VwGH 26.06.2024, Ra 2023/13/0055
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Wird eine Beschwerde von einem hierzu nicht Legitimierten eingebracht, so ist sie gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2021/15/0104 E RS 1 |
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RS 2 | Ein Anbringen ist dem Einschreiter zuzurechnen. Ist zweifelhaft, wem ein Anbringen zuzurechnen ist, verpflichtet dies die Behörde bzw. das Gericht zu entsprechenden Ermittlungen (vgl die bei Ritz, BAO5 § 85 Tz 2, angeführte hg Rechtsprechung). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2014/17/0025 E RS 3 (hier nur der zweite Satz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schultheis, über die Revision des M in W, vertreten durch Dr. Silvia Dornhackl, Rechtsanwältin in 1140 Wien, Hütteldorfer Straße 124, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7103703/2022, betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der V GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer der Revisionswerber ist, wegen Nichterstattung der Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers im Sinne des § 5 WiEReG eine Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 € fest.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde trug den Betreff: Beschwerde zu St.Nr. xx V GmbH. Sie lautete weiters: „Im Bezug auf den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom erhebe ich, [Name des Revisionswerbers], Einspruch und beantrage deren Reduzierung bzw. Aufhebung.“ Sodann erfolgten nähere Erläuterungen zu gesundheitlichen Problemen des Revisionswerbers, die ihn an der Übermittlung gehindert hätten. Die Beschwerde endete mit: „Als Unvertretener ersuche ich höflichst um Anleitung. [Name des Revisionswerbers].“
3 Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde als unzulässig zurück. Der Revisionswerber habe die Beschwerde in der „Ich-Form“ abgefasst und die Beschwerde auch nicht firmenmäßig, also unter Angabe des Firmenwortlautes der V GmbH, gezeichnet, sondern nur mit seinem Namen unterschrieben. Er habe damit eindeutig im eigenen Namen Beschwerde gegen den an die V GmbH ergangenen Bescheid vom erhoben. Die Angabe der Steuernummer und des Namens der GmbH im Betreff der Beschwerde würden daran nichts ändern, weil damit lediglich die Angelegenheit bezeichnet werde, auf die sich die Beschwerde beziehe, aber darüber, ob in der Angelegenheit der GmbH in deren Namen oder im eigenen Namen Beschwerde erhoben werde, nichts ausgesagt werde. Da der Revisionswerber sohin zur Erhebung einer Beschwerde (im eigenen Namen) gegen den an die V GmbH ergangenen Bescheid gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht legitimiert gewesen sei, sei die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen gewesen.
4 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
Revisionen, denen der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
5 Mit dem hier angefochtenen Beschluss wurde eine „Beschwerde des [Revisionswerbers]“ zurückgewiesen. Auch in der Zustellverfügung des angefochtenen Beschlusses wurde angeordnet, die Zustellung erfolge an den Revisionswerber „als beschwerdeführende Partei“.
6 Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Wird eine Beschwerde von einem hierzu nicht Legitimierten eingebracht, so ist sie gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen.
7 Ist zweifelhaft, wem ein Anbringen zuzurechnen ist, verpflichtet dies die Abgabenbehörde bzw. das Bundesfinanzgericht zu entsprechenden Ermittlungen (vgl. , mwN).
8 Für die Beurteilung eines Parteianbringens kommt es auf dessen Inhalt an, auf das erkennbar oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (vgl. z.B. ). Der Erklärungsinhalt ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen (; , Ra 2019/15/0005; , 2008/15/0252).
9 Im gegenständlichen Fall wurde Beschwerde gegen einen an die V GmbH ergangenen Bescheid erhoben. Im „Betreff“ der Beschwerde ist die V GmbH und ihre Steuernummer genannt. Die Beschwerde erklärt ausdrücklich, dass sie sich gegen die Verhängung der Zwangsstrafe richtet und die Aufhebung oder Reduktion der Zwangsstrafe beantragt wird.
10 Der Revisionswerber ist Geschäftsführer der V GmbH. Er war, worauf er ausdrücklich hingewiesen hat, nicht vertreten.
11 Bei dieser Sachlage trifft es nicht zu, dass der Erklärungswert des Beschwerdeschriftsatzes zweifelsfrei dahingehend gedeutet werden kann, dass die Beschwerde vom Revisionswerber im eigenen Namen und nicht im Namen der V GmbH erhoben wurde.
12 Weiters ist darauf zu verweisen, dass das Finanzamt keine Zweifel daran hegte, dass eine Beschwerdeerhebung im Namen des V GmbH vorlag. Es hat der V GmbH eine abweisende Beschwerdevorentscheidung zugestellt.
13 Indem das Bundesfinanzgericht davon ausgegangen ist, die Beschwerde sei zweifelsfrei im Namen des Revisionswerbers erhoben worden und es daher unterlassen hat, die Parteiabsicht zu erforschen, hat es die Rechtslage verkannt.
14 Der Revisionswerber ist durch den Beschluss allerdings nicht in seinen Rechten verletzt, weil er ohnedies geltend macht, dass er selbst nicht Partei des Verfahrens gewesen ist. Für seine Rechtsstellung macht es keinen Unterschied, ob der angefochtene Beschluss aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Somit fehlt ihm die Beschwer.
15 Da sich der angefochtene Beschluss nicht an die V GmbH richtet, ist deren allfällige Beschwerde noch unerledigt. Ob die erhobene Beschwerde der V GmbH zuzurechnen ist, kann etwa im Rahmen der Geltendmachung der Entscheidungspflicht des Gerichts (Fristsetzungsantrag gemäß § 38 VwGG) geprüft werden.
16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023130055.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-46284