im Vertrag nicht namentlich genannt ist;

3. der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann, es sei denn, die Änderung beziehungsweise Abweichung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist;

4. dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht;

5. eine Pflicht des Unternehmers zum Ersatz eines Schadens an einer Sache, die er zur Bearbeitung übernommen hat, ausgeschlossen oder beschränkt wird;

6. Ansprüche des Verbrauchers aus §908 ABGB eingeschränkt oder ausgeschlossen werden;

7. ein Rechtsstreit zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher durch einen oder mehrere Schiedsrichter entschieden werden soll.

(3) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefaßt ist."

2. §879 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches – ABGB, JGS 946/1811, idF BGBl 275/1992 lautet (die nur im Verfahren G37/2025 ua angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"§879. (1) Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Insbesondere sind folgende Verträge nichtig:

1. wenn etwas für die Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen wird;

1a. wenn etwas für die Vermittlung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung bedungen wird;

2. wenn ein Rechtsfreund eine ihm anvertraute Streitsache ganz

oder teilweise an sich löst oder sich einen bestimmten Teil des Betrages versprechen läßt, der der Partei zuerkannt wird;

3. wenn eine Erbschaft oder ein Vermächtnis, die man von einer dritten Person erhofft, noch bei Lebzeiten derselben veräußert wird;

4. wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren läßt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Mißverhältnisse steht.

(3) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Zu G170/2024

1.1. Mit Urteil vom erkannte das Bezirksgericht Leopoldstadt die antragstellende Partei für schuldig, dem Kläger den auf Grund einer nicht verbindlichen Wertsicherungsklausel zu viel gezahlten Mietzins zurückzuzahlen. Begründend führte das Bezirksgericht Leopoldstadt im Wesentlichen aus, das Verbot des §6 Abs2 Z4 KSchG gelte nach der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofes (; , 8 Ob 37/23h; , 8 Ob 6/24a) auch für Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen, wenn bei "kundenfeindlichster" Auslegung schon innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsschluss eine Entgeltänderung eintreten könne.

1.2. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legt die antragstellende Partei die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Bestimmung wie folgt dar:

"3. Darlegung der Bedenken

3.1. Unverhältnismäßigkeit respektive Unsachlichkeit der Bestimmung (Verletzung des Art7 B-VG; Art2 StGG)

3.1.1. Durch den Gleichheitssatz wird der Gesetzgeber gebunden (VfSlg 13.327; VfSlg 16.407/2001). Er setzt dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (VfSlg 14.039/1995, VfSlg 16.407/2001). Im Zusammenhang mit dem Gleichheitsgrundsatz ist außerdem zu prüfen, ob der Gesetzgeber seine Ziele mit insgesamt geeigneten und maßhaltenden Mitteln verfolgt.

So wird der Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn der Gesetzgeber zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen (siehe zB VfSlg 14.039/1995; VfSlg 16.407/2001).

3.1.2. Im gegenständlichen Fall behandelt die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG Ziel- und Dauerschuldverhältnisse gleich, obwohl sich diese Rechtsinstitute grundlegend voneinander unterscheiden. Im Hinblick auf Zielschuldverhältnisse ist der Zweck des §6 Abs2 Z4 KSchG verständlich und nachvollziehbar. Vorformulierte Vereinbarungen, die den Unternehmer im Falle von Zielschuldverhältnissen zu einer Entgelterhöhung berechtigten, überraschen nämlich den Verbraucher, wenn die Leistung innerhalb verhältnismäßig kurzer Lieferfristen von zwei Monaten zu erbringen ist (Apathy/Frössel, ABGB: Praxiskommentar IX5 [2022] §6 KSchG Rz 78 mwN).

3.1.3. Bei Dauerschuldverhältnisses trifft dies jedoch gerade nicht zu. Dauerschuldverhältnisse sind gerade durch den Umstand geprägt, dass das vertragliche Verhältnis über einen längeren Zeitraum hinweg andauert; bei unbefristeten Vertragsverhältnissen steht der Zeitpunkt der Beendigung des vertraglichen Verhältnisses dabei im Vorhinein nicht einmal fest. Auch sieht der Gesetzgeber bei Dauerschuldverhältnissen oftmals Kündigungsbeschränkungen vor, das eindrucksvollste Beispiel hierfür stellt §30 MRG dar. Bei Dauerschuldverhältnissen besteht sohin ein legitimes Interesse an der Wertsicherung und ist auch keine Rechtfertigung für ein Anpassungsverbot innerhalb der ersten beiden Monate zu erblicken. Insbesondere kann eine entsprechende Anpassung für den Verbraucher nicht überraschend sein, da dieser aufgrund der Natur des Dauerschuldverhältnisses mit einer Indexierung rechnen muss. Schließlich würde sich die Regelung des §6 Abs2 Z4 KSchG im Allgemeinen als unsachlich und unverhältnismäßig erweisen, falls ein Verstoß gegen diese Bestimmung den Wegfall der gesamten Wertsicherungsklausel zur Folge hätte. Konkret würde es dadurch zu einer unsachlichen und nicht zu rechtfertigenden Sicherstellung des Vertragspartners des Klauselverwenders kommen. Im gegenständlichen Fall würde sohin ein Verstoß gegen die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG dazu führen, dass die Antragstellerin – trotz erheblicher Inflation in den letzten Monaten – keine Anpassungen des Hauptmietzinses vornehmen darf, an den Mietvertrag gebunden ist und ihr eine Kündigung nach §30 MRG verwehrt ist. Dies stellt einerseits eine Gleichheitswidrigkeit aber auch einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht der Antragstellerin dar.

3.1.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH verbietet der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, ohne sachliche Rechtfertigung Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber muss daher an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend ungleichen Rechtsfolgen führen. Nur dann, wenn gesetzliche Differenzierungen aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind, entspricht eine Regelung dem Gleichheitssatz. […] Es ist nicht ersichtlich wieso (kurzfristige) Zielschuldverhältnisse gleich behandelt werden wie langfristige (seitens der Antragstellerin bzw sonstigen Vermieterin nicht ordentlich kündbare) Dauerschuldverhältnisse.

Im gegenständlichen Fall werden sohin mit der hier betroffenen Regelung des §6 Abs2 Z4 KSchG in mehrfacher Hinsicht an ungleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen geknüpft, weshalb die angefochtene Norm gleichheitswidrig ist.

3.1.5. In Ansehung des soeben Gesagten erweist sich die in Rede stehende Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG als gleichheitswidrig, da sie sich mit Art7 B-VG und Art2 StGG nicht in Einklang bringen lässt.

3.2. Verletzung der Eigentumsgarantie gemäß Art1 1.ZPEMRK sowie Art5 StGG

3.2.1. Nach der Rsp des VfGH ist der sachliche Schutzbereich der in Art1 1. ZPEMRK sowie Art5 StGG verbrieften Eigentumsgarantie weit auszulegen. Vom Schutzbereich des Eigentums ist nicht nur das Eigentum an körperlichen Sachen selbst umfasst; vielmehr werden auch sonstige gefestigte Rechtspositionen vom sachlichen Schutzbereich des Art1 1. ZPEMRK sowie Art5 StGG erfasst, wie etwa Mietrechte, Pachtrechte, Fischereirechte, das Recht auf Abschluss eines Vertrages sowie die aus einem Vertrag entspringenden Rechte. Somit stellen auch Eingriffe in die Privatautonomie einen Eingriff in Art1 1. ZPEMRK respektive in Art5 StGG dar (siehe bloß exemplarisch ).

3.2.2. Im gegenständlichen Fall bewirkt die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG eine Einschränkung der Eigentumsgarantie, da sie nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklauseln zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss eine Entgelterhöhung zulassen, für nicht verbindlich iSd §879 Abs3 ABGB erklärt; dies beeinträchtigt die Privatautonomie. Die Einschränkung ist, wie bereits in den Ausführungen unter Punkt 3.1 dargelegt wurde, insoweit gerechtfertigt und nachvollziehbar, als Zielschuldverhältnisse betroffen sind. Bei kurzen Lieferfristen sind entsprechende Klauseln nämlich für den Verbraucher überraschend. Bei Dauerschuldverhältnissen lässt sich eine solche sachliche Rechtfertigung jedoch nicht erblicken.

Wertsicherungsklauseln, die auch innerhalb der ersten beiden Monate ab Vertragsabschluss eine Indexanpassung ermöglichen sind bei Dauerschuldverhältnissen für den Verbraucher nicht überraschend, sondern muss dieser vielmehr mit Wertanpassungen rechnen. Die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG ist deshalb zu weitgreifend und unverhältnismäßig; aus diesem Grund verletzt sie auch Art1 1. ZPEMRK sowie Art5 StGG.

3.3. Auswirkungen der Aufhebung auf die Entscheidung im Anlassfall

3.3.1. Die Aufhebung des §6 Abs2 Z4 KSchG führt dazu, dass im Anlassfall mangels Anwendbarkeit des §6 Abs2 Z4 KSchG die Klage durch das Erstgericht BG Leopoldstadt kostenpflichtig abzuweisen wäre, zumal sich das Erstgericht im Urteil auf diese Bestimmung stützt. Die Antragstellerin würde daher bei Aufhebung des §6 Abs2 Z4 KschG zur Gänze obsiegen."

1.3. Die Bundesregierung nahm in diesem Verfahren von der Erstattung einer Äußerung Abstand.

1.4. Der Kläger im gerichtlichen Ausgangsverfahren erstattete als beteiligte Partei eine Äußerung, in der er den verfassungsrechtlichen Bedenken der antragstellenden Partei Folgendes entgegenhält:

"1. Keine Verletzung des Art7 B-VG und Art2 StGG:

Die Antragstellerin vermeint eine Verfassungswidrigkeit darin zu erblicken, dass durch die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG Ziel- und Dauerschuldverhältnisse gleichbehandelt werden, obwohl sich nach Ansicht der Antragstellerin diese Rechtsinstitute grundlegend unterscheiden.

Die Antragstellerin begründet den von ihr gewünschten Wertungsunterschied damit, dass Verbraucher überrascht wären, wenn sie innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Lieferfrist von zwei Monaten mit Entgelterhöhungen konfrontiert werden. Das träfe allerdings bei Dauerschuldverhältnissen nicht zu.

Diese Einschätzung der Antragstellerin trifft aus mehreren Gründen nicht zu:

Schon aus dogmatischer Sicht ist daran zu zweifeln, dass der Überraschungseignung im Rahmen einer Klauselkontrolle am Maßstab des §6 Abs2 Z4 KSchG eine Bedeutung zukommt. §6 Abs2 KSchG stellt – wie auch §6 Abs1 KSchG – eine Präzisierung des §879 Abs3 ABGB für Verbrauchergeschäfte dar. Es wird durch die Bestimmung sohin die gröbliche Benachteiligung iSd §879 Abs3 ABGB genauer definiert. Für eine solche gröbliche Benachteiligung ist allerdings keine Voraussetzung, dass eine Klausel überraschend ist. Im Rahmen einer Prüfung an der leg cit, wird geprüft, ob ein objektives Missverhältnis der Rechtspositionen zu Lasten des Verbrauchers vorliegt. Ob dieses Missverhältnis überraschend ist oder nicht, spielt im Rahmen dieser Klauselkontrolle keine Rolle. Selbst wenn man mit der Antragstellerin davon ausgehen möchte, dass Verbraucher bei Dauerschuldverhältnissen von einer Erhöhung schon wenige Wochen nach Vertragsschluss nicht überrascht wären, würde das nicht zur Verfassungswidrigkeit führen.

