VwGH 14.06.2023, Ra 2020/15/0044
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | § 39 Z 5 BAO normiert das Erfordernis, dass das Vermögen nach Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft sowie bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes für die begünstigten Zwecke gebunden bleibt (vgl. Stoll, BAO Kommentar, 470). § 39 Z 5 BAO will verhindern, dass Vermögen, das sich auf Grund und mit Hilfe von Steuerbegünstigungen gebildet hat, später für nicht begünstigte Zwecke verwendet wird. Diese Zweckwidmung des Vermögens hat gemäß § 41 Abs. 2 BAO in der Rechtsgrundlage der Körperschaft zu erfolgen (Ritz, BAO3, § 39 Tz 9). Eine Körperschaft kann somit die Befreiung von der Körperschaftsteuer wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nur dann beanspruchen, wenn sie sicherstellt, dass nach Beendigung ihrer Tätigkeit, worunter auch ein Wegfall des bisherigen begünstigten Zwecks zu verstehen ist, das Vermögen auch weiterhin steuerbegünstigten Zwecken erhalten bleibt, wobei diese Sicherung nur durch eindeutige Satzungsbestimmungen erreicht werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/16/0395). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2007/15/0137 E RS 1 (hier ohne den letzten Satz) |
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RS 2 | Eine Körperschaft kann eine Abgabenbegünstigung wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nur dann beanspruchen, wenn sie sicherstellt, dass nach Beendigung ihrer Tätigkeit - worunter auch ein Wegfall des bisherigen begünstigten Zwecks zu verstehen ist - das verbleibende Vermögen auch weiterhin steuerbegünstigten Zwecken erhalten bleibt. Diese Sicherung kann nur durch eindeutige Satzungsbestimmungen erreicht werden. Die Bestimmungen müssen daher so beschaffen sein, dass eine andere Verwendung des Vermögens ausgeschlossen ist, was bedeutet, dass der Verwendungszweck jedenfalls so präzisiert sein muss, dass eine Prüfung, ob es sich tatsächlich um einen steuerbegünstigten Zweck handelt, leicht möglich ist (Hinweis E , 1054/77). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 98/16/0395 E RS 2 (hier ohne den letzten Satz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie den Hofrat Mag. Novak und die Hofrätin Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Vereins X in V, vertreten durch die Dr. Harald Skrube Rechtsanwalt GmbH, die Dr. Bernhard Hundegger Rechtsanwalt GmbH sowie Rechtsanwalt Mag. Johannes Joven, alle in 9500 Villach, Peraustraße 33, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100398/2019, betreffend Körperschaftsteuer 2014, Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für das Jahr 2017, Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2014 und Umsatzsteuer 2017, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist ein im Jahr 1931 gegründeter und - nach seinen Statuten - nicht auf Gewinn gerichteter und parteipolitisch unabhängiger Verein, der die Pflege des Gesangs, die Pflege der Kameradschaft unter den Sängern und deren Angehörigen sowie die Förderung und Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen bezweckt. Für den Fall der Auflösung des Vereins regelten die für den Streitzeitraum geltenden Statuten des Revisionswerbers vom folgendes:
„§ 16: Freiwillige Auflösung des Vereins
1) Die freiwillige Auflösung des Vereins kann nur in der Generalversammlung und nur mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beschlossen werden.
2) Diese Generalversammlung hat auch - sofern Vereinsvermögen vorhanden ist - über die Abwicklung zu beschließen. Insbesondere hat sie einen Abwickler zu berufen und Beschluss darüber zu fassen, wem dieser das nach Abdeckung der Passiven verbleibende Vereinsvermögen zu übertragen hat. Dieses Vermögen soll, soweit dies möglich und erlaubt ist, einer Organisation zufallen, die gleiche oder ähnliche Zwecke wie dieser Verein verfolgt, sonst Zwecken der Sozialhilfe.“
2 Nach einer beim Revisionswerber durchgeführten Außenprüfung für den Zeitraum 2014 bis 2016 ergingen unter Zugrundelegung des Prüfungsberichts, wonach die vom Revisionswerber veranstalteten „Faschingssitzungen“ als schädlicher und entbehrlicher Hilfsbetrieb zu qualifizieren seien, ein Körperschaftsteuerbescheid 2014, ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2014, ein Vorauszahlungsbescheid über die Festsetzung von Körperschaftsteuer für das Jahr 2017 sowie ein Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis März 2017.
