OGH 19.05.2022, 9ObA139/21p
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, den Hofrat und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Hon.-Prof. Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Elisabeth Schmied (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. Gabriele Svirak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten, *, vertreten durch Freimüller / Obereder / Pilz Rechtsanwält_innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, Bundesministerium für Finanzen, Johannesgasse 5, 1010 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, und die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. Österreichische Post AG, *, 2. Österreichische Postbus AG, *, 3. A1 Telekom Austria AG, *, alle vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Abschluss eines Kollektivvertrags (Streitwert 24.000 EUR) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 4/21f-54, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 9 Cga 133/20y-49, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen der beklagten Partei die mit 1.307,10 EUR bestimmten Kosten sowie der Erst-, der Zweit- und der Drittnebenintervenientin jeweils die mit 627,24 EUR (darin 104,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger begehrt, die beklagte Republik Österreich nach § 22a GehG zum Abschluss eines Pensionskassenkollektivvertrags für die nach § 17 Abs 1a Poststrukturgesetz (PTSG) den Unternehmen Österreichische Post AG, Österreichische Postbus AG und A1 Telekom Austria AG (Nebenintervenienten auf Seiten der Beklagten) zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten zu verpflichten, dies – zusammengefasst und soweit revisionsgegenständlich – mit folgendem Vorbringen:
[2] Der Gesetzgeber habe in § 22a Abs 1 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) den beklagten Bund verpflichtet, allen nach dem geborenen Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage iSd § 2 Z 1 Betriebspensionsgesetz (BPG) und des § 3 Abs 1 Pensionskassengesetz (PKG) zu erteilen. In diesem Zusammenhang könne der Bund einen Kollektivvertrag nach § 22a Abs 2 iVm § 3 BPG mit dem Kläger sowie einen Pensionskassenvertrag gemäß § 15 PKG abschließen. Das BPG sei unbeschadet dessen § 1 Abs 1 auf die angeführten Beamten anzuwenden.
[3] Gemäß § 22a Abs 2 GehG sei – soweit dies zur Regelung der Pensionskassenvorsorge der Beamten erforderlich sei – abweichend von § 1 Abs 2 Z 3 ArbVG und von § 3 Abs 1a Z 1 BPG ein Kollektivvertrag abzuschließen. Der Kollektivvertrag habe insbesondere Regelungen über das Beitrags- und Leistungsrecht entsprechend dem BPG und dem PKG zu enthalten. Auf diesen Kollektivvertrag fänden die Bestimmungen des 1. Hauptstücks des I. Teils des ArbVG Anwendung.
[4] Der Bund sei seiner diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen und habe am den Kollektivvertrag über die Pensionskassenzusage für Bundesbedienstete abgeschlossen, der seit dem in Geltung stehe, und zwar betreffend die Leistungen des Arbeitgebers rückwirkend zum . Der Inhalt dieses Kollektivvertrags stelle den Mindestinhalt des abzuschließenden und den Gegenstand der Klage bildenden Kollektivvertrags dar.
[5] § 22a Abs 5 GehG bestimme, dass die Abs 1 bis 3 auf nach § 17 Abs 1 PTSG zur Dienstleistung zugewiesene Beamte mit den Maßgaben anzuwenden seien, dass vom jeweiligen Unternehmen auch eine überbetriebliche Pensionskassenzusage erteilt werden könne, an die Stelle des in Abs 3 angeführten Bundeskanzlers der Vorstandsvorsitzende des jeweiligen Unternehmens trete und der Kollektivvertrag nach den Abs 1 und 2 mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund – Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten abzuschließen sei, und die Regelungen des Kollektivvertrags des Bundes über das Beitragsrecht und über das Leistungsrecht auch für die nach § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten gelten sollten. In der Entscheidung 9 ObA 72/15a habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass gemäß § 22a Abs 1 iVm Abs 5 GehG eine Verpflichtung des Bundes bestehe, den gemäß § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage zu erteilen. Er habe auch zum Ausdruck gebracht, dass für die gemäß § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten ebenfalls die Regelungen des Pensionskassenkollektivvertrags des Bundes zu gelten hätten. Die Beklagte sei daher verpflichtet, einen dem Inhalt des Kollektivvertrags über die Pensionskassenzusage für Bundesbedienstete entsprechenden Kollektivvertrag mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten), demnach dem Kläger abzuschließen. Der Abschluss sei im Übrigen im Hinblick auf die Notwendigkeit der Gleichbehandlung aller Bundesbeamten erforderlich.
[6] Der Pensionskassenkollektivvertrag des Bundes sei rückwirkend mit in Kraft getreten. Dasselbe habe für den für die nach § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten abzuschließenden Kollektivvertrag zu gelten. In eventu werde ein rückwirkender Geltungsbeginn mit , in eventu zumindest mit beantragt.
