VwGH 08.06.1961, 1974/60
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | BauO OÖ 1875 §50 Z1; |
RS 1 | Die Errichtung von Friedhofsbauten durch eine römisch-katholische Pfarre ist ein öffentlicher Bau nach § 50 Z. 1 der OÖ Landesbauordnung. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Räte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Dr. Lehne und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Polizeikommissärs Dr. Primmer als Schriftführer über die Beschwerde des J und der NM in X gegen den Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR - 120/4 - 1960, betreffend Anrainereinwendungen in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Am suchte die Pfarre X, die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn um die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Geräteschuppens im alten Friedhofsteil in X, den Umbau des bestehenden Aufbahrungsraumes in einen Leichen- und Sezierraum (auf den Grundstücken 943 und 71) und die Errichtung einer Betonmauer für den erweiterten Friedhofsteil (auf den Grundstücken 945/2 und 942/4, sämtliche KG. X) an. Auf dieses Ansuchen hin fand am eine mündliche Verhandlung statt. Nach der hierüber aufgenommenen Niederschrift wurde festgestellt, daß der auf der Bauparzelle 945/3, KG X gelegene Schachtbrunnen, welcher ca. 10 m von der zukünftigen Friedhofsmauer entfernt liegt, aufgelassen und das Haus der Ehegatten M sowie der Leichen- und Sezierraum und die Sakristei an die Wasserversorgungsanlage der Volksschule angeschlossen werden sollen. Bei dieser Verhandlung erklärten die Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft Gst. 945/2 mit der "Errichtung" des neuen Friedhofes nicht einverstanden zu sein. Die von den Vertretern des bischöflichen Ordinariats in Linz und der Pfarre X vorgeschlagenen Vermittlungsversuche könnten ebenfalls nicht nicht zur Kenntnis genommen werden. Diese Nichtzustimmung werde damit begründet, daß durch die Schaffung des neuen Friedhofsteiles der Wert des Hauses stark vermindert und ein eventueller Verkauf unmöglich gemacht würde. Die Beschwerdeführer befürchteten auch, wegen des neuen Friedhofs könnte die Stillegung ihres Brunnens erforderlich werden. Mit dem Ersatz ihres Brunnens durch Anschluß an die Wasserleitungsanlage der Volksschule seien sie nur dann einverstanden, wenn hiedurch gleichwertiges Wasser gesichert und außerdem die Brunnenanlage abgelöst werde. Sollte "die Kirche" von der Grundgrenze einen Abstand von 10 m einhalten und gleichartiges Wasser zugesichert werden, wären sie mit der Friedhofserweiterung einverstanden. Im weiteren Verlauf der Verhandlung, bei welcher seitens der Pfarre X ein Grundtausch mit den Beschwerdeführern und eine geringfügige Abänderung der Lage der Friedhofsmauer vorgeschlagen wurde, zogen die Beschwerdeführer ihre vorstehend wiedergegebene Stellungnahme zurück und erklärten "auf gar keinen Fall mit der Errichtung eines neuen Friedhofes" einverstanden zu sein.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom wurde der Pfarre X gemäß §§ 1 und 50 der oberösterreichischen Bauordnung, die angestrebte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden mit der Begründung zurückgewiesen, daß es sich nicht um Immissionen im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB handle, sodaß auch eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg nicht notwendig erscheine. In der Begründung des Bescheides heißt es, die Beschwerdeführer hätten in der Verhandlung vorerst der Friedhofserweiterung unter bestimmten Bedingungen zugestimmt, jedoch vor Schluß der Verhandlung diese Stellungnahme zurückgezogen und ohne Anführung näherer Gründe sich gegen die Friedhofserweiterung ausgesprochen. Am habe der Erstbeschwerdeführer im eigenen Namen und namens der Zweitbeschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erklärt, gegen die Friedhofserweiterung aus hygienischen Gründen Einwendungen zu erheben, wobei er als hygienische Gründe die Gefahr einer Ungenießbarkeit des Brunnenwassers, den Anblick der Gräber und den Geruch der Kränze bezeichnet habe. Diese Einwendungen hätten unberücksichtigt bleiben müssen, da der Kirchenchronik der Pfarre X entnommen werden könne, daß das Grundstück 945/2 bereits im Jahre 1913 für eine allfällige Friedhofserweiterung angekauft worden sei. Es habe daher jeder an dieses Grundstück anrainende Grundbesitzer mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß gegebenenfalls an seiner Grundgrenze eine Friedhofsmauer errichtet werde. Im Jahre 1937/1938 habe der damalige Pfarrer P einen Teil der für die Friedhofserweiterung bestimmten Parzelle für die Errichtung eines Heimes verwenden wollen, doch sei es wegen der Ereignisse im März 1938 nicht mehr dazu gekommen. Der Pfarrer habe dann auf einer Teilfläche mit seiner Schwester, der Zweitbeschwerdeführerin, ein Haus errichtet. Es mußte der Zweitbeschwerdeführerin schon damals klar gewesen sein, daß eine Friedhofserweiterung notwendig werden könnte und in diesem Falle der neue Friedhofsteil unmittelbar vor dem neuerbauten Haus zu liegen käme.
Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer Berufung ein, in der sie die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn sowohl als Baubehörde als auch als Sanitätsbehörde erster Instanz mangels des Vorliegens eines öffentlichen Baues wegen Nichtbeachtung der gemeindebehördlichen Zuständigkeit zur Errichtung von Leichenkammern und Begräbnisplätzen bestritten. Ferner machten sie die Unzulässigkeit der Friedhofserweiterung im Hinblick auf die Anordnungen des Hofdekretes vom 23. August bzw. 13. September 1784 geltend. Die in der Verhandlung erhobenen Einwendungen wurden wie folgt zusammengefaßt, präzisiert und ausgebaut: Das Grundwasser ihres Brunnens würde zum menschlichen Genuß untauglich werden, die neue Friedhofsmauer würde fast unmittelbar unterhalb ihres Balkons und neben ihren Fenstern verlaufen, durch die Nähe des Friedhofes würden sie üblen Gerüchen und den "ekelhaftesten" Fliegen ausgesetzt, wodurch Leben und Gesundheit gefährdet wäre, infolge der Friedhofserweiterung und der Errichtung der Baulichkeiten würde das Grundstück samt Haus so gut wie wertlos werden und der Anblick auf offene oder geschlossene Gräber bilde eine schwere Belastung seelischer Art, die den Beschwerdeführern nicht zugemutet werden könne. Diese Einwendungen seien durchwegs privatrechtliche Einwendungen im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB.
Das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung gab mit dem im Namen der Landesregierung erlassenen Bescheid vom der Berufung teilweise Folge und änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin ab, das dieser nunmehr zu lauten hatte: Gemäß §§ 1, 5 und 50 der oberösterreichischen Bauordnung in der gegenwärtigen Fassung wird erklärt, daß das von der Pfarre X angetragene, in den bei der mündlichen Verhandlung am vorgelegenen und entsprechend gekennzeichneten Projektsunterlagen dargestellte Bauvorhaben, und zwar a) die Errichtung einer Betonmauer, b) die Errichtung eines Geräteschuppens im alten Friedhofsteil und c) der Umbau des bestehenden Aufbahrungsraumes in einen Leichen- und Sezierraum unter den im Bescheid angeführten Auflagen in öffentlicher Beziehung zulässig ist. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführerin erhobenen privatrechtlichen Einwendungen (Wertminderung ihrer Liegenschaft, Beeinträchtigung ihres Brunnens, Beeinträchtigung durch die Nähe der Friedhofsmauer, durch üble Gerüche und Fliegen, Gesundheitsschädigung, Belastungen seelischer Art) werden die Streitenden, soweit sich ihre Einwendungen auf die angetragenen Bauwerke beziehen, auf den Rechtsweg verwiesen. Soweit sich die Einwendungen auf die Friedhofserweiterung an sich beziehen, werden sie als unzulässig zurückgewiesen. Die Einwendungen, daß der angefochtene Bescheid auch sanitätspolizeiliche Entscheidungen treffe und die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Baubehörde erster Instanz nicht zuständig gewesen sei, werden abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt: Öffentliche Bauten seien keineswegs nur solche einer Gebietskörperschaft. Öffentliche Bauten seien solche, die von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft für öffentliche Zwecke ausgeführt würden (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2550/56). Im Hinblick darauf, daß der Bauwerber eine gesetzlich anerkannte öffentlich-rechtliche Körperschaft sei und das Bauvorhaben öffentlichen Zwecken diene, sei der Bau ein öffentlicher Bau im Sinne des § 50 der oberösterreichischen Bauordnung, die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn sohin zur Entscheidung in erster Instanz zuständig gewesen. Die Einwendung, daß die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zu einer sanitätspolizeilichen Entscheidung über die geplante Friedhofserweiterung nicht zuständig gewesen sei, gehe ins Leere. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sage eindeutig, für welche Bauwerke die Baubewilligung erteilt worden sei. Soweit in ihm von einer Friedhofserweiterung die Rede sei, habe sich die Behörde in den Worten vergriffen. Der Vorwurf, sie habe auch eine sanitätspolizeiliche Entscheidung getroffen, sei daher nicht gerechtfertigt. Die Einwendungen hinsichtlich der Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn seien daher unbegründet. Alle übrigen Einwendungen der Beschwerdeführer richteten sich in erster Linie gegen die Friedhofserweiterung, nicht aber gegen die Bauwerke. Eine Beeinträchtigung eines auf die Bauordnung gestützten subjektiven öffentlichen Rechtes durch die Errichtung der Baulichkeiten sei nicht behauptet worden. Die Beschwerdeführer begründeten ihren Einspruch mit hygienischen Erwägungen, mit der Behauptung einer unerträglichen Geruchsbelästigung und gesundheitsschädlicher Einflüsse, mit der allenfalls erforderlich werdenden Stillegung ihres Brunnens, der Entwertung ihrer Liegenschaft und der Unzulässigkeit der Friedhofserweiterung auf Grund älterer öffentlich-rechtlicher Vorschriften. Soweit sich die Einwendungen gegen eine allfällige Friedhofserweiterung wandten, hätten diese im Baubewilligungsverfahren über die Friedhofsmauer, den Geräteschuppen und den Umbau des Leichenhauses nichts zu suchen. Sie gehörten in das sanitätsrechtliche Verfahren, das durch die baubehördliche Bewilligung in keiner Weise präjudiziert werde. Die Einwendungen, soweit sie sich gegen die Friedhofserweiterung richteten, seien, daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Soweit sich die Einwendungen gegen die Bauwerke selbst richteten, sei zu sagen, daß die Einwendung der Wertminderung privatrechtlicher Natur sei, die übrigen Einwendungen ihrem Inhalte nach sanitärer Art seien. Sie müßten an sich als öffentlich-rechtliche Einwendungen qualifiziert werden. Im vorliegenden Fall hätten die Beschwerdeführer ihre diesbezüglichen Einwendungen jedoch ausdrücklich auf das Privatrecht gestützt. Eine Beurteilung, ob die in diesem Zusammenhang zitierten Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches die Einwendungen decken könnten, stehe der Verwaltungsbehörde nicht zu. Die Tatsache, daß die Einsprüche auf zivilrechtliche Bestimmungen gestützt würden, sei gegeben und mit Rücksicht darauf, daß eine gütliche Einigung nicht möglich gewesen sei, für die Behörde Grund genug, sich auf die Erklärung zu beschränken, daß der angetragene Bau in öffentlicher Beziehung zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Es wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit zufolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit zufolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof mußte sich zunächst mit dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei beschäftigen, daß in der vorliegenden Baurechtssache die Beschwerdeführer - so müssen die diesbezüglichen Ausführungen verstanden werden - mit ihren Einwendungen präkludiert seien, weil die Ladung zur mündlichen Verhandlung vom zwar den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG enthalten habe, die Beschwerdeführer bei dieser Verhandlung aber keine dem Gesetz entsprechenden Einwendungen erhoben hätten. Die Einwendungen seien erst in der Berufungsschrift formuliert worden. Dies deswegen, weil bei Richtigkeit dieses Vorbringens die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen werden müßte. Die Voraussetzung der Präklusion ist jedoch nicht gegeben. Mit der Frage, ob Präklusion eingetreten ist, hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides beschäftigt und hiezu ausgeführt, Präklusion