Die Äquivalenzstörung, die durch §879 Abs3 ABGB und §6 Abs2 Z4 KSchG hintangehalten werden soll, besteht bei einer Preisänderung in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss bei Ziel- und Dauerschuldverhältnissen gleichermaßen. Wenn sich der Unternehmer formularvertraglich (!) das Recht zur Entgeltänderung schon in den ersten beiden Monaten vorbehält, dann wir genau jenes objektive Missverhältnis der Rechtspositionen verwirklicht, vor dem §6 Abs2 Z4 KSchG den Verbraucher, als wirtschaftlich schwächere Vertragspartei, schützen möchte.

Selbst wenn man aber der Überraschungseignung eine Bedeutung zukommen lassen wollte, ist diese sowohl bei Dauer- als auch bei Zielschuldverhältnissen gleichermaßen gegeben: Es ist in beiden Fällen gleichermaßen überraschend, dass sich ein Vertragspartner schon in den ersten beiden Monaten formularvertraglich von einem gegeben Preisversprechen befreien möchte. Auch im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen (vgl Telekommunikationsverträge, Mietverträge, Abonnementverträge usw) ist eine Preisanpassung in den ersten beiden Monaten nicht üblich und wird der Preis idR einmal im Jahr angepasst. Eine davon abweichende Klausel ist sohin auch bei Dauerschuldverhältnissen ebenso überraschend wie bei Zielschuldverhältnissen.

Wenn die Antragstellerin mehrmals davon spricht, dass ein 'legitimes Interesse' zur Preisanpassung in den ersten beiden Monaten besteht, dann ist ihr entgegenzuhalten, dass §6 Abs2 Z4 KSchG kein generelles Verbot einer solchen Preisanpassung statuiert, sondern vielmehr lediglich die formularvertragliche Vereinbarung einer solche Vertragsbestimmung verbietet. Es bleibt der Antragstellerin sowie allen anderen Unternehmern unbenommen, einzelvertraglich Verträge mit einer Preisanpassung innerhalb der ersten beiden Monate zu vereinbaren.

Wenn die Antragstellerin beanstandet, dass ihr §30 MRG keine Kündigung von Dauerschuldverhältnissen ermöglicht und sie damit die Verfassungswidrigkeit des §6 Abs2 Z4 KSchG argumentieren möchte, dann liegt das von ihr vermeintlich erblickte verfassungsrechtliche Problem allenfalls in §30 MRG. Ein Anhaltspunkt für die Unzulässigkeit von §6 Abs2 Z4 KSchG ergibt sich daraus aber nicht.

Für die mitbeteiligte Partei ist sohin nicht erkennbar, auf welcher Grundlage eine Gleichheitswidrigkeit iSd Art7 B-VG und Art2 StGG der Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG erblickt werden könnte. Eine verfassungswidrige Gleichbehandlung von Ungleichem ist durch die bekämpfte Bestimmung jedenfalls nicht verwirklicht.

2. Keine Verletzung der Eigentumsgarantie (Art1 1.ZPEMRK und Art5 StGG):

§6 Abs2 Z4 KSchG dient - einen Eingriff in den Schutzbereich dieser Grundrechte vorausgesetzt – dem Konsumentenschutz und liegt somit im öffentlichen Interesse.

Konkret sollen Verbraucher nicht schon in den ersten beiden Monaten nach Vertragsschluss mit Preiserhöhungen konfrontiert werden, wenn sie diese nicht individualvertraglich vereinbart haben. Diese Bestimmung soll Verbraucher davor schützen, dass sie durch 'Lockangebote' vermeintlich günstige Verträge abschließen, die aber nach kurzer Zeit sich wesentlich verteuern. Die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KschG ist zur Erreichung dieses Zieles geeignet, weil die Rechte des Konsumenten durch diese Bestimmung effektiv geschützt werden. Ein gelinderes Mittel zur effektiven Zielerreichung ist nicht ersichtlich.

Darüber hinaus besteht auch ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Eingriff in die Vertragsfreiheit der Antragstellerin und dem Schutz der Verbraucher: Erstens behauptet die Antragstellerin im Grundverfahren ohnedies, dass die von ihr verwendete vertragliche Regelung gar keine Möglichkeit zur Entgelterhöhung in den ersten beiden Monaten böte und zweitens ist es der Antragstellerin im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit zumutbar, die Anforderung des §6 Abs2 Z4 KSchG zu erfüllen, nämlich die Preise so zu kalkulieren, dass eine Preiserhöhung in den ersten zwei Monaten nach Vertragsschluss nicht notwendig ist oder sie einzelvertragliche Vereinbarungen über die mögliche Preiserhöhungen schließt.

In die Erwerbsfreiheit der Antragstellerin wird sohin – wenn überhaupt – nur in einem Ausmaß eingegriffen, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht jedenfalls noch zulässig ist."

1.5. Die antragstellende Partei erstattete daraufhin eine Gegenäußerung zur Äußerung der Klägerin im gerichtlichen Ausgangsverfahren:

"1. Verletzung des Gleichheitssatzes und des Sachlichkeitsgebots (Art7 B-VG, Art2 StGG)

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist der allgemeine Gleichheitsgrundsatz auch juristischen Personen des Privatrechts gegenüber zu beachten. Nach der zwischenzeitig ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes umfasst er sogar ein allgemeines Sachlichkeitsgebot, das auch anwendbar ist, wenn eine Ungleichbehandlung überhaupt nicht in Rede steht (M. Pöschl in Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, §192, Rz 28).

1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH verbietet der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, ohne sachliche Rechtfertigung Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber muss daher an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend ungleichen Rechtsfolgen führen. Nur dann, wenn gesetzliche Differenzierungen aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind, entspricht eine Regelung dem Gleichheitssatz.

1.3. Durch den Gleichheitssatz wird daher nicht nur die Vollziehung, sondern auch der Gesetzgeber gebunden (VfSlg 13.327; VfSlg 16.407/2001). Er setzt dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (VfSlg 14.039/1995, VfSlg 16.407/2001). Im Zusammenhang mit dem Gleichheitsgrundsatz ist außerdem zu prüfen, ob der Gesetzgeber seine Ziele mit insgesamt geeigneten und maßhaltenden Mitteln verfolgt. So wird der Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn der Gesetzgeber zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen (siehe zB VfSlg 14.039/1995; VfSlg 16.407/2001).

1.4. Im gegenständlichen Fall behandelt die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG Ziel- und Dauerschuldverhältnisse gleich, obwohl sich diese Rechtsinstitute grundlegend voneinander unterscheiden. Im Hinblick auf Zielschuldverhältnisse ist der Zweck des §6 Abs2 Z4 KSchG verständlich und nachvollziehbar. Vorformulierte Vereinbarungen, die den Unternehmer im Falle von Zielschuldverhältnissen zu einer Entgelterhöhung berechtigten, überraschen nämlich den Verbraucher, wenn die Leistung innerhalb verhältnismäßig kurzer Lieferfristen von zwei Monaten zu erbringen ist (Apathy/Frössel, ABGB: Praxiskommentar IX5 [2022] §6 KSchG Rz 78 mwN).

1.5. Der Berufungsgegner führt in diesem Zusammenhang aus, dass es nicht von Relevanz sei, ob es sich um ein Ziel- oder ein Dauerschuldverhältnis handeln würde. Dies ist jedoch nicht richtig. Zielschuldverhältnisse enden mit vollständiger Leistungserbringung, sodass Preisanpassungen oft keine Rolle spielen. Dauerschuldverhältnisse sind langfristig angelegt und unterliegen wirtschaftlichen Veränderungen (z. B. Inflation), weshalb eine Preisanpassung erforderlich sein kann. Insbesondere von Kronthaler (wobl 2023, 414) wurde ausführlich und mit überzeugenden historischen Argumenten dargelegt, dass die Norm gar nicht auf Dauerschuldverhältnisse anwendbar sein soll. Die Entstehungsgeschichte von §6 Abs2 Z4 KSchG und der Zweck der Norm lassen berechtigte Zweifel aufkommen, ob die Regelung überhaupt auf langfristige Dauerschuldverhältnisse – worunter zwangsläufig auch Mietverträge fallen – anwendbar sein sollen. Begründet wurde dies von Kronthaler damit, dass das Ziel des Gesetzgebers offenkundig war, Verbrauchern für Verträge, die sehr kurzfristig vom Unternehmer vollständig erfüllt werden, einen 'Fixpreis' zu garantieren. Will der Unternehmer diese Konsequenz vermeiden, so muss er mit dem Verbraucher eine abweichende Vereinbarung treffen. Kronthaler führt weiter richtig aus, dass der Zweck, Verbraucher vor überraschenden Preiserhöhungen zu schützen nicht verlangt, dass sie auf alle langfristigen oder gar unbefristeten Dauerschuldverhältnisse zur Anwendung zu bringen sind.

1.6. Nunmehr hat der OGH jedoch in einigen Entscheidungen ausgesprochen, dass §6 Abs2 Z4 KSchG sehr wohl auf Dauerschuldverhältnisse anwendbar ist. Die Anwendbarkeit auf Dauerschuldverhältnisse ist in Hinblick auf die historische Entwicklung jedoch keinesfalls selbstverständlich und entspricht auch nicht der damals bezweckten Absicht des Gesetzgebers. Normen müssen jedoch nicht nur im Zeitpunkt ihrer Erlassung, sondern jederzeit dem Gleichheitssatz entsprechen (VfSlg 11.048/1986, 12.735/1991, 13.777/1994, 16.374/2001). Ändern sich daher die Umstände, die die Sachlichkeit einer Unterscheidung oder einer Regelung ganz allgemein begründen, so kann diese Vorschrift nachträglich gleichheitswidrig werden. Eine solche Invalidation ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eingetreten.

1.7. Dauerschuldverhältnisse sind gerade durch den Umstand geprägt, dass das vertragliche Verhältnis über einen längeren Zeitraum hinweg andauert; bei unbefristeten Vertragsverhältnissen steht der Zeitpunkt der Beendigung des vertraglichen Verhältnisses dabei im Vorhinein nicht einmal fest. Auch sieht der Gesetzgeber bei Dauerschuldverhältnissen oftmals Kündigungsbeschränkungen vor, das eindrucksvollste Beispiel hierfür stellt §30 MRG dar. Bei Dauerschuldverhältnissen besteht sohin ein legitimes Interesse an der Wertsicherung und ist auch keine Rechtfertigung für ein Anpassungsverbot innerhalb der ersten beiden Monate zu erblicken. Insbesondere kann eine entsprechende Anpassung für den Verbraucher nicht überraschend sein, da dieser aufgrund der Natur des Dauerschuldverhältnisses mit einer Indexierung rechnen muss. Schließlich würde sich die Regelung des §6 Abs2 Z4 KSchG im Allgemeinen als unsachlich und unverhältnismäßig erweisen, falls ein Verstoß gegen diese Bestimmung den Wegfall der gesamten Wertsicherungsklausel zur Folge hätte. Konkret würde es dadurch zu einer unsachlichen und nicht zu rechtfertigenden Sicherstellung des Vertragspartners des Klauselverwenders kommen. Im gegenständlichen Fall würde sohin ein Verstoß gegen die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG dazu führen, dass die Antragstellerin – trotz erheblicher Inflation in den letzten Monaten – keine Anpassungen des Hauptmietzinses vornehmen darf, an den Mietvertrag gebunden ist und ihr eine Kündigung nach §30 MRG verwehrt ist. Dies stellt einerseits eine Gleichheitswidrigkeit aber auch einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht der Antragstellerin dar.

1.8. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH verbietet der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, ohne sachliche Rechtfertigung Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber muss daher an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend ungleichen Rechtsfolgen führen. Nur dann, wenn gesetzliche Differenzierungen aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind, entspricht eine Regelung dem Gleichheitssatz. […] Es ist nicht ersichtlich wieso (kurzfristige) Zielschuldverhältnisse gleich behandelt werden wie langfristige (seitens der Antragstellerin bzw sonstigen Vermieterin nicht ordentlich kündbare) Dauerschuldverhältnisse.

