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VwGH 09.10.2023, Ra 2023/13/0115

VwGH 09.10.2023, Ra 2023/13/0115

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
BAO §115 Abs1
VwGG §63 Abs1
RS 1
Erfolgte die Aufhebung einer angefochtenen Entscheidung, weil es das VwG (bzw. die Verwaltungsbehörde) unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustandes darin, dass das VwG (bzw. die Verwaltungsbehörde) jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt und die Feststellungen trifft, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. , und , Ro 2016/11/0007).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/12/0011 B RS 3 (hier keine Bezugnahme auf "die Verwaltungsbehörde")
Normen
BAO §198 Abs1
BAO §232
BAO §243
VwRallg
RS 2
Das Verfahren über eine Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen einen Sicherstellungsauftrag hat sich auf die Überprüfung zu beschränken, ob im Zeitpunkt der Erlassung des (erstinstanzlichen) Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet worden ist, die erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. , mwN). Der Umstand, dass nach Anordnung der Sicherstellung ein Abgabenbescheid erlassen wurde, kann daher nicht dazu führen, dass im Beschwerdeverfahren der Sicherstellungsauftrag aus diesem Grunde aufzuheben wäre.
Normen
BAO §116
VwRallg
RS 3
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/16/0161, mwN), entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2010/16/0169 E VwSlg 8781 F/2013 RS 1
Normen
BAO §116
EStG 1988 §15 Abs1
EStG 1988 §19 Abs1
StGB §133
StGB §134
StGB §153
VwRallg
RS 4
Zu den gesetzlichen Tatbestandselementen der Untreue (§ 153 StGB) gehört, dass eine Befugnis wissentlich missbraucht und dadurch ein anderer am Vermögen geschädigt wird. Ein Zufluss von Einnahmen an den Täter (Bereicherung oder auch nur Bereicherungsvorsatz, vgl. dazu Veruntreuung nach § 133 StGB sowie Unterschlagung nach § 134 StGB) ist keine Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Untreue; ein derartiges Strafurteil vermag daher eine Bindung der Abgabenbehörde betreffend einen Zufluss an den Verurteilten nicht zu begründen.
Normen
EStG 1988 §15 Abs1
EStG 1988 §19 Abs1
RS 5
Ein Betrag ist zugeflossen, wenn der Empfänger über ihn rechtlich und wirtschaftlich bzw. tatsächlich verfügen kann, wenn sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt (vgl. ; , Ra 2021/13/0095, je mwN; vgl. auch ). Davon kann bei einem Eingang auf einem dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Konto im Allgemeinen ausgegangen werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Dr. W in W, vertreten durch die Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7104366/2020, betreffend Sicherstellung gemäß § 232 BAO, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zum bisherigen Verfahrensgeschehen ist eingangs auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/13/0044, zu verweisen.

2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahin ab, dass gemäß § 232 BAO die Sicherstellung eines Betrages von 532.502,84 € an Einkommensteuer 2006 angeordnet werde. Darüber hinaus wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Das Bundesfinanzgericht führte im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei seit 1978 bei der X AG tätig gewesen, zuletzt als Finanzvorstand; im Oktober 2007 sei er einvernehmlich ausgeschieden.

4 Die Staatsanwaltschaft habe im Jahr 2008 ein Ermittlungsverfahren vorerst gegen unbekannte Täter, nach Vorliegen der ersten Erkenntnisse gegen den Revisionswerber und andere Personen geführt. Es bestehe der Verdacht, dass der Revisionswerber durch Vorlegen, Akzeptieren und Genehmigen von Scheinberaterverträgen und Scheinrechnungen für beabsichtigte Schmiergeldzahlungen im Ausland der X AG Gelder widerrechtlich entzogen habe.

5 Mit Urteil des Strafgerichtes vom August 2018 sei der Revisionswerber wegen des Verbrechens der Untreue (§ 153 StGB) schuldig erkannt worden. Demnach habe er die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und die X AG zu verpflichten, durch das Unterfertigen eines Scheinvertrages, dem keine tatsächlichen Leistungen gegenüber gestanden seien, wissentlich missbraucht und dadurch dieser einen Schaden in Höhe von 1,044.583 € zugefügt, und zwar hinsichtlich der I Ltd im März 2006 durch Unterfertigung eines Scheinvertrages sowie eines Sideletters, wobei er mit dem Vorsatz gehandelt habe, dass aufgrund des Vertrages von der I Ltd Rechnungen gelegt und von der X AG bezahlt würden.

