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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.12.2024, RV/7103711/2024

Vorrangiger Familienbeihilfenanspruch für den im gemeinsamen Haushalt mit dem Enkelkind lebenden haushaltsführenden Großelternteil

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über die Abweisung des Antrages vom auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab 09.2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Verfahrensgang

Der beschwerdegegenständliche im Spruch näher bezeichnete Bescheid wurde begründet wie folgt:
"Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Flaushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Flaushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Laut Ihren Schreiben ist Ihre Tochter bei den Großeltern haushaltzugehörig. Für die Großeltern besteht daher die Möglichkeit die Familienbeihilfe bzw. Differenzzahlung zu beantragen."

In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin (Bf) folgendermaßen aus:
"Mit dem Abweisungsbescheid vom schreiben Sie -"Für die Großeltern besteht daher die Möglichkeit die Familienbeihilfe bzw. Differenzzahlung zu beantragen"
Das widerspricht dem Familienlastenausgleichsgesetz.
Gem. § 2 (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Meine Eltern haben im Bundesgebiet der Republik Österreich weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt. Meine Tochter lebt bei meinen Eltern und geht in Warschau zur Schule. Ich trage die überwiegenden Unterhaltskosten - als Nachweis übermittle ich den Auszug von meinem polnischen Bankkonto und Aufstellung der Kosten für den Unterhalt meiner Tochter. Dort sind die Kosten gegliedert in Überweisungen an meinen Vater, an meine Tochter und an diverse andere Stellen in Verbindung mit meiner Tochter (Nachhilfe, Ferienaufenthalte, Sport etc.)
Ich habe meinen Hauptwohnsitz in Österreich, arbeite hier und zahle hier Steuern.
Keine andere Person, außer mir, ist berechtigt, Familienbeihilfe für mein Kind zu beziehen (dem leiblichen Vater meiner Töchter wurden die Rechte entzogen), also habe ich Anspruch auf Familienbeihilfe.
Ich ersuche um Abänderung des Bescheides."

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde begründet wie folgt:
"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes - FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder. § 2 Abs. 2 FLAG 1967 bestimmt, dass die Person Anspruch auf Familienbeihilfe hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Flaushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist. Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten. Für die Beurteilung der Haushaltzugehörigkeit ist ausschließlich die Tatsache der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung, nicht dagegen das Erziehungsrecht. Laut Ihrem Schreiben ist Ihre Tochter bei den Großeltern haushaltzugehörig. Die Beschwerde ist daher aufgrund fehlender Haushaltszugehörigkeit abzuweisen."

Die Bf. stellte am einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und führte darin aus wie folgt:
"In der Begründung des Vorentscheides führt die Behörde an, dass mein Vater die Anspruchsberechtige Person wäre, obwohl er nicht in Österreich wohnhaft ist.
Mit dem Umzug meines Kindes von Polen nach Österreich und dem Beginn meiner Beschäftigung in Österreich habe ich den Bezug der Familienleistungen in Polen abgebrochen und in Österreich beantragt. Obwohl meine Tochter in Polen lebt, weil sie während der Pandemie nicht in Österreich klarkam und wieder in Ihr Heimatstaat wollte, haben weder ich noch mein Vater in Polen Anspruch auf Familienbeihilfe.
Nach der EU-Verordnung ist vorrangig jener EU-Mitgliedstaat für die Auszahlung der Familienleistungen zuständig, in dem ein Elternteil beschäftigt und versichert ist (Beschäftigungsstaatprinzip). Wenn sich die Lebensumstände der Familie verändern, kann sich auch die Zuständigkeit eines Staates für die Familienleistungen ändern.

