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VwGH 12.06.1957, 0644/55

VwGH 12.06.1957, 0644/55

Entscheidungsart: ErkenntnisVS

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Eine gebührenpflichtige Abtretung von Rechten iSd § 33 TP 21 GebG liegt nicht vor, wenn ein Hauptmieter im Einverständnis mit dem Hauseigentümer zugunsten eines Dritten, der gleichzeitig einen neuen Mietvertrag mit dem Hauseigentümer abschließt, auf seine Mietrechte gegen Bezahlung eines Entgeltes verzichtet.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Wasniczek, Dr. Porias, Dr. Schirmer und Dr. Dorazil als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp und des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des RB in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VIII - 1551/1-1954, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Ing. F. hatte mit schriftlichem Vertrag vom auf sein Hauptmietrecht an einer Wohnung in Wien zugunsten des Beschwerdeführers verzichtet. Für die "Auflassung" dieses Rechtes hatte der Beschwerdeführer 20.000 S und als Ablöse für die Investitionen, die F. in der Wohnung vorgenommen hatte, weitere 20.000 S zu bezahlen.

Das Finanzamt schrieb dem Beschwerdeführer eine Gebühr nach § 33 TP 21 des Gebührengesetzes, BGBl. Nr. 184/1946, (im weiteren kurz mit GG bezeichnet) mit 2 % von 40.000 S, also mit einem Betrage von 800 S vor. Der Beschwerdeführer wendete in der dagegen erhobenen Berufung ein, das beurkundete Rechtsgeschäft unterliege nicht der Gebühr nach der erwähnten Tarifpost. Eine entgeltliche Abtretung von Rechten aus einem Bestandvertrag sei weder nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches noch nach denen des Mietengesetzes möglich. Es sei nur die Auflösung eines Bestandvertrages infolge Zeitablaufes oder durch Kündigung denkbar, zur Begründung eines neuen Bestandverhältnisses bedürfe es aber eines Vertrages zwischen dem Bestandgeber und dem neuen Bestandnehmer. So sei auch im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer ein neuer Mietvertrag mit dem Hauseigentümer abgeschlossen und zur Gebührenbemessung angezeigt worden. Weiter wendete sich der Beschwerdeführer gegen die Bemessung einer Gebühr von der Investitionsablöse, weil es sich bei der Vereinbarung einer solchen um einen einem Kaufvertrag ähnlichen Vertrag besonderer Art handle. Nachdem das Finanzamt die Berufung mit Einspruchsbescheid abgewiesen hatte, stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung der Finanzlandesdirektion. Er wiederholte, daß die Übertragung von Mietrechten im ganzen auf einen anderen Bestandnehmer ohne Zustimmung des Bestandgebers rechtsunwirksam sei und verwies in diesem Zusammenhang auf Urteile des Obersten Gerichtshofes.

Die Finanzlandesdirektion gab der Berufung teilweise statt und setzte die vom Finanzamt bemessene Gebühr auf 400 S herab, wies aber das Mehrbegehren als unbegründet ab. ein nicht gebührenpflichtiger Verzicht nach § 1444 ABGB liege nur vor, wenn der Verzichtende sein Recht aufgebe, ohne es auf einen anderen zu übertragen. Im vorliegenden Falle habe aber der bisherige Mieter zugunsten eines Dritten gegen Entgelt auf seine Mietrechte verzichtet. Ein derartiger Vorgang könne nicht anders denn als Übertragung eines Rechtes behandelt werden. Namentlich aus § 3 des Vertrages ergebe sich, daß der Abschluß des Mietvertrages mit dem Beschwerdeführer nur durch den Verzicht des bisherigen Mieters auf sein Mietrecht ermöglicht worden sei. Die Frage, ob Bestandrechte veräußerlich seien, werde in Lehre und Rechtsprechung bejaht. Der "weitgehende gesetzliche Schutz der Bestandnehmer und der Mangel an Bestandobjekten" habe es mit sich gebracht, daß ein Hauptmietrecht unabhängig von dem Bestandverhältnis als bedeutendes Vermögensrecht gelte, für dessen Abtretung üblicherweise eine erhebliche Geldsumme gezahlt werde. Im übrigen werde das Wesen einer Zession von Rechten dadurch, daß sie die Zustimmung eines Dritten bedürfe, nicht berührt.

