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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.11.2024, RV/7101080/2021

Keine neue Tatsache betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens bei unzutreffender rechtlicher Beurteilung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela Regina Denk über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RPW Wirtschaftstreuhand GmbH, Roseggerstraße 2, 3500 Krems/Donau, vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Körperschaftsteuer 2016 und 2017 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Wiederaufnahmeantrag gemäß § 303 BAO

Die steuerliche Vertretung stellte gemäß § 303 BAO am den Antrag auf Wiederaufnahme der Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 2016 vom und 2017 vom mit der Begründung, dass im Zuge der Erstellung der Körperschaftsteuererklärung 2018 festgestellt worden sei, dass in den Jahren 2016 und 2017 teilweise die Immobilienertragsteuer, welche laufend durch Notare gemeldet wurde, irrtümlich mit dem falschen Steuersatz von 30 % gemäß § 30b Abs. 1 EStG 1988 statt richtigerweise mit einem Steuersatz von 25 % gemäß § 30b Abs. 1a EStG 1988 (da es sich bei der Mandantschaft um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handle) berechnet wurde. Es werde um entsprechende Berichtung der Körperschaftsteuerbescheide hinsichtlich der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen ersucht. Aus der nunmehr berichtigten Körperschaftsteuererklärung 2016 ergäbe sich eine Abgabengutschrift in Höhe von EUR 5.957,00 und aus der Körperschaftsteuererklärung 2017 eine Abgabengutschrift in Höhe von EUR 1.858,00.

Bescheide

Mit den Bescheiden datiert mit wurden die Anträge gemäß § 303 Abs. 1 BAO vom auf Wiederaufnahme des mit Körperschaftsteuerbescheid 2016 und 2017 vom abgeschlossenen Verfahrens abgewiesen.

Begründend wurde von der belangten Behörde für beide Bescheide ausgeführt, es seien keine Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass eine Steuer in Höhe von 25 % entrichtet werden könne, wenn der Steuerpflichtige eine Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 KStG sei. Die Immo-ESt sei auf Körperschaften, die auf Grund ihrer Rechtsform nach den unternehmensrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, also insbesondere bei Kapitalgesellschaften, nicht anzuwenden. Diese unterlägen mit ihren gesamten Einkünften der 25 %-igen Körperschaftsteuer. Ein Veräußerungsvorgang sei in die Körperschaftsteuerveranlagung des betreffenden Jahres aufzunehmen. Kämen die unternehmensrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften nicht zur Anwendung (z.B. Körperschaften öffentlichen Rechts), sei die Immo-ESt jedoch anzuwenden.

Beschwerde

Mit Schreiben vom erhob die steuerliche Vertretung Beschwerde gegen die Abweisungsbescheide für 2016 und 2017, beide datiert mit , eingelangt am , und stellte den Antrag auf Abänderung und Neufestsetzung der diesbezüglichen Bescheide gemäß Antrag vom .

Die ***Bf1*** habe Immobilienertragsteuern im Jahr 2016 und 2017 aufgrund der vom Notar durchgeführten Meldungen einbezahlt. Die konkreten Meldungen seien der ***Bf1*** nicht übermittelt worden, diese habe vom Notar lediglich die Mitteilung erhalten, bestimmte Beträge an Immobilienertragsteuer einzubezahlen.

Als neu hervorgekommene Tatsache sei zu berücksichtigen, dass die ***Bf1*** nicht gewusst habe, dass vom Notar falsche Immobilienertragsteuern in Höhe von 30% anstatt 25% gemeldet worden seien. Von Seiten der ***Bf1*** seien daher zu hohe Steuern in Höhe von 5% entrichtet, nicht 25% Immobilienertragsteuer, wie diese für eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu entrichten seien, sondern 30% Immobilienertragsteuer, die aber nur private Unternehmen zu entrichten hätten.

