Beantwortung einer Lenkerauskunft unterlassen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Roland Gabl Rechtsanwalts- Kommandit-Partnerschaft, Museumstraße 31a, 4020 Linz, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006, in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG, Bundesgesetzblatt Nr. 52/1991 in der Fassung BGBl I Nr. 3/2008, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/***5***/2024, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 365,00 auf € 100,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 87 Stunden auf 20 Stunden herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird auch der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG auf den Mindestbeitrag von € 10,00 herabgesetzt.
Im Übrigen wird das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die ***2*** für die über die zur Vertretung nach außen berufene Person verhängte Geldstrafe und den erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeitrag sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand haftet.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/***5***/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien, als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe als zur Vertretung nach außen berufene Person der Zulassungsbesitzerin (***2***) des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der Magistratsabteilung 67 vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem sie dieses Fahrzeug überlassen gehabt habe, sodass dieses am um 18:40 Uhr in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gestanden sei, nicht entsprochen.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Der Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung sei am am Sitz der anfragenden Behörde in 1200 Wien, Dresdner Straße 81-85, verwirklicht worden.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 365,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und 15 Stunden verhängt.
Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 36,50, das seien 10% der Strafe, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 401,50.
Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:
"Gemäß § 2 Abs. 1 Gesetz über die Regelung der Benützung von Straßen durch abgestellte mehrspurige Kraftfahrzeuge (Parkometergesetz 2006), LGBl. Nr. 09/2006 in der geltenden Fassung, hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
Gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. ist die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 in der geltenden Fassung, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Gemäß § 9 Abs. 7 leg. cit. haften juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. sind Übertretungen des § 2 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 Euro zu bestrafen.
Wie der Aktenlage entnommen werden kann, wurde die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom am mittels elektronischer Zustellung ordnungsgemäß zugestellt und gilt ab als bewirkt. Die Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft begann daher am und endete am . Innerhalb der zweiwöchigen Frist wurde keine Auskunft erteilt, weshalb Ihnen als zur Vertretung der Zulassungsbesitzerin nach außen berufenen Person mittels Strafverfügung die gegenständliche Verwaltungsübertretung angelastet wurde.
[...]
Am wandten Sie sich telefonisch erneut an die Behörde. Es wurde Ihnen erklärt, dass das gegenständliche Verfahren eingeleitet wurde, weil die Lenkerhebung zur Vorzahl nicht beantwortet worden wäre. Sie wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass Sie zwei Verständigungen erhalten hätten, jedoch die Lenkerhebung nicht behoben worden wäre. Sie brachten hervor, dass eine Umstellung stattgefunden hätte und dass Sie den TAN dafür nicht mehr besitzen würden. Zudem würden Sie kein Handy, mit dem ein Fingerabdruck möglich wäre, besitzen. Sie gaben an, dass Sie bisher keine Zeit gehabt hätten, die notwendigen Umstellungen vornehmen zu lassen. Sie wurde darauf hingewiesen, dass, falls Sie von der Umstellung wussten, Sie sich hätten erkundigen müssen, um wieder Zugang zu den entsprechenden Benachrichtigungen zu erhalten. Sie wurden darüber informiert, dass das Verfahren zur Zahl MA67/***3***/2024 erst wieder aufgenommen werden kann, wenn nachgewiesen wird, dass Sie keine Möglichkeit gehabt hätten, die Lenkerhebung zu beantworten.
In Ihrer Eingabe vom übermittelten Sie der Behörde eine Bestätigung darüber, dass Sie am im Bürgerservice der Gemeinde *** die Registrierung der ID Austria durchgeführt hätten und wandten zudem ein, dass die Handysignatur im Dezember 2023 eingestellt worden wäre und Sie aufgrund von technischen Bestimmungen erst am registriert werden konnten. Dokumente bis um hätten Sie nicht öffnen können.
Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben.
Dazu wird festgestellt:
Die Nennung eines Fahrzeuglenkers nachdem bereits eine Strafe wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft ausgesprochen wurde kann nicht als ordnungsgemäße Erteilung der Lenkerauskunft anerkannt werden. Die nachträgliche Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers setzt somit die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht außer Kraft.
Die Frist zur Erteilung einer Lenkerauskunft eine ist gesetzliche Frist und somit nicht erstreckbar.
