TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH 29.08.2024, Ra 2022/16/0042

VwGH 29.08.2024, Ra 2022/16/0042

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
GebG 1957 §17 Abs1
VwRallg
RS 1
Nach dem zweiten Satz des § 17 Abs. 1 GebG kommt es nicht darauf an, ob die Schrift, auf deren Inhalt verwiesen wird, selbst als Urkunde zu qualifizieren ist (vgl. schon ; , 86/15/0117, jeweils mwN; siehe dazu auch die ausdrückliche Nennung von "Anbotschreiben" in den Gesetzesmaterialien zur mit BGBl. Nr. 668/1976 kundgemachten Novelle des GebG, ErlRV 338 BlgNR 14. GP 9 f, mit der der zweite Satz des § 17 Abs. 1 GebG eingefügt worden ist).
Normen
GebG 1957 §17 Abs2
VwRallg
RS 2
Die Bestimmung des § 17 Abs. 2 GebG 1957 dient nur dazu, bei Undeutlichkeit oder Mehrdeutigkeit des Inhaltes der Urkunde der Behörde den wahren Willen der am Rechtsgeschäft beteiligten Parteien bekanntzugeben (vgl. schon ). Voraussetzung ist demnach eine unklare Textierung der Urkunde oder eine Textierung, die mehrere Deutungen zulässt (vgl. ; , 92/16/0159, jeweils mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2020/16/0157 E RS 1 (hier nur der erste Satz)
Normen
ABGB §1090
GebG 1957 §33 TP5
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
GebG 1957 §33 TP5 Abs3
RS 3
Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. auch Twardosz, GebG6 (2015) § 33 TP 5 Rz 37).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/16/0040 B RS 2
Normen
ABGB §1090
GebG 1957 §33 TP5
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
GebG 1957 §33 TP5 Abs3
MRG §30 Abs2
RS 4
Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch und 0112).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/16/0040 B RS 3
Normen
ABGB §1090
GebG 1957 §33 TP5
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
GebG 1957 §33 TP5 Abs3
RS 5
Die Frage, in wessen Sphäre und Ingerenz die Verwirklichung eines Kündigungsgrundes liegt, sagt noch nichts über die Wahrscheinlichkeit seines Eintrittes aus.
Normen
ABGB §1090
B-VG Art133 Abs4
GebG 1957 §33 TP5
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
GebG 1957 §33 TP5 Abs3
VwGG §34 Abs1
RS 6
Ob ein konkreter Bestandvertrag vom Verwaltungsgericht, das sich auf dem Boden der im vorliegenden Erkenntnis des VwGH erwähnten Rechtsprechung bewegt, im Einzelfall in seiner Gesamtgestaltung als Vertrag auf bestimmte Dauer oder auf unbestimmte Dauer gedeutet wird, ist von krassen Fehlentscheidungen abgesehen keine Frage, die über den Einzelfall hinausgeht und daher nicht grundsätzlich im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. auch , , ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/16/0040 B RS 4

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der A Ges.m.b.H. in W, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100987/2020, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom setzte das (damalige) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) gegenüber der Revisionswerberin die Rechtsgeschäftsgebühr für den zwischen ihr als Pächterin und der I GmbH als Verpächterin abgeschlossenen (Hotel-)Pachtvertrag vom gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) - im Hinblick auf den umsatzabhängigen Pachtzins gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig - fest.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde vom wendete die Revisionswerberin insbesondere ein, der Pachtvertrag sei unrichtigerweise als auf bestimmte Zeit abgeschlossen beurteilt worden. Aufgrund der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit der Verpächterin liege nämlich ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Pachtvertrag vor.

3 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, woraufhin die Revisionswerberin einen Vorlageantrag stellte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und setzte die Rechtsgeschäftsgebühr - in Abänderung des angefochtenen Bescheides - mit einem höheren Betrag wiederum gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest. Es sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Das Bundesfinanzgericht führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, die Revisionswerberin habe als Pächterin mit der I GmbH als Verpächterin am einen Pachtvertrag über ein zu errichtendes Hotel - in einem bestehenden, mehrstöckigen Gebäudekomplex - abgeschlossen. Die Eröffnung des Hotels sei im August 2021 erfolgt. In der über diesen Pachtvertrag errichteten und von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde sei Punkt 21.1. freigelassen worden und durch Annahme eines schriftlichen Anbotes der Verpächterin vom gleichen Tag „befüllt“ worden. Der Vertragstext entspreche den übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien bei Vertragsabschluss bzw. Annahme des Nachtragstextes.