Die falsch gemeldete Immobilienertragsteuer für die Jahre 2016 und 2017 seien zum Zeitpunkt der Abgabe der gegenständlichen Körperschaftsteuerjahreserklärungen weder dem steuerlichen Vertreter noch der Gemeinde bekannt gewesen.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Die belangte Behörde führte ergänzend aus: Gehe man davon aus, dass durch die fehlerhafte rechtliche Beurteilung des Notars eine Tatsache iSd § 303 BAO zustande gekommen wäre, würde dies ebenfalls keine taugliche Grundlage für eine Wiederaufnahme des Verfahrens bilden, da es sich dabei jedenfalls um eine für die beschwerdeführende Partei bereits bekannte Tatsache handeln würde. Nach dem Erkenntnis des sei bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen. Gemäß § 30c Abs. 2 Z 2 EStG 1988 habe der Parteienvertreter die Immobilienertragsteuer auf Grund der Angaben des Abgabepflichtigen selbst zu berechnen. Dabei habe der Abgabepflichtige dem Parteienvertreter die für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erforderlichen Unterlagen vorzulegen und deren Richtigkeit und Vollständigkeit schriftlich zu bestätigen. Der Parteienvertreter handle im Namen des Abgabepflichtigen, seine Handlungen sind dem Vertretenen zuzurechnen (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl. 2020, § 30c Rz 9). Daraus folge, dass aus Sicht der beschwerdenführenden Partei die Handlungen, somit auch die fehlerhafte rechtliche Beurteilung des Notars als Parteienvertreter ihr zuzurechnen seien. Zudem obliege es auch der beschwerdeführenden Partei als Körperschaft im Rahmen ihrer gebotenen Sorgfalt eines "ordentlichen Unternehmers" die Mitteilung des Notars und die durch ihn erfolgten Berechnungen zeitnah, jedenfalls im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer, zu überprüfen. Im gegenständlichen Fall käme man daher im Hinblick auf die Grundsatzentscheidung des zu dem Schluss, dass das Wissen über den selbst verwirklichten Sachverhalt bei der Abgabepflichtigen gegeben sei, weshalb die gegenständlichen Wiederaufnahmeanträge aus Rechtsgründen abzuweisen wären, weil die tatbestandsmäßige Voraussetzung der fehlenden Kenntnis von den Wiederaufnahmegründen bei der Antragstellerin nicht gegeben sei.

Die Anwendung des Steuersatzes von 30 % gemäß § 30b Abs. 1 EStG 1988 statt 25 % gemäß § 30b Abs. 1a EStG 1988 durch den Notar stelle allerdings gewiss keine neu hervorgekommene Tatsache dar. Da somit keine Tatsachen neu hervorgekommen seien bzw. der Neuerungstatbestand schon dem Grunde nach nicht erfüllt sei, erübrige sich auch eine Ermessensübung iSd § 20 BAO und somit auch eine Abwägung der Rechtsinstitute von Rechtsrichtigkeit und Rechtsbeständigkeit.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom wurde nach Rechtsmittelfrist-Verlängerung die Vorlage der Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht beantragt.

Die beschwerdeführende Partei führte aus, dass der Wiederaufnahmeantrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen worden sei, dass keine Beweismittel neu hervorgekommen seien. Hierzu möchte wir festgehalten werden, dass der beschwerdeführenden Partei bisher nur die Höhe des Betrages an Immobilienertragsteuer für die Jahre 2016 und 2017 bekannt war und erst mit der Erstellung der Körperschaftsteuererklärung 2018 wurden die Berechnungen der Immobilienertragsteuern für diese Jahre vom Notar offengelegt und konnten konkret überprüft werden. Die falsche Berechnung bzw. fehlerhafte Meldung der Immobilienertragsteuer war dem Mandanten daher nicht bekannt.

Weiters werde die Wiederaufnahme mit der Begründung abgewiesen, dass die beschwerdeführende Partei die Berechnung der Immobilienertragsteuer zum Zeitpunkt der Zahlung überprüfen hätte müssen. Unser Mandant handelte mit Sorgfalt "eines ordentlichen Unternehmers und Abgabepflichtigen" indem er fristgerecht einen Notar für die Abwicklung der Grundstücksverkäufe und der damit im Zusammenhang stehenden Berechnung und Abfuhr der Immobilienertragsteuer beauftragte und diese auch fristgerecht entrichtet hatte. Die Höhe der Immobilienertragsteuer erschien unserem Mandanten zum Zeitpunkt der Zahlung in Ordnung, das Einkommensteuergesetz und die Berechnung der Immobilienertragsteuer sei so komplex, es könne von der beschwerdeführenden Partei (er sei kein Steuerberater oder Notar) nicht erwartet werden, dass dieser eine fehlerhafte Berechnung der Immobilienertragsteuer des Notars erkennen hätte müssen.