Zweck einer Lenkerauskunft besteht darin, den/die Lenker*in zur Tatzeit ohne Umstände raschest festzustellen, somit ohne weitere Ermittlungen als identifiziert zu betrachten und zur Verantwortung ziehen zu können.
In der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurden Sie darauf hingewiesen, dass die Nichterteilung, bzw. die unrichtige, unvollständige oder nicht fristgerechte Erteilung dieser Lenkerauskunft nach § 2 Parkometergesetz 2006 (Verletzung der Auskunftspflicht) strafbar ist.
Innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen wurde keine konkrete/r Lenker*in bekannt gegeben und somit haben Sie Ihrer Verpflichtung gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 nicht entsprochen.
Da zum Tatbestand der Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG 1991. Nach dieser Gesetzesstelle ist Fahrlässigkeit - die im gegenständlichen Fall zur Strafbarkeit genügt - bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es besteht daher in solchen Fällen von vornherein die Vermutung eines Verschuldens zumindest in Form fahrlässigen Verhaltens, welche jedoch vom/von der Täterin widerlegt werden kann. Es ist Sache des/der Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was seiner/ihrer Entlastung dienen kann.
Sie brachten keine Gründe vor, um Ihr mangelndes Verschulden darzutun, und es waren auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass Sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.
Somit sind sowohl die objektiven als auch subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.
Gemäß § 19 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehenden Person, dem die Strafdrohung dient, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering war.
Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse, soweit sie der Behörde bekannt waren, sowie auf allfällige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe und den bis zu 365,00 Euro reichenden Strafsatz sowie den Unrechtsgehalt der Tat ist die verhängte Geldstrafe als angemessen zu betrachten.
Der Ausspruch über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens ist im § 64 VStG begründet."
In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:
"Das angefochtene Erkenntnis wird seinen gesamten Umfang nach als unrichtig bekämpft.
Bei der Bestimmung des § 1a Wr ParkometerG handelt es sich um ein sog Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG, weil zum Tatbestand dieser Übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt ist. Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes tritt insofern eine Umkehrung der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Wie ich hinreichend deutlich bereits dargetan habe, habe ich von der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers und deren elektronischen Zustellung ohne mein Verschulden keine Kenntnis erlangt, weil die Handysignatur im Dezember 2023 ohne meine Kenntnis eingestellt worden ist und ich weder eine Zustellbenachrichtigung erhielt, noch Zugang zum Postfach hatte, weil dieser gesperrt worden war. Ich hatte daher ohne, dass mich daran ein Verschulden trifft weder Kenntnis von der Zustellung des Behörden Schriftstückes erlangt noch hatte ich die Möglichkeit dieses einzusehen oder zu beheben. Mich trifft daher an der Nichteinhaltung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden.
[...]
Die Erstbehörde begründete das verurteilende Erkenntnis damit, dass ich keine Gründe vorgebracht hätte, um mein mangelndes Verschulden darzutun, und es wären auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass Sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen wäre.
Dabei verkennt das Erstgericht, dass ich mich aktenkundig sehr wohl auf ein mangelndes Verschulden berufen habe. Erstbehörde ist vorzuwerfen, dass sie sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt hat. Nach dem gemäß 44 § VStG geltenden § 60 AVG sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dabei ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung des Erkenntnisses in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Erkenntnis ausgegangen ist und auf welche Erwägungen sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Erkenntnisse werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Falle seiner Anrufung auch den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Erkenntnisse inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. etwa das Erkenntnis des Zl. 2005/09/0116).
Diesen Anforderungen entspricht das angefochtene Erkenntnis nicht, weil es sich mit meiner Verantwortung nicht auseinandersetzt und mein Vorbringen zum mangelnden Verschulden schlicht ignoriert. Die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen sind daher weder schlüssig noch nachvollziehbar. Die Erstbehörde hat sich mit meiner Einlassung nicht auseinandergesetzt und sie Beweiswürdigung nur mit inhaltsleeren Floskeln abgetan.
