VwGH 29.09.2016, Ra 2016/05/0080
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Gemäß § 113 Abs. 2b iVm § 118 Abs. 8 und 9 der NÖ BauO 1976 kam Anrainern im Feststellungsverfahren gemäß § 113 Abs. 2b NÖ BauO 1976 Parteistellung zu, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten "berührt werden", was nach der hg. Judikatur als "berührt werden können" zu verstehen war (Hinweis Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 9485/A, und vom , 91/05/0071). Die Eigentümer eines unmittelbar benachbarten Grundstückes sind im Feststellungsverfahren Anrainer, die durch den Gegenstand der Feststellung in ihren subjektiven Rechten gemäß § 118 Abs. 9 NÖ BauO 1976 berührt werden können. War der Gegenstand einer allfälligen Feststellung gemäß § 113 Abs. 2a und 2b NÖ BauO 1976 in der Ladung der Anrainer zur mündlichen Verhandlung nicht entsprechend angegeben, haben die Anrainer dadurch, dass sie nicht zu dieser Verhandlung erschienen sind und keine Einwendungen erhoben haben, ihre Parteistellung nicht verloren. |
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RS 2 | Es kann dahingestellt bleiben, ob den Verwaltungsgerichten in einem baurechtlichen Verfahren (Feststellungsverfahren gemäß § 113 Abs. 2b NÖ BauO 1976) auf Grund der zulässigen Beschwerde eines Nachbarn als einer Partei mit eingeschränktem Mitspracherecht nur eine eingeschränkte Prüfbefugnis zukommt, jedenfalls keine Beschränkung der Prüf- und Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte besteht bei einer zulässigen Beschwerde, wenn es um Fragen der Zuständigkeit geht (vgl. die ausdrückliche Regelung des § 27 VwGVG 2014 und zur vergleichbaren Rechtslage nach § 66 Abs. 4 AVG das E vom , Slg. Nr. 10.317/A). Die Unzuständigkeit ist von Amts wegen und unabhängig davon aufzugreifen, ob die Partei die Unzuständigkeit geltend gemacht hat (Hinweis E vom , Ra 2015/06/0095, mwN). |
Normen | BauO NÖ 1976 §113 Abs2a; BauO NÖ 1976 §113 Abs2b; BauO NÖ 1996 §23 Abs8; |
RS 3 | § 23 Abs. 8 der NÖ BauO 1996 regelt die Nichtigerklärung von rechtskräftigen Baubewilligungen. Warum diese Bestimmung in einem "Amnestieverfahren" für Schwarzbauten analog herangezogen werden sollte, ist auf Grund der Verschiedenheit der Tatbestände nicht zu erkennen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der revisionswerbenden Partei Dipl. Ing. H W in W, vertreten durch Dr. Günter Niebauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bauernmarkt 10/18, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-858/001-2015, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien:
1. Ing. R B und 2. Dr. I B, beide in P, beide vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16; vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeinderat der Marktgemeinde P; weitere Partei:
Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Gemäß § 133 Abs. 2b iVm § 118 Abs. 8 und 9 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 (BO) kam Anrainern im Feststellungsverfahren gemäß § 113 Abs. 2b BO Parteistellung zu, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten "berührt werden", was nach der hg. Judikatur als "berührt werden können" zu verstehen war (siehe die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 9485/A, und vom , Zl. 91/05/0071). Die Mitbeteiligten sind als Eigentümer eines unmittelbar benachbarten Grundstückes im vorliegenden Feststellungsverfahren Anrainer, die durch den Gegenstand der Feststellung in ihren subjektiven Rechten gemäß § 118 Abs. 9 BO berührt werden können. Schon deshalb, weil der Gegenstand einer allfälligen Feststellung gemäß § 113 Abs. 2a und 2b BO in der Ladung der Mitbeteiligten zur mündlichen Verhandlung am nicht entsprechend angegeben worden war, haben die Mitbeteiligten dadurch, dass sie nicht zu dieser Verhandlung erschienen sind und keine Einwendungen erhoben haben, ihre Parteistellung nicht verloren (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 41 Rz 19 und die dort zitierte hg. Judikatur).
5 Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob den Verwaltungsgerichten in einem baurechtlichen Verfahren wie dem gegenständlichen auf Grund der zulässigen Beschwerde eines Nachbarn als einer Partei mit eingeschränktem Mitspracherecht nur eine eingeschränkte Prüfbefugnis zukommt, jedenfalls keine Beschränkung der Prüf- und Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte besteht bei einer zulässigen Beschwerde, wenn es um Fragen der Zuständigkeit geht (vgl. die ausdrückliche Regelung des § 27 VwGVG und zur vergleichbaren Rechtslage nach § 66 Abs. 4 AVG das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, sowie Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 76 und die dort angeführte hg. Judikatur). Die Unzuständigkeit ist von Amts wegen und unabhängig davon aufzugreifen, ob die Partei die Unzuständigkeit geltend gemacht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2015/06/0095, mwN). Das Vorbringen in den Revisionszulässigkeitsgründen, dass die formellen Rechte einer Partei nicht weiter gehen als ihre materiellen, ist im vorliegenden Fall angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht von Relevanz.
6 § 23 Abs. 8 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 regelt die Nichtigerklärung von rechtskräftigen Baubewilligungen. Warum diese Bestimmung in einem "Amnestieverfahren" für Schwarzbauten analog herangezogen werden sollte, ist auf Grund der Verschiedenheit der Tatbestände nicht zu erkennen und wird in den Revisionszulässigkeitsgründen auch mit dem Verweis auf den Vertrauensschutz schon in Hinblick darauf, dass gegenständlich kein rechtskräftiger "Amnestiebescheid" vorliegt, in keiner Weise dargestellt.
7 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Baurecht Nachbar |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016050080.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-50659