[7] Dass durch die höheren Gehaltsabschlüsse für Beamte, die gemäß § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesen worden seien, im Verhältnis zu nicht zugewiesenen Beamten des Bundes Beitragsleistungen für eine Pensionskassenlösung ohnehin bereits egalisiert worden seien und es im Hinblick darauf zu einem Verzicht auf den gegenständlichen Kollektivvertragsabschluss gekommen sei, treffe nicht zu. Es gebe keinerlei Verknüpfung zwischen den jährlichen Gehaltsabschlüssen und der gesetzlich gebotenen Pensionskassenvorsorge.
[8] Die Beklagte und die auf ihrer Seite dem Rechtsstreit beigetretenen Nebenintervenientinnen bestritten, beantragten Klagsabweisung und wandten ein, aus § 22a GehG lasse sich eine Verpflichtung des Bundes zur Erteilung einer Pensionskassenzusage im Wege eines Kollektivvertrags nicht ableiten. Nach dessen Abs 1 bis Abs 3 habe der Bund allen, und zwar auch den dienstzugewiesenen Bundesbeamten, eine Pensionskassenzusage zu erteilen. Der Bund könne zu diesem Zweck einen Pensionskassenkollektivvertrag abschließen. Aus Abs 5 Z 2 leg cit lasse sich lediglich ableiten, dass für den Fall eines Kollektivvertragsabschlusses der Bund von den genannten Vorstandsvorsitzenden vertreten werde. Eine Pflicht zum Abschluss eines solchen Kollektivvertrags sei nicht Gegenstand des Abs 5 Z 2 leg cit, sondern bestimme sich lediglich nach der allgemeinen Regel des Abs 1 leg cit, wonach der Bund einen solchen Kollektivvertrag abschließen könne. Der Bund habe zwar somit eine Pensionskassenzusage im Sinne des BPG zu erteilen, er sei aber nicht verpflichtet, dies im Wege eines Kollektivvertragsabschlusses zu tun. Er könne seiner Verpflichtung etwa auch durch einzelvertragliche Zusagen nach § 3 Abs 2 BPG nachkommen.
[9] Selbst wenn man aus dem Wortlaut des § 22a Abs 1 GehG eine Verpflichtung des Bundes zum Kollektivvertragsabschluss für die zugewiesenen Beamten argumentiere, handle es sich um keinen Kollektivvertrag nach dem ArbVG. Letztere kämen lediglich durch freiwillige Einigung zwischen den Kollektivvertragsparteien im Verhandlungswege zustande, es bestehe Abschluss- und Inhaltsfreiheit und es gebe auch keine Zwangsschlichtung. Diese Wesensmerkmale erfülle der in § 22a Abs 5 Z 3 GehG angesprochene Kollektivvertrag für dienstzugewiesene Beamte nicht. Selbst aus einer einfachgesetzlichen Formulierung einer Pflicht zum Kollektivvertragsabschluss könne kein einklagbarer Anspruch auf Kollektivvertragsabschluss resultieren (9 ObA 147/17h). Ein Kontrahierungszwang widerspreche dem Wesen des Kollektivvertrags. Eine einfachgesetzliche Pflicht könne lediglich als gesetzlicher Auftrag verstanden werden, sich um den Abschluss eines Kollektivvertrages zu bemühen.
[10] Bei Auslegung des Abs 5 Z 3 leg cit, dass die Regelungen des allgemeinen Bundeskollektivvertrags auch für den Kollektivvertrag für die zugewiesenen Beamten gelten sollten, wären die Kollektivvertragsparteien darauf beschränkt, den Inhalt des allgemeinen Bundeskollektivvertrags unverändert zu übernehmen und hätten keinerlei inhaltliche Gestaltungsbefugnis. Eine solche Auslegung verbiete sich, weil sie dem Abs 5 leg cit einen verfassungswidrigen und der GRC widersprechenden Inhalt unterstellte. Hätte der Gesetzgeber nur eine einheitliche Pensionszusage für alle Beamten zulassen wollen, so hätte er in § 22a GehG für alle Beamten einen einheitlichen Kollektivvertrag vorgesehen. Der Abschluss eines gesonderten Kollektivvertrags für die zugewiesenen Beamten nach Abs 5 leg cit wäre sinnlos, wenn keine inhaltlichen Abweichungen möglich wären.