6 Den Inhalt der errichteten Urkunde - einschließlich der nachträglichen Ergänzung der Regelung unter Punkt 21.1. - stellte das Bundesfinanzgericht auszugsweise (soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz) wie folgt fest:

„[...]

5. Pachtdauer

5.1. Das Pachtverhältnis beginnt am Tag der Übergabe des Pachtobjekts gemäß Punkt 10. und wird auf unbefristete Zeit abgeschlossen. Es endet ungeachtet der Auflösungsmöglichkeiten gemäß Punkt 21. durch Kündigung einer Vertragspartei. Die Pächterin gibt die folgenden Kündigungsverzichte ab: Danach kann sie das Pachtverhältnis erstmals mit Wirkung zum Ablauf des einhundertachtzigsten vollen Kalendermonats nach der Eröffnung gemäß Punkt 10. ordentlich aufkündigen. Sollte die Pächterin von diesem Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen, kann sie das Pachtverhältnis danach erstmals mit Wirkung zum Ablauf des zweihundertvierzigsten vollen Kalendermonats nach der Eröffnung gemäß Punkt 10. ordentlich aufkündigen. Kündigt sie auch dann nicht, kann sie das Pachtverhältnis danach erstmals mit Wirkung zum Ablauf des dreihundertsten vollen Kalendermonats nach der Eröffnung gemäß Punkt 10. ordentlich aufkündigen.

5.2. Die Kündigungsrechte der Pächterin gemäß Punkt 5.1. sind jeweils frühestens zwei Jahre und längstens ein Jahr vor Ablauf der jeweiligen Kündigungsverzichte auszuüben.

6. Pachtzins

6.1. Die Vertragsparteien vereinbaren einen zeitlich gestaffelten Mindestpachtzins wie folgt:

(i) Für den Zeitraum ab fristgerechter Eröffnung bis zum Ende des Kalendermonats, in den die Eröffnung fällt, ist pro Tag ein Pachtzins von [...] zu leisten;

(ii) für den 1. bis einschließlich dem 4. vollen Kalendermonat ab fristgerechter Eröffnung ist kein Mindestpachtzins zu zahlen (‚pachtzinsfreie Zeit‘);

(iii) erstmals ab dem 5. vollen bis einschließlich dem 16. vollen Kalendermonat somit für das erste Jahr der Pachtzinszahlung, jeweils [...] pro Monat, also [...] pro Jahr;

(iv) für den 17. vollen bis einschließlich dem 28. vollen Kalendermonat, somit für das zweite Jahr der Pachtzinszahlung, jeweils [...] pro Monat, also [...] pro Jahr; und

(v) ab dem 29. vollen Kalendermonat, somit ab dem dritten Jahr der Pachtzinszahlung, jeweils [...] pro Monat, also [...] pro Jahr;

jeweils ab fristgerechter Eröffnung zuzüglich der Betriebs- und Versorgungskosten gemäß Punkt 8. und jeweils der gesetzlichen Umsatzsteuer.

[...]

6.4. Die Vertragsparteien vereinbaren einen nach der Eröffnung gemäß Punkt 10. zeitlich gestaffelten Umsatzpachtzins wie folgt:

(i) Für den Zeitraum ab fristgerechter Eröffnung bis zum Ende des Kalendermonats, in den die Eröffnung fällt, sowie für die pachtzinsfreie Zeit ist auch kein Umsatzpachtzins zu zahlen;

(ii) erstmals ab dem 5. bis einschließlich dem 16. vollen Kalendermonat, also für das erste volle Jahr der Pachtzinszahlung, 18% des Nettogesamtumsatzes gemäß Punkt 6.7. pro Jahr;

(iii) für den 17. bis einschließlich dem 28. vollen Kalendermonat, also für das zweite volle Jahr der Pachtzinszahlung, 20% des Nettogesamtumsatzes gemäß Punkt 6.7. pro Jahr;

(iv) für den 29. bis einschließlich dem 40. vollen Kalendermonat, also für das dritte volle Jahr der Pachtzinszahlung, 22% des Nettogesamtumsatzes gemäß Punkt 6.7. pro Jahr; und

(v) ab dem 41. vollen Kalendermonat, also ab dem vierten vollen Jahr der Pachtzinszahlung, 25% des Nettogesamtumsatzes gemäß Punkt 6.7. pro Jahr;

jeweils ab fristgerechter Eröffnung zuzüglich der Betriebs- und Versorgungskosten gemäß Punkt 8. und jeweils der gesetzlichen Umsatzsteuer.