Darunter fallen etwa Wohnort- und/oder Beschäftigungsverlegungen nach Österreich bzw. ins EU-Ausland oder Beendigung einer Beschäftigung. Der Antrag wird nicht aufgrund der mangelnden Zuständigkeit des Staates Österreich abgelehnt. Die Entscheidung der Behörde ist, dass der Antragsteller mein Vater sein sollte, der weder der deutschen Sprache mächtig ist, noch den Verfahrensweg in Österreich kennt. Der Österreichische Staat kassiert Steuern und Abgaben von meinen Einkünften und verweigert mir die Auszahlung der Familienleistungen, mit dem Argument, ich wäre nicht bezugsberechtigt. Bereits im Zuge des Verfahrens habe ich belegt, dass ich die Lebenshaltungskosten meiner Tochter trage und jegliche Auslagen meinen Eltern ersetze.
Die Ablehnung des Antragsstellers stellt eine administrative Diskriminierung des Kindes dar, weil die Auszahlung der Leistung nur aufgrund einer angeblich falschen Berechtigten gänzlich unterbleibt.
Hiermit beantrage ich Änderung des Bescheides und Auszahlung der von mir beantragten Familienleistung.
Mein Antrag stütz sich auf dem Beschäftigungsstaatprinzip und darauf, dass ich auch die Lebenshaltungskosten des Kindes trage. Somit steht auch die Auszahlung einer Familienleistung mir zu. Im Allgemeinen ist zunächst das Land für die Erbringung der Leistungen verantwortlich, in dem die Ansprüche ihrer Familienangehörigen auf Erwerbstätigkeit beruhen."

Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht) vom führte das Finanzamt (FA) im Wesentlichen aus wie folgt:
"§ 2 Abs 2 Familienausgleichsgesetz
Sachverhalt: Ein Kind: Tochter
Familienwohnsitz/Wohnsitz des Kindes in Polen
Am wurde ein Antrag auf Familienbeihilfe über Finanz Online eingereicht. Im Antrag wurde bekanntgegeben, dass das Kind ab September 2022 nach Polen verzogen ist.
Am und wurde folgender Vorhalt (Ersuchen um Auskunft bzw. Vorlage von Unterlagen) an die Kindesmutter versendet: "Laut Antrag sind Sie seit in Polen beschäftigt und laut Auszug der österreichischen Sozialversicherung sind sie in Österreich tätig. Bitte um Sachverhaltsklärung. Vorlage Ihrer aktuellen Dienstgeberbestätigung. Bei wem lebt die Tochter in Polen? Meldenachweis der Tochter in Polen. Besteht ein gemeinsamer Wohnsitz von Ihnen und der Tochter in Polen? Nachweis über den gemeinsamen Wohnsitz in Polen. Kommen Sie für die Lebenserhaltungskosten von der Tochter auf? Nachweis über die Zahlung der monatlichen Lebenserhaltungskosten.
Nachweis ob in Polen Anspruch auf Familienbeihilfe besteht oder nicht. Schuljahreszeugnis für das Schuljahr 22/23 und aktuelle Schulbestätigung von der Tochter."

Die Bf hat dem Finanzamt am ein Schreiben zukommen lassen, in dem sie erklärt, dass Ihre Tochter bei den Großeltern in Polen lebt.
Die Beschwerde wurde am aufgrund fehlenden Nachweises der Haushaltszugehörigkeit des Kindes zur Kindesmutter abgewiesen.
Beweismittel: vorgelegte Unterlagen
Es besteht eine aktuelle Beschäftigung der Bf in Österreich.