[11] Die Nebenintervenientinnen brachten noch vor, dass mangels durchsetzbarer Pflicht zum Kollektivvertragsabschluss letztlich auch keine Pflicht des Bundes dem Grunde nach zum Abschluss einer Pensionszusage bestehen könne. Die Bezugsentwicklung und die Gehaltsverhandlungen der ihnen zugewiesenen Beamten seien bereits im Zeitpunkt der Ausgliederung der Post- und Telegraphenverwaltung aus der Bundesverwaltung im Jahr 1996 abgekoppelt worden und würden von anderen Verhandlungspartnern geführt als im allgemeinen Bundesbereich. Die Entscheidung über das Ob und die Höhe der allfälligen Pensionskassenzusage hänge von den Ergebnissen der Gehaltsverhandlungen ab und es werde ein „Gesamtpaket“ vereinbart. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich im § 17a PTSG vorgesehenen Abkoppelung und der getrennten Lohnentwicklung seit Jahrzehnten wäre es nicht erklär- oder rechtfertigbar, dass eine Pensionszusage in diesem Bereich inhaltlich jener entsprechen sollte, welche im Zuge der Lohnverhandlungen für den allgemeinen Bundesbereich ausgehandelt werde. § 22a GehG könne nur so verstanden werden, dass der Gesetzgeber damit eine Rechtsgrundlage geschaffen habe, für Beamte eine Pensionskassenzusage etablieren zu können, nicht aber eine Pflicht zur Erteilung einer solchen Zusage. Die Gehaltsverhandlungen mit der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten der vergangenen Jahre hätten zum Ergebnis geführt, dass derzeit keine gesonderte Pensionskassenzusage durch Kollektivvertrag ausverhandelt werde, jedoch laufend entsprechend höhere Gehaltsabschlüsse vereinbart worden seien als im allgemeinen Bundesbetrieb. Was die Österreichische Post AG betreffe, so sei durch die höheren Gehaltsabschlüsse für die BeamtInnen der Österreichischen Post AG in den Jahren 2008 bis 2010 die Beitragszahlung von 0,75 % in die Pensionskasse entsprechend dem Pensionskassenkollektivvertrag des Bundes bereits egalisiert worden. Dies gelte für die beiden anderen Nebenintervenientinnen entsprechend. Zwischen dem Kläger und der Österreichischen Post AG sei im Zuge der Gehaltsverhandlungen vom explizit festgehalten worden, dass die Verhandlungsparteien, die gleichzeitig die für den streitgegenständlichen Pensionskassenkollektivvertrag zuständigen Abschlussparteien seien, im Rahmen der Gehaltsverhandlungen im Jahr 2019 von einer kollektivvertraglichen Pensionskassenlösung Abstand nehmen würden.
[12] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 22a GehG könne den Bund nicht dazu verpflichten, einen Kollektivvertrag eines ganz bestimmten Inhalts abzuschließen. Der Oberste Gerichtshof habe zu 9 ObA 147/17h die Bestimmung des § 78a Abs 1 VBG trotz seiner im Verhältnis zu § 22a GehG vermeintlich zwingenden Textierung („hat … abzuschließen“) als Rechtsgrundlage für einen „Kontrahierungszwang“ über einen Pensionskassenkollektivvertrag ausgeschlossen.
[13] Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung des Klägers keine Folge. Inhaltlich führte es zusammengefasst und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zu § 22a GehG aus, aus dem Wortlaut des § 22a GehG und den diesbezüglichen Erläuterungen ergebe sich, dass durch die Regelung die Möglichkeit geschaffen werden sollte, dass der Bund die bei ihm beschäftigten Beamtinnen und Beamten sowie die bisher nicht erfassten Vertragsbediensteten in eine entsprechende Pensionskassenvorsorge einbeziehen könne. Die Regelungen der Abs 1 und 2 sowie 5 leg cit könnten nur dahin verstanden werden, dass grundsätzlich der Bund eine betriebliche Pensionskassenzusage auch für die zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten zu erteilen habe, dies jedoch dann nicht erfolgen solle, wenn vom jeweiligen Unternehmen eine überbetriebliche Pensionskassenzusage erteilt worden sei, die jedoch nur auf freiwilliger Basis erfolgen könne. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass die Pensionskassenzusage nur durch Kollektivvertrag zu erfolgen habe. Der Gesetzgeber verwende in § 22a Abs 1 GehG – im Gegensatz zur Regelung des § 78a VBG – nur das Wort „kann“ und lasse damit andere Formen der Erteilung offen.
[14] Unter Berufung auf Schrammel (Entgeltzusagen an öffentlich Bedienstete durch ausgegliederte Rechtsträger in FS Marhold 222 f) führte es im Hinblick auf § 22a Abs 5 Z 1 GehG zusammengefasst aus, hinsichtlich der gemäß § 17 Abs 1a PTSG den Postunternehmen zugewiesenen Beamten stehe es dem Bund, vertreten durch den Vorstand des jeweiligen ausgegliederten Unternehmens, offen, seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Pensionskassenzusage auch durch Abschluss von Betriebsvereinbarungen nachzukommen.
