Es besteht keine gesetzliche Grundlage, Familienbeihilfe im Fall des § 2 Abs. 1 lit b erster Satz FLAG über das im Abschluss eines Bachelorstudiums gelegene Ende einer Berufsausbildung hinaus zu gewähren.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Dr. Nicolaus Pomaroli MAS in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 08.2022-09.2022 zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin jeweils für die Monate August und September des Jahres 2022 aufgefordert, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zurückzuzahlen. Der Rückforderungsbetrag belief sich insgesamt auf 967,20 Euro, wovon 850,40 Euro auf Familienbeihilfe entfielen.
Das anspruchsvermittelnde Kind habe das Studium am abgeschlossen, weshalb der Anspruch auf Familienbeihilfe mit erloschen sei.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am Beschwerde. Ihr Sohn habe im Juli 2022 die letzte Prüfung seines Bachelorstudiums bestanden; die offizielle Diplomfeier fände in der kommenden Woche statt. Dies habe sie dem Finanzamt telefonisch bekannt gegeben. Im Zuge dieses Telefonates sei ihr mitgeteilt worden, dass sie zu diesem Zeitpunkt keine Maßnahmen treffen müsse, zumal sie im September das Formular samt Unterlagen für Zuerkennung/Änderung/Wegfall der Familienbeihilfe ausfüllen müsse und die Familienbeihilfe sowieso bis drei Monate nach Studienabschluss überwiesen werde.
Es sei für die Beschwerdeführerin nun nicht nachvollziehbar, warum sie diese Summe rückerstatten soll, deren Anspruch ihr von einer Expertin des Finanzamtes zugesprochen worden sei.
Die Beschwerde wurde am zur Post gegeben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz stehe die Familienbeihilfe für volljährige Kinder dann zu, wenn diese in einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Die Familienbeihilfe sei ab dem Monat auszuzahlen, in dem die Voraussetzungen für den Bezug vorliegen - also im vorliegenden Fall ab Beginn des Studiums; diese falle ab Beginn des Monats weg, wenn die Voraussetzungen wegfallen sind, wenn also die Berufsausbildung beendet ist.
Im vorliegenden Fall habe der Sohn der Beschwerdeführerin das Bachelorstudium Physiotherapie studiert. Die letzte Prüfung, um das Studium abzuschließen, sei mit positiv abgelegt worden; damit sei die Berufsausbildung zu Ende gewesen. Die offizielle Übergabe des Dekrets stelle einen Formalakt dar, der mit dem Ende der Berufsausbildung allerdings nicht in Zusammenhang stehe.
Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz habe jene Person, die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, diese auch zurückzuzahlen. Die Rückforderung im Sinne des § 26 FLAG sei keine Ermessensentscheidung.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe eine Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe auch dann zu erfolgen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ; , 2008/15/0329 usw.).
Bemerkt werde noch, dass eine dreimonatige Weitergewährung der Familienbeihilfe nach Ende eines Studiums im Familienlastenausgleichgesetz nicht geregelt sei und daher auch nicht zur Anwendung kommen könne.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde von der Beschwerdeführerin im Zuge eines Hinterlegungsvorganges am übernommen.
Gegen die Beschwerdevorentscheidung brachte die Beschwerdeführerin am den (als solchen zu wertenden) Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht ein.
Sie habe auf Anweisung einer Mitarbeiterin des Finanzamtes gehandelt, welche ihr das Procedere vorgegeben habe. Zwar seien die "3 Monate Gewährung der Familienbeihilfe" nach Studienabschluss nicht geregelt, aber es gebe genügend Präzedenzfälle, die diese erhalten haben; dies sei ihr mitgeteilt bzw. bestätigt worden.
Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Weitergewährung ausschließlich durch Entscheidung des Finanzamtes aufgrund von Präzedenzfällen gewährt worden sei.
Zuvor hatte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mit davon in Kenntnis gesetzt, dass ihr Sohn sein Studium abgeschlossen habe und ab 01. August berufstätig sein werde. Das übliche Überprüfungsverfahren war eingeleitet worden.
