Suchen Hilfe
OGH 25.11.2020, 6Ob228/20b

OGH 25.11.2020, 6Ob228/20b

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Klagenfurt zu FN ***** eingetragenen I***** Privatstiftung mit dem Sitz in V***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mitglieder des Stiftungsvorstands 1. Mag. Dr. I*****, 2. Mag. G*****, beide vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 67/20k-8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zu den im außerordentlichen Revisionsrekurs aufgeworfenen Rechtsfragen bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 211/20b, die eine weitere Stiftung des (maßgeblichen) Stifters betraf, wie folgt Stellung genommen:

1. Der erkennende Fachsenat hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 261/09i (PSR 2010/17 [Arnold] = EvBl 2010/74 [Schimka] = GesRZ 2010, 230 [Csoklich]) klargestellt, dass im Verfahren zur Genehmigung und Eintragung einer Änderung der Stiftungserklärung nach § 33 Abs 2 PSG – anders als im Verfahren zur Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern und auf Auflösung der Privatstiftung bzw Aufhebung eines Auflösungsbeschlusses des Vorstands durch das Gericht nach § 35 Abs 3 und 4 PSG –Antrags- und Rechtsmittellegitimation nur dem Vorstand als Gesamtorgan und nicht auch einzelnen Vorstandsmitgliedern persönlich zukommt. Auch in der Entscheidung 6 Ob 140/14b (PSR 2015/21 [Zollner] = ZfS 2015, 59 [Oberndorfer/Zobl] = GesRZ 2015, 209 [Eiselsberg] = ecolex 2015/159 [Rizzi]) setzte sich der Senat ausführlich mit der Frage der Rechtsmittellegitimation einzelner Mitglieder des Stiftungsvorstands auseinander und hielt fest, dass im Verfahren auf Abberufung von Vorstandsmitgliedern nicht nur dem Stiftungsvorstand als Gesamtorgan, sondern auch einzelnen Organmitgliedern Parteistellung zukommt. Diese Judikatur betreffe aber ausschließlich das Bestellungs- bzw Abberufungsverfahren nach § 27 PSG und lasse sich nicht ohne weiteres auf das firmenbuchrechtliche Eintragungsverfahren wie etwa zur Änderung der Stiftungserklärung übertragen; vor allem bestehe dort kein spezifisches Kontrolldefizit, weil die Eintragung einer Satzungsänderung oder eines vertretungsbefugten Organs auch im Gesellschaftsrecht von einzelnen Mitgliedern des Vorstands bzw einzelnen Geschäftsführern in der Regel nicht angefochten werden könne. Der Senat betonte in dieser Entscheidung den Grundsatz, dass die erforderliche Rechtmäßigkeitskontrolle durch die amtswegige Prüfungsbefugnis des Firmenbuchgerichts gewährleistet sei, der daher gerade bei diesen – in der Regel einseitigen – Verfahren besondere Bedeutung zukomme (ErwG 3.5.).

2. Daran ist – entgegen der im außerordentlichen Revisionsrekurs vertretenen Ansicht – auch in einem Fall festzuhalten, in dem sich ein Teil des Stiftungsvorstands – wie hier offensichtlich die einschreitenden Mitglieder – mit ihrer Auffassung im Gesamtvorstand nicht durchzusetzen vermochten und deshalb ein vom Gesamtvorstand zu erhebendes Rechtsmittel nicht zustande kam. Es entspricht eben dem Wesen eines Kollegialorgans, dass sich die Position einzelner Organmitglieder mitunter nicht durchsetzt; ein hinreichendes Argument zur Bejahung der Rechtsmittellegitimation einzelner Organmitglieder ist darin nicht zu sehen, zumal insoweit kein Unterschied zum Kapitalgesellschaftsrecht besteht und somit auch das bei der Privatstiftung sonst bestehende Kontrolldefizit als Argument nicht überzeugt.

3. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs kann auch nicht gefolgt werden, wenn er in der hier vorgenommenen Änderung der Stiftungserklärung (Verkürzung der Funktionsperiode der einschreitenden Vorstandsmitglieder) ein Verfahren zur Abberufung nach § 27 PSG erkennen will und von einer „aufschiebend bedingten Abberufung“ ausgeht. Dies hat jedenfalls für einen Fall zu gelten, in dem – wie hier – zwar die Funktionsperiode berufener Vorstandsmitglieder mittels Änderung der Stiftungserklärung verkürzt, deren (restliche) Mindestfunktionsdauer jedoch nach dieser Änderung gewahrt bleibt.