3 Einer gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde gab das Finanzamt mit näher begründeter Beschwerdevorentscheidung keine Folge und änderte den Körperschaftsteuerbescheid 2014 sowie den Vorauszahlungsbescheid betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2017 ab, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte.
4 Am erließ das Finanzamt einen Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2017 und verwies zur Begründung auf den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis März 2017.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die - in Bezug auf die Umsatzsteuer gemäß § 253 BAO gegen den in der Zwischenzeit ergangenen Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2017 gerichtete - Beschwerde als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus, dass schon den Statuten des Revisionswerbers ein begünstigungsschädlicher Mangel anhafte, weil darin eine Bindung des Vermögens für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke nur für den Fall der freiwilligen Auflösung des Vereins, nicht aber bei Wegfall des bisherigen Vereinszwecks getroffen worden sei. Die Frage, ob der vom Revisionswerber abgehaltene „Sängerfasching“ eine begünstigungsschädliche Veranstaltung sei, könne daher dahingestellt bleiben.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der das Finanzamt nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das Bundesfinanzgericht sei mit seiner Beurteilung der in der Satzung enthaltenen - eingangs wiedergegebenen - Auflösungsbestimmung als „begünstigungsschädlich“ von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgegangen, weil diese Satzungsbestimmung die Zweckwidmung des Vermögens nach Vereinsauflösung ausreichend im Sinne der §§ 39 Z 5 iVm 41 Abs. 2 BAO präzisiere.
11 Gemäß § 41 Abs. 2 BAO liegt eine - gemäß § 34 BAO für die Gewährung der bei gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Betätigungen vorgesehenen Begünstigungen - ausreichende Bindung der Vermögensverwendung im Sinn des § 39 Z 5 BAO nur vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes zu verwenden ist, in der Satzung so genau bestimmt wird, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck als gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich anzuerkennen ist.
12 § 39 Z 5 BAO normiert das Erfordernis, dass das Vermögen nach Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft sowie bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes für die begünstigten Zwecke gebunden bleibt. § 39 Z 5 BAO will verhindern, dass Vermögen, das sich auf Grund und mit Hilfe von Steuerbegünstigungen gebildet hat, später für nicht begünstigte Zwecke verwendet wird. Diese Zweckwidmung des Vermögens hat gemäß § 41 Abs. 2 BAO in der Rechtsgrundlage der Körperschaft zu erfolgen (vgl. , mwN).
13 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Körperschaft somit eine Abgabenbegünstigung wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nur dann beanspruchen, wenn sie sicherstellt, dass nach Beendigung ihrer Tätigkeit, worunter auch ein Wegfall des bisherigen begünstigten Zwecks zu verstehen ist, das Vermögen auch weiterhin steuerbegünstigten Zwecken erhalten bleibt, wobei diese Sicherung nur durch eindeutige Satzungsbestimmungen erreicht werden kann (vgl. ; neuerlich ; sowie ).
14 Im vorliegenden Fall trifft die unter Rn. 1 wiedergegebene Satzungsbestimmung über die Auflösung des Vereins ausschließlich Vorkehrung zur Bindung des Vermögens für steuerbegünstigte Zwecke im Fall der freiwilligen Auflösung des Vereins, nicht jedoch für den Wegfall des begünstigten Zwecks. Vor diesem Hintergrund begegnet die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts, wonach die Satzung des Revisionswerbers nicht den Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 iVm § 39 Z 5 BAO entspreche, keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.
15 Dass - wie die Revision weiters vorbringt - die in § 16 der Satzung gewählte Formulierung, wonach das Vermögen „Zwecken der Sozialhilfe“ zukommen solle, eine Zweckwidmung ausreichend sicherstelle, geht an der Begründung des Bundesfinanzgerichts vorbei, sodass damit von vornherein keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
16 Vor diesem Hintergrund kommt es auf die übrigen in der Revision relevierten Fragen im Hinblick auf den vom Revisionswerber veranstalteten „Sängerfasching“ - insbesondere, ob der Revisionswerber entgegen der Bestimmung des § 39 Z 2 BAO Gewinn erstrebt und demnach insgesamt seiner tatsächlichen Geschäftsführung nach in den Streitjahren die gesetzlichen Erfordernisse einer Beurteilung der Tätigkeit als gemeinnützig nicht erfüllt - nicht an.
17 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020150044.L00 |
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Fundstelle(n):
OAAAF-45321