Stellungnahme: Das Finanzamt beantragt die Abweisung der Beschwerde, da kein gemeinsamer Haushalt der Bf mit der Tochter vorliegt und daher gem. § 2 Abs 2 FLAG kein Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung besteht.
Die Antragstellerin wurde in der Abweisung ihres Antrages darüber aufgeklärt, dass ihre Eltern den Antrag auf Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung stellen können."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Gericht bezieht sich mangels widerstreitender Sachverhaltselemente auf das wiedergegebene verwaltungsbehördliche Geschehen.
Sowohl die Bf als auch das beschwerdegegenständliche Kind sowie die im Beschwerdezeitraum im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebenden Großeltern des Kindes und der Kindesvater sind polnische Staatsbürger (vgl. FON-Antrag der Bf, elektron. Akt des BFG OZ 2).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Unionsrecht ist anzuwenden. Die Bf ist Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (EU) - gegenständlich Polen - und fällt damit - ebenso wie ihr Kind und dessen Großeltern - nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundverordnung. Ebenso sind die Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 und der Kinderabsetzbetrag nach dem EStG 1988 eine Familienleistung i. S. d. Art. 1 Buchst. z VO 883/2004, weshalb auch deren sachlicher Anwendungsbereich nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. j VO 883/2004 eröffnet ist. Österreichische Rechtsvorschriften sind nach Unionsrecht zufolge Erwerbstätigkeit der Bf anzuwenden: Zufolge der Erwerbstätigkeit der Bf in Österreich ist in Bezug auf das in Polen wohnhafte beschwerdegegenständliche Kind Österreich Beschäftigungsmitgliedstaat. Hingegen ist Wohnortstaat der Großeltern des Kindes der Bf Polen. Ein Anhaltspunkt für eine allfällige Erwerbstätigkeit der Großeltern des Kindes außerhalb Polens ist nicht ersichtlich. Im Bezug auf Familienleistungen für das Kind der Bf an dessen Großeltern ist daher grundsätzlich Polen als Wohnortmitgliedstaat zuständig. Nationales Recht (Polen).

Wohnortklauseln des FLAG 1967 bei Unionsbezug nicht anzuwenden Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen unmittelbar nach dem , Romana Slanina, die Ansicht vertreten, einer in einem anderen Mitgliedstaat der Union im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebenden Unionsbürgerin (in der Schweiz lebenden Schweizer Bürgerin) stehe nach nationalem Recht die Bestimmung des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 entgegen. Personen hätten nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, und sei daher § 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 anzuwenden, wonach eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, dann Anspruch auf Familienbeihilfe hat, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 anspruchsberechtigt ist (vgl. ; ; ; ; 009/15/0205; ; ; ; ). Diese Auffassung ist spätestens seit den Urteilen , B, und , Tomisław Trapkowski, als überholt anzusehen (vgl. ; ). In seinem Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof (ohne Bezug auf die , B, und , Tomisław Trapkowski) klargestellt, dass im Anwendungsbereich des Unionsrechts die Wohnortklauseln des FLAG 1967 nicht anzuwenden sind: Sowohl die Mitbeteiligte als auch deren Kind und dessen leiblicher Vater hatten im Streitzeitraum nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis ihren Wohnort in Ungarn und sie sind nach dem Revisionsvorbringen sowie dem Akteninhalt ungarische Staatsangehörige, sodass für sie die Verordnung Nr. 883/2004 gemäß deren Art. 2 Abs. 1 gilt.Daher finden die auf Wohnortklauseln beruhenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 FLAG, welche den Familienbeihilfenbezug auf den Wohnort im Bundesgebiet abstellt, des § 2 Abs. 8 FLAG, welche auf den wesentlich durch den Wohnort bestimmten Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet abstellt, und des § 5 Abs. 3 FLAG, das einen vom Wohnort abhängigen Ausschluss der Familienbeihilfe bei ständigem Aufenthalt des Kindes im Ausland vorsieht, zufolge des Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 und dessen Anwendungsvorrangs insoweit keine Anwendung. Zufolge des in Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 normierten Gleichbehandlungsgrundsatzes für Personen, für die diese Verordnung gilt, finden die durch den Anwendungsvorrang dieser Bestimmung verdrängten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG mit besonderen Voraussetzungen für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, keine Anwendung (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom , 2012/16/0066). Anzuwendende Rechtsvorschriften Der Gerichtshof hat in seinem Erkenntnis , weiter ausgeführt: Für den Anspruch auf Familienleistungen nach Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 11 Abs. 3 lit a leg. cit. auf die in Ungarn beschäftigte Mitbeteiligte die Rechtsvorschriften Ungarns anzuwenden sind, sodass ihr nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG die Familienbeihilfe oder eine Differenzzahlung nicht zusteht. Der leibliche Vater hingegen unterliegt gemäß Art. 11 Abs. 3 lit a der Verordnung Nr. 883/2004 zufolge seiner Beschäftigung in Österreich den österreichischen Rechtsvorschriften. Nach dem FLAG kann ein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. bestehen. Nach dieser Bestimmung hat eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom , 2009/15/0205).

