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Sexuelle Selbstbestimmung in der Ehe - EGMR erteilt der „ehelichen Pflicht“ eine klare Absage
Erste Gedanken zum Urteil des EGMR vom 23. 1. 2025, H.W. gg Frankreich, Bsw 13.805/21
Nur wenige europäische Rechtsordnungen halten noch am Verschuldensprinzip bei der Ehescheidung fest - darunter Frankreich und Österreich. Das aktuelle Regierungsprogramm kündigt - einmal mehr - eine „Reform des Scheidungsrechts inklusive Neuregelung des nachehelichen Unterhalts u. a. unabhängig vom Verschuldensprinzip“ an; das rezente Urteil des EGMR vom , H.W. gg Frankreich, Bsw 13.805/21, verleiht den seit Jahrzehnten zu Recht erhobenen Forderungen nach einer Modernisierung des Eherechts neuen Nachdruck. Dieser Beitrag zeigt erste Konsequenzen aus dem Urteil auf und fordert eine Eherechtsreform im Einklang mit der EMRK und der Istanbul-Konvention.
I. EGMR bricht mit tradiertem Eheverständnis
Das jüngste Urteil des EGMR erklärt die „eheliche Pflicht“ zu sexuellen Kontakten für unvereinbar mit Art 8 EMRK. Es ist in seiner Tragweite bemerkenswert, weil es mit einem überkommenen, aus dem kanonischen Recht stammenden Eheverständnis bricht und stattdessen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht ins Zentrum rückt - ein Recht, das nicht an der Schwelle des Standesamts endet.
II. Sexuelle Selbstbestimmung als Eheverfehlung im nationalen Recht
Eine eheliche Pflicht zum Geschlechtsverkehr ist weder im französis...