In der gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde wird darauf verwiesen, daß nach dem für die Gebührenbemessung allein maßgebenden Wortlaut des Vertrages nur von einem Verzicht auf die bisher zugestandenen Mietrechte, nicht aber von einer Abtretung von Rechten die Rede sei. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe gegen Entgelt zugunsten einer bestimmten dritten Person auf sein Mietrecht verzichtet, widerspreche der Aktenlage, weil im Vertrag auch davon keine Rede sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Bestandrecht ein veräußerliches Recht ist, jedenfalls sei dies hinsichtlich des Mietrechtes an einer unter Mieterschutz stehenden Wohnung zu verneinen. So habe auch das Landesgericht für ZRS die Erklärung eines Mieters, seine Mietrechte einem Dritten abzutreten, nur als Verzicht auf ein Recht zugunsten eines Dritten ausgelegt, durch den dieser Möglichkeit erlange, mit dem Hauseigentümer einen Mietvertrag abzuschließen. Die Behörde habe Ermittlungen darüber, ob es sich im vorliegenden Falle um ein Mietrecht an einer unter Mieterschutz stehenden Wohnung gehandelt hat, nicht gepflogen, sodaß die Feststellung des Sachverhaltes einer Ergänzung bedürfe. Im übrigen wiederholt die Beschwerde die bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 33 TP 21 GG unterliegt unter anderem die Abtretung eines Rechtes gegen Entgelt einer Gebühr von 2 v. H. vom Wert des Entgeltes. Voraussetzung für die Gebührenpflicht ist, daß die Abtretung beurkundet worden ist (§ 15 Abs. 1 GG). Ob dies der Fall ist, muß nach dem Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde erschlossen werden. Im vorliegenden Fall wird mit dem Vertrag vom nur vereinbart, daß der Beschwerdeführer dem Ing. F. für die Auflassung der Mietrechte an einer bestimmten Wohnung 20.000 S zu bezahlen habe. Der Beschwerdeführer hat also auf Grund des beurkundeten Rechtsgeschäftes kein Recht an der Wohnung erworben, sondern es wurde ihm nur die Möglichkeit eröffnet, über diese Wohnung einen Bestandvertrag mit dem Hauseigentümer abzuschließen. Daran ändert der Umstand nichts, daß im Vertrag erzählend erwähnt wird, daß der Beschwerdeführer über die Wohnung bereits einen Mietvertrag am gleichen Tage abgeschlossen habe und daß dieser Vertrag mit dem Tag wirksam werde, zu dem F. auf seine Mietrechte an der Wohnung verzichtet hat. Denn das Bestandrecht an der Wohnung kann der Beschwerdeführer, wie bereits dargelegt, nur aus dem von ihm mit dem Hauseigentümer abgeschlossenen Mietvertrag, nicht aber aus dem früheren Mietrechte des F. ableiten. Auf Grund dieser Erwägungen hat ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes den folgenden Rechtssatz ausgesprochen: "Es liegt keine gebührenpflichtige Abtretung von Rechten im Sinne des § 33 TP 21 des Gebührengesetzes 1946 vor, wenn ein Hauptmieter im Einverständnis mit dem Hauseigentümer zugunsten eines Dritten, der gleichzeitig einen neuen Mietvertrag - sei es desselben, sie es verschiedenen Inhaltes - mit dem Hauseigentümer abschließt, gegen Bezahlung eines Entgeltes auf seine Mietrechte verzichtet." Es waren daher im vorliegenden Falle die Voraussetzungen für die Bemessung einer Gebühr nach § 33 TP 21 GG nicht erfüllt. Bei dieser Rechtslage erübrigt es sich auf die von der Beschwerde gerügten Verfahrensmängel einzugehen. Der angefochtene Bescheid mußte vielmehr wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufgehoben werden.

Wien,

Zusatzinformationen


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Norm
Sammlungsnummer
VwSlg 1663 F/1957
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1957:1955000644.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-53068