[...]

6.6. Der Umsatzpachtzins gemäß Punkt 6.4. ist zu zahlen, wenn er in dem jeweiligen Jahr der Pachtzinszahlung höher als der Mindestpachtzins gemäß Punkt 6.1. ist. Der monatlich im Voraus zu leistende Mindestpachtzins wird auf den Umsatzpachtzins angerechnet.

[...]

7. CAP-Garantie

7.1. Die Verpflichtung der Pächterin zur Zahlung eines Mindestpachtzinses besteht nur so lange und so weit, als die Differenz des nach den Regelungen unter Punkt 6.1. zu leistenden jährlichen Mindestpachtzinses (netto) und dem in dem betreffenden Jahr der Pachtzinszahlung gemäß Punkt 6.4. berechneten Umsatzpachtzins (netto) insgesamt einen Gesamtbetrag in Höhe von [...] nicht übersteigt (‚CAP-Garantie‘ oder ‚CAP-Garantietopf‘).

7.2. Ist der zu zahlende Mindestpachtzins in einem Jahr der Pachtzinszahlung höher als der in dem selben Betrachtungszeitraum rechnerisch ermittelte Umsatzpachtzins, besteht einerseits für dieses Jahr der Pachtzinszahlung unverändert die Verpflichtung der Pächterin zur Zahlung des Mindestpachtzinses, während sich andererseits die Höhe der für die weitere Pachtdauer verbleibenden CAP-Garantie um die Differenz aus dem Mindestpachtzins und dem gegebenenfalls niedrigeren Umsatzpachtzins verringert. Sofern und sobald die gesamte CAP-Garantie wegen der Zahlung eines solchen Mindestpachtzinses aufgezehrt ist, hat die Pächterin ab dem der Aufzehrung folgenden Jahr nur mehr den Umsatzpachtzins zu leisten.

7.3. Sofern und insoweit die Pächterin für ein Jahr der Pachtzinszahlung einen den nach den Grundsätzen des Punkts 6. ermittelten Umsatzpachtzins übersteigenden Mindestpachtzins geleistet hat, reduziert sich in den Folgejahren, in denen der Umsatzpachtzins den Mindestpachtzins übersteigt, die damit verbundene Zahlungsverpflichtung der Pächterin auf 50% der Differenz zwischen dem höheren Umsatzbestandzins und dem niedrigeren Mindestbestandzins. Die verbleibenden 50% der Differenz zwischen dem höheren Umsatzpachtzins und dem niedrigeren Mindestpachtzins (‚Claw-Back‘) werden rechnerisch dazu verwendet, um den CAP-Garantietopf insoweit wieder aufzufüllen, der sich dementsprechend für die Folgejahre wieder bis maximal in Höhe der jeweils gültigen CAP-Garantie erhöhen kann; die nicht für die Auffüllung des CAP-Garantietopfs verbleibenden 50% der Differenz verbleibt im Umsatzpachtzins. Die Anlage ./7.3. enthält eine beispielhafte, bloß illustrative Berechnung. Der Claw-Back entfällt für das entsprechende Betrachtungsjahr und für die Zukunft, wenn per 31.12. des jeweiligen Betrachtungsjahrs der CAP-Garantietopf mindestens verbraucht ist, es sei denn, die Pächterin füllt den CAP-Garantietopf gemäß Punkt 21.3. auf.

[...]

21. Kündigung/Beendigung

21.1. Ungeachtet der vereinbarten Dauer des Pachtverhältnisses ist die Verpächterin berechtigt, das Pachtverhältnis ausschließlich

(i) bei Vorliegen eines Kündigungsgrunds gemäß § 30 Abs. 2 MRG analog (wobei der Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 MRG nur dann erfüllt ist, wenn die Verpächterin der Pächterin unter Androhung der Auflösung des Vertragsverhältnisses ergebnislos eine Nachfrist von mindestens einem Monat gesetzt hat);

(ii) bei Erfüllung der Voraussetzungen gemäß Punkt 3.2.;

(iii) bei Verstoß gegen die Betriebspflicht nach Punkt 11.1.;

(iv) bei Verstoß gegen Punkt 24.1. iVm Punkt 24.2. und Punkt 24.5.;

(v) gemäß Punkt 21.2.;

(vi) gemäß Punkt 21.3. - soweit in der Bezug habenden Bestimmung nicht anderweitig vereinbart - unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine aufzukündigen oder

(vii) bei einem Auflösungsgrund gemäß § 1118 ABGB mit sofortiger Wirkung aufzulösen.

