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VwGH 14.01.1963, 1364/60

VwGH 14.01.1963, 1364/60

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Eine nicht steuerbare (echte) Beistellung von Stoffen durch den Auftraggeber ist stets dann nicht anzunehmen, wenn der Unternehmer bei der Lieferung des Stoffes mitgewirkt hat. Dabei ist es gleichgültig, ob er als Einkaufskommissionär, Vermittler (Agent) oder Einkaufsbevollmächtigter auftritt. Es muß an dem durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise gerechtfertigten Standpunkte festgehalten werden, daß ein einheitlicher Vorgang für die umsatzsteuerliche Beurteilung als ein unteilbares Ganzes anzusehen ist und daher eine Werklieferung ungeachtet der rechtlichen Vertragsgestaltung nicht in Teilvorgänge zerlegt werden darf.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Hinterauer, Dr. Raschauer und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek, über die Beschwerde des CL in B gegen den Bescheid der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. 4260 - 2/1959, betreffend Umsatzsteuer für 1957, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Baumeister und hat im Jahre 1957 für die Sparkasse der Stadt B ein neues Sparkassengebäude errichtet. Laut Anbot und Auftragsbestätigung hatte der Beschwerdeführer u. a. auch das Liefern, Schneiden, Biegen und Verlegen von ungefähr 18 Tonnen Torstahl und das Liefern, Zuarbeiten, Verlegen und Flechten von ungefähr 2 Tonnen Baustahlgittern übernommen. Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer bei der der Baustelle unmittelbar benachbarten Eisengroßhandelsfirma Sch.'s Erben in B dieses Eisen bestellt hat und daß dieses Eisen an ihn geliefert und die erste Teilfaktura auf seinen Namen ausgestellt worden ist. In der vom Beschwerdeführer erstellten Endabrechnung für den Sparkassenneubau wurden die Arbeiten laut Anbot und Auftragsbestätigung in Rechnung gestellt und die unmittelbaren Zählungen der Sparkasse an die genannte Eisenwarengroßhandlung für das gelieferte Eisen im Betrage von S 85.411,50 als Anzahlung abgesetzt. Umsatzsteuerrechtlich behandelte der Beschwerdeführer die Eisenlieferungen bzw. den Eisenbezug von der Eisenwarengroßhandlung als nicht umsatzsteuerbare Beistellung des Materials durch die Sparkasse und unterzog nur das um den vorgenannten Betrag verminderte Entgelt der Umsatzsteuer. Den von der Sparkasse an die Eisenwarengroßhandlung bezahlten Betrag setzte er als Erlösschmälerung ab. Im Verlauf einer im Jahre 1959 vorgenommenen Betriebsprüfung erhielt das zuständige Finanzamt Kenntnis von dem Vorgang und vertrat seinerseits die Rechtsansicht, daß auch die Zahlungen der Sparkasse an die Eisenwarengroßhandlung für den Eisenbezug beim Beschwerdeführer ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt darstellten. Dementsprechend wurde im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1957 berichtigt.

In der gegen den berichtigten Umsatzsteuerbescheid erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer auf ein Schreiben der Sparkasse B vom hin, wonach sich diese bei der Auftragserteilung den Bezug des notwendigen Baueisens von der Eisenwarengroßhandlung Firma Sch.'s Erben ausdrücklich vorbehalten habe. Er vertrat die Rechtsansicht, das der Materialbeistellung durch die Bauherrin die Eisenlieferung der Eisenwarengroßhandlung an die Bauherrin vorangegangen sei und daß die Umsatzsteuer zu Unrecht um einen Betrag von S 4.484,08 erhöht worden sei. Die Berufungskommission schloß sich dieser Rechtsmeinung nicht an und begründete ihre abweisende Entscheidung damit, daß die Erbauung des Sparkassengebäudes umsatzsteuerrechtlich als eine Gesamtleistung zu betrachten sei. Dieser Betrachtungsweise entspreche auch der Umstand, daß Bauunternehmungen in derartigen Fällen für die geleisteten Bauarbeiten einschließlich der mitverarbeiteten Materialien regelmäßig gewisse Garantieverpflichtungen übernehmen.