Die Lenkeranfrage nach § 103 Abs 2 KFG ist an den Zulassungsbesitzer selbst zu richten. Dies gilt auch dann, wenn der Zulassungsbesitzer eine juristische Person oder eine insoweit dieser gleichgestellte Personenhandelsgesellschaft ist; die Sendung ist dann einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen, der Zulassungsbesitzer jedoch als Empfänger zu bezeichnen (Hinweis E vom , 92/02/0068). Im Beschwerdefall wurde die Lenkeranfrage an die Beschwerdeführerin gerichtet. Diese war daher nicht zur Beantwortung der Lenkeranfrage verpflichtet und durfte auch nicht wegen einer unrichtigen Auskunft bestraft werden. Daran ändert nichts, dass die gegenständliche Anfrage der Beschwerdeführerin unter der Anschrift der GmbH zugestellt wurde, handelt es sich doch bei der GmbH und dem Beschwerdeführer rechtlich gesehen um zwei verschiedene Personen und hätte auch der Beschwerdeführerin allenfalls an deren Arbeitsplatz zugestellt werden dürfen (Abgabestelle im Sinne des § 4 ZustG).
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. 10077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzesgemäß Gebrauch gemacht worden ist.
Die Erstbehörde hat in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen nicht insoweit aufgezeigt, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich gewesen wäre. Es liegt daher eine Ermessensüberschreitung vor.
Es werden daher gestellt nachstehende Anträge:
Es wolle der Beschwerde stattgeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das gegen mich anhängig gemachte Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung gebracht werden.
In eventu wolle das angefochtene Erkenntnis aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückverwiesen werden.
In eventu wolle die verhängte Strafe angemessen herabgesetzt werden.
Jedenfalls aber möge gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumt werden."
Nach Zustellung der Ladung zu einer mündlichen Verhandlung am teilte die Bf. mit E-Mail vom dem Gericht - auszugsweise - wie folgt mit:
Zu der Verwaltungsstrafsache möchte ich wie folgt Stellung nehmen:
Leider konnte ich die Lenkererhebung damals nicht abholen, da der Anmeldelink nicht mehr funktionierte. Als ich mich bei der BH ***4*** erkundigte, wurde mir mitgeteilt, dass die "alte" Form der Handysignatur eingestellt worden war, dass ich mich für die ID Austria neu regstrieren müsse und dass dies nur mit einem Fingerprint-Handy möglich wäre. Ich besaß zu diesem Zeitpunkt aber kein Fingerprint-Handy.
Ich finde es sehr merkwürdig, dass ich trotz meiner Registrierung für die Handysignatur nie im Voraus informiert wurde, dass die Einstellung der Handysignatur und die Einführung dieses neuen Systems bevorstand.
Behördliche Mahnungen und dergleichen werden ja sehr wohl ausgesendet, da müsste doch eigentlich auch eine rechtzeitige Information über eine so wichtige Änderung durch die Behörde möglich sein? Außerdem müsste doch die Behörde sehen, dass ich bei "ID Austria" nicht angemeldet war, obwohl ich bei der Handysignatur immer dabei war! Wieso wird man in so einem Fall weder kontaktiert noch informiert?
Ich besitze weder Fernseher noch Radio (bin auch nicht bei der GIS registriert) und komme aufgrund meiner intensiven Arbeitstätigkeit in unserem Familienunternehmen auch nicht regelmäßig zum Lesen von Zeitungen.
Deshalb bin ich in solchen Fällen für Informationen ganz von der Behörde abhängig und war bisher eigentlich der Meinung, mich darauf verlassen zu können, dass die Behörde in so wichtigen Angelegenheiten ihrer Pflicht nachkommt, die Bürgerinnen und Bürger zu informiere. Leider war das in diesem Fall nicht so.
Es waren 3 Kontaktaufnahmen meinerseits zur BH ***4*** notwendig, bis mir endlich schlüssig erklärt wurde, was ich zu tun hätte, um die bislang mit Handy-Signatur, nun über "ID Austria" organisierten Dienstleistungen wieder nutzen zu können.
Am 27. Juni war ich dann endlich auch im Besitz eines Fingerprint-fähigen Handys und konnte die Registrierung in Angriff nehmen. (Siehe Bestätigung im Anhang vom 28. Juni).
Ich habe mich dann nochmal bei der Behörde erkundigt, ob ich die - mittlerweile natürlich etwas länger zurückliegende - Lenkerhebung noch ausfüllen könne. Mir wurde gesagt ja, ich solle dies unbedingt tun, diese Erhebung wäre zeitlich unbefristet.