6 In der Begründung habe das Strafgericht ausgeführt, der Betrag von 1,044.583 € auf dem Konto der dem Revisionswerber zuzurechnenden Privatstiftung V in Panama könne der Vereinbarung vom März 2006 und der darauf gründenden Zahlung der Rechnungen der I Ltd durch die X AG zugeordnet werden. Diesem Vertrag sei (obwohl vereinbart) keine Leistung zugrunde gelegen. Die Rechnungen seien zum Schein gelegt worden. Die Vereinbarung sei nur benutzt worden, um Gelder, die von der X AG vermeintlich für Leistungen der I Ltd bezahlt worden seien, unbemerkt (über mehrere Stationen) auf die Privatkonten des Revisionswerbers zu transferieren. Darüber hinausgehende Beträge auf Konten des Revisionswerbers, die aus Zahlungen der X AG resultierten, könnten hingegen nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit einer unter Anklage gestellten Handlung des Revisionswerbers zugeordnet werden.

7 Die gegen das Urteil des Strafgerichtes eingebrachte Nichtigkeitsbeschwerde sei vom OGH im Oktober 2019 zurückgewiesen worden.

8 Demnach sei für das Sicherstellungsverfahren davon auszugehen, dass der Betrag von 1,044.583 € auf dem Konto der dem Revisionswerber zuzurechnenden Privatstiftung V in Panama aus der Vereinbarung vom März 2006, die vom Revisionswerber unterfertigt worden sei, und der Zahlung der darauf gründenden Rechnungen der I Ltd durch die X AG stamme. Dieser Zufluss im Jahr 2006 sei vom Revisionswerber bisher als Vorteil aus dem Dienstverhältnis in keiner Erklärung zur Einkommensteuer aufgenommen und daher (objektiv gesehen) hinterzogen worden.

9 Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht - nach Schilderung von Vorbringen des Revisionswerbers - aus, in der mündlichen Verhandlung habe der steuerliche Vertreter ausgeführt, dass 2006 kein Geldfluss erfolgt sei, somit keine Einnahmen im Jahr 2006 vorlägen, weshalb kein Abgabenanspruch habe entstehen können. Trotz der im Abgabenverfahren zu beachtenden Offenlegungs- und Wahrheitspflicht habe weder der Revisionswerber noch ein steuerlicher Vertreter Informationen darüber geliefert, wann die Geldflüsse, die es zweifelsfrei gegeben habe, zeitlich stattgefunden hätten. Ungeachtet der mit dem Auslandsbezug zusammenhängenden Mitwirkungspflicht seien entsprechende Informationen, wann die Geldflüsse erfolgt seien, nicht bekannt gegeben worden. Mangels anders lautender Informationen sei daher davon auszugehen, dass die entsprechenden Zuflüsse im Jahr 2006 erfolgt seien.

10 Allein aufgrund des Urteils des Strafgerichts stehe fest, dass der Revisionswerber Gelder der X AG im Jahr 2006 in Höhe von zumindest 1,044.583 € im Wege der ihm zuzurechnenden Privatstiftung V (die vom juristischen Vertreter als transparent bezeichnet worden sei) in Panama (auf deren Konto bei einer Bank in der Schweiz) erhalten habe, die vor Erlassung des Sicherstellungsauftrages noch nicht versteuert worden seien.

11 Die Entstehung des Abgabenanspruchs resultiere aus dem Privatbeteiligtenanschluss der X AG. Im Zuge der Außenprüfung sei eine Stellungnahme der Abgabenbehörde überreicht worden. Die Tatsachenfeststellungen des Strafurteils seien rechtskräftig, die Abgabenbehörde könne daraus ihre abgabenrechtlichen Schlüsse ziehen. Das Bundesfinanzgericht schließe sich der Meinung der Abgabenbehörde an.

12 Zwischenzeitig habe das Finanzamt im August 2022 eine Beschwerdevorentscheidung zur Einkommensteuer 2006 erlassen, in der unter Berücksichtigung des Urteils des Strafgerichts die Einkommensteuer reduziert worden sei. Der Beschwerde sei daher hinsichtlich der Höhe des sicherzustellenden Betrages auf den nunmehr mit Beschwerdevorentscheidung (betreffend Einkommensteuer 2006) festgesetzten Betrag teilweise stattzugeben gewesen.