21.2. Die Verpächterin kann das Pachtverhältnis außerdem unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten aufkündigen, sofern der Umsatzpachtzins gemäß Punkt 6.4. den jährlichen Mindestpachtzins gemäß Punkt 6.1., der ab dem 29. Kalendermonat nach der Eröffnung gemäß Punkt 10. gilt, in fünf aufeinander folgenden Jahren nicht zumindest erreicht (‚Sonderkündigungsrecht‘). Alternativ dazu kann die Verpächterin den jährlichen Mindestpachtzins von [...] auf [...] zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer und Betriebskostenpauschale erhöhen. Bei der Beurteilung, ob der Umsatzpachtzins gemäß Punkt 6.4. den Mindestpachtzins gemäß Punkt 6.1. erreicht, werden Zeiträume nicht berücksichtigt, in denen der ordentliche Betrieb aufgrund von unabwendbaren Ereignissen höherer Gewalt, z.B. Kriege, Revolutionen, Erdbeben oder Feuer, nicht möglich war. Der Beurteilungszeitraum verlängert sich in diesem Fall nicht. Stattdessen wird der zu erreichende Mindestpachtzins gemäß Punkt 6.1. aliquot reduziert. (...)

21.3. Die Verpächterin ist außerdem zur Kündigung des Pachtverhältnisses unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsletzten berechtigt, wenn der CAP-Garantietopf unter [...] beträgt und die Pächterin trotz Aufforderung durch die Verpächterin nicht innerhalb von 14 Kalendertagen erklärt, ihn auf einen Betrag von mindestens [...] aufzufüllen.

21.4. Sämtliche in diesem Punkt 21. vereinbarten Kündigungs- bzw. Auflösungsgründe stellen wichtige Kündigungsgründe im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 13 MRG dar und werden ausdrücklich auch als solche vereinbart, dies für den Fall, dass das gegenständliche Bestandverhältnis zwingend als Miete und nicht als Pacht zu qualifizieren sein sollte.

21.5. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Pachtverhältnisses wegen eines von der Pächterin verschuldeten Kündigungs- bzw. Auslösungsgrunds im Sinne des Punkts 21.1., jedenfalls nicht im Fall einer Kündigung nach Punkt 21.2. oder Punkt 21.3., haftet die Pächterin für den Ausfall des Pachtzinses und der Betriebskostenpauschale jeweils zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer für den Zeitraum bis zum Ende der Laufzeit der Befristung nach Punkt 5. Die Verpächterin trifft eine Schadensminderungsobliegenheit.

[...]

24. Bankgarantie

24.1. Zur Sicherung aller Forderungen und Ansprüche jedweder Art, die der Verpächterin aus dem vorliegenden Rechtsverhältnis oder aus der Beendigung desselben gegen die Pächterin erwachsen können, hat die Pächterin spätestens bei Übergabe eine von einer von der Verpächterin im Vorhinein zu genehmigenden Bank mit Sitz in Österreich ausgestellte Bankgarantie (...) auf eigene Kosten beizubringen, widrigenfalls die Verpächterin zur sofortigen Vertragsauflösung berechtigt ist, sofern die Pächterin dieser Verpflichtung (...) nicht nachkommt.