Wie ich erfahren habe, wurde übrigens auch der Lenker mit einer Strafe belegt - ein sehr unübliches Vorgehen, da doch normalerweise nur 1 Person mit einer Strafe belegt wird.
Zu der für , 8:15 angesetzten mündlichen Verhandlung erschien - wie zuvor telefonisch angekündigt - keine der beiden Parteien.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Mit Schreiben vom , Zahl: MA67/***3***/2024, hat die belangte Behörde die ***2*** aufgefordert innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wem sie als Zulassungsbesitzerin das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** überlassen gehabt habe, sodass es am um 18:40 Uhr in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gestanden sei.
§ 35 Zustellgesetz normiert:
"(1) Der im Auftrag der Behörde tätige Zustelldienst hat im Fall einer Zustellung mit Zustellnachweis bzw. nachweislichen Zusendung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 erster Satz die Daten gemäß § 29 Abs. 1 Z 6 an das Anzeigemodul zu übermitteln. Das Anzeigemodul hat den Empfänger unverzüglich davon zu verständigen, dass ein Dokument für ihn zur Abholung bereitliegt. Diese elektronische Verständigung ist an die dem Teilnehmerverzeichnis gemäß § 28b Abs. 1 Z 4 bekanntgegebene elektronische Adresse des Empfängers zu versenden. Hat der Empfänger mehrere solcher Adressen bekanntgegeben, so ist die elektronische Verständigung an alle Adressen zu versenden; für die Berechnung der Frist gemäß Abs. 2 erster Satz ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich. Die elektronische Verständigung hat jedenfalls folgende Angaben zu enthalten1. Absender,2. Datum der Versendung,
3. Internetadresse, unter der das zuzustellende Dokument zur Abholung bereitliegt,
4. Ende der Abholfrist,
5. Hinweis auf das Erfordernis einer Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) bei der Abholung von Dokumenten, die mit Zustellnachweis zugestellt oder als nachweisliche Zusendung übermittelt werden sollen und
6. Hinweis auf den Zeitpunkt, mit dem die Zustellung wirksam wird.
Soweit dies erforderlich ist, hat der Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung nähere Bestimmungen über die elektronischen Verständigungsformulare zu erlassen.
(2) Wird das Dokument nicht innerhalb von 48 Stunden abgeholt, so hat eine zweite elektronische Verständigung zu erfolgen; Abs. 1 vierter Satz ist sinngemäß anzuwenden.
(3) Die Abholung des bereitgehaltenen Dokuments kann ausschließlich über das Anzeigemodul erfolgen. Der Zustelldienst hat sicherzustellen, dass zur Abholung bereitgehaltene Dokumente nur von Personen abgeholt werden können, die zur Abholung berechtigt sind und im Falle einer Zustellung mit Zustellnachweis oder einer nachweislichen Zusendung ihre Identität und die Authentizität der Kommunikation mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) nachgewiesen haben. Zur Abholung berechtigt sind der Empfänger und, soweit dies von der Behörde nicht ausgeschlossen worden ist, eine zur Empfangnahme bevollmächtigte Person. Identifikation und Authentifizierung können auch durch eine an die Verwendung sicherer Technik gebundene Schnittstelle erfolgen. Der Zustelldienst hat alle Daten über die Verständigungen gemäß Abs. 1 und 2 und die Abholung des Dokuments zu protokollieren und dem Absender unverzüglich zu übermitteln; die Gesamtheit dieser Daten bildet den Zustellnachweis.
(4) Der Zustelldienst hat das Dokument zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten und nach Ablauf weiterer acht Wochen zu löschen.
(5) Ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument gilt jedenfalls mit seiner Abholung als zugestellt.
(6) Die Zustellung gilt als am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung bewirkt, wobei Samstage nicht als Werktage gelten. Sie gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass die elektronischen Verständigungen nicht beim Empfänger eingelangt waren, doch wird sie mit dem dem Einlangen einer elektronischen Verständigung folgenden Tag innerhalb der Abholfrist (Abs. 1 Z 3) wirksam.
(7) Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger
1. von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte oder
2. von diesen zwar Kenntnis hatte, aber während der Abholfrist von allen Abgabestellen (§ 2 Z 4) nicht bloß vorübergehend abwesend war, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das Dokument abgeholt werden könnte
(8) Wurde dieselbe elektronische Verständigung an mehrere elektronische Adressen versendet, so ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich."