3.1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehen zwar gegen eine Bestellung des Vorstands durch den Stifter, auch wenn dieser selbst Begünstigter ist, keine Bedenken; Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Mindestfunktionsdauer (RS0115030 [T4]). Die Entscheidung 6 Ob 195/10k (JBl 2011, 321 [Karollus] = ecolex 2011/176 [Rizzi] = GesRZ 2011, 239 [Torggler; Kalss, 161] = ZfS 2011, 68 [Kalss] = PSR 2011/21 [Hochedlinger, 52; Zollner/Paulsen, PSR 2012, 66; Hartlieb, PSR 2012, 100; Simonishvili, PSR 2015, 160) führte aus, ließe man die Festlegung der Funktionsdauer ohne jedwede Untergrenze zu, würde dies im Ergebnis eine freie Abberufbarkeit bedeuten, weshalb zur Wahrung der Unabhängigkeit des Vorstands dieser grundsätzlich für zumindest drei Jahre zu bestellen sei, uzw unabhängig davon, ob ein Begünstigter oder ein mit Begünstigten besetzter Beirat oder eine sonstige Stelle den Vorstand bestellt; erfolge die Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands auf unbestimmte Zeit, sei eine Mindestbestelldauer allerdings nicht erforderlich, weil die Abberufung auf wichtige Gründe beschränkt sei. In der Entscheidung 6 Ob 140/14b wies der Senat darauf hin, dass eine Änderung der Stiftungserklärung im praktischen Ergebnis nicht auf eine Abberufung des Vorstands hinauslaufen dürfe, sei diese doch nur durch ein stiftungsinternes Organ nach Maßgabe des § 14 Abs 2 und 3 PSG oder durch das Gericht nach Maßgabe des § 27 Abs 3 PSG möglich; für bereits bestellte Mitglieder des Stiftungsvorstands könne zwar durch Änderung der Stiftungsurkunde nachträglich eine Höchstgrenze bestimmt werden, dabei sei jedoch darauf zu achten, dass eine verbleibende angemessene Mindestfunktionszeit gewährleistet ist, die sich an den in der Entscheidung 6 Ob 195/10k entwickelten Grundsätzen zu orientieren habe.

3.2. Dass zwischen einer ursprünglich befristeten (wie hier) und einer ursprünglich unbefristeten (wie in den den Entscheidungen 6 Ob 195/10k und 6 Ob 140/14b zugrunde liegenden Fällen) Bestellung zu differenzieren sei, wie der außerordentliche Revisionsrekurs meint, ist nicht zutreffend. Es überzeugt nicht, dass ein von vornherein auf bestimmte Zeit bestellter Vorstand unabhängiger agiere als ein auf unbestimmte Zeit bestellter Vorstand, weil auch letzterer nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann (6 Ob 195/10k [ErwGr 10.4.]; Arnold, PSG³ § 15 Rz 107). Hinzu kommt, dass der bestellungsbefugten Stelle grundsätzlich Ermessen zukommt, ob sie die Mitglieder des Stiftungsvorstands auf bestimmte Dauer oder unbefristet bestellt (Arnold aaO Rz 105).

3.3. Schließlich wird vom außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Hinweis auf die Unterschreitung der Funktionsdauer von drei Jahren um wenige Tage noch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dargestellt, weil es sich nur um eine geringfügige Unterschreitung handelt und die drei Jahre in der Entscheidung 6 Ob 195/10k (bloß) als „grundsätzliche“ Mindestbestelldauer bezeichnet wurden. Zudem erfolgte die Änderung der Stiftungserklärung hier am und wurde das Ende der Funktionsperiode mit dem festgelegt, sodass ein Eingriff in die Unabhängigkeit des Stiftungsvorstands durch Unterschreiten der dreijährigen Mindestfunktionsdauer nicht erkannt werden kann; der Eingriff in den vom Revisionsrekurs genannten Vertrauenstatbestand liegt ja bereits in der Änderung der Stiftungserklärung selbst und nicht erst in deren Eintragung im Firmenbuch, auch wenn diese Wirksamkeitsvoraussetzung ist (vgl dazu RS0123556).

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00228.20B.1125.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-68998