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht samt den Akten des Verfahrens zur Entscheidung vorgelegt.
I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin hat für zwei Kinder, wovon eines während der Anspruchszeiträume volljährig war, Familienbeihilfe und Kindergeld bezogen.
Ihr im August 2022 volljähriger Sohn hat am den Fachhochschul-Bachelorstudiengang "Physiotherapie" abgeschlossen.
Die für ihn bezogene Familienbeihilfe wurde mit der Begründung zurückgefordert, dass damit der Anspruch auf Familienbeihilfe erloschen sei.
Die Beschwerdeführerin hat den Umstand des Studienabschlusses dem Finanzamt bekannt gegeben.
Der Sohn der Beschwerdeführerin befand sich ab in einer seiner Ausbildung entsprechenden beruflichen Verwendung.
2. Beweiswürdigung
Der angenommene Sachverhalt ergibt sich aus den Akten, insbesondere den darin festgehaltenen, für das Verwaltungsgericht glaubhaften übereinstimmenden Aussagen derParteien. Vom Gericht wurden Abfragen bezüglich der vom im Zeitpunkt der Gewährung einst anspruchsvermittelnden Kind im Anschluss an die Berufsausbildung ausgeübten Tätigkeit getätigt.
Dass der Beschwerdeführerin die Auskunft einer Weitergewährung gegeben wurde, ist für das Gericht schon allein deshalb - ohne Weiteres - glaubhaft, weil eine entsprechende Verwaltungspraxis besteht, auf die sich im Übrigen auch die belangte Abgabenbehörde in gewisser Weise hätte berufen. Diese Tatsache erweist sich allerdings für die rechtliche Beurteilung, zu der das Verwaltungsgericht gelangt ist, als nicht relevant.
Schließlich hängt die Lösung der Rechtsfrage im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich ob Familienbeihilfe über das Ende einer Berufsausbildung hinaus gewährt werden kann, nicht davon ab, ob der Sohn ein (anschließendes) Masterstudium absolviert (hat) oder nicht.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfefür volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Gemäß § 10 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 367/1991 [anzuwenden ist die im jeweiligen Absatz enthaltene Bestimmung] wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Gemäß § 26 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2019 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden (§ 26 Abs. 2 i. d. F. BGBl. I Nr. 104/2019).
1. Hochschulrechtlich ist ein Bachelorstudium als eigenständiges Studium anzusehen (zum Bachelorstudium als eigene studienrechtliche Kategorie vgl. § 54 Abs. 1 UG 2002). Für die Berechnung, ob die gesetzliche Studiendauer zehn oder mehr Semester beträgt, ist daher ein (daran anschließendes) Masterstudium nicht miteinzubeziehen (siehe ; die Behandlung der dagegen gerichteten VfGH-Beschwerde wurde mit Beschluss vom , B 1275/11, abgelehnt). Daran für Angelegenheiten der Familienbeihilfe anknüpfend, führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2011/16/0066, unter Hinweis auf , wörtlich aus:
"Die belangte Behörde geht zutreffend davon aus, dass der Sohn der Beschwerdeführerin mit dem Abschluss des Bachelorstudiums eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte und dass das mit September 2007 begonnene Masterstudium ein davon getrenntes neues Studium und eine neuerliche weitere Berufsausbildung darstellt." Im angeführten Erkenntnis , leitete der Gerichtshof diese Rechtsansicht aus den Bestimmungen der § 3 bis 5 FHStG ab (zit. in Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 FLAG Rz 33).