Die Großeltern des Kindes fallen (voraussichtlich) nach Art. 11 Abs. 3 Buchstabe e VO 883/2004 hinsichtlich eines eigenen, nicht von der Mutter des Kindes abgeleiteten Anspruchs unter die polnischen Rechtsvorschriften. Es sind auch nach Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a VO 883/2004 betreffend einen Anspruch der Mutter des Kindes die österreichischen Rechtsvorschriften anzuwenden. Insoweit folgt das Bundesfinanzgericht der in Rn 19 des Erkenntnisses , vertretenen Auffassung (vgl. ). Nachkommen sind alle Verwandten in gerader absteigender Linie (zB eigene Kinder, Enkelkinder usw.( Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl., § 2, II. Kindesbegriff (Abs 3) [Rz 18 - 27]). Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist auf Grund des , Tomisław Trapkowski, zufolge der Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften auf die in Österreich erwerbstätige Mutter zu prüfen, ob nicht daraus abgeleitet ein (nach nationalem Recht vorrangiger) Anspruch des (Groß-)Elternteils auf österreichische Familienleistungen (in Form einer Ausgleichs- bzw. Differenzzahlung nach Art. 68 VO 883/2004) besteht. Entscheidend ist, ob unionsrechtlich ein Familienangehöriger, auf den gemäß Art. 11 VO 883/2004 die Rechtsvorschriften des Wohnortmitgliedstaates anzuwenden sind, den Anspruch eines anderen Familienangehörigen, auf den gemäß Art. 11 VO 883/2004 die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsmitgliedstaates anzuwenden sind, im Beschäftigungsmitgliedstaat geltend machen kann. So ergibt sich nach Ansicht des EuGH (Rn 38 des Urteils Tomisław Trapkowski) aus Art. 67 VO 883/2004 i. V. Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 zum einen, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen auch für Familienangehörige erheben kann, die in einem anderen als dem für ihre Gewährung zuständigen Mitgliedstaat wohnen, und zum anderen, dass die Möglichkeit, Familienleistungen zu beantragen, nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen "beteiligten Personen", die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden. Typischerweise fällt der im Wohnortmitgliedstaat lebende Familienangehörige nicht nach Art. 11 VO 883/2004 unter die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsmitgliedstaats des anderen Familienangehörigen. Es gebietet daher der Grundsatz des effet utile, also des Effektivitätsgrundsatzes, eine Auslegung zu wählen, die die Verwirklichung der Ziele des Unionsrechts am meisten fördert. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, verpflichtet, für deren volle Wirksamkeit Sorge zu tragen (für viele etwa zuletzt , Glencore Agriculture Hungary Kft., ECLI: EU:C:2017:522). Die Auslegung von Normen darf die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. für viele etwa , Vinyls Italia SpA in Insolvenz, ECLI: EU:C:2017:433 unter Verweis auf , Nike European Operations Netherlands, ECLI: EU:C:2015:690). Anspruchsprüfung unter Berücksichtigung des Unionsrechts nach nationalem Recht Nach den allgemeinen Regelungen des FLAG 1967 kann - außerhalb des Anwendungsbereichs des Unionsrechts - die Führung des Haushaltes im Ausland für den haushaltsführenden (Groß-)Elternteil keinen Anspruch auf die österreichische Familienbeihilfe begründen, weil die Grundvoraussetzung des § 2 Abs. 1 FLAG 1967, nämlich ein Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt in Österreich, nicht gegeben ist. In der Regel wird auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 fehlen (vgl. ). Der Aufenthalt der Kinder in einem anderen Mitgliedstaat der Union hingegen ist auch vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 unbedenklich, da gemäß § 53 FLAG 1967 und der unionsrechtlichen Vorschriften als "Ausland" i. S. d. FLAG 1967 ein Drittstaat, nicht jedoch ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union (bzw. ein Staat des EWR oder die Schweiz) anzusehen ist. Zur Anwendbarkeit der Prioritätsregeln, die in Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 für den Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen vorgesehen sind, sei darauf hinzuweisen, dass es für die Annahme, dass in einem bestimmten Fall eine solche Kumulierung vorliege, nicht genüge, dass Leistungen in dem Mitgliedstaat, in dem das betreffende Kind wohnt, geschuldet werden und zugleich in einem anderen Mitgliedstaat, in dem ein Elternteil dieses Kindes arbeitet, lediglich potenziell gezahlt werden können (vgl. , Schwemmer, Rn. 52 m. w. N.). Bestehe im Wohnmitgliedstaat kein Anspruch auf Familienleistungen, fänden diese Prioritätsregeln keine Anwendung (Rn. 33). Es obliegt jedoch der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht Anspruch auf Familienleistungen haben. Nach alledem ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist. Der Anspruch auf Familienleistungen, die für ein Kind gewährt werden, müsse auch nicht nach Art. 60 Abs. 1 Satz 3 VO 987/2009 dem Elternteil des Kindes, der in dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnt, deshalb zuerkannt werden, weil der andere Elternteil, der in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, keinen Antrag auf Familienleistungen gestellt hat (Rn. 43 ff.): Zudem sieht Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 vor, dass dann, wenn eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Familienleistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahrnimmt, die zuständigen Träger der Mitgliedstaaten die Anträge auf Familienleistungen zu berücksichtigen haben, die von den in dieser Bestimmung genannten Personen oder Institutionen, zu denen der "andere Elternteil" gehört, gestellt werden. Erstens geht sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik von Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 hervor, dass zwischen der Einreichung eines Antrags auf Familienleistungen und dem Anspruch auf diese Leistungen zu unterscheiden ist. Zweitens geht aus dem Wortlaut dieses Artikels auch hervor, dass es ausreicht, wenn eine der Personen, die Anspruch auf Familienleistungen erheben kann, einen Antrag auf deren Gewährung stellt, damit der zuständige Träger des Mitgliedstaats verpflichtet ist, diesen Antrag zu berücksichtigen. Das Unionsrecht hindert diesen Träger jedoch nicht daran, in Anwendung seines nationalen Rechts zu dem Ergebnis zu gelangen, dass der Anspruch auf Familienleistungen für ein Kind einer anderen Person zusteht als der, die den Antrag auf diese Leistungen gestellt hat. Folglich ist es, sofern alle Voraussetzungen für die Gewährung von Familienleistungen für ein Kind erfüllt sind und diese Leistungen tatsächlich gewährt werden, ohne Bedeutung, welcher Elternteil nach nationalem Recht als diejenige Person gilt, die den Anspruch auf diese Leistungen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Hoever und Zachow, C-245/94 und C-312/94, EU:C:1996:379, Rn. 37). Nach alledem ist Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass danach nicht verlangt wird, dass der Anspruch auf Familienleistungen, die für ein Kind gewährt werden, dem Elternteil des Kindes, der in dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnt, deshalb zuerkannt werden muss, weil der andere Elternteil, der in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, keinen Antrag auf Familienleistungen gestellt hat. Das Unionsrecht selbst vermittelt keinen originären Anspruch auf nationale Familienleistungen. Es ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten, wem sie unter welchen Voraussetzungen wie lange Familienleistungen zuerkennen. Das Unionsrecht verlangt allerdings im allgemeinen, dass diese Zuerkennung diskriminierungsfrei erfolgen muss, und im besonderen, dass die nach dem nationalen Recht, hilfsweise nach dem Unionsrecht zu ermittelnden Familienangehörigen einer Person, die in den Anwendungsbereich der VO 1408/71 oder der VO 883/2004 fällt, also im wesentlichen einer Person, die (nur oder auch) in einem anderen Mitgliedstaat einer Erwerbstätigkeit nachgeht als in jenem, in dem ihre Familie wohnt, so zu behandeln sind, als hätten alle Familienangehörigen ihren Lebensmittelpunkt in dem Mitgliedstaat, der Familienleistungen gewähren soll. Da ein derartiger Sachverhalt territorial die Geltung der nationalen Rechtsvorschriften zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten nach sich zieht, enthält das Unionsrecht Kollisionsregeln, welche nationalen Rechtsvorschriften allein, primär, sekundär oder gar nicht anwendbar sind.