[15] Dem Anspruch, einen Kollektivvertragsabschluss im Rechtsweg durchsetzen zu können, stehe das Wesen des Kollektivvertrags und der Kollektivvertragsautonomie entgegen, das darin liege, dass ein Kollektivvertrag nur durch eine freie Willensübereinstimmung der jeweiligen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustandekomme. Davon sehe das ArbVG zwei Ausnahmen vor:
[16] Eine behördliche Erweiterung des Geltungsbereichs von Kollektivverträgen könne durch das Bundeseinigungsamt über Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft durch Erklärung von Kollektivverträgen zur Satzung erfolgen (§ 18 Abs 1 ArbVG). Ausnahmsweise könne ein Kollektivvertrag auch durch einen Verwaltungsakt, nämlich durch einen Schiedsspruch des Bundeseinigungsamts gemäß §§ 154 f ArbVG zustande kommen, wenn die Kollektivvertragsparteien bei Streitigkeiten ein Schlichtungsverfahren beantragen und schriftlich erklären, sich dem Schiedsspruch zu unterwerfen. Die §§ 153 bis 155 ArbVG bildeten die positiv-rechtliche Grundlage für das staatliche Schlichtungswesen im Bereich der überbetrieblichen Arbeitsverfassung. Über die aufgezeigten behördlichen Interventionen hinaus bestehe keine Regelung, die einer kollektivvertragsfähigen Partei ein Instrumentarium an die Hand gebe, den Abschluss eines Kollektivvertrags zu erzwingen. Daher sei dieses Ziel auch im Klagsweg nicht erreichbar.
[17] Die Revision sei zur Frage zulässig, ob § 22a GehG den Bund zum Abschluss eines Kollektivvertrags zur Pensionskassenversorgung der gemäß § 17 Abs 1a Poststrukturgesetz (PTSG) den Unternehmen Österreichische Post AG, Österreichische Postbus AG und A1 Telekom Austria AG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten verpflichte.
[18] In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsstattgebung; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[19] Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen beantragen jeweils, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
[20] Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
[21] Der Kläger bringt gegen die Auslegung des § 22a GehG durch das Berufungsgericht zusammengefasst vor, ein unzulässiger Eingriff in die Koalitionsfreiheit und die Kollektivvertragsautonomie liege nicht vor, weil die Koalitionsfreiheit vor staatlicher Intervention schützen solle, sich der Bund hier aber selbst gesetzlich zum Kollektivvertragsabschluss verpflichtet habe; es werde nicht über einen Dritten verfügt. Die Abs 1 bis 3 des § 22a GehG machten keine inhaltlichen Vorgaben für den Kollektivvertrag. Bund und ÖGB hätten sich auf den „Kollektivvertrag über die Pensionszusage für Bedienstete des Bundes“ geeinigt. Dieselben Parteien müssten nun einen Kollektivvertrag identen Inhalts für die Gruppe der nach § 17 Abs 1a PTSG dienstzugewiesenen Beamten abschließen. Der Abschluss des Kollektivvertrags diene auch der Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes, weil sachlich nicht erkennbar sei, warum der Bund Beamte ungleich behandle, und auch des sondergesetzlichen Gleichbehandlungsgebots des § 22a Abs 5 Z 3 GehG.
[22] Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung sei rechtlich nicht möglich, weil der Bund, nicht die beteiligten Unternehmen, den dienstzugeteilten Beamten eine Pensionskassenzusage iSd § 2 Z 1 BPG zu erteilen habe. Er könne auch nicht Betriebsvereinbarungspartner sein.
[23] § 22a GehG begründe einen Rechtsanspruch auf eine Pensionskassenzusage iSd § 2 Z 1 BPG gegen die Beklagte, die inhaltsgleich mit den Regelungen des Kollektivvertrags über die Pensionskassenzusage für Bedienstete des Bundes zu sein habe. Der Zweck könne auch nur durch Abschluss eines Kollektivvertrags erreicht werden, wozu das Gesetz die Beklagte ermächtige („kann“). Abs 5 Z 1 leg cit bezwecke nur, den verpflichteten Unternehmen die Möglichkeit einzuräumen, sich einer bereits bestehenden Pensionskasse bedienen zu können. Die Sichtweise sei auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen (Gleichheitssatz) geboten.
Rechtliche Beurteilung
[24] Folgendes war zu erwägen:
1. § 22a GehG idgF lautet:
Pensionskassenvorsorge
§ 22a. (1) Der Bund hat allen nach dem geborenen Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage im Sinne des § 2 Z 1 des Betriebspensionsgesetzes (BPG), BGBl. Nr. 282/1990, und des § 3 Abs. 1 des Pensionskassengesetzes (PKG), BGBl. Nr. 281/1990, zu erteilen. Zu diesem Zweck kann der Bund einen Kollektivvertrag nach Abs. 2 in Verbindung mit § 3 BPG mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund – Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sowie einen Pensionskassenvertrag nach § 15 PKG abschließen. Das BPG ist unbeschadet dessen § 1 Abs. 1 auf die im ersten Satz angeführten Beamten anzuwenden.