1.9. Im gegenständlichen Fall werden sohin mit der hier betroffenen Regelung des §6 Abs2 Z4 KSchG in mehrfacher Hinsicht an ungleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen geknüpft, weshalb die angefochtene Norm gleichheitswidrig ist:

1.10. §6 Abs2 Z4 KSchG behandelt wesentlich unterschiedliche Schuldverhältnisse gleich. Die Regelung führt zu einer unsachlichen Schlechterstellung von Vermietern, insbesondere in Hochinflationszeiten; Die Versagung einer Preisanpassung innerhalb der ersten zwei Monate nimmt den Vermietern die Möglichkeit, ihre wirtschaftliche Grundlage abzusichern. Ein starres Verbot der Anpassung in den ersten zwei Monaten trifft Vermieter unverhältnismäßig hart, während andere wirtschaftliche Akteure in ähnlichen Vertragsverhältnissen (z. B. Banken bei Kreditverträgen) Preisanpassungen vornehmen können.

1.11. Die Regelung widerspricht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, da es mildere Mittel gäbe, um das Ziel des Verbraucherschutzes zu erreichen, nämlich eine Einschränkung auf Zielschuldverhältnisse vorzusehen und sohin Dauerschuldverhältnisse auszunehmen. Dauerschuldverhältnisse sind gerade durch ihre Langfristigkeit gekennzeichnet. In Zeiten hoher Inflation oder stark schwankender wirtschaftlicher Bedingungen (wie in den letzten Jahren) ist eine Wertsicherung zwingend notwendig, um die Vertragsparteien fair zu behandeln.

1.12. In Ansehung des soeben Gesagten erweist sich die in Rede stehende Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG als gleichheitswidrig, da sie sich mit Art7 B-VG und Art2 StGG nicht in Einklang bringen lässt.

2. Verletzung der Eigentumsgarantie (Art1 1. ZPEMRK sowie Art5 StGG)

2.1. Nach der Rsp des VfGH ist der sachliche Schutzbereich der in Art1 1. ZPEMRK sowie Art5 StGG verbrieften Eigentumsgarantie weit auszulegen. Vom Schutzbereich des Eigentums ist nicht nur das Eigentum an körperlichen Sachen selbst umfasst; vielmehr werden auch sonstige gefestigte Rechtspositionen vom sachlichen Schutzbereich des Art1 1. ZPEMRK sowie Art5 StGG erfasst, wie etwa Mietrechte, Pachtrechte, Fischereirechte, das Recht auf Abschluss eines Vertrages sowie die aus einem Vertrag entspringenden Rechte. Somit stellen auch Eingriffe in die Privatautonomie einen Eingriff in Art1 1. ZPEMRK respektive in Art5 StGG dar (siehe bloß exemplarisch ).

2.2. Im gegenständlichen Fall bewirkt die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG eine Einschränkung der Eigentumsgarantie, da sie nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklauseln zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss eine Entgelterhöhung zulassen, für nicht verbindlich iSd §879 Abs3 ABGB erklärt; dies beeinträchtigt die Privatautonomie. Die Einschränkung ist, wie bereits in den Ausführungen unter Punkt 3.1 dargelegt wurde, insoweit gerechtfertigt und nachvollziehbar, als Zielschuldverhältnisse betroffen sind. Bei kurzen Lieferfristen sind entsprechende Klauseln nämlich für den Verbraucher überraschend. Bei Dauerschuldverhältnissen lässt sich eine solche sachliche Rechtfertigung jedoch nicht erblicken.

2.3. Wertsicherungsklauseln, die auch innerhalb der ersten beiden Monate ab Vertragsabschluss eine Indexanpassung ermöglichen sind bei Dauerschuldverhältnissen für den Verbraucher nicht überraschend, sondern muss dieser vielmehr mit Wertanpassungen rechnen. Die Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG ist deshalb zu weitgreifend und unverhältnismäßig; aus diesem Grund verletzt sie auch Art1 1. ZPEMRK sowie Art5 StGG. Die Verhinderung von überraschenden Preiserhöhungen könnte zwar ein legitimes Ziel sein, jedoch ist die pauschale Anwendung des Verbots auf alle Dauerschuldverhältnisse (inkl. Mietverträge) nicht erforderlich und unangemessen: Dauerschuldverhältnisse unterscheiden sich von Zielschuldverhältnissen, da der Verbraucher mit langfristigen Wertsicherungsmechanismen rechnen muss. Es gibt mildere Alternativen, z. B. eine transparente Informationspflicht über Preisänderungen oder eine Mindestfrist für die Ankündigung von Erhöhungen.

2.4. Das österreichische Mietrecht enthält bereits zahlreiche Schutzmechanismen für Mieter, wie etwa:

- Die Begrenzung von Mietzinserhöhungen etwa im Richtwert- und Kategoriemietzins.

- Kündigungsbeschränkungen nach §30 MRG.

- Anfechtungsmöglichkeiten gegen überhöhte Mieten etwa nach §16 MRG.

2.5. Die zusätzliche Beschränkung durch §6 Abs2 Z4 KSchG führt dazu, dass Vermieter doppelt benachteiligt werden:

- Sie können den Mietzins in den ersten zwei Monaten nicht anpassen.

- Gleichzeitig sind sie durch das MRG uU bereits an strenge Mietzinsregelungen gebunden.

2.6. Dies verschiebt das Gleichgewicht zugunsten der Mieter auf eine Weise, die nicht mehr verhältnismäßig ist.

2.7. Vermietungsrechte und die Möglichkeit zur Wertsicherung stellen eine gefestigte Rechtsposition dar. Der Ausschluss der Anpassungsmöglichkeit in den ersten zwei Monaten greift somit unmittelbar in das Eigentumsrecht des Vermieters ein.

3. Conclusio

Die Regelung des §6 Abs2 Z4 KSchG verstößt sowohl gegen die Eigentumsgarantie (Art1 1. ZPEMRK, Art5 StGG) als auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Sachlichkeitsgebot (Art7 B-VG, Art2 StGG). Die zentralen Gründe hierfür sind:

3.1. Unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsrecht

- Die Eigentumsgarantie schützt nicht nur körperliche Sachen, sondern auch wirtschaftlich nutzbare Rechtspositionen wie Mietverträge.

- Durch das Verbot der Preisanpassung innerhalb der ersten zwei Monate eines Dauerschuldverhältnisses wird das Eigentumsrecht des Vermieters unzumutbar eingeschränkt.

- Dies führt insbesondere in Inflationszeiten dazu, dass der Vermieter erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, ohne dass er diese kompensieren kann.

3.2. Unzulässiger Eingriff in die Privatautonomie

- Die Vertragsfreiheit ist ein Kernbestandteil der Eigentumsfreiheit.

- Die gesetzliche Vorgabe, dass eine Wertsicherungsklausel in den ersten zwei Monaten unzulässig ist, selbst wenn beide Vertragsparteien einverstanden sind, stellt eine unverhältnismäßige Einschränkung der Vertragsfreiheit dar.

3.3. Unsachliche Gleichbehandlung von unterschiedlichen Vertragsarten

- Der Gleichheitssatz verlangt, dass wesentlich ungleiche Sachverhalte auch ungleich behandelt werden.

- Zielschuldverhältnisse (z. B. Kaufverträge mit kurzfristiger Erfüllung) und Dauerschuldverhältnisse (z. B. Mietverträge) unterscheiden sich erheblich.

- Eine Gleichbehandlung dieser unterschiedlichen Vertragsarten ist unsachlich und nicht gerechtfertigt.

3.4. Systemwidrigkeit im Mietrecht

- Das Mietrecht enthält bereits Schutzmechanismen für Mieter (z. B. Mietzinsbegrenzungen, Kündigungsbeschränkungen).

- Die zusätzliche Einschränkung durch §6 Abs2 Z4 KSchG führt zu einer doppelten Belastung der Vermieter, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar wäre.

3.5. Widerspruch zur wirtschaftlichen Realität

- Die Vorschrift geht von einer statischen Preisentwicklung aus, während in der Realität langfristige Mietverhältnisse stark von Inflationsentwicklungen betroffen sind.

- Eine starre Begrenzung der Wertsicherung verletzt daher das Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil es mildere Alternativen gäbe (z. B. Transparenzpflichten oder Kündigungsmöglichkeiten für Mieter bei Preisanpassungen)."

2. Zu G37/2025 ua

2.1. Die antragstellende Partei ist Eigentümerin zahlreicher Immobilien, die sie durch Vermietung und Verpachtung auch an Verbraucher bewirtschaftet. In der Vergangenheit legte sie ihren Mietverträgen allgemeine Geschäftsbedingungen bzw Vertragsformblätter zugrunde, die unter anderem folgende Klauseln enthalten:

"1. Wohnung Top Nr ..., mit einer Nutzfläche von ca 54,47 m² zuzüglich eines Balkons im Ausmaß von ca 2,72 m², zuzüglich einer Loggia im Ausmaß von ca 3,03 m² lt. beiliegendem Plan, Beilage ./1; allfällige Flächenabweichungen bleiben unberücksichtigt.[…]

3. Zusätzlich zum Hauptmietzins hat der Mieter die auf den gegenständlichen Mietgegenstand entfallenen Betriebskosten und die Umsatzsteuer zu zahlen. Betriebskosten sind die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für […] sie [sic!] angemessene Versicherung des Gebäudes gegen Brandschaden (Feuerversicherung), gegen Leitungswasserschäden einschließlich Korrosionsschäden, sowie die angemessene Versicherung gegen Feuer-, Glasbruch- und Sturmschäden. (3.2.4.)

4. Zusätzlich zum Hauptmietzins hat der Mieter die auf den gegenständlichen Mietgegenstand entfallenen Betriebskosten und die Umsatzsteuer zu zahlen. Betriebskosten sind die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für […] die Versicherung des Gebäudes gegen die gesetzliche Haftpflicht des Hauseigentümers (Haftpflichtversicherung); (3.2.5.) […]

13. Die Wertsicherung erfolgt auf der Basis des von der STATISTIK AUSTRIA Bundesanstalt öffentlichen Rechts Statistik Österreich monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2020. Ausgangsbasis ist die Indexzahl des Monats des Mietbeginnes. Die Berechnung erfolgt einmal jährlich am Beginn des Kalenderjahres (dh ab Jänner des Kalenderjahres), erstmalig in dem der Ausgangsbasis folgenden Kalenderjahr. Der Hauptmietzins und eine allfällig [sic!] Möbelmiete erhöhen sich in dem Verhältnis, in dem sich die zuletzt bekanntgegebene Indexzahl gegenüber der Ausgangsbasis erhöht hat Eine Verringerung des Hauptmietzinses bzw der Möbelmiete ist ausgeschlossen. (5.2.) […]

16. Allfällige Investitionen, die bei Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Mietgegenstand niet- und nagelfest verbunden sind und auf deren Beseitigung der Vermieter nicht besteht, gehen ohne Anspruch auf Aufwandersatz in das Eigentum des Vermieters über. (8.3.)"

2.2. Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte als klagsbefugter Verband iSd §29 KSchG begehrte von der antragstellenden Partei, die Verwendung näher bezeichneter Klauseln (darunter die genannten) oder sinngleicher in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern zu unterlassen, und es zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen.