§ 1b E-Government-Gesetz normiert:
(1) Unternehmen im Sinne des § 3 Z 20 des Bundesgesetzes über die Bundesstatistik (Bundesstatistikgesetz 2000), BGBl. I Nr. 163/1999, haben an der elektronischen Zustellung teilzunehmen.
(2) Die Teilnahme an der elektronischen Zustellung ist dann unzumutbar, wenn das Unternehmen nicht über die dazu erforderlichen technischen Voraussetzungen oder über keinen Internet-Anschluss verfügt.
(3) Die Teilnahme ist längstens bis auch unzumutbar, wenn das Unternehmen noch nicht Teilnehmer des Unternehmensserviceportals ist sowie bei Fehlen elektronischer Adressen zur Verständigung im Sinne des Zustellgesetzes.
(4) Unternehmen können der Teilnahme an der elektronischen Zustellung widersprechen. Dieser Widerspruch verliert mit seine Wirksamkeit, ausgenommen für Unternehmen, die wegen Unterschreiten der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind."
In dem Fall, dass der Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeugs eine juristische Person ist, ist die Lenkererhebung direkt an diese juristische Person als Zulassungsbesitzerin zu richten (vgl. , mwN). Diese hatte wie oben dargestellt obligatorisch an der elektronischen Zustellung teilzunehmen.
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).
Nach dem im Verfahrensakt aufliegenden Zustellnachweis (AS 14f) wurde das Auskunftsbegehren der belangten Behörde auf elektronischem Wege versendet und als Empfängerin die ***2*** mit deren Firmenbuchnummer bezeichnet. Die erste elektronische Verständigung über die Bereithaltung der Abholung erfolgte am , die zweite elektronische Verständigung am , sodass die Abholfrist am begann und am endete. Über diesen Vorgang und darüber, dass das Dokument im Anzeigemodul auf der Homepage des Unternehmensserviceportals abzuholen sei, erging eine elektronische Verständigung an dieselbe E-Mailadresse,unter der die beschwerdeführende Partei nicht nur den Einspruch gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung und die Information zur Anmeldung bei der ID Austria an die belangte Behörde versendet hat, sondern ebenfalls auf elektronischem Wege von der Zustellung des beschwerdegegenständlichen Straferkenntnisses benachrichtigt wurde. Da die Bf. daher offensichtlich von der Zustellung Kenntnis hatte oder haben musste und überdies auch über das Unternehmerserviceportal auf die behördliche Zustellung hätte zugreifen können sind ihre Ausführungen zur unverschuldeten Unkenntnis der Lenkeranfrage nicht tragfähig.
Über die Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards hinsichtlich der elektronischen Verständigung gibt die Homepage des Unternehmensserviceportals unter https://www.usp.gv.at/betrieb-und-umwelt/ezustellung/mein-postkorb.html und dem Reiter "E-Mail Benachrichtigung" detailliert Auskunft.
Somit geht der Einwand der beschwerdeführenden Partei, das Auskunftsersuchen der belangten Behörde sei an Sie persönlich gerichtet gewesen und sie habe keine Zustellbenachrichtigung erhalten, ins Leere. Die darüber hinaus gehende Argumentation keinen Zugang zum Postfach bzw. keine Möglichkeit gehabt zu haben das Lenkerauskunftsersuchen einzusehen oder zu beheben, hat keinen Einfluss auf die Rechtswirksamkeit der elektronischen Zustellung.
Die Frist zur Auskunftserteilung begann daher am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung, somit am Donnerstag den , und endete mit Ablauf des .
Innerhalb dieser zweiwöchigen Frist wurde der belangten Behörde keine konkrete Person bekanntgegeben, der das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zum Abstellzeitpunkt überlassen worden war. Diese Tatsache wurde nicht in Zweifel gezogen.
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:
"(1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zu § 1a Wiener Parkometergesetz, LGBl. Nr. 47/1974 in der Fassung LGBl. Nr. 24/1987, der inhaltlich gleichen Vorgängerregelung des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006, ausgesprochen hat, ist es Sinn und Zweck dieser Bestimmung, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 1a Abs. 1 Wiener Parkometergesetz erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft die Person, der das (Kraft-)Fahrzeug überlassen worden ist bzw. der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (vgl. , mwN).