Anstelle des besonderen Steuersatzes von 30% könne auf Antrag laut § 30a EStG 1988 der allgemeine angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). Die Regelbesteuerungsoption könne nur für sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz gemäß Abs. 1 unterliegen, angewendet werden. Nach dem sich die Gemeinde an den steuerlichen Vertreter gewandt habe und mit der beschwerdeführenden Partei festgestellt werden musste, dass vom Notar 30% anstatt 25% Immobilienertragsteuer berechnet wurde, sei die berichtigte Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2016 und 2017 erstellt worden. Sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz unterliegen gemäß § 30a EStG 1988 in die Körperschaftsteuererklärungen aufgenommen und mit dem Antrag auf Wiederaufnahme vom an das Finanzamt eingebracht worden. Gemäß § 30b EStG 1988 sind die Einkünfte aufgrund des Antrages aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 für die eine selbstberechnete Immobilienertragsteuer entrichtet wurde, mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a EStG 1988 zu veranlagen (Veranlagungsoption). Dabei ist die Immobilienertragsteuer auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten. Insoweit bestehe das Recht auf entsprechende Veranlagung und sei von Amts wegen Folge zu leisten. Eine Abweisung sei daher Gleichheitswidrig.

Durch die Abweisung der Wiederaufnahme werde auch das Recht der gleichmäßigen Besteuerung aller Abgabepflichtigen nicht gewahrt, da die beschwerdeführende Partei somit 30% anstatt 25% an Ertragsteuer entrichten musste. Die von Amtswegen vorzunehmende Wiederaufnahme ergäbe sich schon alleine aus der gesetzlich erforderlichen gleichmäßigen Besteuerungen für alle Abgabenpflichtigen, der mit der Ablehnung auf Wiederaufnahme nicht entsprochen werde und eine nicht unerhebliche Steuergutschrift bestehe und daher auch der berechtigte Antrag mangels Gleichheitswidrigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung von Seiten des Abgabenpflichtigen bestehe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die ***Bf1*** bediente sich eines Notars in einer Immobilienertragsteuer-Angelegenheit. Für die Berechnung der Immobilienertragsteuer wandte dieser den Steuersatz von 30% gemäß § 30b Abs. 1 EStG 1988 anstatt der 25% gemäß § 30b Abs. 1a EStG 1988 an. Die Bescheide wurden rechtskräftig.

Mit dem "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO" vom versuchte die beschwerdeführende Partei die Rechtskraft der genannten Bescheide (KöSt 2016 und KöSt 2017 ) zu durchbrechen und nannte dafür folgende Gründe:

Für die Berechnung der Immobilienertragsteuer wurde der Steuersatz von 30% gemäß § 30b Abs. 1 EStG 1988 statt 25% gemäß § 30b Abs. 1a EStG 1988 durch den Notar angewandt. Dies sei der beschwerdeführenden Partei erst nachträglich bekannt geworden. Bekannt war der beschwerdeführenden Partei nur die Höhe der entrichteten Immobilienertragsteuer.

Dieser Antrag wurde am mit der Begründung, dass keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, durch die belangte Behörde abgewiesen.

Am wurde dagegen Beschwerde erhoben und diese am mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen, da Rechtsirrtümer und rechtliche Fehlbeurteilungen keine neuen Tatsachen im Sinne des § 303 BAO seien.

2. Beweiswürdigung

Der festgehaltene Sachverhalt gründet auf den übereinstimmenden, beziehungsweise wechselseitig nicht widersprochenen Vorbringen und dem Einblick in die Datenbanken der Finanzverwaltung, soweit sie dem Bundesfinanzgericht zugänglich sind.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Wiederaufnahmsgründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmsgründe (; , 96/15/0221).

Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (; , 95/14/0094), also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (; , 95/14/0094; , 2006/13/0107; , 2010/15/0064).

Keine Wiederaufnahmsgründe hingegen sind neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden (; , 96/15/0148; , 2008/15/0215). Das nachträgliche Hervorkommen von Rechtsirrtümern bildet daher keinen Wiederaufnahmsgrund ().

Die Wiederaufnahme aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen. Sie dient aber nicht dazu, bloß die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen ().

Rechtsirrtümer und rechtliche Fehlbeurteilungen sind keine neuen Tatsachen iSd § 303 BAO, die Abgabenbehörde kann durch rechtliche Neuqualifikation bekannter Sachverhalte keine Wiederaufnahme verfügen, dasselbe muss in Bezug auf einen Wiederaufnahmeantrag des Abgabepflichtigen gelten ().

