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VwGH 05.09.2016, Ra 2016/04/0080

VwGH 05.09.2016, Ra 2016/04/0080

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
MRK Art6;
VStG §5 Abs1;
RS 1
Die Regelungen des § 5 Abs 1 VStG stehen mit Art 6 MRK nicht im Widerspruch (Hinweis E , 3527/80).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 82/03/0032 E VwSlg 10780 A/1982; RS 2
Normen
GewO 1994 §367a;
VStG §5 Abs1;
VStG §5;
RS 2
Nach der Rechtsprechung des VwGH (zu § 5 VStG) hängt die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon ab, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Im Zusammenhang des § 367a GewO 1994 sind bei der Schuldfrage auch die Umstände des Einzelfalles (etwa Art und Größe des Lokals, Anzahl der Besucher im Lokal etc.) zu berücksichtigen (Hinweis E vom , Ro 2015/04/0017, mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. A A, 2. A GmbH, beide in K, beide vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 4/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG- 2016/25/0799-2, betreffend Übertretung der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom wurde dem Erstrevisionswerber angelastet, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin zu verantworten, dass in einem Gastgewerbebetrieb durch das im Betrieb beschäftige Personal an einen 17-jährigen Jugendlichen eine Mischung, die gebrannte alkoholische Getränke enthalten habe, ausgeschenkt worden sei. Gemäß § 367a GewO 1994 wurde über den Erstrevisionswerber eine Geldstrafe von EUR 360,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt. Ausgesprochen wurde weiters, dass die Zweitrevisionswerberin gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen und die Revision für unzulässig erklärt.

Begründend führte das Verwaltungsgericht zum Verschulden nach § 5 Abs. 1 VStG aus, der Erstrevisionswerber habe kein ausreichend effektives Kontrollsystem glaubhaft machen können, da Überprüfungen des Bedienungspersonals hinsichtlich einer korrekten Alkoholabgabe in Bezug auf die Farbe der Armbänder nicht behauptet worden sei (der Erstrevisionswerber hatte als Kontrollsystem angegeben, am Eingang des zum Tatzeitpunkt ca. 400 Gäste fassendes Lokals würden durch zwei Türsteher je nach Alter der Gäste diesen verschiedenfarbige Armbänder umgebunden werden, wonach sich auch der Alkoholausschank richte).

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revision bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, es sei auf den im Hinblick auf die Unschuldsvermutung der EMRK ohnedies problematischen § 5 Abs. 1 VStG zu verweisen. Diese Bestimmung sei in krasser Weise unrichtig angewendet worden. Das Verhalten des Erstrevisionswerbers sei ex post im Sinne einer Erfolgshaftung interpretiert worden.

7 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan:

8 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ro 2015/04/0010, mwN).

9 Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen die Beweislastregelungen des § 5 Abs. 1 VStG mit Art 6 EMRK nicht im Widerspruch stehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2005/09/0086, mwN).

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zu § 5 VStG hängt die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon ab, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Im Zusammenhang des § 367a GewO 1994 sind bei der Schuldfrage auch die Umstände des Einzelfalles (etwa Art und Größe des Lokals, Anzahl der Besucher im Lokal etc.) zu berücksichtigen (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/04/0017, mwN).

11 Vorliegend kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es fallbezogen darauf hingewiesen hat, dass der Erstrevisionswerber Kontrollen des angewiesenen Personals nicht behauptet habe (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2004/03/0119, mwN, wonach auch konkret dargelegt werden muss, wann, wie oft und auf welche Weise und von wem Kontrollen der Angewiesenen vorgenommen wurden).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
GewO 1994 §367a;
MRK Art6;
VStG §5 Abs1;
VStG §5;
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei
Kraftfahrwesen
Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016040080.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-50639