(2) Soweit dies zur Regelung der Pensionskassenvorsorge der Beamten erforderlich ist, ist abweichend von § 1 Abs. 2 Z 3 des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG), BGBl. Nr. 22/1974, und von § 3 Abs. 1a Z 1 BPG ein Kollektivvertrag abzuschließen. Der Kollektivvertrag hat insbesondere Regelungen über das Beitrags- und Leistungsrecht entsprechend dem BPG und PKG zu enthalten. Im Übrigen finden auf diesen Kollektivvertrag die Bestimmungen des 1. Hauptstückes des I. Teiles des ArbVG Anwendung. Der Bund hat den Kollektivvertrag und dessen Änderungen auf geeignete Art kundzumachen.
(3) Der Bund wird beim Abschluss des Kollektivvertrages und des Pensionskassenvertrages durch die Bundesministerin oder den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport vertreten.
(4) Die Abs. 1 bis 3 sind auf Landeslehrer nach dem LDG 1984 und dem LLDG 1985 mit den Maßgaben anzuwenden, dass
1. vom jeweiligen Land auch eine überbetriebliche Pensionskassenzusage erteilt werden kann,
2. an die Stelle der in Abs. 3 angeführten Bundesministerin oder des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport das jeweils in Betracht kommende Organ des Landes tritt,
3. die Regelungen des Kollektivvertrages des Bundes über die Einbeziehung von Beamten in die Pensionskasse, über das Beitragsrecht und über das Leistungsrecht auch für das Rechtsverhältnis zwischen Land und Landeslehrern unmittelbar anwendbar sind, und
4. das ArbVG und das BPG für die Rechtsverhältnisse der Landeslehrer gelten, soweit dies für die Regelung der Pensionskassenvorsorge erforderlich ist.
(4a) Das jeweilige Land kann seine Verpflichtung nach Abs. 4 auch auf folgende Weise erfüllen: …
(4b) …
(5) Die Abs. 1 bis 3 sind auf nach § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, zur Dienstleistung zugewiesene Beamte mit den Maßgaben anzuwenden, dass
1. vom jeweiligen Unternehmen auch eine überbetriebliche Pensionskassenzusage erteilt werden kann,
2. An die Stelle der in Abs. 3 angeführten Bundesministerin oder des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport der Vorstandsvorsitzende des jeweiligen Unternehmens tritt und der Kollektivvertrag nach den Abs. 1 und 2 mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund – Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten abzuschließen ist, und
3. die Regelungen des Kollektivvertrages des Bundes über die Einbeziehung von Beamten in die Pensionskasse, über das Beitragsrecht und über das Leistungsrecht auch für die nach § 17 Abs. 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten gelten.
[25] 2. Die Entstehung und Veränderung dieser mit der Dienstrechts-Novelle 2005, BGBl I 2005/80, eingeführten Norm wurde bereits in der Entscheidung 9 ObA 72/15a ausführlich dargelegt, worauf verwiesen wird.
[26] 3. Für die hier zu beantwortende Frage einer einklagbaren Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Kollektivvertrags nach Maßgabe der Regelungen des Kollektivvertrags über eine Pensionskassenzusage für Bundesbedienstete sind die Ausführungen im Bericht des Verfassungsausschusses, 1031 BlgNR 22. GP 2, hervorzuheben:
„Für bestimmte Gruppen von Vertragsbediensteten besteht seit eine Pensionskassenzusage des Bundes (§ 78a VBG 1948). Die vorliegende Regelung soll die Rechtsgrundlagen dafür schaffen, auch Beamtinnen und Beamte sowie die bisher nicht erfassten Vertragsbediensteten durch Abschluss eines Kollektivvertrages in eine entsprechende Pensionskassenvorsorge einbeziehen zu können. Die Einbeziehung in die Pensionskassenvorsorge wird in einem Kollektivvertrag zwischen der Bundesregierung und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zu regeln sein, worin insbesondere der Zeitpunkt der Wirksamkeit sowie die Voraussetzungen der Einbeziehung, das Beitragsrecht und das Leistungsrecht der Pensionskassenvorsorge zu bestimmen sind.“
[27] Ausführungen zur Pensionskasse für dienstzugeteilte Beamte iSd Abs 5 leg cit sind darin nicht enthalten.