So ist auch keine Wiederaufnahme möglich, wenn die Beschwerdeführerin wegen mangelnder Information über die Auswirkung einzelner Sachverhaltselemente, wegen unzutreffender rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes oder wegen Fehlbeurteilung der Gesetzeslage im vorangegangenen Verfahren die maßgebenden Tatsachen nicht vorgebracht hat. Die Folge eines Rechtsirrtums kann nicht durch einen Wiederaufnahmeantrag beseitigt werden ( mwH).

Dasselbe gilt für die Unkenntnis einer Gesetzesbestimmung, die unter den Begriff des Rechtsirrtums im weiteren Sinn fällt. Die nachteiligen Folgen einer früheren, unzutreffenden Würdigung oder Wertung oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung, gleichgültig durch welche Umstände veranlasst, lassen sich nicht nachträglich im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen (, hier zum Nichtwissen von der Möglichkeit der Geltendmachung des Vertreterpauschales).

Der Sinn dieser Beschränkung der Wiederaufnahmemöglichkeiten ist klar und verständlich: Fehlbeurteilungen und unzutreffende rechtliche Würdigungen sollen den Eintritt der Rechtskraft nicht behindern können. Das gilt für amtswegige Wiederaufnahmen sowie für vom Steuerpflichtigen beantragte Wiederaufnahmen.

Im vorliegenden Fall hat die beschwerdeführende Partei die von ihr für die Jahre 2016 und 2017 beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 nicht auf neue Tatsachen oder Beweismittel gestützt, sondern ihr Begehren auf Wiederaufnahme der Verfahren damit begründet, dass der beschwerdeführenden Partei nur die Höhe des Betrages an Immobilienertragsteuer für die Jahre 2016 und 2017 bekannt gewesen sei. Erst mit der Erstellung der Körperschaftsteuererklärung 2018 wären die Berechnungen der Immobilienertragsteuern für diese Jahre vom Notar offengelegt worden und seien erst zu diesem Zeitpunkt überprüfbar gewesen. Die falsche Berechnung bzw. fehlerhafte Meldung der Immobilienertragsteuer durch den Notar in Höhe von 30% anstatt richterweise in Höhe von 25% wäre dieser daher nicht bekannt gewesen.

Als Tatsache iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind ausschließlich die mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängenden Umstände anzusehen (). Die fehlerhafte Berechnung bzw. die fehlerhafte Meldung, wie die beschwerdeführende Partei vorbringt, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es handelt sich vielmehr um eine falsche rechtliche Beurteilung, eine falsche Anwendung des Gesetzes, aufgrund derer ein Steuersatz in Höhe von 30% und nicht in Höhe von 25% herangezogen wurde.

Die Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen; sie dient aber nicht dazu, bloß die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen ().

Dass es sich bei der beschwerdeführenden Partei um eine Gemeinde, sohin um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handelt, war sowohl der beschwerdeführenden Partei als auch dem Notar bekannt. Im vorliegenden Fall ist der beschwerdeführenden Partei weder eine Tatsache, noch ein Beweismittel "neu hervorgekommen", sondern lediglich die (geänderte) rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes unter der bekannten Tatsache, dass es sich bei der beschwerdeführenden Partei um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handelt. Der Parteienvertreter handelt im Namen der beschwerdeführenden Partei, seine Handlungen sind dem Vertretenen zuzurechnen (siehe Baldauf SWK 14, 1353; Kittl/Renner BFGj 16, 94). Lediglich die Neubeurteilung eines gleichbleibenden Sachverhaltes stellt jedoch keinen Wiederaufnahmegrund dar.

Das Vorbringen, eine Abweisung des Wiederaufnahmeantrages wäre gleichheitswidrig, kann der beschwerdeführenden Partei nicht zum Erfolg verhelfen. Die Bundesabgabenordnung sieht eine Reihe von Möglichkeiten vor, Bescheide abzuändern. Wenn die dafür vorgesehenen Fristen nicht eingehalten wurden, bzw. werden konnten kann dies nicht mit dem Argument der Gleichheitswidrigkeit umgangen werden.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich die Rechtsfolge der Abweisung der Beschwerde aus der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; , Ra 2014/15/0058; , Ro 2016/15/0036; , 96/13/0185), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101080.2021

Fundstelle(n):
IAAAF-44633