Wie ausgeführt sind nach Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a VO 883/2004 betreffend den Antrag der Mutter die österreichischen Rechtsvorschriften anzuwenden, da Beschäftigungsmitgliedstaat der Mutter Österreich ist, und sich im Verfahren nicht ergeben hat, dass Beschäftigungsmitgliedstaat der Mutter (auch) ein anderer Staat ist. Die Bf (Mutter des Kindes) hat im Beschwerdezeitraum in Österreich gewohnt, weshalb somit von einem Wohnsitz und dem Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf in Österreich auszugehen ist. Nach § 2 Abs. 3 lit. a FLAG 1967 zählen zu den Familienangehörigen im unionsrechtlichen Sinn zunächst die Eltern eines Kindes (vgl. etwa auch ), aber auch die Großeltern (vgl. ). Da die Mutter des Kindes als Familienangehörige sowohl ihres Kindes als auch dessen Großmutter anzusehen ist (§ 2 Abs. 2 und 3 FLAG 1967), ist unionsrechtlich in Anwendung von Art. 67 VO 883/2004 zu unterstellen, dass alle beteiligten Personen (also Großmutter, Mutter, Kind) in Österreich wohnen, also hier ihren Lebensmittelpunkt haben (Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009). Die nach Art. 67 VO 883/2004 i. V. m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 vorzunehmende Fiktion bewirkt, dass die Wohnsituation auf Grundlage der im Streitzeitraum im anderen EU-Mitgliedstaat gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen wird (BFH , III R 62/12). Diese Fiktion führt dazu, dass der Anspruch auf Familienleistungen des Beschäftigungsstaates nicht dem im für Familienleistungen zuständigen Mitgliedstaat, sondern dem in einem anderen Staat der EU (des EWR, der Schweiz) lebenden (Groß-)Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (vgl. BFH , III R 17/13; BFH , V R 46/11 u.a.). Diese Fiktion besagt zwar, dass zu unterstellen ist, dass alle Familienangehörige im zuständigen Mitgliedstaat wohnen, nicht aber, dass diese - wenn dies nicht im Wohnmitgliedstaat der Fall ist - im selben Haushalt wohnen. Ob ein gemeinsamer Haushalt besteht, ist sachverhaltsbezogen festzustellen. Wer von den unionsrechtlich grundsätzlich als anspruchsberechtige Personen anzusehenden Familienangehörigen tatsächlich primär oder sekundär (oder gar keinen) Anspruch auf österreichische Familienleistungen hat, ist daher nach dem nationalen Recht zu beurteilen ( betreffend vorrangigen Anspruch der in der Slowakei wohnhaften Großmutter).

