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VwGH 23.02.2023, Ra 2022/15/0083

VwGH 23.02.2023, Ra 2022/15/0083

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Bescheidbeschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch den auf diese Rechtstatsache Bezug nehmenden, vom BFG im Sinne des § 278 Abs. 1 lit. b BAO zu erlassenden Beschluss nicht begründet, sondern festgestellt, und kann somit durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage im Anwendungsbereich des § 275 BAO vor dessen Aufhebung durch BGBl. I Nr. 20/2009 , mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der K GmbH in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Kempf, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Bürgerstraße 41, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100264/2021, betreffend Zurücknahme einer Beschwerde hinsichtlich Umsatzsteuer 2010 bis 2017, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Bei der revisionswerbenden Partei wurde eine Außenprüfung durchgeführt. Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2017 den Feststellungen der Prüferin folgend neu fest.

2 Mit Schriftsatz vom brachte die revisionswerbende Partei - nach mehrfacher Fristverlängerung - eine Beschwerde u.a. gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2017 ein.

3 Das Finanzamt erließ am einen Mängelbehebungsauftrag wie folgt:

„Ihre Beschwerde vom gegen Bescheide über die Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer 2010 - 2017, Umsatzsteuerbescheide 2010 - 2017 und Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer vom weist durch das Fehlen eines Inhaltserfordernisses die nachfolgenden Mängel auf:

Fehlen eines Inhaltserfordernisses

• Sonstiges, und zwar das Fehlen der Begründung

Die angeführten Mängel sind beim Finanzamt [...] gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben.

[...]

Bei Versäumung dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen.“

4 Mit Telefax vom (datiert mit ) ergänzte die revisionswerbende Partei - innerhalb verlängerter Frist - ihre Beschwerde wie folgt:

„Im Zuge der Außenprüfung, auf welche in den Begründungen der angefochtenen Bescheide hingewiesen wird, wurde wiederholt vorgebracht und auch anhand der entsprechenden Verbuchungen im Rechnungswesen des Unternehmens nachgewiesen, dass die Beträge, welche aus verschiedenen Bankkonten eingegangen sind, regelmäßig als Barumsätze aus dem Rampenverkauf behandelt wurden. Es kam daher hinsichtlich dieser Umsätze zu keiner neuen Tatsache, welche eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigten. Bereits in einer vorangegangenen Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 kam es diesbezüglich zu keinen Feststellungen, auch wenn andere Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens sprachen. Unter Hinweis auf die Überprüfung der Verbuchung der Rampenverkäufe und deren Zuordnung zu entsprechenden Bankeingängen wird daher ersucht antragsgemäß zu entscheiden.“

5 Das Finanzamt wies die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2017 mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab, woraufhin die revisionswerbende Partei deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragte.

6 Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte das Bundesfinanzgericht die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2017 vom als zurückgenommen.

7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die Revision weist in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auf einen Beschluss vom hin, der in einem Parallelverfahren erlassen worden sei und keinen Hinweis auf die Rechtsfolge des § 85 BAO enthalten habe, wonach die Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gelte. Das Bundesfinanzgericht gehe im angefochtenen Beschluss auch rechtsirrig davon aus, dass dem Beschluss vom nicht entsprochen worden sei. Die Beschwerde sei ohne Einräumung der Frist für eine weitere Stellungnahme und somit unter Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd Art. 6 MRK für zurückgenommen erklärt worden.

12 Mit diesem Vorbringen wird schon deswegen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Beschluss nicht damit begründet hat, das die revisionswerbende Partei einem Beschluss vom nicht entsprochen habe. Das Bundesfinanzgericht vertritt im angefochtenen Beschluss vielmehr den Standpunkt, die Revisionswerberin habe mit ihrem Vorbringen im Telefax vom dem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamts vom (Anm: der sehr wohl einen Hinweis darauf enthält, dass die Beschwerde nach Ablauf der mit bestimmten und über Ersuchen der revisionswerbenden Partei verlängerten Frist, als zurückgenommen gilt) nicht entsprochen, wogegen sich die Revision im Rahmen ihres Zulässigkeitsvorbringens nicht wendet. Dass der Mängelbehebungsauftrag vom nicht hätte ergehen dürfen wird im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision ebenfalls nicht dargelegt.

13 Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Bescheidbeschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch den auf diese Rechtstatsache Bezug nehmenden, vom Bundesfinanzgericht im Sinne des § 278 Abs. 1 lit. b BAO zu erlassenden Beschluss nicht begründet, sondern festgestellt, und kann somit durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage im Anwendungsbereich des § 275 BAO vor dessen Aufhebung durch BGBl. I Nr. 20/2009 , mwN). Vor diesem Hintergrund bleibt für die Einräumung einer Frist für eine weitere Stellungnahme kein Raum, weshalb sich auch die Rüge, die Beschwerde sei unter Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd Art. 6 EMRK für zurückgenommen erklärt worden, als unzutreffend erweist.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022150083.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAF-46105