Da die beschwerdeführende Partei jene Person, der das Fahrzeug zum Abstellzeitpunkt überlassen war, trotz Aufforderung der belangten Behörde nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung, sondern erstmalig im Zuge ihres Einspruchs gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung, (möglicherweise) bekannt gegeben hat, hat sie dem Auskunftsersuchen nicht entsprochen und somit den objektiven Tatbestand des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 verwirklicht.
§ 9 VStG normiert:
"(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist."
Laut Firmenbuchauszug vertritt die beschwerdeführende Partei die ***2*** als handelsrechtliche Geschäftsführerin seit selbständig und ist somit für die die Einhaltung der parkometerrechtlichen Bestimmungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
§ 5 VStG normiert:
"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."
Die Verletzung der Auskunftspflicht nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 ist ein Ungehorsamsdelikt. Bei Ungehorsamsdelikten hat die Behörde dem Täter nur den objektiven Tatbestand nachzuweisen, weil nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 AVG bei diesen Delikten die Rechtsvermutung für das Verschulden des Täters besteht. Dieser hat glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft und dabei initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen (vgl. , und die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 zu § 5 VStG, E 125 bis E 127 zitierte höchstgerichtliche Judikatur).
Die beschwerdeführende Partei war nicht in der Lage glaubhaft zu vermitteln, warum sie von der Zustellung der Lenkerauskunft unverschuldet keine Kenntnis erlangen konnte. Auch die Ausführungen betreffend die Unkenntnis des erforderlichen Umstiegs von Handy-Signatur zu ID Austria vermögen nicht zu überzeugen. Insbesondere auch unter dem Aspekt, dass sie die dafür erforderliche behördliche Registrierung erst mehr als sechs Monate später durchführen ließ. In keiner Weise nachvoollziehbar und glaubwürdig ist aber der Umstand dass elektronische Verständigung der Magistratsabteilung 67 nicht in ihrem offensichtlich dauernd in Verwendung stehenden E-Mail-Account eingelangt sein soll.
An Hand der Aktenlage ist ersichtlich, dass der beschwerdeführenden Partei nicht nur ein Versehen zur Last gelegt werden kann, sondern dass sie auffallend sorglos und somit grob fahrlässig gehandelt.
Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.
Die Ausführungen zur Doppelbestrafung gehen ebenfalls ins Leere. Der (verspätet) bekannt gegebene Lenker des Fahrzeuges wurde wegen des Verwaltungsdelikt der Nichtentrichtung der Wiener Parkometerabgabe bestraft, der hier gegenständliche Verwaltungsstraftatbestand besteht in der Nichterfüllung der Lenkerauskunftspflicht. Es liegen sohin zwei unabhängig zu beurteilende Verwaltungsdelikte und keine unzulässige Doppelbestrafung wegen desselben Delikts vor.
§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:
"(2) Übertretungen des § 2 sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."
Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in erheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der raschen Ermittlung einer Person, die im Verdacht steht, eine fahrlässige Verkürzung bzw. Hinterziehung der Parkometerabgabe begangen zu haben, wurde doch keine Auskunft erteilt und somit eine Strafverfolgung zumindest erschwert. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat erweist sich daher als hoch.
Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der beschwerdeführenden Partei zumutbaren Sorgfalt nicht als gering zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die beschwerdeführende Partei eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Weil keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aktenkundig sind, kommt der beschwerdeführenden Partei der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute. Weitere Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen.
Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation der beschwerdeführenden Partei besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.
Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe und mangels eines nachweisbaren Vorsatzes hinsichtlich der nicht erteilten Lenkerauskunft ist die verhängte Geldstrafe angesichts des bis € 365,00 reichenden Strafrahmens auf € 100,00, und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabzusetzen.
Eine weitere Strafherabsetzung kommt aus spezial- und generalpräventiven Gründen nicht in Betracht.
Kostenentscheidung
Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, war er von € 36,50 auf € 10,00 herabzusetzen.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Wegen der teilweisen Stattgabe war kein Verfahrenskostenbeitrag hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Der Ausspruch der Haftung der ***2*** für die Geldstrafe und den erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeitrag resultiert aus § 9 VStG:
"(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand."
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Art. 133 B-VG normiert:
"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"
§ 25a VwGG normiert:
"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."
Weil nach § 4 Abs. 2 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).
Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500494.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
XAAAF-44923