sei nicht eingetreten, weil eine Voraussetzung hiefür, nämlich ein entsprechender Hinweis in der Kundmachung von der Bezirkshauptmannschaft zwar vorgesehen, den Beschwerdeführern gegenüber aber nicht nachweisbar zur Kenntnis gebracht worden sei. In der von ihnen als Ladung unterzeichneten Kundmachung sei nämlich der diesbezügliche Hinweis offenbar infolge eines Versehens ausdrücklich durchgestrichen. Diese Feststellungen der belangten Behörde sind durch die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten gedeckt. Die Ladung ohne Hinweis auf die Präklusionsfolgen nach § 42 AVG hätte sohin zur Folge, daß die Beschwerdeführer nicht gehindert waren, auch nach der mündlichen Verhandlung vom gegen das Bauvorhaben Einwendungen zu erheben, über die die Behörde eine Sachentscheidung treffen mußte.
Die Beschwerde erweist sich jedoch in sachlicher Hinsicht als unbegründet.
Den Vorwurf der Unzuständigkeit der in erster Instanz tätig gewordenen Bezirkshauptmannschaft begründen die Beschwerdeführer damit, daß es sich nicht um einen öffentlichen Bau im Sinne des § 50 Abs. 1 Z. 1 der Bauordnung für Oberösterreich (Gesetz vom 13. März 1875, LGBl. Nr. 15 mit Änderungen) handle, sodaß zur Durchführung der Bauverhandlung und Erteilung der Baubewilligung in erster Instanz die Gemeinde zuständig gewesen wäre. Hinsichtlich dieses Vorbringens sind die Beschwerdeführer zunächst darauf hinzuweisen, daß eine Unzuständigkeit der in erster Instanz eingeschrittenen Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn nicht die Unzuständigkeit der belangten Behörde, sondern nur die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zur Folge hätte, weil die belangte Behörde, falls die Vorinstanz zur Entscheidung nicht zuständig gewesen wäre, den erstinstanzlichen Bescheid beheben und die Angelegenheit an die zuständige Baubehörde erster Instanz, nach Meinung der Beschwerdeführer sohin an die Gemeindebehörde, hätte verweisen müssen. Die Annahme, daß die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Baubehörde in erster Instanz nicht hätte einschreiten dürfen, weil es sich um keinen öffentlichen Bau im Sinne der vorangeführten Gesetzesbestimmung handelt, ist jedoch unzutreffend. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem auch von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2550/56, ausgesprochen hat, ist als öffentlicher Bau ein solcher anzusehen, der von öffentlichrechtlichen Körperschaften für öffentliche Zwecke aufgeführt wird. Daß die Errichtung einer Friedhofsmauer, die Errichtung eines Geräteschuppens für Zwecke des Friedhofes und der Umbau eines zum Friedhof gehörigen Raumes, in einen Leichen- und Sezierraum Bauten für öffentliche Zwecke darstellen, kann nicht bestritten werden. Als Bauwerber ist die Pfarre X aufgetreten. Sie ist eine Einrichtung der römisch-katholischen Kirche, die zu den gesetzlich anerkannten Religionsgenossenschaften gehört und daher einer Körperschaft öffentlichen Rechts gleichzuhalten ist. Die behauptete Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Baubehörde erster Instanz ist sohin nicht gegeben.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblicken die Beschwerdeführer weiters darin, daß die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn unzuständigerweise über sanitätspolizeiliche Belange im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung des Friedhofes entschieden habe, sohin ohne Zuständigkeit auch als Sanitätsbehörde eingeschritten sei. Auch in diesem Punkt vermag sich der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsansicht der Beschwerdeführer nicht anzuschließen. Gegenstand des Abspruches der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn und der belangten Behörde war das Ansuchen der Pfarre