2.3. Mit Urteil vom erkannte das Handelsgericht Wien die antragstellende Partei für schuldig, die Verwendung näher bezeichneter Klauseln (darunter die genannten) oder sinngleicher Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern für den Abschluss von Wohnungsmietverträgen im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes iSd §1 Abs4 MRG im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, und es zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt von abgeschlossenen Verträgen geworden sind. Begründend führte das Handelsgericht Wien im Wesentlichen aus, dass bei "kundenfeindlichster" Auslegung die Klauseln 1, 3, 4 und 16 gegen §879 Abs3 ABGB und die Klausel 13 gegen §6 Abs2 Z4 KSchG verstießen.

2.4. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin bringt sie im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums im Wesentlichen die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §6 Abs2 Z4 KSchG vor wie die antragstellende Partei im zur Geschäftszahl G170/2024 protokollierten Antrag. Darüber hinaus bringt die antragstellende Partei vor, §6 Abs2 Z4 KSchG verstoße gegen die Erwerbsfreiheit. In Bezug auf §879 Abs3 ABGB bringt die antragstellende Partei im Wesentlichen verfassungsrechtliche Bedenken dahingehend vor, dass die darin verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriffe zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führten. In Verbindung mit der drastischen Rechtsfolge der Nichtigkeit, die §879 Abs3 ABGB vorsehe, verstoße die Bestimmung gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil für den Normadressaten das Ergebnis der Anwendung der Bestimmung nicht vorhersehbar sei. Die Unbestimmtheit der Begriffe wiege in Verbandsverfahren wegen der abstrakten Prüfung des Wortlautes der Klauseln umso schwerer. Im Anwendungsbereich von unionsrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften sei außerdem bei Wegfall einer gröblich benachteiligenden Klausel die Lückenfüllung durch dispositives Recht ausgeschlossen. Aus eben diesen Gründen sei §879 Abs3 ABGB auch unverhältnismäßig und verstoße gegen Art5 und 6 StGG. Die Bestimmung verstoße ferner gegen den Bestimmtheitsgrundsatz gemäß Art18 B-VG, weil eine vom Gericht getroffene Entscheidung unter Ausschöpfung aller Interpretationsmethoden nicht auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit geprüft werden könne.

2.5. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den Bedenken der antragstellenden Partei gegen §6 Abs2 Z4 KSchG und §879 Abs3 ABGB entgegentritt:

"1. Zu den Bedenken gegen §6 Abs2 Z4 KSchG:

1.1. Die Antragstellerin erblickt eine Verfassungswidrigkeit zunächst darin, dass die angefochtene Bestimmung Ziel- und Dauerschuldverhältnisse gleich behandle, obwohl sich diese Rechtsinstitute grundlegend voneinander unterscheiden würden. Dadurch, dass die Gesetzgebung nicht zwischen Ziel- und Dauerschuldverhältnissen differenziere, sei die angefochtene Bestimmung gleichheitswidrig und verstoße gegen Art7 B-VG und Art2 StGG. Anders als bei einem Zielschuldverhältnis würde der Verbraucher bei einem Dauerschuldverhältnis damit rechnen, dass bei einer Leistungserbringung über lange Zeiträume eine Wertsicherung des Entgelts stattfindet. Eine entsprechende Vereinbarung überrasche den Verbraucher daher nicht. Bei Dauerschuldverhältnissen sei das besondere Bedürfnis des Unternehmers zu berücksichtigen, das Entgelt für die Dauer des Schuldverhältnisses vor einer Geldentwertung zu schützen; eine Wertsicherungsvereinbarung verfolge zudem den legitimen Zweck, die Äquivalenz der wechselseitigen Leistungen im Vertragsverhältnis zu bewahren.

1.2. Der Gesetzgebung ist bei der Entscheidung, welche Ziele sie mit ihren Regelungen verfolgt, innerhalb der verfassungsrechtlichen Schranken ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt (vgl VfSlg 11.483/1987 und 12.481/1990). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt ihm daher grundsätzlich nicht die Beurteilung zu, ob die Verfolgung eines bestimmten Zieles zweckmäßig ist; er kann der Gesetzgebung nur entgegentreten, wenn diese Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (vgl VfSlg 9911/1983, 11.483/1987, 11.652/1988 und 12.082/1989).

Der Gleichheitssatz setzt der Gesetzgebung insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl VfSlg 17.315/2004 und 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl VfSlg 14.039/1995 und 16.407/2001). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann die Gesetzgebung von einer Durchschnittbetrachtung ausgehen (vgl VfSlg 3595/1959, 5318/1966, 8457/1978, 8871/1980, 11.469/1987 und 11.615/1988). Ein Gesetz ist somit nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird (vgl VfSlg 20.343/2019 und 20.470/2021). Der Gesetzgebung ist es vielmehr gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen. Das Entstehen von Härtefällen macht für sich alleine eine Regelung noch nicht unsachlich (vgl VfSlg 16.771/2002).

1.3. Wie bereits dargelegt, hat §6 Abs2 Z4 KSchG den Fall vor Augen, dass durch die – nicht im Einzelnen ausverhandelte – Preisgestaltung zunächst beim Verbraucher das Vertrauen in einen (mindestens zwei Monate überdauernden) Fixpreis erweckt und dieses Vertrauen enttäuscht wird, weil sich der Unternehmer durch eine irgendwo anders im Vertrag enthaltene Bestimmung (beispielsweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) offenhält, innerhalb kurzer Zeit ein höheres Entgelt zu verlangen (AB 1223 BlgNR XIV. GP, 2 f.). Zweck der Norm ist somit die Verhinderung des Überraschungsmomentes.

Es mag zutreffend sein, dass im Fall von Dauerschuldverhältnissen die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel per se für den Verbraucher im Regelfall nicht überraschend ist. Von dem Umstand, dass eine Wertsicherungsklausel vereinbart wird, ist aber die Frage zu trennen, ob diese Wertsicherungsklausel bereits innerhalb der ersten zwei Monate eine Entgelterhöhung ermöglicht. Selbst wenn ein Verbraucher annehmen muss, dass das Entgelt im Dauerschuldverhältnis wertgesichert vereinbart ist, wird er zumeist dennoch überrascht sein, wenn eine solche Erhöhung bereits kurz nach Vertragsbeginn eintritt. Die Überraschung liegt dabei darin, dass sich der Vertragspartner schon in den ersten beiden Monaten formularvertraglich von einem gegebenen Preisversprechen befreien möchte. Insofern unterscheiden sich Dauerschuldverhältnisse nicht so grundlegend von Zielschuldverhältnissen, dass eine Differenzierung in §6 Abs2 Z4 KSchG von Verfassungs wegen notwendig wäre. Vielmehr verfügt die Gesetzgebung bei der Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen Vertragsbestimmungen im Verbraucherrecht nicht verbindlich sind, über einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum.

Zu beachten ist dabei, dass §6 Abs2 Z4 KSchG Unternehmer nicht daran hindert, wirksam Wertsicherungsklauseln zu vereinbaren. Es ist – sofern die Wertsicherungsklausel nicht ohnehin im Einzelnen ausgehandelt wird – lediglich darauf zu achten, dass es auf Grund der Wertsicherungsklausel zu keiner Erhöhung innerhalb der ersten zwei Monate kommt; dies kann dadurch sichergestellt werden, dass eine solche Erhöhung innerhalb der ersten beiden Monate explizit ausgeschlossen wird. Die vom Unternehmer in Kauf zu nehmende Einschränkung ist zudem auf zwei Monate beschränkt: Ab dem dritten Monat erreicht das Entgelt dasselbe Niveau, auf dem es ohne den Ausschluss der Wertsicherung für die ersten beiden Monate läge. Die Wertsicherung kann nämlich – ungeachtet des §6 Abs2 Z4 KSchG – während der ersten beiden Monate im Hintergrund weiterlaufen und dann ab dem dritten Monat auch in voller Höhe schlagend werden. Eine Unsachlichkeit bzw unzulässige Gleichbehandlung von Ungleichem kann darin nicht erblickt werden.

1.4. Soweit die Antragstellerin vorbringt, dass sich die Regelung des §6 Abs2 Z4 KSchG (iVm. §879 Abs3 ABGB) im Hinblick auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes als unverhältnismäßig erweisen würde, gibt die Bundesregierung zu bedenken, dass nach der zu Punkt I.3.1.7.1. zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Anwendungsbereich der Klausel-Richtlinie der ersatzlose Wegfall unzulässiger Klauseln selbst dann geboten sein kann, wenn sich daraus für den Unternehmer ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil ergibt (vgl etwa die Rs C-625/21, Gupfinger, in der der Ersatz des tatsächlich erlittenen Schadens beim unberechtigten Rücktritt durch den Kunden für unzulässig erachtet wurde, weil in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für diesen Fall auch eine unwirksame Stornogebühr vorgesehen war). Auch in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse wird vom Europäischen Gerichtshof ein massives wirtschaftliches Ungleichgewicht zulasten des Unternehmers in Kauf genommen (vgl etwa Rs C-520/21, Szcześniak gegen Bank M. SA, in der die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Kreditvertrags infolge Gesamtnichtigkeit wegen missbräuchlicher Klauseln im Ergebnis zu einem zinsenlosen Kredit für den Verbraucher führte; eine Auslegung des nationalen Rechts, wonach das Kreditinstitut von dem Verbraucher einen über die Erstattung des zur Erfüllung des genannten Vertrags gezahlten Kapitals hinausgehenden Ausgleich verlangen und damit eine Vergütung für die Nutzung dieses Kapitals durch den Verbraucher erhalten dürfte, würde dazu beitragen, den Abschreckungseffekt zu beseitigen, den die Nichtigerklärung des Vertrags für die Gewerbetreibenden hat). Zumindest in diesen Konstellationen ist der potentielle (gänzliche) Wegfall einer missbräuchlichen Klausel somit eine auch für Dauerschuldverhältnisse vorgesehene Konsequenz.

1.5. Die Antragstellerin bringt weiters vor, dass die angefochtene Bestimmung in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse eine Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsgarantie gemäß Art5 StGG und Art1 [1.] ZPEMRK darstelle. Die Bestimmung sei unverhältnismäßig, 'weil sie bei lange andauernden Vertragsverhältnissen, die auf der Seite des Unternehmers uU unkündbar sind, jegliche – nämlich auch jede legitime und in der Sache gerechtfertigte, wie etwa eine Wertsicherung – Änderung des Entgelts verhindern.'

Den Schutz des Art5 StGG genießt jedes vermögenswerte Privatrecht (vgl VfSlg 8201/1977, 9887/1983, 10.322/1985 und 16.636/2002). Dazu zählt auch die Privatautonomie (vgl VfSlg 12.227/1989, 17.071/2003, 18.829/2009, 19.873/2014 und 20.179/2017 mwN). Die Gesetzgebung kann aber angesichts des in Art5 StGG enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern sie dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl VfSlg 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl VfSlg 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999 und 17.071/2003) und nicht unverhältnismäßig ist (vgl etwa VfSlg 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998, 15.753/2000 und 20.179/2017 mwN).

§6 Abs2 Z4 KSchG dient aus den oben dargestellten Gründen dem Schutz der Verbraucher und liegt somit nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im öffentlichen Interesse (vgl zB VfSlg 11.853/1988, 16.222/2001 und 20.355/2019 mwN). Konkret soll die angefochtene Bestimmung Verbraucher davor schützen, vermeintlich günstige Verträge abzuschließen, die sich schon nach kurzer Zeit wesentlich verteuern können. Es besteht auch ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Eingriff in die Vertragsfreiheit der Antragstellerin und dem öffentlichen Interesse des Verbraucherschutzes, zumal der Unternehmer, wenn er befürchtet, die Kostenentwicklung selbst in einem so geringen Zeitraum wie in den zwei Monaten nach Vertragabschluss nicht hinreichend vorhersehen zu können, die Möglichkeit hat, eine Erhöhung des Entgelts auch für diesen Zeitraum im Einzelnen vertraglich auszuhandeln. Zur sachlichen Rechtfertigung des Eigentumseingriffes wird im Übrigen auf die Ausführungen unter Punkt III.1.1. bis 1.4. verwiesen.