24.2. Die Bankgarantie hat auf einen Garantiebetrag von mindestens [...] zu lauten.

24.3. Die Laufzeit der Bankgarantie hat spätestens mit Übergabe des Pachtobjekts zu beginnen und entweder eine fixe Laufzeit von zumindest fünf Jahren oder eine unbestimmte Laufzeit samt einer Kündigungsmöglichkeit seitens der Bank mit einer Kündigungsfrist von zumindest drei Monaten vorzusehen. Sofern die fixe Laufzeit vor Ablauf von drei Monaten nach dem Ende des Pachtverhältnisses endet, ist die Pächterin verpflichtet, der Verpächterin spätestens ein Monat vor Ablauf der Bankgarantie eine neue Bankgarantie mit einer fixen Laufzeit von wiederum zumindest fünf Jahren oder bis zum Ablauf von drei Monaten nach dem Ende des Pachtverhältnisses, je nachdem welches Datum früher liegt, beizubringen, widrigenfalls die Verpächterin berechtigt ist, die Bankgarantie zur Gänze in Anspruch zu nehmen und das Realisat als Barkaution zu verwenden. Wenn die Pächterin der Verpächterin eine Bankgarantie mit unbestimmter Laufzeit übergibt, die Bank von ihrem darin vorgesehenen, Satz 1 entsprechendem Kündigungsrecht Gebrauch macht und die Pächterin der Verpächterin nicht spätestens ein Monat vor Ablauf der Bankgarantie eine diesem Punkt 24. entsprechende neue Bankgarantie beibringt, ist die Verpächterin ebenfalls berechtigt, die Bankgarantie zur Gänze in Anspruch zu nehmen und das Realisat als Barkaution zu verwenden.

24.4. Wird die Bankgarantie von der Verpächterin zur Deckung von Ansprüchen aus dem Pachtverhältnis herangezogen, trifft die Pächterin die Pflicht, die Kaution durch Beibringung einer zusätzlichen Bankgarantie (...) wieder aufzufüllen. Sofern die Pächterin (...) weder dieser Verpflichtung zur Auffüllung der Bankgarantie nachkommt noch eine Klage auf Rückzahlung des aus Sicht der Pächterin zu Unrecht in Anspruch genommenen Garantiebetrags einbringt, ist die Verpächterin zur vorzeitigen Vertragsauflösung berechtigt.

[...]“

7 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, für die Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG sei unerheblich, ob der verfahrensgegenständliche Vertrag als Miet- oder als Pachtvertrag einzustufen sei. Für die strittige Frage der Vertragsdauer komme es nur auf den Vertragsinhalt an.

8 Die Revisionswerberin als Pächterin habe laut Punkt 5.1. des Vertrags drei Kündigungsverzichte - nach 15, nach 20 und nach 25 Jahren - abgegeben, womit ihr kein schrankenloses Kündigungsrecht zustehe.

9 Auch die Kündigungsrechte der Verpächterin seien nicht schrankenlos, sondern würden sich auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränken und sich vorwiegend aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw. qualifiziertem Fehlverhalten der Pächterin ergeben, womit die Kündigungsrechte jeglichem Einfluss der Verpächterin entzogen seien und durch ihr nicht nach Belieben ausgeübt werden könnten. Es lägen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor.

10 Zu Punkt 21.1. des Pachtvertrages, der in der ursprünglichen Urkunde „bewusst nicht vergeben“ worden sei, hielt das Bundesfinanzgericht unter Verweis auf § 17 Abs. 1 GebG fest, dass die in der Nachtragsurkunde getroffene Vereinbarung aufgrund der Bezugnahme darauf ebenfalls zum Urkundeninhalt geworden sei. Zudem sei aufgrund der Diskrepanz zwischen dem - dem Anschein nach schrankenlosen - Kündigungsrecht nach Punkt 5.1. des Pachtvertrages und den eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten nach dessen Punkt 21. aufgrund der Bestimmung des § 17 Abs. 2 GebG das Vorliegen jenes Tatbestandes zu vermuten, der die höhere Gebühr zur Folge habe.

11 In der Folge setzte sich das Bundesfinanzgericht mit den im Pachtvertrag vereinbarten Kündigungsgründen des § 30 Abs. 2 MRG auseinander und führte dazu aus, die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG kämen nicht in Betracht, weil sich diese nur auf Wohnungen beziehen würden. Die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 2, 10, 11 und 12 MRG würden ebenso ausscheiden, weil der vereinbarte Mietzins nicht in Dienstleistungen bestehe, der Mietgegenstand nicht zur Unterbringung von Arbeitern benötigt werden könne, nicht dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöre und kein Untermietverhältnis begründet worden sei. Die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z 1, 3, 4, und 7 MRG würden sich - ebenso wie die unter Punkt 21. vereinbarten Kündigungsgründe - aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw. qualifiziertem Fehlverhalten des Vertragspartners (der Revisionswerberin als Pächterin) ergeben, womit diese von der Verpächterin nicht nach Belieben ausgeübt werden könnten und vielmehr jeglichem Einfluss ihrerseits entzogen seien. Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 9 MRG wegen Eigenbedarf würde nach der Rechtsprechung des OGH voraussetzen, dass die juristische Person die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes, also für ihren Betrieb, dringend benötige. Die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG kämen nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte vorliegen würden, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung des „Miethauses“ nicht auf Dauer sichergestellt werden könne und eine baubehördliche Bewilligung zur deren Abtragung erteilt werde bzw. eine Abtragung oder ein Umbau im öffentlichen Interesse sei.