[28] 4. Den weiteren Ausführungen ist allgemein voranzustellen, dass nach dem BPG zwischen der Erteilung einer Pensionskassenzusage und der Errichtung bzw dem Beitritt zu einer betrieblichen oder überbetrieblichen Pensionskasse zu unterscheiden ist: Während § 2 BPG für die Zusage des Arbeitgebers keine Einschränkung auf bestimmte Rechtsgrundlagen vorsieht (daher möglich: einseitige Erklärungen, Einzelvereinbarungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung), ist für den Beitritt nach § 3 Abs 1 BPG grundsätzlich eine Betriebsvereinbarung erforderlich, in den Fällen des § 3 Abs 1a BPG der Abschluss eines Kollektivvertrags. Abs 1a leg cit gilt dann, wenn 1. ein Kollektivvertrag zum Stichtag eine betriebliche Alters(Hinterbliebenen-)versorgung vorsieht oder 2. eine solche für einen nicht dem II. Teil des ArbVG unterliegenden Betrieb (oder ein Unternehmen) getroffen werden soll. § 3 BPG regelt sohin die Frage, auf welche Weise einer nach § 2 Abs 1 BPG begründeten Verpflichtung zur Einführung eines Pensionskassenmodells entsprochen und ein Pensionskasseneintritt verwirklicht werden kann (s nur Schrammel/Kietaibl, BPG/PKG2 § 3 BPG Rz 21 mwN).
[29] 5. Auf diese Unterscheidung nimmt auch § 22a Abs 1 GehG Bedacht, wenn S 1 eine Verpflichtung des Bundes statuiert, den näher genannten Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage iSd § 2 Z 1 BPG und des § 3 Abs 1 PKG zu erteilen und S 2 zur Umsetzung dieser Verpflichtung („Zu diesem Zweck“) für den Bund die Möglichkeit eröffnet, einen Kollektivvertrag nach Abs 2 iVm § 3 BPG abzuschließen. Diese gesetzliche Grundlage ist für den Abschluss eines Kollektivvertrags durch den Bund erforderlich, weil die Regelungen des BPG grundsätzlich nicht für Beamte gelten (§ 1 Abs 1 BPG) und dem Bund sonst auch keine Kollektivvertragsfähigkeit zukäme (§ 1 Abs 2 Z 3 ArbVG). Die Bestimmung des § 22a Abs 1 S 2 GehG ist sohin dahin zu verstehen, dass sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Abschluss des Kollektivvertrags über eine Pensionskassenzusage durch den Bund schafft. Das geht auch aus den zitierten Erläuterungen hervor.
[30] 6. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass der Bund zum Abschluss eines Kollektivvertrags auch verpflichtet ist und die Art und Weise zur Erfüllung seiner in S 1 statuierten Verpflichtung, den näher genannten Beamten eine Pensionskassenzusage zu erteilen, nicht wählen könnte. In diesem Sinn wurde auch in der Entscheidung 9 ObA 147/17h (Pkt 3.5.) ausgeführt: „Im Unterschied zu [richtig:] § 22a GehG, wonach der Bund allen nach dem geborenen Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage zu erteilen hat (Satz 1) und zu diesem Zweck einen Kollektivvertrag mit dem österreichischen Gewerkschaftsbund sowie einen Pensionskassenvertrag abschließen kann (Satz 2), ist bei § 78a Abs 1 VBG der Abschluss eines Kollektivvertrags und eines Pensionskassenvertrags zwingend vorgesehen (argumento 'hat'; …).“ Gegen eine Auslegung des Abs 1 S 2 leg cit im Sinn eines „Müssens“ spricht auch Abs 2 leg cit, weil er, abweichend von § 1 Abs 2 Z 3 ArbVG und von § 3 Abs 1a Z 1 BPG, den Abschluss eines Kollektivvertrags nur verlangt (arg.: „ist … abzuschließen“), „soweit dies zur Regelung der Pensionskassenvorsorge der Beamten erforderlich ist“. § 22a Abs 1 GehG kann daher nicht dahin verstanden werden, dass eine einklagbare Pflicht des Bundes zum Abschluss eines Kollektivvertrags – welchen Inhalts auch? – bestünde.