Vorrangiger Anspruch des haushaltsführenden (Groß-)Elternteils
FLAG 1967 verwendet den Begriff des "Familienangehörigen" nicht. Im gegenständlichen Fall sind - da es sich um das Kind der Bf handelt - als "Familienangehörige" i. S. d. Unionsrechts (Art. 1 Buchst. i Nr. 1 Buchst. i VO 883/2004) gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 i. V. m. § 2 Abs. 3 FLAG 1967 jedenfalls das Kind, die Mutter und die Großeltern (Großvater sowie Großmutter) anzusehen (vgl. auch BFH , III R 62/12, oder , jeweils betreffend im Haushalt der Großmutter lebendes Enkelkind). § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind (als welches nach § 2 Abs. 3 FLAG 1967 auch ein Enkelkind zählt) ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Auf die Unterhaltspflicht der diese Unterhaltskosten überwiegend tragenden Person kommt es nicht an (vgl. ). Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen (). Dabei geht das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). "Eltern" ist im Sinne von Anspruchsberechtigter nach § 2 Abs. 3 FLAG 1967 zu verstehen, hierzu zählt auch ein Großvater oder eine Großmutter (vgl. Nowotny in Csaszar/Lenneis/ Wanke, FLAG. Linde 1. Aufl., § 2a Rz 1). § 2a FLAG 1967 spricht nicht von "leiblichen Eltern", sondern allgemein von "Eltern". "Der Begriff der Eltern leitet sich aus der Definition der anspruchsvermittelnden Kinder in § 2 Abs. 3 des Gesetzes ab. Demnach sind Eltern alle Personen, die für Kinder im Sinne der zitierten Gesetzesstelle einen Familienbeihilfenanspruch haben können" (ErläutRV RV 126 Blg NR 18. GP zur Novelle BGBl. Nr. 367/1991). Aus den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich nicht, dass die Bf in Polen einen Haushalt (mit ihrem Kind und dessen Großmutter sowie Großvater) geführt hat. Angemerkt wird, dass es für den gegenständlichen Beschwerdefall irrelevant ist, wem die Wohnung/das Haus in Polen gehört. Die Bf hatte in Österreich einen Haushalt.