13 Aufgrund des Sicherstellungsauftrages seien noch im Jahr 2016 Pfändungsmaßnahmen gesetzt worden (Lohnpfändung; laut Auskunft des Revisionswerbers weiters Pfändung eines Wertpapierkontos und zweier Bankkonten des Revisionswerbers), wobei weitere Pfändungsmaßnahmen mangels entsprechendem, pfändbaren Vermögen im Inland nicht möglich gewesen seien. Die zuvor bereits bestehende Gefährdung der Einbringlichkeit sei nach wie vor gegeben.

14 Aus dem Vorbringen des Revisionswerbers ergebe sich, dass eine Vermögensverschiebung ins Ausland durch Veranlagung in Form einer Stiftung aus dem Grund erfolgt sei, um sich und seine Erben vor künftigen Einkommen- und Kapitalertragsteuern zu schützen und diese zu vermeiden. Damit lägen aber ausreichende Gründe für die Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit vor.

15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

19 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindungswirkung nach § 63 VwGG ab.

20 Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, ist das Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 1 VwGG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mittel unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

21 Erfolgte die Aufhebung einer angefochtenen Entscheidung, weil es das Verwaltungsgericht unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes gerade darin, dass das Verwaltungsgericht jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt und die Feststellungen trifft, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. , mwN).

22 Mit dem eingangs zitierten Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0044, hatte der Verwaltungsgerichtshof die im ersten Rechtsgang gefasste Entscheidung des Bundesfinanzgerichts wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben, weil das Bundesfinanzgericht in Verkennung der Rechtslage eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers unterlassen hatte, sodass die vom Bundesfinanzgericht getroffenen Sachverhaltsannahmen der rechtlichen Beurteilung nicht zu Grunde gelegt werden konnten. Der Verwaltungsgerichtshof hatte dazu ausgeführt, aus der Mitteilung der X AG an die Staatsanwaltschaft habe sich der Verdacht eines Zuflusses von Mitteln des Dienstgebers an den Revisionswerber ergeben. Es sei Aufgabe des Revisionswerbers, den behaupteten Zufluss an ihn aufzuklären oder allenfalls die Behauptungen der X AG zu erschüttern. Es sei eine Auseinandersetzung mit dem dazu erstatteten Vorbringen des Revisionswerbers samt den von ihm vorgelegten Urkunden erforderlich.

23 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentlichste zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. z.B. , mwN).

24 In der Revision wird dazu zum einen geltend gemacht, der Revisionswerber habe mit seinem Vorbringen die Behauptung des Dienstgebers, dass die vom Revisionswerber beauftragten Berater gar nicht verdienstlich geworden seien, sondern der Revisionswerber sich die Mittel zugeignet habe, erschüttert. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht - unter Zugrundelegung des Strafurteils - davon ausgeht, dass lediglich ein Teil dieser Zahlungen den Untreuehandlungen zuzuordnen war. Das Bundesfinanzgericht nimmt damit also keineswegs an, dass vom Revisionswerber beauftragte Berater „gar nicht verdienstlich“ (sondern eben nur im Umfang der den Untreuehandlungen zuzuordnenden Zahlungen) geworden seien. Insoweit weicht das angefochtene Erkenntnis somit von den Behauptungen des Revisionswerbers nicht ab. Soweit aber Zahlungen der X AG nach dem Strafurteil Untreuehandlungen des Revisionswerbers zuzuordnen sind, steht dies auch für das Sicherstellungsverfahren bindend fest (vgl. zur Bindung noch weiter unten).

25 Zum anderen wird in der Revision dazu lediglich vorgebracht, das Bundesfinanzgericht wäre bei einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zum Ergebnis gelangt, dass die Entstehung des Abgabenanspruchs nicht hinreichend wahrscheinlich genug gewesen sei, um einen Sicherstellungsanspruch zu begründen. Damit werden keine konkreten Tatsachen behauptet. Ein relevanter Verfahrensmangel kann damit nicht aufgezeigt werden.

26 Die Revision macht weiters geltend, es liege eine Aktenwidrigkeit vor. Das Bundesfinanzgericht habe im Rahmen seiner Erwägungen das Vorbringen des Revisionswerbers unrichtig dargestellt. Der Revisionswerber habe - entgegen den Darlegungen des Bundesfinanzgerichts - keineswegs Zahlungsflüsse im Jahr 2006 bestritten; im Gegenteil, er habe Zahlungsflüsse im Jahr 2006 dargelegt. Er habe lediglich bestritten, dass diese einen Zufluss von Einkünften im Sinne des § 19 EStG 1988 begründeten. In dem dazu verwiesenen Punkt 2.1 der Revision macht der Revisionswerber geltend, im Jahr 2006 seien Beträge aus dem Erbe seines Vaters auf diese Konten übertragen worden; weiters auch Vermögenswerte von seinen Konten auf Konten der Privatstiftung V.

