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VwGH 14.05.1990, 90/19/0153

VwGH 14.05.1990, 90/19/0153

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §7;
ZustG §9 Abs1;
RS 1
Der Zustellung einer Erledigung an einen nichtausgewiesenen Vertreter als Empfänger kommt keine Rechtswirksamkeit zu (Hinweis E , 86/04/0070 und B , 87/02/0150).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 89/10/0167 B RS 2
Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §7;
AVG §9 Abs1;
RS 2
Die Zustellung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, entsprechend der Zustellverfügung vermag gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten; dies selbst im Falle des tatsächlichen Zukommens an die Partei, weil weder ein Fall des § 7 noch des § 9 Abs 1 zweiter Satz ZustellG vorliegt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 87/02/0150 B RS 2

Entscheidungstext

Betreff

N gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom , Zl. III-4033/88, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Paßgesetz.

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Mit einer dem Beschwerdeführer persönlich zugestellten Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich vom "27. Juni bis " "länger als drei Monate im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten, ohne den hiefür erforderlichen Sichtvermerk erlangt zu haben". Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Paßgesetz in Verbindung mit Punkt 1 des Sichtvermerksabkommens BGBl. Nr. 194/1955 in der geltenden Fassung begangen. Es wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt.

Der dagegen namens des Beschwerdeführers von Dr. A erhobene Einspruch enthält den Hinweis "Vollmacht im Fremdenpolizeiakt".

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom wurde Dr. A mit dem Hinweis, daß sich im Fremdenpolizeiakt keine Vollmacht des Beschuldigten befinde, aufgefordert, binnen 14 Tagen eine Vollmacht des Beschuldigten beizubringen, da ansonsten der Einspruch als gegenstandslos betrachtet werde.

Mit Schreiben vom erwiderte Dr. A, § 10 Abs. 5 AVG 1950 sehe nicht vor, daß Rechtsvertreter eine Vollmacht benötigten und verwies weiters darauf, daß eine Vollmacht im Akt der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch die Erteilung eines Sichtvermerkes betreffend vorgelegt worden sei.

Mit Schreiben vom erging an den Beschwerdeführer zuhanden Dr. A die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter.

Auch der Schriftsatz vom , die Rechtfertigung betreffend, ist von Dr. A mit dem Bemerken gezeichnet "Vollmacht im Fremdenpolizeiakt".

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom wurde der Beschwerdeführer der in der genannten Strafverfügung näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe im gleichen Ausmaß verhängt, weil er sich "als Fremder länger als drei Monate im österr. Bundesgebiet aufgehalten habe, ohne ab den hiefür erforderlichen Sichtvermerk erlangt zu haben". Das Straferkenntnis nennt Dr. A als Vertreter des Beschwerdeführers und wurde an Dr. A am zugestellt.

Mit Schriftsatz vom erhob Dr. A im Namen des Beschwerdeführers Berufung gegen dieses Straferkenntnis, wobei er wieder den Vermerk anbrachte "Vollmacht im Fremdenpolizeiakt".

Die belangte Behörde forderte Dr. A mit Schreiben vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 auf, binnen zwei Wochen eine Vollmacht des Beschuldigten vorzulegen, widrigenfalls die vorliegende Berufung als unzulässig eingebracht zurückgewiesen werde.

Dieser Aufforderung wurde von Dr. A wieder nicht entsprochen. Dr. A legte jedoch in einem umfangreichen Schriftsatz vom neuerlich dar, daß im seinerzeitigen Sichtvermerksverfahren eine Vollmacht vorgelegt worden sei.

Mit Erledigung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (belangte Behörde) vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 AVG 1950 als unzulässig eingebracht zurückgewiesen. Sowohl in dieser Erledigung als auch in der Zustellverfügung ist als Vertreter der nunmehrigen beschwerdeführenden Partei Rechtsanwalt Dr. A angeführt.

Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie über Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß vom , B 908/88, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.

Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als unzulässig:

Entsprechend den obigen Darlegungen ist davon auszugehen, daß in dem das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren betreffenden Akt eine schriftliche Vollmacht des für den Beschwerdeführer einschreitenden Rechtsanwaltes Dr. A niemals und insbesondere nicht im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Erledigung vorgelegen ist. Ebenso aktenkundig ist, daß der genannte Rechtsanwalt den von der Behörde erster Instanz und von der belangten Behörde erteilten Verbesserungsaufträgen gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 die Vollmachtsvorlage betreffend nicht Folge geleistet hat. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Das hatte zur Folge, daß die belangte Behörde bei Erlassung der angefochtenen Erledigung davon ausgegangen ist, daß die Vollmacht des Dr. A gegenüber der Behörde zu diesem Zeitpunkt nicht ausgewiesen war. Die angefochtene Erledigung konnte jedoch gegenüber dem somit in diesem Verfahren unvertretenen Beschwerdeführer nur dann Rechtswirkungen entfalten, wenn sie an ihn persönlich zugestellt worden wäre. Dadurch, daß dies im vorliegenden Fall nicht geschehen ist, sondern der angefochtene "Bescheid" an den nicht als bevollmächtigt ausgewiesenen Vertreter zugestellt worden ist, ist der angefochtene "Bescheid" nicht rechtswirksam erlassen worden, er gehört dem Rechtsbestand nicht an. Da aber auf Grund der von der belangten Behörde getroffenen Zustellverfügung "Empfänger" der angefochtenen Erledigung im Sinne der zustellrechtlichen Vorschriften Rechtsanwalt Dr. A war, liegt auch kein Fall des § 7 oder § 9 Abs. 1 zweiter Satz des Zustellgesetzes vor (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 7081/A, und den Beschluß vom , Zl. 89/10/0167, sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Die Beschwerde richtet sich somit gegen einen Verwaltungsakt, der mangels Zustellung an den Beschwerdeführer und mangels Entfaltung jeglicher Rechtswirkungen nicht mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden kann.

Die Beschwerde ist daher gem § 34 Abs 1 und 3 VwGG wegen Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl 87/02/0150).

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §7;
AVG §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §7;
ZustG §9 Abs1;
Schlagworte
Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Rechtsmittel
Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Zustellung
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter
Bescheidbegriff Allgemein
nachträgliche Vollmachtserteilung
Vertretungsbefugter physische Person Eigenberechtigung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190153.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-64669