[31] 7. Der Kläger kann sich dafür auch nicht auf § 22a Abs 5 GehG berufen, weil er nur die Anwendung der Abs 1 bis 3 mit den in den Z 1 bis 3 genannten Maßgaben anordnet. Zu letzteren ist Folgendes zu erwägen:
[32] 8.1. Abs 5 Z 3 leg cit sieht vor, dass „die Regelungen des Kollektivvertrags des Bundes über die Einbeziehung von Beamten in die Pensionskasse, über das Beitragsrecht und über das Leistungsrecht auch für die nach § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten gelten“. Dies ist keine Anordnung dahin, dass die Regelungen des Kollektivvertrags des Bundes über die Einbeziehung der Beamten in die Pensionskasse, das Beitrags- und das Leistungsrecht von Gesetzes wegen für die dienstzugeteilten Beamten gelten, geht doch Abs 5 Z 2 leg cit selbst davon aus, dass dafür erst der Abschluss eines Kollektivvertrags erforderlich ist (s schon 9 ObA 72/15a, Pkt 2.2.). Eine mit § 22a Abs 4 Z 3 GehG vergleichbare Regelung („… unmittelbar anwendbar“) wurde für die nach § 17a PTSG dienstzugeteilten Beamten nicht getroffen. Abs 5 Z 3 leg cit kann danach nur im Sinn einer gesetzlichen Vorgabe für den Inhalt der Pensionskassenvorsorge verstanden werden. Sie zielt mit der Anordnung der Geltung der genannten Regelungen des Kollektivvertrags des Bundes offenkundig darauf ab, eine inhaltliche Gleichstellung der dienstzugeteilten Beamten mit den übrigen in Abs 1 leg cit genannten Beamten zu erreichen. Die Einhaltung einer bestimmten Modalität, insbesondere eine Pflicht des Bundes zum Abschluss eines Kollektivvertrags, ergibt sich auch daraus nicht.
[33] 8.2. An der gesetzlichen Verpflichtung des Bundes zur Erteilung der Pensionskassenzusage auch an die dienstzugewiesenen Beamten ändert dies nichts. Zu dieser wurde bereits zu 9 ObA 72/15a ausgeführt: „2.1 Bereits eine wörtliche Auslegung des § 22a GehG ergibt, dass die Verpflichtung, allen nach dem geborenen Beamtinnen und Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage iSd § 2 Z 1 BPG zu erteilen, nach § 22a Abs 1 GehG den Bund trifft (9 ObA 66/11p). Diese Verpflichtung des Bundes besteht auch in den hier zu beurteilenden Fällen des § 22a Abs 5 GehG, weil diese Bestimmung ausdrücklich die Anwendbarkeit der Abs 1 bis 3 des § 22a GehG auf die nach § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamtinnen und Beamten – die ja auch weiterhin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen – anordnet.“
[34] 9. Im Hinblick auf § 22a Abs 5 Z 1 leg cit hat das Berufungsgericht unter Berufung auf Schrammel auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung durch das Unternehmen hingewiesen. Der Kläger wendet dagegen ein, dass der Autor zum gegenteiligen Ergebnis gelangt sei.
[35] 9.1. Abs 5 Z 1 leg cit sieht vor, dass vom jeweiligen Unternehmen auch eine überbetriebliche Pensionskassenzusage erteilt werden kann. Wie bereits zu 9 ObA 72/15a ausgeführt, ändert diese vom Gesetzgeber dem Unternehmen eingeräumte Möglichkeit nichts an der gemäß § 22a Abs 5 iVm Abs 1 GehG bestehenden Verpflichtung des Bundes, den gemäß § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage zu erteilen, sondern tritt lediglich als weitere Alternative hinzu (wofür in der Entscheidung auf den Bericht des Verfassungsausschusses zur 1. Dienstrechts-Novelle 2009, 279 BlgNR 24. GP 1, verwiesen wurde, der im Zusammenhang mit der insofern gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs 4 Z 1 GehG ebenfalls von einer „Wahlmöglichkeit“ der Länder zwischen betrieblicher Pensionskasse des Landes und überbetrieblicher Pensionskasse spricht). Es ist daher richtig, dass die Bundeszusage zur Unternehmenszusage nicht im Verhältnis der Subsidiarität steht (idS auch Schrammel aaO 223). In der Entscheidung wurde aber offen gelassen, ob die Verpflichtung des Bundes zum Abschluss eines Kollektivvertrags zur Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage entfällt, wenn das Unternehmen eine überbetriebliche Pensionskassenzusage erteilt hat (Pkt 3.2.).
[36] 9.2. Wie Schrammel aaO 222 f, ausführt, deutet die Formulierung des Abs 5 Z 1 leg cit darauf hin, dass die Regelung Pensionskassenzusagen erfasst, die vom Unternehmen im eigenen Namen an Beamte erteilt werden. Pensionskassenzusagen an die zugewiesenen Beamten sind im Bereich der Post auch im Rahmen des „allgemeinen“ Systems für Pensionskassenzusagen möglich. Mehrfach wurde bereits entschieden, dass durch § 1 Post- Betriebsverfassungsgesetz (PBVG) der Anwendungsbereich für die kollektive Rechtsgestaltung durch Betriebsvereinbarung nicht auf privatrechtliche Verträge eingeschränkt wird, sondern auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse erfasst. Somit können in diesem Bereich auch Beamte, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, von Regelungen durch Betriebsvereinbarungen erfasst sein (vgl 8 ObA 77/03m; 9 ObA 4/12x; 9 ObA 33/18w; VwGH 2006/12/0183). Im Bereich der Postunternehmen besteht daher die Möglichkeit, die „allgemeine“ arbeitsrechtliche Grundlagenvereinbarung für Pensionskassenzusagen (Betriebsvereinbarung) für Zusagen an Beamte nutzbar zu machen. Diese Ausführungen werden vom erkennenden Senat geteilt.