Nach der Verwaltungspraxis werden hingegen Bachelor-, Master und Doktoratsstudien wie Studienabschnitte behandelt, weshalb der Familienbeihilfeanspruch für die Zeiträume dazwischen nicht verlorengeht (ebd., Rz 118).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis vom , 2011/16/0086, unter anderem ausgeführt:
"Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber selbst von verschiedenen Studiengängen an einer Fachhochschule spricht, die Verleihung des akademischen Grades "nach Abschluss" eines Studiengangs vorsieht und die Zulassung zum weiteren Studiengang, nämlich dem Fachhochschul-Masterstudiengang, an einen abgeschlossenen Fachhochschul-Bachelorstudiengang oder eines anderen gleichwertigen Studiums anknüpft, ist abzuleiten, dass mit einem Bachelorstudiengang eine abschließbare Berufsausbildung gegeben ist. Hiebei ist von einer ex-ante-Betrachtung auszugehen, das heißt es ist bei Abschluss des Bachelorstudiengangs nicht darauf abzustellen, ob sich der Absolvent in späteren Zeiträumen einer weiteren Berufsausbildung - sei es einer weiterführenden in derselben, sei es in einer gleichwertigen oder weiterführenden in einer anderen Fachrichtung - unterziehen wird.
Damit insoweit vergleichbar ist mit dem Abschluss eines Bachelorstudiums (§ 51 Abs. 2 Z 4 des Universitätsgesetzes 2002 - UG) eine Berufsausbildung abgeschlossen, auch wenn daran anschließend oder später ein Masterstudium (§ 51 Abs. 2 Z 5 UG) betrieben wird und der Studierende sich mit dem Masterstudium einer weiteren Berufsausbildung unterzieht.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes stellt auch das Masterstudium an einer Universität gegenüber einem vorangegangenen Bachelorstudium ein eigenständiges Studium und eine eigene (weiterführende) Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, ebenso wie ein Fachhochschul-Masterstudiengang gegenüber einem vorangegangenen Fachhochschul-Bachelorstudiengang."
Der Abschluss eines Bachelorstudiums oder eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges und damit der Abschluss einer Berufsausbildung stehen daher folgerichtig einem Anspruch auf Familienbeihilfe für die unterhalb der Altersgrenze des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG gelegene Zeiteines anschließenden Masterstudiums oder Fachhochschul-Masterstudienganges nicht entgegen (; vgl. etwa die hg. Rechtsprechung, welche einen Anspruch auf Familienbeihilfe für Zeiten eines Studiums nach positivem Abschluss eines vorherigen Studiums einer anderen Studienrichtung zuerkennt und nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, z. B. , und , 2010/16/0128).
2. Ab (Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010) steht Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung zu, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. Bis wurde demgegenüber Familienbeihilfe drei Monate nach jeder Berufsausbildung gewährt. Durch diese aus Gründen der Budgetkonsolidierung getroffene Regelung sollte insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig sind (siehe Z 4 und 5 zu §§ 2 Abs. 1 lit. d und 6 Abs. 2 lit. b der EBRV 981 BlgNR 24.GP, 223 f; siehe auch ). Grundsätzlich sollte damit die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden (EBRV 981 BlgNR 24.GP, 223).
Vor diesem Hintergrund bleiben die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , 2011/16/0066, wonach mit dem Abschluss des Bachelorstudiums eine Berufsausbildung - auch unterjährig - abgeschlossen werde und dass das im darauffolgenden Herbst begonnene Masterstudium - hineingelesen werden kann:auf jeden Fall - ein davon getrenntes neues Studium und eine neuerliche weitere Berufsausbildung darstelle (; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/16/0086), im Hinblick darauf unverändert beachtlich, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe aus dem Titel des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem das Studium abgeschlossen war. Bestehen bleibt weiter auch die Möglichkeit, ein allfälliges neu begonnenes (auch: Master-)Studium als Tatbestand für anspruchsbegründende Zeiträume zu werten. Hingegen verbietet es die zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderung, einen Anspruch auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 lit. d FLAG - wie er noch von , vorgefunden worden war - anzunehmen, zumal sowohl die bedingungslose Weitergewährung als auch die Weitergewährung von Familienbeihilfe bis zur allfälligen Aufnahme eines Masterstudiums nach nunmehriger Rechtslage ausscheiden.
3. Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Ein "Fortdauern" des Anspruchs, falls die Voraussetzungen dafür zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeben waren, ist dem FLAG fremd. Aus § 10 Abs 2 ergibt sich vielmehr, dass die Anspruchsvoraussetzungen für jeden Kalendermonat erfüllt sein müssen (siehe ).
Wie der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten (siehe ; , 2000/13/0104; , 96/14/0139; , 95/14/0119). Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Anspruches auf Familienbeihilfe für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (; , 2000/13/0103; , 2009/16/0127).
§ 10 FLAG, insbesondere dessen Abs. 2, gibt daher für den vorliegenden Fall ein Enden des Anspruches auf Familienbeihilfe mit vor, während § 26 FLAG die Rückforderungsverpflichtung der Abgabenbehörde ab einschließlich August (08) 2022 begründet. Mit anderen Worten sind alle Zeiträume tatsächlichen Bezuges von Familienbeihilfe (ausschließlich) auf der Grundlage von § 10 FLAG zu beurteilen; der Mechanismus zur Rückforderung für den Fall, dass dabei festgestellt würde, dass eine Anspruchsvoraussetzung weggefallen wäre - nur diese Konstellation ist bei "ex ante"-Prüfung denkbar (vgl. dazu Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 10 FLAG Rz 8 m. w. N.) - liegt dagegen in § 26 leg. cit..
4. Wenngleich der Beschwerdeführerin zuzugeben ist, dass sogar eine (gesetzlich allerdings nicht gedeckte) Verwaltungspraxis besteht, nach der Bachelor-, Master und Doktoratsstudien wie Studienabschnitte behandelt werden (zu Faktum und Einordnung siehe Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 2 FLAG Rz 81, 119), so lässt sich hierfür für den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin aus folgenden Gründen nichts gewinnen:
Wie die Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt, hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Rückforderung von Familienbeihilfe auch dann zu erfolgen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden wäre (vgl. ; , 2008/15/0329; , 2007/15/0162; , 2008/15/0002; , 2006/13/0174; , 2001/13/0048; , 2001/13/0160; , 2002/13/0079; , 2000/15/0183; , 97/15/0013; im Übrigen wurde das Verfahren zur Rückforderung der ausbezahlten Beträge vom Finanzamt allerdings eingeleitet). Jedoch kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 FLAG Rz 16f). Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe nach § 26 Abs. 1 ist derjenige verpflichtet, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat (vgl. ).
5. Davon abgesehen ist auch das Bundesfinanzgericht im nächsten Rechtsgang nicht in die Lage versetzt, in Aufhebung eines Rückforderungsbescheides Familienbeihilfe (mittelbar) zu gewähren; dies aus den folgenden, bereits formellen Gründen:
Zwar würde, da die Rückforderung von Familienbeihilfe als (Geltendmachung eines) Abgabenanspruch(es) gilt (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 FLAG Rz 38; umgekehrt gilt der Rückforderungsanspruch aus den Einkommensteuerveranlagungen in Gestalt einer Gutschrift als "negativer Abgabenanspruch" und daher als öffentlich-rechtlicher Leistungsanspruch), das Gericht nicht nur den Abgabenanspruch begeben, sondern zugleich einen Leistungsanspruch an die Berechtigte festlegen. Insoweit, als dem Rückforderungsbescheid Gestaltungskraft und rückwirkende Feststellungskraft zukommt und die Familienbeihilfebezieherin so gestellt wird, als ob ihr dieser Bezug nie - im Sinn von von vornherein nicht - zugestanden wäre, handelte es sich nämlich im Verhältnis dazu um die erstmalige Zuerkennung von Familienbeihilfe (welche im Übrigen in jedem Verfahren ohne förmliche Entscheidung erfolgt), obgleich die Aufhebung "ersatzlos" erfolgt.
Allerdings war vor dem Hintergrund der Bescheidbeschwerde nicht nur der angefochtene Verwaltungsakt zu prüfen, sondern auch der eigene Vollzug dieser Norm in Ausübung der Änderungsbefugnis am Gesetz zu messen (obwohl Art. 18 Abs. 1 B-VG nur die "Verwaltung" ausdrücklich an das Gesetz bindet, ergibt sich aus dem B-VG auch die Gesetzesgebundenheit der Gerichtsbarkeit (VfSlg 12.185)).