1.6. Soweit die Antragstellerin eine Verletzung der Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG behauptet, lässt sich diesem Vorbringen nicht entnehmen, inwiefern §6 Abs2 Z4 KSchG in das Recht auf Erwerbsfreiheit eingreift. Nach Ansicht der Bundesregierung erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf diese Behauptung. Ungeachtet dessen, ob überhaupt ein Eingriff in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit vorliegt, wäre dieser im Interesse des Verbraucherschutzes aus den oben angeführten Gründen sachlich gerechtfertigt (vgl VfSlg 11.853/1988).

1.7. Die behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes sowie der Rechte auf Unversehrtheit des Eigentumes gemäß Art1 [1.] ZPEMRK bzw Art5 StGG sowie auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG liegt daher nach Auffassung der Bundesregierung nicht vor.

2. Zu den Bedenken gegen §879 Abs3 ABGB:

2.1. Die Antragstellerin bringt vor, §879 Abs3 ABGB sei unsachlich und verletzte daher Art7 B-VG. Die Unsachlichkeit ergebe sich daraus, dass die Wortfolgen 'nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt' sowie 'unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt' unbestimmt und das Ergebnis für den Normadressaten aus diesem Grund nicht vorhersehbar sei. §879 Abs3 ABGB greife durch seine Unbestimmtheit und seine drastische Rechtsfolge unverhältnismäßig in sämtliche Privatrechtsverhältnisse ein. Insofern würde die Bestimmung auch gegen Art5 und 6 StGG sowie gegen Art18 B-VG verstoßen.

2.2. Das in Art18 Abs1 B-VG verankerte Bestimmtheitsgebot gebietet im Allgemeinen, dass Gesetze einen Inhalt haben, durch den das Verhalten der Behörde oder des Gerichtes vorherbestimmt ist. Es kann allerdings im Hinblick auf den jeweiligen Regelungsgegenstand erforderlich sein, dass der Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung der gesetzlichen Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet und durch die damit zwangsläufig verbundenen Unschärfen von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt (vgl VfSlg 20.279/2018 und 13.785/1994;  ua mwN).

Ob eine Regelung dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl zB VfSlg 8209/1977, 9883/1983 und 12.947/1991). Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Erst wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art18 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl zB VfSlg 5993/1969, 7163/1973, 7521/1975, 8209/1977, 8395/1978, 11.499/1987, 14.466/1996, 14.631/1996, 15.493/1999, 16.137/2001 und 16.635/2002).

2.3. Den Erläuterungen zu §879 Abs3 ABGB ist die Absicht der Gesetzgebung zu entnehmen, mit dieser Bestimmung 'unfaire Vertragsbestimmungen, vor allem unfaires 'Kleingedrucktes', also unlautere Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter', zu verhindern (ErlRV 744 BlgNR XIV. GP, 46). Hintangehalten werden soll insbesondere der Missbrauch der Privatautonomie durch das Aufdrängen gröblich benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen durch einen typischerweise überlegenen Vertragspartner.

Die Inhaltskontrolle nach §879 Abs3 ABGB gilt nach dem Gesetzeswortlaut nur für 'Vertragsbestimmungen, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegen', beschränkt sich also auf Nebenbestimmungen. In den Gesetzesmaterialien wird dazu ausgeführt, dass damit etwa die in §885 ABGB genannten 'Hauptpunkte', also diejenigen Bestandteile, die die Parteien vereinbaren müssen, damit überhaupt ein hinreichend bestimmter Vertrag (s §869 ABGB) zustande kommt, gemeint sind. Wie oben unter Punkt I.3.2.4. ausgeführt, sind damit aber nicht alle Vertragsbestimmungen aus dem Geltungsbereich des §879 Abs3 ABGB ausgenommen, die die Leistung und das Entgelt betreffen. Das Wort 'festlegen' soll ausdrücken, dass mit der Ausnahme nur die individuelle zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen gemeint ist, nicht aber etwa Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die vertragstypische Leistung generell näher umschreiben (ErlRV 744 BlgNR XIV. GP, 47; vgl Riedler, aaO, Rz. 31).

Diese Auslegung liegt – wie bereits dargelegt – auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu Grunde. Danach ist die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenleistungspflicht so zu ziehen, dass die Ausnahmen von §879 Abs3 ABGB möglichst eng zu verstehen sind und auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt ist (vgl RS0016908 und RS0128209). Demnach sind nur Leistungsbeschreibungen der Inhaltskontrolle entzogen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, nicht jedoch Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder gar aushöhlen (vgl Laimer, aaO, Rz. 258 ff.). Nebenbestimmungen, welche die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln, unterliegen daher der Inhaltskontrolle (vgl RS0016931; Krejci, aaO, Rz. 374).

Auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes herrscht somit Rechtssicherheit in Bezug auf die Auslegung des in der angefochtenen Bestimmung enthaltenen Begriffs der 'Hauptleistung'. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Begriff 'Hauptgegenstand des Vertrages' – im Anwendungsbereich der Klausel-Richtlinie – sind im Sinn des Art4 Abs2 der Klausel-Richtlinie (nur) jene Klauseln zu verstehen, die die Hauptleistung des Vertrags festlegen und ihn als solche charakterisieren. Hingegen können Klauseln mit akzessorischem Charakter gegenüber denen, die das Wesen des Vertragsverhältnisses selbst definieren, nicht unter diesen Begriff fallen (vgl , Andriciuc ua, Rz. 35; , Kiss, Rz. 32 jeweils mwN).

Zum Begriff der 'gröblichen Benachteiligung' unter 'Berücksichtigung aller Umstände des Falles' wird auf die – oben unter Punkt I.3.2.5. wiedergegebene – ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hingewiesen. Aus dieser folgt, dass bei der Beurteilung, ob eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt wird, eine umfassende, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Interessensabwägung vorzunehmen ist. Insbesondere ist eine gröbliche Benachteiligung dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht und keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (vgl RS0016914).

Bereits aufgrund des Wortlauts, des Regelungszwecks und der zu dieser Bestimmung ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erweist sich §879 Abs3 ABGB nach Auffassung der Bundesregierung daher als ausreichend bestimmt im Sinne des Art18 Abs1 B-VG.

2.4. Zudem ist anzumerken, dass §879 Abs3 ABGB im Bereich der Anwendung auf Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern durch die Klausel-Richtlinie unionsrechtlich determiniert ist (siehe dazu Punkt I.3.2.6.1.; vgl Laimer, aaO, Rz. 253). Es liegt in der Natur von Generalklauseln, dass diese eine gewisse Abstraktion bzw Generalisierung aufweisen (müssen). Dementsprechend legen sowohl Art3 Abs1 der Klausel-Richtlinie als auch §879 Abs3 ABGB die Kriterien für die Prüfung der Missbräuchlichkeit von Klauseln relativ abstrakt fest, was eine Konkretisierung durch die Rechtsprechung im Einzelfall bedingt. Eine solche Generalklausel ist nicht nur unionsrechtlich geboten, sondern auch insofern erforderlich, als es angesichts der Fülle an denkbaren missbräuchlichen Klauseln – wie ein Blick auf die bislang zu §879 Abs3 ABGB ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung verdeutlicht – nicht möglich ist, im Gesetz jede Variante einzeln zu adressieren.

2.5. Soweit die Antragstellerin die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung im Hinblick auf deren 'drastische' Rechtsfolgen behauptet, weist die Bundesregierung darauf hin, dass der gänzliche, ersatzlose Wegfall der als missbräuchlich beurteilten Klausel europarechtlich determiniert ist; diese Rechtsfolge ergibt sich zwingend allerdings nur im Anwendungsbereich der Klausel-Richtlinie und somit nur im Fall eines Verbrauchergeschäfts (vgl dazu bereits Punkt I.3.2.6. und I.3.1.7.). Im österreichischen Zivilrecht bedeutet hingegen Nichtigkeit nicht in jedem Fall den vollständigen ersatzlosen Entfall der betreffenden vertraglichen Bestimmung. Im Fall der Anwendung des §879 Abs3 ABGB auf nicht der Klausel-Richtlinie unterliegende Verträge kommen sowohl eine geltungserhaltende Reduktion der missbräuchlichen Nebenbestimmung als auch ein Rückgriff auf das dispositive Recht bzw eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht.

2.6. Die Antragstellerin bringt überdies vor, dass die angefochtene Bestimmung aufgrund ihrer Unbestimmtheit und der Rechtsfolge der 'in die Vergangenheit wirkende[n] Nichtigkeit' auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes sowie der Eigentumsgarantie bewirken würde. Die Bundesregierung verweist hierzu auf ihre Ausführungen unter Punkt III.2.3. und III.2.4., die sinngemäß auch für die von der Antragstellerin (pauschal) vorgebrachten Bedenken in Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot und ihr Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gelten.

Soweit die Antragstellerin eine Verletzung der Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG behauptet, lässt sich diesem Vorbringen nicht entnehmen, inwiefern §879 Abs3 ABGB in das Recht auf Erwerbsfreiheit eingreift. Nach Ansicht der Bundesregierung erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf diese Behauptung."

2.6. Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte erstattete als Klägerin im gerichtlichen Ausgangsverfahren und beteiligte Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und den Bedenken der antragstellenden Partei entgegentritt. Die antragstellende Partei wende sich im Kern nur gegen die Handhabung der angefochtenen Bestimmungen durch die ordentlichen Gerichte, wodurch sie keine verfassungsrechtlichen Bedenken dartue. Die angefochtenen Bestimmungen seien geeignet und verhältnismäßig, um dem gewichtigen öffentlichen Interesse des Verbraucherschutzes bzw des Schutzes des typischerweise wirtschaftlich schwächeren Vertragspartners zu dienen. §6 Abs2 Z4 KSchG schütze den Verbraucher vor einer unerwarteten Preiserhöhung unmittelbar nach dem Vertragsschluss. Hinsichtlich einer solchen Überraschung sei ein Verbraucher auch bei Dauerschuldverhältnissen schutzwürdig, weshalb keine unsachliche Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte vorliege. Hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums und der Erwerbsfreiheit habe die antragstellende Partei kein substantiiertes Vorbringen erstattet. Zu §879 Abs3 ABGB habe die antragstellende Partei nur die Unbestimmtheit näher genannter Gesetzesbegriffe vorgebracht, jedoch keine Ungleichbehandlung oder Unsachlichkeit der Bestimmung dargetan. Ebenso ergebe sich daraus keine Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums oder der Erwerbsfreiheit. Die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe verletze auch nicht das Legalitätsprinzip. Die umfangreiche Judikatur des Obersten Gerichtshofes zeige, dass die angefochtene Bestimmung einer Auslegung zugänglich sei. Die gesetzliche Vorgabe, dass "alle Umstände des Falles" zu berücksichtigen seien, spreche für die Verfassungskonformität des §879 Abs3 ABGB.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die zu G170/2024 sowie G37/2025 ua protokollierten Gesetzesprüfungsverfahren gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §187 und §404 ZPO zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

1. Zur Zulässigkeit

Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.

1.1. Zu G170/2024

1.1.1. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B-VG).

1.1.2. Als beklagte Partei ist die antragstellende Partei auch Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit sie zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG berechtigt ist.

1.1.3. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat die antragstellende Partei dadurch Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen das Urteil vom am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).

Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Bezirksgerichtes Leopoldstadt davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.

1.1.4. Ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (VfSlg 20.029/2015; vgl VfSlg 20.010/2015).

