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VwGH 28.08.2024, Ro 2023/15/0030

VwGH 28.08.2024, Ro 2023/15/0030

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BAO §167 Abs2
KStG 1988 §8 Abs2
RS 1
Eine der Voraussetzungen für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Ausschüttung ist eine subjektive, auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft, die - im Rahmen der Beweiswürdigung - aus den Umständen erschließbar sein kann (vgl. ; , Ra 2015/13/0049; , Ra 2016/15/0059, je mwN; vgl. auch - zum subjektiven Element des "Bereichernwollens" - , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/15/0039 B RS 1

Entscheidungstext

Beachte

Besprechung in:

Besprechung in: SWK 32-33/2024, S 1338 - 1342;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der S GmbH in B, vertreten durch die Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Schlossgraben 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/1100419/2022, betreffend Kapitalertragsteuer 2019, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbende GmbH ist zu 99,8 % an der S GmbH beteiligt. Geschäftsführer der S GmbH ist CS. CS ist auch - gemeinsam mit JS - an der Revisionswerberin beteiligt; CS ist Geschäftsführer der Revisionswerberin.

2 Aufgrund einer Außenprüfung wurde - soweit für das Revisionsverfahren relevant - die Revisionswerberin für Kapitalertragsteuer im Zeitraum 2019 zur Haftung herangezogen. Die Revisionswerberin erhob Beschwerde, die mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen wurde.

3 Nach einem Vorlageantrag änderte das Bundesfinanzgericht den Bescheid ab. Es stellte fest, dass die S GmbH im Besitz wesentlicher Liegenschaften für den Betrieb von Tankstellen sei. Sie habe diese Einrichtungen bereits vor 2010 an ihre Schwesterunternehmen SB GmbH und ST GmbH, welche ebenfalls Töchter der Revisionswerberin gewesen seien, verpachtet. Die beiden Schwesterunternehmen seien von der Volksbank finanziert worden. Als Sicherheit für die Kredite habe diese von der S GmbH, der Revisionswerberin und auch gegenseitig von den Schwestergesellschaften Haftungen als Bürgen und Zahler verlangt. Für die ST GmbH habe die Volksbank zudem zusätzlich Sachhaftungen durch Liegenschaften, welche sich im Eigentum von CS befunden hätten, verlangt. Diese Sachhaftungen seien im Jahre 2008 eingegangen worden. Im Jahr 2010 seien die Insolvenzen der beiden Schwestergesellschaften eingetreten. Im Zuge der Konkurseröffnung habe die Volksbank die Haftungen gegenüber der S GmbH geltend gemacht. In den Folgejahren habe die S GmbH auf Grundlage der schlagend gewordenen Haftung laufend Zahlungen geleistet. Parallel dazu habe es einen Rechtsstreit mit der Volksbank gegeben, welcher im Jahr 2019 mit einem gerichtlichen Vergleich geendet habe. Aus dem Vergleich habe ein Schuldnachlass von 2,850.000 € resultiert, der mit einer Umschuldung auf eine andere Bank verknüpft worden sei. Im Jahr 2019 sei es zur Umschuldung zu einer anderen Bank, dem Schuldnachlass, der Löschung der noch verbücherten Sachhaftung auf den Liegenschaften des CS und dem Verzicht auf gegenseitige Rechtsansprüche gekommen. Die Löschung der grundbücherlich besicherten Sachhaftung datiere vom .