Während sich dabei jener Aspekt der Änderungsbefugnis des § 279 BAO, welcher dem durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfang entspricht, auf die Kontrolle der Gesetzförmigkeit des Verwaltungshandelns - vermittelt durch die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes - richtet, besteht auch darüber hinaus nur ein geringer Unterschied zwischen dem Verständnis des § 279 BAO und jenem des § 27 VwGVG. Auch das Gericht selbst wird nämlich die Norm des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG zu vollziehen haben, wobei für ihre Auslegung als verwaltungsgerichtliche Norm der Verwaltungsgerichtshof mit seiner Rechtsprechung Leitfunktion hat.
6. Und dieser hat bereits entschieden, dass mit einem Bachelorstudiengang eine abschließbare Berufsausbildung gegeben ist. Hiebei sei von einer ex-ante-Betrachtung auszugehen, das heißt es ist bei Abschluss des Bachelorstudiengangs nicht darauf abzustellen, ob sich der Absolvent in späteren Zeiträumen einer weiteren Berufsausbildung (…) unterziehen wird ().
Damit teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Finanzverwaltung - welche allerdings von der hier belangten Abgabenbehörde auch nicht vertreten wurde - nicht, wonach dann, wenn eine Phase eines Studiums, also z.B. der Bachelorstudiengang, abgeschlossen und im Anschluss daran der nächste Ausbildungsgang, also der Masterstudiengang, beschritten werde, die einzelnen Abschnitte als Teil einer Gesamtausbildung zu werten seien, wenn die neue Ausbildungsstufe ernsthaft und zielstrebig betrieben werde (weshalb der Familienbeihilfeanspruch für die Zeiträume dazwischen nicht verlorengehe). Vielmehr ist eine wie immer geartete Absicht, im Anschluss an das abgeschlossene Bachelorstudium (z. B.) ein Masterstudium zu betreiben, für die Rechtstatsache des Abschlusses unter dem Gesichtspunkt der Familienbeihilfe irrelevant.
Der genannten Verwaltungspraxis ist somit spätestens durch diese Rechtsprechung der Boden entzogen. Das Bundesfinanzgericht teilt insbesondere die Ansicht der Abgabenbehörde, welche diese insbesondere im Vorlagebericht entfaltet. Danach ist eine Weitergewährung von Familienbeihilfe für drei Monate nach Abschluss eines Studiums gesetzlich (im FLAG) nicht vorgesehen. Gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG dürfe allerdings die gesamte Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden.
7. So muss sich insbesondere der Inhalt eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses, wie er im Bezug von Familienbeihilfe gelegen ist, aus dem Gesetz ergeben ( in der Ausprägung der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung der Abgabenvorschriften).
Da allerdings nicht etwa ein Vertragsverhältnis, sondern der Vollzug einer Norm am Gesetz zu messen ist, ist nicht etwa das gesamte Rechtsverhältnis als nicht gesetzmäßig (begründet) zu erachten. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass das Rechtsverhältnis in Anspruchszeiträume (Monate) gegliedert ist, welche jeweils "ex ante" beurteilt werden und in der Folge jeweils unter dem Vorbehalt eines - öffentlich-rechtlichen - Widerrufs stehen. Überprüft nicht rechtsgrundlos zustande gekommene Zahlungen von Familienbeihilfe haben somit von einer Rückforderung unberührt zu bleiben.
Dies betrifft vorliegend die Monate des Jahres 2022 bis einschließlich 07/2022.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Weder fehlt Rechtsprechung zu der Frage, ob in den Fällen des § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG ohne weitere Voraussetzungen - wie dem Betreiben des nächsten Studiums - Familienbeihilfe über das Ende einer Berufsausbildung hinaus gewährt werden kann, noch wurde von dieser Rechtsprechung abgewichen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100186.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAF-78999