Das Bezirksgericht Leopoldstadt hat jene Bestimmung, deren Verfassungswidrigkeit die antragstellende Partei behauptet, angewendet: Das Bezirksgericht Leopoldstadt sprach nämlich aus, dass der Kläger auf Grund einer nicht verbindlichen Wertsicherungsklausel einen überhöhten Mietzins bezahlt habe. Die Wertsicherungsklausel sei entgegen §6 Abs2 Z4 KSchG nicht im Einzelnen ausgehandelt worden und aus diesem Grund nicht verbindlich. Die angefochtene Bestimmung ist somit als präjudiziell anzusehen.

1.1.5. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass die antragstellende Partei §6 Abs2 Z4 KSchG in der Stammfassung BGBl 140/1979 anfechten wollte; dies ergibt sich eindeutig aus dem Umstand, dass die angefochtene Bestimmung bisher nicht novelliert wurde.

1.1.6. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der Antrag zulässig.

1.2. Zu G37/2025 ua

1.2.1. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B-VG).

1.2.2. Als beklagte Partei ist die antragstellende Partei auch Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit sie zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG berechtigt ist.

1.2.3. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat die antragstellende Partei dadurch Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).

Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Handelsgerichtes Wien davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.

1.2.4. Das Handelsgericht Wien hat jene Bestimmungen, deren Verfassungswidrigkeit die antragstellende Partei behauptet, angewendet: Das Handelsgericht Wien sprach aus, dass die antragstellende Partei näher bezeichnete Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw Vertragsformblättern nicht mehr verwenden oder sich auf diese berufen dürfe, weil diese gegen §6 Abs2 Z4 KSchG bzw §879 Abs3 ABGB verstießen. Die angefochtenen Bestimmungen sind somit als präjudiziell anzusehen.

1.2.5. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der Antrag zulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Die Anträge sind nicht begründet.

2.1. Zum Antrag auf Aufhebung des §6 Abs2 Z4 KSchG

2.1.1. Die antragstellenden Parteien bringen jeweils im Wesentlichen vor, §6 Abs2 Z4 KSchG sehe für Ziel- und Dauerschuldverhältnisse die gleiche Rechtsfolge vor und behandle dadurch Ungleiches gleich. Im Hinblick auf Zielschuldverhältnisse sei die angefochtene Bestimmung sachlich gerechtfertigt, weil eine Entgelterhöhung innerhalb einer Lieferzeit von zwei Monaten einen Verbraucher nachvollziehbar überrasche. Bei Dauerschuldverhältnissen bestehe hingegen ein legitimes Interesse an der Wertsicherung, und es gebe keine Rechtfertigung für ein Anpassungsverbot innerhalb der ersten zwei Monate. Es sei unsachlich und unverhältnismäßig, wenn ein Verstoß gegen §6 Abs2 Z4 KSchG zum Wegfall der gesamten Wertsicherung führe. §6 Abs2 Z4 KSchG greife außerdem in unzulässiger Weise in die Privatautonomie – und somit in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums – ein, indem die Bestimmung Vertragsklauseln, die nicht im Einzelnen ausgehandelt worden seien, für nicht verbindlich erkläre. Für diesen Eingriff gebe es keine sachliche Rechtfertigung.

2.1.2. Die im Verfahren zu G170/2024 beteiligte Partei tritt den Bedenken der antragstellenden Partei entgegen und bringt im Wesentlichen vor, dass der Überraschungseignung keine Bedeutung zukomme, weil §6 KSchG auf das Vorliegen eines Missverhältnisses zu Lasten des Verbrauchers abstelle. Die Äquivalenzsstörung bestehe sowohl bei Ziel- als auch bei Dauerschuldverhältnissen. Auch die Überraschungseignung sei gleichermaßen gegeben, weil es bei Dauerschuldverhältnissen üblich sei, Preise jährlich anzupassen. §6 Abs2 Z4 KSchG statuiere kein generelles Verbot, sodass das Wertsicherungsinteresse des Unternehmers nicht verletzt werde. Die angefochtene Bestimmung liege im öffentlichen Interesse, weil sie dem Konsumentenschutz diene. Verbraucher sollten davor geschützt werden, durch Lockangebote vermeintlich günstige Verträge abzuschließen, die nach kurzer Zeit teurer würden. Es sei Unternehmern zumutbar, im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit den Mietzins so zu berechnen, dass eine Anpassung in den ersten beiden Monaten nicht notwendig sei, oder eine Wertsicherungsklausel einzelvertraglich auszuhandeln.

2.1.3. Die Bundesregierung führt in ihrer (im Verfahren zu G37/2025 ua erstatteten) Äußerung zu den Bedenken im Wesentlichen aus, Ziel- und Dauerschuldverhältnisse seien hinsichtlich des Zweckes der Regelung, das Vertrauen des Verbrauchers auf einen mindestens zwei Monate überdauernden Fixpreis zu schützen, nicht derart grundlegend unterschiedlich, dass eine Differenzierung verfassungsrechtlich geboten wäre. Der Gesetzgeber verfüge bei der Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen Vertragsbestimmungen im Verbraucherrecht nicht verbindlich seien, über einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum.

§6 Abs2 Z4 KSchG hindere Unternehmer nicht daran, wirksam Wertsicherungsklauseln zu vereinbaren; es müsse nur eine Preiserhöhung innerhalb der ersten beiden Monate ausgeschlossen werden. Das Entgelt erreiche ab dem dritten Monat dasselbe Niveau, auf dem es ohne den Ausschluss für die ersten beiden Monate läge. Hinsichtlich der Rechtsfolgen habe der Gerichtshof der Europäischen Union ausgesprochen, dass der ersatzlose Wegfall unzulässiger Klauseln selbst dann geboten sein könne, wenn sich daraus für den Unternehmer ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil ergebe (vgl , Gupfinger). Der Gerichtshof der Europäischen Union nehme auch in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse ein massives wirtschaftliches Ungleichgewicht zu Lasten des Unternehmers in Kauf (vgl , Bank M.). §6 Abs2 Z4 KSchG verletzte das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht, weil der Verbraucherschutz im öffentlichen Interesse liege und verhindert werde, dass Verbraucher vermeintlich günstige Verträge abschlössen, die sich nach kurzer Zeit wesentlich verteuerten. Es bestehe ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Eingriff in die Vertragsfreiheit und dem öffentlichen Interesse. Der Unternehmer könne außerdem eine Preiserhöhung im Einzelnen aushandeln, falls er die Preisentwicklung in den ersten beiden Monaten nicht abschätzen könne. Inwiefern die Bestimmung in die Erwerbsfreiheit eingreife, lasse sich dem Antrag nicht entnehmen. Ungeachtet dessen sei ein Eingriff in die Erwerbsfreiheit im Interesse des Verbraucherschutzes gerechtfertigt.

Zu den Bedenken gegen §879 Abs3 ABGB führt die Bundesregierung im Wesentlichen aus, die Bestimmung sei bei Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden nicht unbestimmt. Den Gesetzesmaterialien sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung "unfaire Vertragsbestimmungen, vor allem unfaires 'Kleingedrucktes', also unlautere Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter" verhindern wollte. Es solle der Missbrauch der Privatautonomie durch das Aufdrängen gröblich benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen durch einen typischerweise überlegenen Vertragspartner hintangehalten werden. Die Inhaltskontrolle des §879 Abs3 ABGB sei auf Nebenbestimmungen beschränkt. Den Materialien und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei zu entnehmen, dass Bestimmungen, welche die Preisberechnung in allgemeiner Form regelten, dieser Inhaltskontrolle unterlägen. Auf Grund der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des Gerichtshofes der Europäischen Union herrsche Rechtssicherheit in Bezug auf die Auslegung des Begriffes der "Hauptleistung" in §879 Abs3 ABGB. Auch die Begriffe der "gröblichen Benachteiligung" und der "Umstände des Falles" seien im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausreichend bestimmt. Die relativ abstrakte Festlegung von Kriterien liege in der Natur von Generalklauseln. Angesichts der Fülle an denkbaren missbräuchlichen Klauseln sei eine Berücksichtigung jeder einzelnen Variante im Gesetz nicht möglich. §879 Abs3 ABGB verstoße dementsprechend nicht gegen das Legalitätsprinzip. Die in §879 Abs3 ABGB vorgesehene Rechtsfolge sei im Anwendungsbereich der sog Klausel-Richtlinie (Richtlinie 93/13/EWG über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. 1993 L 95, 29) unionsrechtlich determiniert. Außerhalb des Anwendungsbereiches dieser Richtlinie käme jedoch sowohl die geltungserhaltende Reduktion der missbräuchlichen Nebenbestimmung als auch ein Rückgriff auf das dispositive Recht in Betracht. Es liege kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums vor. Dem Antrag lasse sich nicht entnehmen, inwiefern die Bestimmung gegen die Erwerbsfreiheit verstoße.

2.1.4. Die angefochtene Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG steht in folgendem normativen Zusammenhang:

2.1.4.1. §6 Abs2 Z4 KSchG steht in einem engen Zusammenhang mit §6 Abs1 Z5 KSchG. Gemäß §6 Abs1 Z5 KSchG sind Vereinbarungen, nach denen dem Unternehmer auf sein Verlangen ein höheres Entgelt als das bei der Vertragsabschließung bestimmte zusteht, grundsätzlich wegen ihrer Unausgewogenheit nicht verbindlich (vgl Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 24). Wirksam sind derartige Vereinbarungen nur, wenn sie auch Preissenkungen zugunsten des Verbrauchers zulassen, die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag ausreichend umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind und der Eintritt der Preisänderung nicht vom Willen des Unternehmers abhängt. Enthält eine Wertsicherungsklausel außerdem die Möglichkeit des Unternehmers, bereits innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss eine Preiserhöhung vorzunehmen, muss sie – zusätzlich zu den Anforderungen des §6 Abs1 Z5 KSchG – gemäß §6 Abs2 Z4 KSchG mit dem Verbraucher im Einzelnen ausgehandelt werden (zu den Anforderungen des Aushandelns im Einzelnen s. Apathy/Frössel, §6 KSchG, in: Schwimann/Kodek [Hrsg.], Praxiskommentar ABGB5, 2021, Rz 3, mwN).

2.1.4.2. Die in einem engen Zusammenhang stehenden Bestimmungen in §6 Abs1 Z5 und Abs2 Z4 KSchG sind nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre sowohl auf Ziel- als auch auf Dauerschuldverhältnisse anzuwenden (zur Anwendbarkeit von §6 Abs2 Z4 KSchG auf Dauerschuldverhältnisse zB [Verbrauchergirokontovertrag]; , 3 Ob 12/09z, und , 5 Ob 159/09g [Leasingverträge]; s. , Rz 7 [Mietvertrag], mit Verweis auf [Heimträgervertrag]; , 2 Ob 198/10x [Leasingvertrag] und , 5 Ob 103/21i [Energielieferungsvertrag] sowie die herrschende Lehre, vgl Eccher, §6 Abs2 Z4 KSchG, in: Fenyves/Kerschner/Vonkilch [Hrsg.], Klang3, 2006, Rz 1; Fenyves/Rubin, Vereinbarung von Preisänderungen bei Dauerschuldverhältnissen und KSchG, ÖBA 2004, 347 [362]; Apathy/Frössel, aaO, Rz 78; Kathrein/Schoditsch, §6 KSchG, in: Bydlinsi/Perner/Spitzer [Hrsg.], KBB7, 2023, Rz 27; zur Anwendbarkeit von §6 Abs1 Z5 KSchG auf Dauerschuldverhältnisse zB ; , 9 Ob 62/04i; , 10 Ob 125/05p [Kreditverträge]; , 3 Ob 180/08d [Heimträgervertrag], , 10 Ob 23/24s [Mietvertrag], sowie die herrschende Lehre, vgl zB Kathrein/Schoditsch, aaO, Rz 10; zur Anwendbarkeit von §6 Abs1 Z5 und Abs2 Z4 KSchG in der älteren Literatur bereits Welser, Der Klauselkatalog des §6 KSchG, in: Krejci [Hrsg.], Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz, 1981, 333 [362]; Krejci, §6 KSchG, in: Rummel [Hrsg.], ABGB2, 1992, Rz 86; Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, Konsumentenschutzgesetz, 1993, 74 f.; Kathrein, §6 KSchG, in: Koziol/Bydlinski/Bollenberger [Hrsg.], ABGB, 2005, Rz 10 und 27).

Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei §6 Abs1 Z5 und Abs2 Z4 KSchG ausdrücklich auch Dauerschuldverhältnisse vor Augen hatte (Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 23 f. und 26, in denen exemplarisch auf Darlehen Bezug genommen wird und auf das Bedürfnis von Entgeltanpassungen "besonders bei längerfristigen Schuldverhältnissen […] – namentlich in Zeiten beschleunigter Preissteigerungen" hingewiesen wird).

§6 Abs1 Z5 und §6 Abs2 Z4 KSchG gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch für Verbrauchermietverträge (vgl ; , 8 Ob 37/23h; , 8 Ob 6/24a; , 10 Ob 23/24s; , 10 Ob 54/24z; , 8 Ob 81/24f).

2.1.4.3. §6 Abs1 Z5 KSchG verfolgt laut den Gesetzesmaterialien das Ziel, sachlich nicht gerechtfertigte Eingriffe des Unternehmers in das ursprüngliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu verhindern. Der Gesetzgeber geht in der angefochtenen Bestimmung davon aus, dass der Verbraucher in diesem Zusammenhang einem besonders großen Risiko ausgesetzt ist. Gleichzeitig erkennt der Gesetzgeber an, dass auf Unternehmerseite insbesondere bei längerfristigen Schuldverhältnissen auf Grund einer inflationären Preisentwicklung das Bedürfnis nach einer Entgeltanpassung bestehen kann (vgl Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 23 f.; vgl , Rz 9; , 10 Ob 23/24s, Rz 17 ff.; , 8 Ob 81/24f, Rz 18). Die Bestimmung strebt die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Wertverhältnisses von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Vertragslaufzeit an, ohne dass es durch die Wertsicherungsklausel zu einem darüberhinausgehenden "Zufallsgewinn" des Unternehmers kommt (vgl ; zur seit der Novelle BGBl I 6/1997 geforderten Zweiseitigkeit und sachlichen Rechtfertigung von Wertsicherungsklauseln s. Erläut zur RV 311 BlgNR 20. GP, 19 f.). Die Bestimmung soll außerdem Verbraucher vor überraschenden und sachlich nicht gerechtfertigten Preiserhöhungen schützen (vgl zuletzt ) und verhindern, dass ein unmittelbar vor dem Vertragsabschluss vorgenommener Preisvergleich verfälscht wird (vgl Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 23).

2.1.4.4. Der Gesetzgeber verfolgt mit §6 Abs2 Z4 KSchG im Grundsatz eine ähnliche Zielsetzung wie mit §6 Abs1 Z5 KSchG. Der Gesetzgeber geht (darüber hinaus) in §6 Abs2 Z4 KSchG davon aus, dass ein Unternehmer die Kostenentwicklung in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss grundsätzlich ausreichend vorhersehen kann. Meint der Unternehmer, das Entgelt auch für diesen kurzen Zeitraum nicht hinreichend kalkulieren zu können, steht es ihm frei, dies zu berücksichtigen und vertraglich mit dem Verbraucher zu regeln. Der Unternehmer muss diesfalls aber eine solche Vereinbarung im Einzelnen mit dem Verbraucher aushandeln, weil sie anderenfalls "zweifellos überraschend" ist (vgl Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 26).

Die angefochtene Bestimmung soll auch verhindern, dass der Preis im Vertrag zahlenmäßig bestimmt wird, sich der Unternehmer jedoch "irgendwo anders im Vertrag" die Möglichkeit offenhält, innerhalb kurzer Zeit ein höheres als das zahlenmäßig bestimmte Entgelt zu verlangen (vgl AB 1223 BlgNR 14. GP, 2). §6 Abs2 Z4 KSchG bewirkt sohin – außer im Fall einer individuell ausgehandelten Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers während der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss – eine Art "Festpreisgarantie". Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zB auch ein Mieter ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der zahlenmäßig vereinbarte Mietzins zumindest für die nächsten Monate verbindlich ist (vgl ; , 8 Ob 6/24a).

2.1.4.5. Eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die gegen §6 Abs2 Z4 KSchG verstößt, kann vom Verbraucher, in dessen Vertrag die Klausel Eingang gefunden hat, (in einem Individualverfahren) gerichtlich bekämpft werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Verbandsklage gemäß §28 KSchG durch die in §29 KSchG genannten Rechtsträger. In Verbandsverfahren steht das öffentliche Interesse, den Rechtsverkehr von rechtswidrigen Praktiken und Vertragsbedingungen zu befreien, im Vordergrund. Die beanstandeten Klauseln werden im Verbandsverfahren objektiv geprüft, weshalb von der für den Kunden nachteiligsten Auslegungsvariante ausgegangen wird (allgemein zur Verbandsklage s. etwa Binder/Keiler, Zu §§28-30 KSchG, in: Keiler/Klauser [Hrsg.], Verbraucherrecht [1. Lfg., 2015]). Aus diesem Grund wird in einem Verbandsverfahren in einer (Wertsicherungs-)Klausel bereits dann ein Verstoß gegen §6 Abs2 Z4 KSchG gesehen, wenn die Klausel in der für den Verbraucher nachteiligsten Auslegungsvariante eine Entgeltänderung innerhalb der ersten beiden Monate ab Vertragsabschluss ermöglicht. Der Oberste Gerichtshof erachtet in Verbandsverfahren die Verwendung von Wertsicherungsklauseln, die nicht ausdrücklich festlegen, zu welchem Zeitpunkt in Relation zum Vertragsabschluss die erstmalige Entgeltanpassung erfolgen kann, im Hinblick auf §6 Abs2 Z4 KSchG als unzulässig (vgl ; , 8 Ob 37/23h; , 8 Ob 6/24a, zur Anknüpfung der Entgeltanpassung an eine bestimmte Indexerhöhung ohne Festsetzung einer zeitlichen Komponente). In Individualverfahren werden Klauseln hingegen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beurteilt (vgl Riss, §1 MRG – Exkurs: Verbraucherschutz und AGB-Kontrolle im Mietrecht, in: Hausmann/Vonkilch [Hrsg.], Österreichisches Wohnrecht4, 2021, 10 [35 f.]; vgl Milchrahm/Max, Wertsicherungsklauseln: Verbandsklageurteil und "Individualprozess", immolex 2024, 297; zur Auswirkung von Verbandsverfahren auf Individualverfahren s. Klauser/Kunz, Mechanismen zur Durchsetzung kollektiver Verbraucherinteressen in Österreich, in: Anzenberger/Klauser/Nunner-Krautgasser [Hrsg.], Kollektiver Rechtsschutz im Europäischen Raum, 2022, 3 [10]). So erkannte der Oberste Gerichtshof in einem Individualverfahren – im Unterschied zu einem Verbandsverfahren () – keinen Verstoß gegen §6 Abs2 Z4 KSchG, weil im konkreten Fall zwischen dem Abschluss des Mietvertrages und der ersten möglichen Entgeltanpassung mehr als zehn Monate lagen (vgl ).

2.1.4.6. Um den Verbraucher vor überraschenden Preiserhöhungen innerhalb der ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss zu schützen, sieht §6 Abs2 Z4 KSchG als Rechtsfolge der Verwendung einer missbräuchlichen Entgeltregelung bzw (Wertsicherungs-)Klausel deren Nichtigkeit vor. Die Nichtigkeit wirkt ex tunc (kann also auch zu bereicherungsrechtlichen Ansprüchen führen) und lässt den restlichen Vertrag unberührt (s zB Apathy/Frössel, aaO, Rz 1). Eine Auslegung von missbräuchlichen Klauseln im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion, die zu einer teilweisen Zulässigkeit der Klausel führen kann, wird in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgelehnt. Dementsprechend fällt in einem mit einem Verbraucher abgeschlossenen Vertrag eine Entgeltregelung bzw eine Wertsicherungsklausel, die gegen §6 Abs2 Z4 KSchG verstößt, zur Gänze weg. Dies hat – wie die den Anträgen zugrunde liegenden gerichtlichen Ausgangsverfahren zeigen – zur Folge, dass etwa ein Vermieter zur Gänze die Möglichkeit verliert, in einem Vertrag mit einem Verbraucher den Mietzins an die Inflation anzupassen (vgl jedoch , zur Frage der Teilbarkeit von Wertsicherungsklauseln).

2.1.5. Zum Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums

2.1.5.1. Den Schutz des Art5 StGG und des Art1 1. ZPEMRK genießt jedes vermögenswerte (Privat-)Recht (vgl zB VfSlg 8201/1977, 9887/1983, 10.322/1985 und 16.636/2002). Auch das Recht, bestimmte Verträge abzuschließen oder nicht abschließen zu müssen, ist vom Schutzbereich des Grundrechts erfasst (VfSlg 20.285/2018). Gesetzliche Maßnahmen, die einen privatrechtlichen Vertrag unmittelbar verändern oder auf sonstige Weise in die Privatautonomie der Beteiligten eingreifen, berühren den Schutzbereich des Eigentumsrechtes (vgl VfSlg 12.227/1989, 14.075/1995, 17.817/2006, 20.285/2018).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl dazu VfSlg 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur; 12.227/1989, 15.367/1998, 15.771/2000) gilt der erste Satz des Art5 StGG auch für Eigentumsbeschränkungen. Der Gesetzgeber kann aber angesichts des in Art1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehaltes Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl VfSlg 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl zB VfSlg 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999, 17.071/2003 und 20.089/2016) und nicht unverhältnismäßig ist (vgl etwa VfSlg 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998, 15.753/2000, 19.950/2015 und 20.397/2020).

2.1.5.2. §6 Abs2 Z4 KSchG greift in die Privatautonomie der Parteien eines Verbrauchervertrages ein, indem die Bestimmung inhaltliche Einschränkungen für die Gestaltung von Verbraucherverträgen im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes macht. Der angefochtene §6 Abs2 Z4 KSchG verletzt die nach Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK geschützte Privatautonomie nicht:

§6 Abs2 Z4 KSchG verfolgt das legitime, im öffentlichen Interesse liegende Ziel des Konsumentenschutzes bzw Verbraucherschutzes (vgl VfSlg 11.853/1988, 16.222/2001; ; VfSlg 20.155/2017, 20.285/2018, 20.355/2019). Zweck der Bestimmung ist es, Verbraucher vor überraschenden und kurzfristigen Preiserhöhungen zu schützen (s oben Punkt 2.1.4.4.).

Die angefochtene Bestimmung ist auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen: Durch die Bestimmung wird verhindert, dass der Verbraucher von derartigen Wertsicherungsklauseln – insbesondere bei Verwendung von Vertragsformblättern durch den Unternehmer – überrascht wird. Das ursprüngliche, dh beim Vertragsabschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bleibt erhalten (vgl Apathy/Frössel, aaO, Rz 3, mwN). Ein solches Schutzinteresse besteht sowohl bei Ziel- als auch bei Dauerschuldverhältnissen. Zu letzten zählen auch die in den gerichtlichen Ausgangsverfahren streitverfangenen Verbrauchermietverträge (vgl ; , 8 Ob 6/24a), die – wie alle anderen Dauerschuldverhältnisse – vom Anwendungsbereich des §6 Abs2 Z4 KSchG seit der Stammfassung erfasst werden (vgl Punkt 2.1.4.2.).