4 Das Bundesfinanzgericht führte aus, eine Vorteilszuwendung liege vor, wenn eine im Eigentum einer GmbH stehende Tochtergesellschaft dem Anteilsinhaber Vermögensvorteile zuwende, deren wirtschaftliche Veranlassung nicht in gegenüber der Tochtergesellschaft erbrachten Leistungen, sondern in der Stellung des Anteilsinhabers als Gesellschafter erblickt werden könne. Bei der Haftung als Bürge und Zahler obliege es dem Gläubiger zu wählen, ob er zuerst den Hauptschuldner oder gleich den Bürgen und Zahler in Anspruch nehme. Dem Gläubiger stehe es zwar im Sinne eines Wahlrechtes frei, ob er sich nach Fälligkeit der Hauptschuld zuerst an den Hauptschuldner oder sogleich an den Bürgen und Zahler oder gleichzeitig an beide wende; dies gelte jedoch mit der Besonderheit, dass dem Bürgen nach herrschender Meinung ein voller Regressanspruch nach § 1358 ABGB und nicht bloß ein solcher nach § 896 ABGB zustehe. Seien für einen Kredit mehrere Sicherheiten von verschiedenen Sicherungsgebern bestellt worden, gelte - sofern keine andere Abrede getroffen worden sei - das Prinzip der Gleichwertigkeit: Jeder Sicherungsgeber habe einen Teil der Schuld zu tragen, unabhängig davon, ob es sich um eine persönliche Haftung oder um eine solche mit dinglicher Wirkung handle. Die Sicherungsgeber könnten untereinander (nur) anteilig Regress nehmen, auch ein außenstehender Pfandbesteller, der die Sicherheit aus eigenem Vermögen zur Verfügung gestellt habe, könne demnach wie alle sonstigen Interzedenten nur einem anteiligen Regress ausgesetzt sein. Über das Vermögen der SB GmbH und der ST GmbH sei das Konkursverfahren eröffnet worden. Die Inanspruchnahme der S GmbH für Haftungen im Ausmaß von 11,158.000 € als Bürge und Zahler sei im Jahr 2010 erfolgt. Bei den Grundstücken von CS handle es sich um eine bloße Sachhaftung. Aufgrund der auch für Sachhaftungen bedeutsamen Akzessorietät falle die Haftung somit zum Zeitpunkt der vollständigen Begleichung der noch offenen Verbindlichkeiten durch den Bürgen und Zahler weg. Somit habe ein Rechtsanspruch des CS auf Löschung dieser Sachhaftung im Grundbuchskörper der belasteten Liegenschaften bestanden. Die S GmbH habe in Bezug auf die von ihr bezahlten Schulden aus ihrer Funktion als Bürge und Zahler aber jedenfalls einen (anteiligen) Regressanspruch gegen CS. Fremde Dritte untereinander hätten auf eine Regressierung nach erfolgter Inanspruchnahme als Bürge und Zahler nicht verzichtet. Aufgrund der Tatsache, dass eine aliquote Regressierung an CS nicht stattgefunden habe, sei sowohl das objektive, als auch das subjektive Tatbild einer verdeckten Ausschüttung im Sinne des § 8 KStG 1988 erfüllt. Die Revision ließ das Bundesfinanzgericht mit der Begründung zu, dass „die oben entschiedene Rechtsfrage seitens des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht geklärt wurde.“

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die kein Zulässigkeitsvorbringen enthält und sich in den Revisionsgründen gegen das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung dem Grunde nach und der Höhe nach wendet und mangelnde Feststellungen zum Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge moniert.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Der Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, wenn er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. , mwN).

10 Die Revision selbst enthält überhaupt kein Zulässigkeitsvorbringen. Das Bundesfinanzgericht hat zwar keine konkrete Rechtsfrage formuliert; aus den rechtlichen Ausführungen des Bundesfinanzgerichts, die ausschließlich die Frage behandelten, ob die fehlende Regressierung der S GmbH an CS das objektive und subjektive Tatbild einer verdeckten Ausschüttung erfüllt, kann aber geschlossen werden, dass das Bundesfinanzgericht darin eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung erblickt hat.

11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursächlichkeit wird an Hand eines Fremdvergleiches ermittelt (vgl. ).

12 Neben diesem objektiven Tatbild einer verdeckten Ausschüttung ist auch die Erfüllung des subjektiven Tatbildes erforderlich, nämlich eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft (vgl. ; , Ra 2017/15/0039).

13 Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt, dass die S GmbH als Bürge und Zahler für die Verbindlichkeiten der beiden Tochterunternehmen in Anspruch genommen wurde und die Verbindlichkeiten vollständig beglichen hat. Weiters wurde festgestellt, dass die privaten Liegenschaften des CS als Sachhaftung für die aushaftenden Verbindlichkeiten gedient hatten, weshalb nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts die S GmbH einen anteiligen Regressanspruch gegen CS hatte.

14 Das Bundesfinanzgericht hat das objektive Tatbild einer verdeckten Ausschüttung somit bestätigt, weil durch die fehlende Regressierung die S GmbH zugunsten von CS entreichert wurde und fremden Dritten gegenüber sehr wohl ein Regress geltend gemacht worden wäre. Dies begegnet keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.

15 Gleiches gilt für die Annahme des subjektiven Tatbilds. Ob eine subjektive auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung vorliegt, ist eine Frage der Beweiswürdigung, wobei eine solche aus den Umständen des Falles abgeleitet werden kann (vgl. ; , 2011/15/0076).

16 Die Beweiswürdigung ist einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz nur insofern zugänglich, als es um die ordnungsgemäße Ermittlung der Beweisergebnisse und die Kontrolle der Schlüssigkeit der angestellten Erwägungen geht. Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft - so etwa, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre - erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Der - an sich nur zur Rechtskontrolle berufene - Verwaltungsgerichtshof ist im Übrigen auch nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. , mwN).

17 Dass die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts mit einem derartigen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet ist, ist nicht ersichtlich.

18 Das Bundesfinanzgericht hat das objektive und subjektive Tatbild der verdeckten Ausschüttung bejaht. Ausgehend von der oben dargestellten Rechtsprechung ist nicht zu erkennen, dass dahingehend eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorläge, bewegt sich das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts doch im Rahmen dieser Rechtsprechung. Da die Revision selbst kein Zulässigkeitsvorbringen enthält, erweist sich die Revision als nicht zulässig, weshalb auf die in den Revisionsgründen aufgeworfenen Fragen nicht einzugehen war.

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §167 Abs2
KStG 1988 §8 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RO2023150030.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-46778