27 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erwägungen nach Schilderung von Vorbringen des Revisionswerbers dargelegt hat, der steuerliche Vertreter habe im Rahmen der Verhandlung ausgeführt, dass 2006 kein Geldfluss erfolgt sei, somit keine Einnahmen im Jahr 2006 vorlägen, weshalb kein Abgabenanspruch entstanden sein könne. Wie sich aus den sodann folgenden Ausführungen des Bundesfinanzgerichts ergibt, befasst sich das Bundesfinanzgericht insoweit lediglich mit der Frage, wann als Einnahmen zu beurteilende, von der X AG ausgehende Zahlungen auf dem Konto des Revisionswerbers eingelangt sind. Das Bundesfinanzgericht unterstellt also nicht, der Revisionswerber habe Geldflüsse im Jahr 2006 überhaupt in Abrede gestellt, sondern geht lediglich davon aus, der Revisionswerber habe bestritten, es habe im Jahr 2006 als Einnahmen zu beurteilende Zahlungsflüsse gegeben. Dies stimmt ohnehin mit dem Vorbringen des Revisionswerbers überein. Eine unrichtige Wiedergabe des Akteninhaltes (vgl. zur Aktenwidrigkeit z.B. ; vgl. weiters Ritz/Koran, BAO7, § 289 Tz 3, mwN) liegt damit nicht vor.

28 Der Revisionswerber macht sodann geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob ein Sicherstellungsauftrag auch dann erlassen werden dürfe, wenn überhaupt kein Vermögen vorhanden sei, in das zur Sicherstellung vollstreckt werden könne, oder der Auftrag deshalb nicht vollstreckt werden könne, weil das Vermögen sich im Ausland befinde und kein Vollstreckungsabkommen bestehe, das die Vollstreckung in dieses Vermögen erlauben würde.

29 Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision von diesem Sachverhalt, ohne weitere Gründe im Sinn des § 41 VwGG - wiederum als Ausfluss einer unrichtigen Beantwortung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung - zu relevieren, liegt schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. , mwN). Das Vorbringen des Revisionswerbers geht aber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Demnach erfolgte eine Sicherstellung insbesondere im Hinblick auf die Pensionseinkünfte des Revisionswerbers; nach den Angaben des Revisionswerbers wurde auch ein inländisches Wertpapierkonto des Revisionswerbers gepfändet. Dass diese Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages nicht vorhanden gewesen seien, wird nicht behauptet und ist nicht ersichtlich.

30 Der Revisionswerber macht weiters geltend, im Rechtsmittelverfahren (betreffend Sicherstellungsauftrag) sei nicht berücksichtigt worden, dass der Abgabenanspruch mittlerweile bescheidmäßig festgestellt sei. Sobald ein Einkommensteuerbescheid vorliege, könne aber (vorbehaltlich einbringungshemmender Umstände) aufgrund dieses Bescheides ein Rückstandsausweis erlassen und damit Exekution geführt werden. Es fehle daher an einem rechtlichen Interesse an der Exekution zur Sicherstellung.

31 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass sich das Verfahren über eine Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen einen Sicherstellungsauftrag auf die Überprüfung zu beschränken hat, ob im Zeitpunkt der Erlassung des (erstinstanzlichen) Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet worden ist, die erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. , mwN). Der Umstand, dass nach Anordnung der Sicherstellung ein Abgabenbescheid erlassen wurde, kann daher nicht dazu führen, dass im Beschwerdeverfahren der Sicherstellungsauftrag aus diesem Grunde aufzuheben wäre.

32 Das Zulässigkeitsvorbringen geht sodann auf die Bindungswirkung von Strafurteilen ein.

33 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl. z.B. , mwN).

34 Zutreffend ist, dass das hier vorliegende Strafurteil (für sich) ein Subsumtionsergebnis, dem Revisionswerber seien Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 2006 zuzurechnen, nicht tragen könnte. Der Revisionswerber wurde wegen Untreue (§ 153 StGB) verurteilt. Zu den gesetzlichen Tatbestandselementen gehört demnach, dass eine Befugnis wissentlich missbraucht und dadurch ein anderer am Vermögen geschädigt wird. Ein Zufluss von Einnahmen an den Täter (Bereicherung oder auch nur Bereicherungsvorsatz, vgl. dazu Veruntreuung nach § 133 StGB sowie Unterschlagung nach § 134 StGB) ist keine Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Untreue; ein derartiges Strafurteil vermag daher eine Bindung der Abgabenbehörde betreffend einen Zufluss an den Verurteilten nicht zu begründen.