12 Nach dem Gesamtbild seien die der Verpächterin zukommenden Kündigungsgründe daher nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben sei.

13 Selbst wenn aufgrund der in Punkt 21.1. der Verpächterin eingeräumten Kündigungsgründe ein schrankenloses Auflösungsrecht angenommen werden würde, wäre trotzdem eine bestimmte Vertragsdauer anzunehmen, weil die Kündigung der nichtgebundenen Verpächterin gemäß Punkt 21.1. in Verbindung mit Punkt 21.5. des Pachtvertrages eine Zahlungspflicht der Pächterin für die gesamte vertraglich fixierte Dauer auslöse, während diese an den Vertrag gebunden sei.

14 Die vertraglichen Kündigungsbestimmungen würden daher im gegenständlichen Fall nichts daran ändern, dass ein Vertrag auf bestimmte Dauer von 25 Jahren gemäß Punkt 5.1. abgeschlossen worden sei. Als Vertrag auf bestimmte Dauer sei nämlich eine Vereinbarung anzusehen, nach der sich ein Bestandvertrag auf bestimmte Dauer um eine weitere bestimmte Dauer verlängere, falls er vor Ablauf der ersten bzw. weiteren bestimmten Dauer nicht aufgekündigt werde. Die Möglichkeit der Auflösung mit Ablauf der ersten bzw. weiteren bestimmten Dauer sei gebührenrechtlich unbeachtlich. Daran schließe gemäß Punkt 5.1. eine Verlängerung auf unbestimmte Dauer, womit gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG insgesamt der 21-fache Jahreswert - der achtzehnfache Jahreswert für die bestimmte Dauer zuzüglich den dreifachen Jahreswert für die daran anschließende unbestimmte Dauer - der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen sei.

15 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

16 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); das Finanzamt erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

17 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

20 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst vorgebracht, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Bundesfinanzgericht eine bestimmte anstelle einer unbestimmten Vertragsdauer angenommen habe, obwohl die Verpächterin den Vertrag jederzeit auflösen könne. Der vorliegende Pachtvertrag unterliege nicht dem Anwendungsbereich des MRG und könne daher jederzeit nach § 560 Abs. 1 Z 2 lit. c ZPO aufgelöst werden. Das vom Bundesfinanzgericht in die Beurteilung miteinbezogene Anbot sei gebührenrechtlich unbeachtlich. Komme eine Nebenvereinbarung durch konkludente Annahme eines schriftlichen Anbotes zustande, liege keine Urkunde vor und außerhalb einer Urkunde liegende Tatsachen seien bei der Gebührenbemessung nicht zu berücksichtigen. Selbst unter Einbeziehung der Nebenvereinbarung habe die Verpächterin ein uneingeschränktes Kündigungsrecht, weil nach Punkt 21.2. des Pachtvertrages ein vom Verschulden der Pächterin völlig unabhängiges Kündigungsrecht normiert sei. Die Auflösung des Pachtvertrages liege somit in der Sphäre der Verpächterin, wobei es angesichts der „momentanen wirtschaftlichen Lage und der speziellen Hotellerie-Branche“ in keiner Weise unwahrscheinlich sei, dass dieser Kündigungsgrund realisiert werde.