X um die Erteilung der Baubewilligung für die Einzäunung des Friedhofes und die Errichtung eines Leichenhauses. Dieses Ansuchen wurde im Zuge des Verfahrens vor der Baubehörde erster Instanz auf die Errichtung einer Betonmauer für die Friedhofserweiterung, die Errichtung eines Geräteschuppens und den Umbau des Aufbahrungsraumes in einen Leichen- und Sezierraum abgeändert. Nur dieses Vorhaben wurde mit dem angefochtenen Bescheid baubehördlich bewilligt, wie sich aus dessen Spruch ergibt, der die Bauwerke der Reihe nach aufzählt. Das Vorbringen, daß die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn auch als Sanitätsbehörde in Angelegenheit der Erweiterung des Friedhofes eingeschritten und daß diese Kompetenzüberschreitung von der belangten Behörde nicht beseitigt worden sei, ist somit durch die Aktenlage nicht gedeckt.
In meritorischer Hinsicht ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerde in ihrer Eigenschaft als Anrainer erhoben. Sie können als Anrainer durch den angefochtenen Bescheid nur dann in einem subjektiven Recht verletzt sein, wenn die Behandlung der von ihnen gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen dem Gesetz nicht entsprach. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben.
Die im Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz erhobenen Einwendungen hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit der Begründung zurückgewiesen, daß es sich nicht um "Immissionen im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB handle, sodaß auch eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg nicht notwendig erscheine". Diese Beurteilung ihres Vorbringens haben die Beschwerdeführer in der Berufung bekämpft; sie führten aus, die (in der Berufung zusammengefaßten, präzisierten und ausgebauten) Einwendungen seien "durchwegs solche im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB" und daher zweifellos Einwendungen zivilrechtlicher Natur. Schon aus diesem Grunde hätte der Bescheid gar keine aufrechte Erledigung des Ansuchens aussprechen dürfen. Diesem Vorbringen hat die belangte Behörde Rechnung getragen, den Ausspruch der ersten Instanz, soweit mit ihm die angestrebte Baubewilligung erteilt wurde, aufgehoben und lediglich ausgesprochen, daß der angetragene Bau in öffentlicher Beziehung zulässig ist. Eine solche Erledigung des Baugesuches entspricht den Vorschriften des § 5 Abs. 3 und 4 der oberösterreichischen Bauordnung, weil nicht bereinigte privatrechtliche Einwendungen vorgelegen waren. Als solche Einwendung durfte die belangte Behörde das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren werten. Denn von einem Vorbringen, das die Unzulässigkeit eines Vorhabens wegen zu erwartender Immissionen zum Inhalt hat, kann nicht von vornherein gesagt werden, ob es sich um privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Einwendungen handelt, denn nicht nur die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes (§ 364 Abs. 2 ABGB), sondern auch öffentlich-rechtliche Vorschriften gewähren Schutz vor Immissionen. Ob eine solche Einwendung eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Einwendung ist, richtet sich vielmehr danach, in welchem Recht sich der die Einwendung erhebende Nachbar verletzt erachtet. Wenn die Beschwerdeführer in ihrer Berufung ausdrücklich die Verletzung ihrer aus den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches erwachsenden Rechte behauptet haben, so war die Behörde nicht nur berechtigt, sondern auch geradezu verpflichtet, diese Einwendung als privatrechtliche Einwendung zu qualifizieren, zumal die Beschwerdeführer auf irgendwelche baurechtlichen Vorschriften, die eine Rechtsverletzungsmöglichkeit in dieser Hinsicht erkennen lassen, nicht hingewiesen haben.