[37] 9.3. Schrammel folgert daraus, dass § 22a Abs 5 Z 1 GehG dann für zugewiesene Beamte eine „doppelte“ Pensionskassenzusage ermöglichen würde. Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens könnte als Vertreter des Bundes eine Zusage des Bundes durch Abschluss eines Kollektivvertrags begründen, dessen Inhalt durch den „allgemeinen“ Bundespensionskassenkollektivvertrag bestimmt ist. Er könnte darüber hinaus als zur Vertretung des Unternehmens berufenes Organ durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung das Unternehmen selbst zur Gewährung von Pensionskassenleistungen verpflichten. Fraglich bleibe, wie diese Sonderstellung der Beamten sachlich gerechtfertigt werden könne und welchen Sinn eine mögliche Doppelversorgung für diese Beamten haben solle. Da der Bund den dienstzugewiesenen Beamten zur Erteilung einer Pensionskassenzusage verpflichtet sei und die Bundeszusage zur Unternehmenszusage nicht im Verhältnis der Subsidiarität stehe, sei Abs 5 Z 1 dahin zu verstehen, dass der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens als Vertreter des Bundes den Pensionskassenvertrag für Beamte nicht nur mit der Bundespensionskasse, sondern auch mit einer überbetrieblichen Pensionskasse abschließen könne.
[38] 9.4. Diesen Schlussfolgerungen steht entgegen, dass der Gefahr einer Doppelversorgung schon dadurch vorgebeugt wird, dass sowohl eine im Wege eines Kollektivvertrags für den Bund erteilte Pensionskassenzusage als auch eine im Wege einer Betriebsvereinbarung für das Unternehmen erteilte Pensionskassenzusage in die Vertretungskompetenz der Person des Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens fällt, wodurch eine doppelte (nicht bloß ergänzende) Zusage nicht naheliegt; weiter, dass Abs 5 Z 1 das jeweilige Unternehmen (nicht: den Bund) zur Erteilung auch einer überbetrieblichen Pensionskassenzusage berechtigt und schließlich, dass die Bundeszusage zur Unternehmenszusage zwar nicht im Verhältnis der Subsidiarität steht, der Gesetzeszweck der Verpflichtung des Bundes jedoch auch durch eine entsprechende Unternehmenszusage zu erreichen ist (9 ObA 71/15a: Alternative). Da ihr Inhalt insoweit durch Z 3 bestimmt wäre, würden sich auch die vom Kläger aufgeworfenen Fragen einer allfälligen Gleichheitswidrigkeit im Verhältnis zu jenen Beamten, die eine Pensionskassenzusage durch den Bund erhielten, nicht stellen.
[39] 10. Letztlich kann die Frage nach der Reichweite des Abs 5 Z 1 leg cit aber auch im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil schon in 9 ObA 147/17h (mwN), dort zu § 78a VBG, ausführlich dargelegt wurde, dass ein Kollektivvertrag nur durch eine freie Willensübereinstimmung der jeweiligen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustande kommt und ein Kontrahierungszwang dem Wesen des Kollektivvertrags und der Kollektivvertragsautonomie widerspricht. Der Kläger meint zwar, dass dies hier aufgrund der gesetzlichen Selbstbindung des Bundes nicht zum Tragen kommen könne. Diese Argumentation übergeht allerdings, dass eine Pflicht zum Kollektivvertragsabschluss nicht nur den Bund, sondern auch den Österreichischen Gewerkschaftsbund – Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten träfe und daher nicht nur von einer Selbstbindung des Bundes ausgegangen werden kann (idS auch Schrammel, DRdA 2019/13 in Anm zu 9 ObA 147/17h). Dass der Kläger aktuell den Abschluss des Kollektivvertrags anstrebt, ändert daran nichts.
[40] 11. Zusammenfassend bietet § 22a GehG keine Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung der Beklagten, ihrer auch gegenüber den nach § 17a PTSG dienstzugeteilten Beamten bestehenden gesetzlichen Pflicht zur Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage durch Abschluss des vom Kläger begehrten Kollektivvertrags nachzukommen. Die Vorinstanzen haben eine solche Pflicht des Bundes daher zu Recht verneint.
[41] Der Revision des Klägers war danach keine Folge zu geben.
[42] 12. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kostenersatzanspruch der gemeinsam anwaltlich vertretenen Nebenintervenienten war diesen nach Kopfteilen zuzusprechen (vgl Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.383).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2022:009OBA00139.21P.0519.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-67728