21 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

22 Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

23 Das Bundesfinanzgericht hat den Inhalt des an die Revisionswerberin als Pächterin unterbreiteten und von ihr durch Vornahme einer bestimmten Handlung angenommenen „Anbotes“ der Verpächterin zur Ergänzung des Punktes 21.1. in der errichteten Urkunde über den Pachtvertrag - der nach dem Inhalt der Urkunde „bewusst nicht vergeben“ worden war - aufgrund der darauf erfolgten Bezugnahme in Punkt 21.5. der Urkunde bei der Gebührenbemessung berücksichtigt. Die Revisionswerberin wendet dagegen lediglich ein, das „Anbot“ selbst sei keine Urkunde und daher - schon dem Grunde nach - bei der Gebührenbemessung nicht zu berücksichtigen. Entgegen dieser Rechtsansicht kommt es aber nach dem zweiten Satz des § 17 Abs. 1 GebG nicht darauf an, ob die Schrift, auf deren Inhalt verwiesen wird, selbst als Urkunde zu qualifizieren ist (vgl. schon ; , 86/15/0117, jeweils mwN; siehe dazu auch die ausdrückliche Nennung von „Anbotschreiben“ in den Gesetzesmaterialien zur mit BGBl. Nr. 668/1976 kundgemachten Novelle des GebG, ErlRV 338 BlgNR 14. GP 9 f, mit der der zweite Satz des § 17 Abs. 1 GebG eingefügt worden ist; vgl. auch Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG2, § 17 Rz 56). Dass der Inhalt des „Anbotes“ nicht zum Vertragsinhalt (des Pachtvertrages) geworden wäre, behauptet die Revisionswerberin indes nicht.

24 Unter Berücksichtigung der mit Annahme des betreffenden „Anbotes“ vereinbarten Vertragsinhalte - die eine Berechtigung der Verpächterin, den Vertrag aufzukündigen, „ausschließlich“ bei Vorliegen der darin genannten Voraussetzungen vorsehen - ist der Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes, wonach entgegen der Behauptung der Revisionswerberin der Verpächterin kein jederzeitiges Kündigungsrecht - nach Maßgabe der Bestimmung des § 560 Abs. 1 Z 2 lit. c ZPO (die als dispositive Bestimmung von - wie vorliegend - abweichenden Parteienvereinbarungen verdrängt wird; vgl. etwa ; , 6 Ob 376/97f; , 3 Ob 608/86; siehe dazu auch Lovrek in Fasching/Konecny3 § 560 ZPO Rz 63 ff) - zugestanden sei, nicht entgegenzutreten.

25 Im Übrigen hat das Bundesfinanzgericht die Beurteilung, wonach der Verpächterin kein uneingeschränktes, jederzeitiges Kündigungsrecht zustehe, auch auf die Bestimmung des § 17 Abs. 2 GebG gestützt. Die Undeutlichkeit des Urkundeninhalts sah das Bundesfinanzgericht in der „Diskrepanz“ der in der Vertragsurkunde geregelten Kündigungsmöglichkeiten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient diese Bestimmung dazu, bei Undeutlichkeit oder Mehrdeutigkeit des Inhaltes der Urkunde der Behörde den wahren Willen der am Rechtsgeschäft beteiligten Parteien bekanntzugeben (vgl. dazu aus jüngerer Zeit etwa , mwN). Gegen die Anwendung dieser Bestimmung - somit im Ergebnis die Vermutung des Tatbestandes, der vorliegend die höhere Gebühr zur Folge hat (durch die Annahme einer bestimmten Dauer des Pachtvertrages) - wendet sich die Revisionswerberin nicht.

26 Soweit das Bundesfinanzgericht die vertraglich vereinbarten Auflösungsgründe als nicht ausreichend, um eine jederzeitige, umfassende - zur Beurteilung des Vertrages als auf unbestimmter Dauer abgeschlossen führende - Kündigungsmöglichkeit der Verpächterin zu begründen, angesehen hat, ist es entgegen dem Revisionsvorbringen nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen:

27 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen „auf bestimmte Zeit“ und „auf unbestimmte Zeit“ abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, steht der Beurteilung des Vertrags als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht entgegen (vgl. etwa ; , Ra 2021/16/0027; , Ro 2014/16/0072, jeweils mwN).

28 Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. etwa , mwN).

29 Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrags beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. etwa , mwN).

30 Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrags auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. nochmals , mwN).

31 Indem das Bundesfinanzgericht nicht allein die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG sowie der weiteren Kündigungsgründe nach Punkt 21 des Pachtvertrages heranzogen, sondern sein Erkenntnis tragend auf eine Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der vereinbarten Kündigungsgründe stützte, ist es nicht von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

32 Soweit die Revisionswerberin diesbezüglich einwendet, die in Punkt 21.2. geregelte Kündigungsmöglichkeit sei von ihrem Verschulden (als Pächterin) völlig unabhängig und liege damit in der Sphäre der Verpächterin, ist dem entgegenzuhalten, dass die Frage, in wessen Sphäre und Ingerenz die Verwirklichung eines Kündigungsgrundes liegt, noch nichts über die Wahrscheinlichkeit seines Eintrittes aussagt. Dass die Verwirklichung des unter Punkt 21.2. des Pachtvertrages geregelten Kündigungsgrundes - der im Ergebnis von einer mehrjährigen (negativen) Entwicklung der Umsätze aus dem Betrieb des Hotels durch die Revisionswerberin abhängig ist - von der Verpächterin in irgendeiner Weise beeinflusst werden könnte, wird im Übrigen von der Revisionswerberin nicht behauptet und ist auch nicht erkennbar.