Die Einwendung hinsichtlich Nichtbeachtung des Hofdekretes vom 13. September 1784 hat die belangte Behörde als unzulässig zurückgewiesen. Auch diese Entscheidung bekämpfen die Beschwerdeführer, indem sie vorbringen, es handle sich bei der in Betracht kommenden Vorschrift dann um eine baurechtliche, wenn Bauwerke errichtet oder abgeändert würden, die nach dieser Vorschrift nicht errichtet werden dürften. Die Beschwerdeführer sind in einem Rechtsirrtum befangen. Nach Z. 1 des Hofdekretes vom 23. August und 13. September 1784, Josefinische Gesetzessammlung
6. Band, S. 565, betreffend Vorschriften wegen der Leichenbegängnisse, "sollen alle Gruften, Kirchhöfe und sogenannte Gottesäcker, die sich inner dem Umfange der Ortschaften befinden, geschlossen, und anstatt solcher die außer den Ortschaften in einer angemessenen Entfernung ausgewählt werden." Diese Vorschriften sind gesundheitspolizeiliche Vorschriften, weil sie dem Schutze der Allgemeinheit vor Gefahren dienen, die sich aus der Anlage von Friedhöfen innerhalb geschlossen verbauter Gebiete ergeben können. In einem Verfahren wegen Erteilung einer Baubewilligung kann der Nachbar mit Erfolg nur die Verletzung baurechtlicher Vorschriften geltend machen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. An beiden Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall. Weder handelt es sich um eine baurechtliche Vorschrift, noch kann dieser Vorschrift entnommen werden, daß sie auch den Interessen der Nachbarschaft dient. Die Zurückweisung dieser Einwendung entspricht sohin dem Gesetz. Aus diesem Grunde war auch der Verwaltungsgerichtshof der Notwendigkeit enthoben, die von der mitbeteiligten Partei in der Gegenschrift aufgeworfene Frage zu prüfen, ob die vorangeführte Bestimmung für den Bereich des Bundeslandes Oberösterreich überhaupt noch in Kraft steht.
Als Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde hätte, als sie zu dem Ergebnis gelangt war, daß die von ihnen in der Berufung geltend gemachten Einwendungen nicht präkludiert seien, entweder selbst eine Berufungsverhandlung durchführen, bei der die einzelnen Einwendungen hätten erörtert und ein Vergleichsversuch hätte vorgenommen werden müssen, oder den Bescheid der Vorinstanz beheben und der Erstinstanz auftragen müssen, über die im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwendungen neuerlich zu verhandeln. Auch diese Rechtsansicht ist unzutreffend. Zufolge § 66 Abs. 2 AVG ist die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides und die Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens nur dann erforderlich, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt ergänzungsbedürftig oder so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich ist. Eine solche verfahrensrechtliche Situation war im vorliegenden Falle nicht gegeben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht ergänzungsbedürftig war und über die in dieser Hinsicht vorgebrachten privatrechtlichen Einwendungen, wie bereits oben ausgeführt wurde, die Verwaltungsbehörden nicht absprechen durften. Es war daher auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht für erforderlich gehalten und sie demgemäß unterlassen hat.
Wenn die Beschwerdeführer weiters rügen die Behörde hätte die bei der mündlichen Verhandlung anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer entsprechend belehren müssen, in welchem Falle die wenig glückliche Protokollierung am Schluß der Verhandlungsschrift vom unterblieben wäre, so ist nicht ersichtlich, wie mit diesem Vorbringen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides überhaupt dargetan werden soll. Die belangte Behörde hat ebenso wie die Erstbehörde das spätere Vorbringen der Beschwerdeführer nicht als präkludiert zurückgewiesen, sodaß den Beschwerdeführern durch die ihrer Meinung nach unzulängliche Unterweisung bei der Verhandlung kein Rechtsnachteil erwachsen ist.
Die Beschwerde mußte aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden. Wien, am
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Norm | BauO OÖ 1875 §50 Z1; |
Sammlungsnummer | VwSlg 5586 A/1961 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1961:1960001974.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-56533