35 Im Hinblick auf das Strafurteil steht (nur, aber immerhin) auch für das vorliegende Verfahren bindend fest, dass der Revisionswerber durch Unterfertigung eines Scheinvertrags, dem keine tatsächlichen Leistungen gegenüberstanden, seine Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch der X AG einen Schaden in Höhe von 1,044.583 € zugefügt hat.

36 Betreffend Zufluss an den Revisionswerber hat das Bundesfinanzgericht eine Bindung aber ohnehin nicht angenommen, hätten sich doch sonst beweiswürdigende Erwägungen zu diesem Thema erübrigt. Entgegen der Behauptung in der Revision schilderte das Bundesfinanzgericht (im Rahmen seiner Tatsachenfeststellungen) die Erwägungen des Strafgerichtes. Darauf gestützt stellte das Bundesfinanzgericht sodann fest, dass ein Betrag von 1,044.583 € auf dem Konto (bei einer Bank in der Schweiz) der dem Revisionswerber zuzurechnenden Privatstiftung V von der X AG stammt, wobei die Zahlung aus der vom Revisionswerber unterfertigten Vereinbarung vom März 2006 resultiere. Im Rahmen der Beweiswürdigung verwies das Bundesfinanzgericht dazu überdies auf die Erklärung über den Privatbeteiligtenanschluss der X AG sowie auf die Stellungnahme der Abgabenbehörde im Rahmen der Außenprüfung. Weiters verwies es dazu auf die Mitwirkungspflicht des Revisionswerbers, der dieser nicht ausreichend nachgekommen sei. Das Bundesfinanzgericht schloss sich schließlich den Erwägungen der Abgabenbehörde an. Dass diese Beweiswürdigung mit die Zulässigkeit der Revision begründenden Mängeln behaftet sei, kann die Revision nicht aufzeigen.

37 Schließlich macht die Revision geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob ein Zahlungsfluss des Dienstgebers an den Dienstnehmer in jenem Jahr, in dem der Zahlungsfluss erfolge, auch dann ein Zufluss iSd § 19 EStG 1988 sei, wenn der Dienstnehmer weder einen Bereicherungs- noch einen Zueignungsvorsatz habe.

38 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einnahmen nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 in jenem Kalenderjahr bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ein Betrag ist zugeflossen, wenn der Empfänger über ihn rechtlich und wirtschaftlich bzw. tatsächlich verfügen kann, wenn sich der Zufluss also wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen auswirkt (vgl. ; , Ra 2021/13/0095, je mwN; vgl. auch ). Davon kann bei einem Eingang auf einem dem Revisionswerber zuzurechnenden Konto im Allgemeinen ausgegangen werden (vgl. z.B. Mayr/Hayden in Doralt et al, EStG18, § 19 Tz 8, mwN). Dass der Revisionswerber diesen Betrag nur im Namen und auf Rechnung eines Dritten, an den der Betrag weiterzuleiten gewesen wäre, erhalten hätte (vgl. dazu etwa ; , 94/13/0213), ergibt sich aus den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts (entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers) gerade nicht. Die Beträge sind auch nicht etwa „ohne sein Zutun“ (vgl. § 134 Abs. 1 StGB zur Unterschlagung) auf dem Revisionswerber zuzurechnende Konten gelangt, sodass für eine Bestrafung (und allenfalls die Annahme eines Zuflusses) eine Zueignungshandlung erforderlich wäre. Das Bundesfinanzgericht geht hingegen - im Anschluss an die zitierten Erwägungen des Strafgerichts - davon aus, dass die Scheinvereinbarung (samt Scheinrechnungen) nur dazu benutzt worden sei, um Gelder der X AG unbemerkt auf Konten des Revisionswerbers - und nicht an weitere Dritte - zu transferieren.

39 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

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BAO §115 Abs1
BAO §116
BAO §198 Abs1
BAO §232
BAO §243
EStG 1988 §15 Abs1
EStG 1988 §19 Abs1
StGB §133
StGB §134
StGB §153
VwGG §63 Abs1
VwRallg
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130115.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-46296