Mit der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird die Rechtsauffassung der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft und als Verfahrensmangel geltend gemacht, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, nähere Feststellungen darüber zu treffen, ob die Lieferungen der Firma Josef Sch.'s Erben als echte Lieferungen an die Bauherrschaft anzusehen seien, und daß darüber kein Beweisverfahren durchgeführt worden sei. Im wesentlichen wird eingewendet, bei Erteilung des Bauauftrages habe sich die Sparkasse die Lieferung des Baustahles ausdrücklich vorbehalten, da sie auf Grund einer Vereinbarung mit der benachbarten Eisenhandelsfirma verpflichtet gewesen sei, den Baustahl dort zu beziehen. Als der Beschwerdeführer die erste auf seinen Namen lautende Teilrechnung erhalten habe, habe er sie sofort storniert, da er ja bei der Firma Josef Sch.'s Erben kein Eisen bestellt habe. Zu der Bezugsvereinbarung zwischen der Bauherrin und der Eisenhandelsfirma sei es deshalb gekommen, weil diese als unmittelbare Anrainerin des Neubaues bei den Bauverhandlungen und den dabei auftretenden Meinungsverschiedenheiten besonderes Entgegenkommen an den Tag gelegt habe. Die Ansicht, daß eine Gesamtleistung vorliege, sei unrichtig. Wenn beispielweise eine Ziegelei ein Haus errichten lasse und die notwendigen Ziegel aus ihrem Betriebe zur Verfügung stelle, könne dies beim Bauführer die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage nicht erhöhen, da er ja hiefür kein Entgelt einnehme. Auch im Beschwerdefalle sei für das Roheisen kein Entgelt in Rechnung gestellt und "vereinnahmt" worden. Zwischen der Bauführung und der Eisenwarengroßhandlung seien überhaupt keine Geschäftsbeziehungen entstanden. Soweit die belangte Behörde es aber unterlassen habe, zu prüfen, ob es sich bei der Eisenlieferung um eine echte Lieferung der Firma Sch.'s Erben an die Bauherrschaft gehandelt habe, liege ein Verfahrensmangel vor. Der Beschwerdeführer habe überdies für das von der Bauherrschaft beigestellte Material keine wie immer geartete Haftung übernommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 3 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1934 (vom , DRGBl. I S. 942, UStG 1934) ist eine Leistung als Lieferung (Werklieferung) anzusehen, wenn der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstandes übernommen hat und dabei Stoffe verwendet, die er selbst beschafft hat, wenn es sich bei diesen Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden. Wie der Gerichtshof bereits mit seinem Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 623(F) dargetan und eingehend begründet hat, sind die von einem Baumeister im Auftrag eines Bauherrn ausgeführten Neubauten im Sinne des Umsatzsteuergesetzes Werklieferungen, wenn der Baumeister auch nur einen der erforderlichen Stoffe selbst beschafft. Im vorliegenden Falle bestreitet der Beschwerdeführer nicht, mit Ausnahme der erforderlichen Eisensorten alle zur Errichtung des Sparkassagebäudes notwendigen Stoffe selbst beschafft zu haben, sodaß seine Leistung ohne Zweifel als eine Werklieferung im Sinne des § 3 Abs. 2 UStG 1934 anzusehen ist.

Es ist nun die Frage zu prüfen, ob die für die Errichtung des Sparkassengebäudes in B erforderlichen Eisensorten durch den Beschwerdeführer bei der Firma Sch.'S Erben im Rahmen seines Unternehmens beschafft wurden oder ob es sich hier um eine nicht umsatzsteuerbare (echte) Materialbeistellung durch die Sparkasse handelte und die erforderlichen Eisensorten daher nicht Gegenstand des Leistungsaustausches waren; denn Gegenstand des Leistungsaustausches sind bei einer Werklieferung nicht die Stoffe, die der Besteller dem Unternehmer zur Herstellung des Werkes beigestellt hat. Liegt eine nicht umsatzsteuerbare (echte) Materialbeistellung vor, dann braucht der Unternehmer von dem für das Gesamtwerk vereinbarten Entgelte den Teil nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen, der auf die vom Besteller beigestellten Werkstoffe entfällt.

Wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde selbst ausführt, hat er auf Grund einer Ausschreibung für die Errichtung des Sparkassengebäudes in B ein zergliedertes Anbot erstellt, in welchem u a. auch das Liefern, Schneiden, Biegen und Verlegen von ungefähr 18 Tonnen Torstahl und das Liefern, Zuarbeiten, Verlegen und Flechten von ungefähr 2 Tonnen Baustahlgittern vorgesehen war.

Die für diese Arbeiten erforderlichen Eisensorten hat der Beschwerdeführer nun im Auftrage der Sparkasse B nach Maßgabe der statischen Unterlagen bei der Firma Sch.'s Erben bestellt. Die Eisensorten wurden auf der Baustelle ausgeliefert und dort vom Beschwerdeführer selbst oder seinen Baupolieren übernommen. Wenn aber ein Unternehmer Art und Menge der für die Erfüllung seines Auftrages erforderlichen Werkstoffe ermittelt, bei den Lieferfirmen bestellt und ihre Anlieferung überwacht, so liegt keine nicht steuerbare (echte) Materialbeistellung durch den Besteller des Werkes vor, und zwar auch dann nicht, wenn der Unternehmer auf Grund des Werkvertrages verpflichtet ist, die Werkstoffe von bestimmten Firmen zu beziehen. Denn auch in den Fällen, in denen der Besteller eines Werkes die Werkstoffe oder einen Teil der Werkstoffe durch den Unternehmer für sich einkaufen läßt, muß regelmäßig, gleichgültig, ob dieser als Einkaufskommissionär, Agent oder Einkaufsbevollmächtigter auftritt, an dem durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise gerechtfertigten Standpunkte festgehalten werden, daß ein einheitlicher Wirtschaftsvorgang für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung als ein unteilbares Ganzes anzusehen ist und daher eine Werklieferung ungeachtet der rechtlichen Vertragsgestaltung nicht in Teilvorgänge zerlegt werden kann.

Vor dieser entscheidenden Tatsache treten, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig ausführt, alle anderen Begleitumstände in den Hintergrund. Vor allem ist es im vorliegenden Falle belanglos, ob die auf den Namen des Beschwerdeführers lautende erste Teilfaktura von der Firma Sch.'s Erben versehentlich aus dem Grund auf den Beschwerdeführer ausgestellt wurde, weil dieser von ihr als Käufer der Eisensorten angesehen wurde, und aus welchem Grunde später diese Rechnung storniert wurde. Es kommt auch den Fragen, ob und in welcher Form sich die Sparkasse bei den Bauverhandlungen der Lieferfirma Sch.'s Erben gegenüber verpflichtet hat, die erforderlichen Eisensorten von ihr zu beziehen, und ob der Beschwerdeführer eine Gewährleistungsverpflichtung für das verbaute Baueisen übernommen hat, keine entscheidende Bedeutung zu. Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, noch weitere Feststellungen zu treffen oder Beweise durchzuführen. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Beispiel des Ziegeleibesitzers, der ein Haus durch einen Unternehmer erstellen läßt und die Ziegel selbst beistellt, geht ins Leere, denn in diesem Falle wird das beigestellte Material vom Bauherrn selbst erzeugt und nicht, wie im vorliegenden Falle, von dem Unternehmer bei einer Handelsfirma im Auftrage des Bauherrn erworben. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß er das Entgelt für das Baueisen nicht in Rechnung gestellt und auch nicht erhalten habe, stimmt mit der Aktenlage nicht überein. Denn nach den unbestrittenen Feststellungen der Betriebsprüfung hat der Beschwerdeführer der Sparkasse für den Neubau die Arbeiten laut Anbot und Auftragsbestätigung (also einschließlich der erforderlichen Eisensorten) in Rechnung gestellt und die unmittelbaren Zahlungen der Sparkasse an die Firma Sch.'s Erben als Anzahlung abgesetzt. Umsatzsteuerrechtlich wurden diese Beträge vom Beschwerdeführer dann als Erlösschmälerung behandelt.

Die belangte Behörde hat also die Umsatzsteuerpflicht der Engelte für die verbauten Eisensorten zu Recht bejaht; die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 2776 F/1963
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1963:1960001364.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-54742