Die angefochtene Bestimmung greift auch nicht unverhältnismäßig in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums ein:

§6 Abs2 Z4 KSchG sieht kein absolutes Verbot von vertraglichen Regelungen (wie etwa Wertsicherungsklauseln) vor, die zu Preiserhöhungen in den ersten beiden Monaten nach Vertragsschluss führen können. Dem Unternehmer steht es frei, Preiserhöhungen für diesen Zeitraum wirksam zu vereinbaren; er darf dies aber nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformularen tun, sondern muss dies mit dem Verbraucher im Einzelnen aushandeln.

Darüber hinaus erfasst die angefochtene Bestimmung Preiserhöhungen nur in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss. Es ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er in diesem – kurzen – Zeitraum von einem verminderten Wertsicherungsinteresse des Unternehmers und einer besonderen Überraschungseignung einer Preisanpassung für den Verbraucher ausgeht. Innerhalb dieses kurzen Zeitraumes ist es einem Unternehmer auch ohne weiteres zumutbar, die Preisentwicklung vorherzusehen und im Bedarfsfall eine abweichende vertragliche Regelung mit dem Verbraucher im Einzelnen auszuhandeln (vgl Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 26).

Schließt ein Unternehmer mit einem Verbraucher einen Vertrag unter Missachtung des §6 Abs2 Z4 KSchG ab, hat dies die Unwirksamkeit der Regelung über die Preiserhöhung zur Folge. Dies begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil es einem Unternehmen zumutbar ist, sich mit den gesetzlichen Vorgaben für seinen Tätigkeitsbereich ausreichend auseinanderzusetzen und bei der Vertragsgestaltung mit Verbrauchern, insbesondere bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Formblättern, mit der gebotenen Sorgfalt vorzugehen.

2.1.5.3. Ob und inwieweit eine gegen §6 Abs2 Z4 KSchG verstoßende Preiserhöhung, wie zB eine Wertsicherungsklausel, zur Gänze oder bloß teilweise unwirksam ist, haben bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die Zivilgerichte zu entscheiden.

2.1.5.4. Dem Vorbringen der antragstellenden Parteien, die Rechtsfolge, die §6 Abs2 Z4 KSchG an die Verwendung einer missbräuchlichen (Wertsicherungs-)Klausel knüpft, sei unverhältnismäßig, kann der Verfassungsgerichtshof nicht beipflichten:

Die Rechtsfolge der Nichtigkeit verfolgt das Ziel, Unternehmer von der Verwendung missbräuchlicher Klauseln abzuhalten. Wenn man mit dem Obersten Gerichtshof die angefochtene Bestimmung des §6 Abs2 Z4 KSchG so versteht, dass daraus zwingend die gänzliche Unwirksamkeit einer gegen die Gesetzesbestimmung verstoßenden vertraglichen Regelung folgt, belastet dies die angefochtene Bestimmung nicht mit Verfassungswidrigkeit. Selbst die Nichtigkeit der gesamten (Wertsicherungs-)Klausel erscheint verhältnismäßig; bei der bloßen Teilnichtigkeit des "überschießenden" Teiles der Vereinbarung (im Fall des §6 Abs2 Z4 KSchG ist das die Möglichkeit der Preisanpassung innerhalb der ersten beiden Monate) unter Erhaltung der Geltung des "unbedenklichen" Teiles, der auch ohne Aushandeln im Einzelnen wirksam sein kann, blieben die Interessen des Unternehmers trotz Vereinbarung einer missbräuchlichen Klausel (weitestgehend) gewahrt, sodass es keinen Anreiz für ihn gäbe, auf diese missbräuchliche Regelung von vornherein zu verzichten. Der Unternehmer könnte mit der Unkenntnis und Prozessscheu des Verbrauchers spekulieren, ohne auf die gesetzlich normierten und allgemein anerkannten Schranken Rücksicht zu nehmen (vgl Fitz, Zur "geltungserhaltenden Reduktion" überschießender AGB-Klauseln, FS Schnorr, 1988, 645 [649]). Die Rechtsfolge der Nichtigkeit in §6 Abs2 Z4 KSchG verfolgt sohin das Ziel des Konsumentenschutzes, indem sie den Unternehmer von der Verwendung missbräuchlicher Klauseln abschreckt, und ist durch die – im Vergleich zum Unternehmer – schwächere Stellung des Verbrauchers bei den Vertragsverhandlungen gerechtfertigt (vgl ; , 4 Ob 59/09v, zur Unzulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion; vgl , und , 8 Ob 1/18g, zum Abschreckungseffekt der Gesamtnichtigkeit; sinngemäß etwa , Banco Espanol de Crédito, Rz 69; , C-625/21, Gupfinger, Rz 39; , C-520/21, Bank M., Rz 77 ff., jeweils zu der hier nicht anwendbaren sog Klausel-Richtlinie 93/13/EWG, vgl Parapatits, Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen: Beurteilung im Individualverfahren, ÖJZ2024, 603).

Hinsichtlich der von den antragstellenden Parteien zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (; , 8 Ob 37/23h; , 8 Ob 6/24a) ist darauf hinzuweisen, dass diese in Verbandsverfahren gemäß §28 KSchG ergingen. Wie oben in Punkt 2.1.4.5. dargestellt, kann die Beurteilung, ob eine Wertsicherungsklausel gegen §6 Abs2 Z4 KSchG verstößt, im Individualverfahren vom Ergebnis des Verbandsverfahrens abweichen, weil die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls zu beurteilen sind.

§6 Abs2 Z4 KSchG verstößt somit nicht gegen das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK. Es ist auch nicht erkennbar, dass die angefochtene Bestimmung – wie die antragstellende Partei zu G37/2025 ua ohne nähere Begründung meint – die Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG verletzt.

2.1.6. Zum Gleichheitsgrundsatz

2.1.6.1. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005, 20.244/2018, 20.270/2018). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).

2.1.6.2. Den antragstellenden Parteien ist zwar insoweit Recht zu geben, als die Rechtsordnung vielfach unterschiedliche Regelungen für Zielschuldverhältnisse einerseits und Dauerschuldverhältnisse andererseits enthält. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber unter allen Umständen Ziel- und Dauerschuldverhältnisse unterschiedlich regeln muss.

In Bezug auf den angefochtenen §6 Abs2 Z4 KSchG ist für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar, dass – wie die antragstellenden Parteien vorbringen – der Gleichheitsgrundsatz eine unterschiedliche Behandlung von Ziel- und Dauerschuldverhältnissen gebietet: §6 Abs2 Z4 KSchG verfolgt das Ziel, Verbraucher vor überraschenden und kurzfristigen Preiserhöhungen durch nicht im Einzelnen ausgehandelte (Wertsicherungs-)Klauseln zu schützen (vgl Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 26). Es ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er davon ausgeht, dass das Interesse des Verbraucherschutzes gleichermaßen bei einem Ziel- wie bei einem Dauerschuldverhältnis besteht und der Verbraucher sohin in beiden Konstellationen geschützt werden soll (Erläut zur RV 744 BlgNR 14. GP, 23 f. und 26). Das grundsätzliche Interesse am Überraschungsschutz und der "Festpreisgarantie" des §6 Abs2 Z4 KSchG besteht also für Verbraucher bei Ziel- und Dauerschuldverhältnissen in gleicher Weise (vgl , Rz 14; , 8 Ob 6/24a, Rz 8).

Dass bei Dauerschuldverhältnissen, wie dies auf dem Mietrechtsgesetz unterliegende Mietverhältnisse in besonderem Maße zutrifft, die Kündigungsmöglichkeiten in der Regel eingeschränkt sind bzw derartige Möglichkeiten überhaupt nicht bestehen und die Vertragsdauer bei Vertragsabschluss oft noch unklar ist, vermag an der Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Bestimmung nichts zu ändern. Es ist dem Unternehmer – wie bereits oben unter Punkt 2.1.4.4. ausgeführt – nämlich nach §6 Abs2 Z4 KSchG nicht verwehrt, eine Entgelterhöhung (zB Wertsicherung) wirksam zu vereinbaren; er muss dies aber (nur) im Einzelnen mit dem Verbraucher aushandeln.

2.1.6.3. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die in §6 Abs2 Z4 KSchG für die Verwendung missbräuchlicher Klauseln vorgesehene Rechtsfolge der Nichtigkeit das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes verletzt.

2.1.6.4. §6 Abs2 Z4 KSchG verstößt nach dem Ausgeführten nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG.

2.2. Zum Antrag auf Aufhebung des §879 Abs3 ABGB

2.2.1. Die antragstellende Partei in dem zu G37/2025 ua protokollierten Verfahren begehrt außerdem die Aufhebung des §879 Abs3 ABGB. Diese Bestimmung verletze das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art2 und Art7 B-VG, das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, die Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG sowie das Legalitätsprinzip gemäß Art18 B-VG. Die antragstellende Partei begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Wortfolgen "nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt" sowie "unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt" unbestimmt und das Ergebnis für den Normadressaten aus diesem Grund nicht vorhersehbar sei. §879 Abs3 ABGB greife durch seine Unbestimmtheit und seine drastische Rechtsfolge unverhältnismäßig in sämtliche Privatrechtsverhältnisse ein.

2.2.2. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass die angefochtene Bestimmung anhand des Gleichheitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes zu prüfen ist sowie in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK und das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG eingreift. Da die antragstellende Partei der Sache nach ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit des §879 Abs3 ABGB geltend macht, kann der Verfassungsgerichtshof nur darauf eingehen.

2.2.3. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist §879 Abs3 ABGB auf Grund der im ABGB enthaltenen Determinanten mit den herkömmlichen Interpretationsmethoden einer Auslegung zugänglich (vgl etwa Laimer, §879 ABGB, in: Fenyves/Kerschner/Vonkilch [Hrsg.], Klang3, 2022, Rz 256-259, zur Festlegung der Hauptleistung sowie Graf, §879 ABGB, in: Kletečka/Schauer [Hrsg.], ABGB-ON1.06, Rz 341-359, zu den Kriterien der gröblichen Benachteiligung). Dies zeigt auch die reichhaltige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl zuletzt etwa , zum Begriff der "Hauptleistung" iZm Wertsicherungsvereinbarungen). Der Gesetzgeber hat daher mit der angefochtenen Bestimmung in einer dem Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B-VG entsprechenden Weise festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Nebenvereinbarung gröblich benachteiligend und in Folge nichtig ist (vgl zB VfSlg 20.089/2016, 20.130/2016, 20.086/2016; ).

2.2.4. Aus den angeführten Gründen kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen, dass §879 Abs3 ABGB wegen Unbestimmtheit gegen den Gleichheitsgrundsatz, das Eigentumsgrundrecht, das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit und das Legalitätsprinzip verstößt.

V. Ergebnis

1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §6 Abs2 Z4 KSchG und des §879 Abs3 ABGB erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Die Anträge sind daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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Normen
Schlagworte
Konsumentenschutz, Vermietung und Verpachtung, Eigentumseingriff, Verhältnismäßigkeit, Legalitätsprinzip, Rechtsstaatsprinzip, Rechtsbegriffe unbestimmte, Auslegung eines Gesetzes, Rechtspolitik, Mietenrecht, Eigentumsbeschränkung, Gesellschaftsrecht, Handelsrecht, VfGH / Individualantrag
ECLI
ECLI:AT:VFGH:2025:G170.2024
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAG-03045