33 Das Bundesfinanzgericht hat überdies seine Beurteilung alternativ darauf gestützt, dass bei vorzeitiger Kündigung durch die Verpächterin die Revisionswerberin (als Pächterin) nach Punkt 21.5. des Pachtvertrages für den Ausfall des Pachtzinses bis zum Ende des von ihr abgegebenen Kündigungsverzichtes nach Punkt 5. des Vertrages haften würde. Aufgrund dieser Verpflichtung - somit, weil die Kündigung durch die Verpächterin keine Befreiung beider Vertragsteile von ihren Verpflichtungen für die Zeit nach der Vertragsauflösung nach sich zieht (vgl. dazu etwa , mwN) - sei schon deswegen von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen. Dagegen wendet sich die Revision nicht.

34 Festzuhalten ist weiters, dass die Beurteilung, ob ein konkreter Bestandvertrag vom Verwaltungsgericht, das sich auf dem Boden der erwähnten Rechtsprechung bewegt, im Einzelfall in seiner Gesamtgestaltung als Vertrag auf bestimmte Dauer oder auf unbestimmte Dauer gedeutet wird - von krassen Fehlentscheidungen abgesehen - keine Frage ist, die über den Einzelfall hinausgeht und daher nicht grundsätzlich im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. etwa , mwN). Dass das Bundesfinanzgericht eine krasse Fehlentscheidung getroffen hätte, ist nicht erkennbar.

35 Abschließend bringt die Revisionswerberin zur Zulässigkeit vor, das Bundesfinanzgericht habe - bei der (bestrittenen) Annahme einer bestimmten Dauer des Pachtvertrages - in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unrichtige Dauer der Befristung angenommen. Aufgrund der erstmaligen umfassenden Kündigungsmöglichkeit der Revisionswerberin (als Pächterin) nach Ablauf von 180 Monaten wäre eine Dauer von 15 Jahren für den befristeten Teil des Pachtvertrages anzunehmen und die Gebühr somit vom fünfzehnfachen Jahreswert sowie anschließend vom dreifachen Jahreswert (für den daran anschließenden unbestimmten Teil), insgesamt daher vom achtzehnfachen Jahreswert zu bemessen.

36 Soweit die Revisionswerberin dafür das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/15/0112, ins Treffen führt, genügt es darauf hinzuweisen, dass dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde lag, wurde dort von der beschwerdeführenden Gesellschaft (als Bestandnehmerin) nur für das erste Jahr des Bestandsverhältnisses auf das Kündigungsrecht verzichtet und war die anschließende Fortsetzung des Bestandvertrages auf unbestimmter Dauer nicht strittig.

37 Das zweite Erkenntnis, auf das die Revisionswerberin verweist (, 0170), hatte einen Fall zum Gegenstand, der mit dem vorliegenden Revisionsfall insofern vergleichbar war, als nach den dort verfahrensgegenständlichen Mietverträgen die Bestandnehmerin zunächst für sechzehn Jahre auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes verzichtet hatte, wobei die Nichtausübung diese Kündigungsrechts als Kündigungsverzicht für weitere neunzehn Jahre gegolten hat. Die Beurteilung der (damals) belangten Behörde (den unabhängigen Finanzsenaten), wonach die Verträge auf bestimmte Dauer von insgesamt 35 Jahren - was zur Bemessung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 erster Satz GebG mit dem 18-fachen des Jahreswertes der wiederkehrenden Leistungen führte - abgeschlossen worden waren, wurde vom Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht als rechtswidrig erkannt.

38 In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

39 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
ABGB §1090
B-VG Art133 Abs4
GebG 1957 §17 Abs1
GebG 1957 §17 Abs2
GebG 1957 §33 TP5
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1
GebG 1957 §33 TP5 Abs3
MRG §30 Abs2
VwGG §34 Abs1
VwRallg
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022160042.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-46137