Aus den getroffenen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich, dass im Beschwerdezeitraum das Kind dem Haushalt seiner Großeltern angehört hat. Da das Kind dem Haushalt seiner Großeltern angehört hat, hatte die Großmutter/der Großvater gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 daher vorrangigen Anspruch auf Familienleistungen (-beihilfe), selbst wenn die Mutter im Beschwerdezeitraum die überwiegenden Unterhaltskosten für das Kind getragen haben sollte. Das Bundesfinanzgericht hat wiederholt bei mitgliedstaatsübergreifenden Sachverhalten den Vorrang des haushaltsführenden (Groß-)Elternteils, auch wenn dieser in einem anderen Mitgliedstaat der Union wohne, gegenüber dem nicht haushaltsführenden oder bloß Geldunterhalt leistenden Elternteil betont (vgl. etwa ; ; ; ; [betreffend Großmutter]; ; ; ; ; ; [betreffend Großmutter]).

Anspruch des (Groß-)Elternteils nach nationalem Recht i. V. m. Unionsrecht
Die Großmutter/der Großvater bzw. ein (Groß-)Elternteil des beschwerdegegenständlichen Kindes erfüllt im Beschwerdezeitraum die persönlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ausgleichszahlung/ Familienbeihilfe für das mj Kind (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967; § 2 Abs. 3 lit. a FLAG 1967: Das Kind war im Beschwerdezeitraum bei den Großeltern und nicht bei der Mutter haushaltszugehörig (§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967). Im gegenständlichen Fall sind aber in Verbindung mit dem Unionsrecht auch die territorialen Voraussetzungen - Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 1 FLAG 1967) sowie Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) - hinsichtlich der Großeltern gegeben (vgl. ; ). Die Großeltern hatten im Beschwerdezeitraum ihren Wohnsitz sowie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht in Österreich (Bundesgebiet), sondern in einem anderen Mitgliedstaat der Union, in Polen. Außerhalb des Anwendungsbereichs der VO 883/2004 stünde dem (Groß-)Elternteil (Großmutter/Großvater) allein nach nationalem Recht daher keine Familienbeihilfe für das beschwerdegegenständliche Kind zu.
Da Kind, Mutter und (Groß-)Elternteil Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Union sind, ist jedoch neben dem nationalen Recht auch die VO 883/2004 anzuwenden (Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004). Nach Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 ist in Bezug auf die Familienleistungen regelnden Art. 67 VO 883/2004 und Art. 68 VO 883/2004 "insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen." Auch der EuGH hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Begriff "Wohnort" in Art. 1 Buchst. j VO 883/2004 als der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person definiert wird und Art. 11 VO 987/2009 den Wohnort mit dem Mittelpunkt der Interessen der betreffenden Person gleichsetzt (, B, ECLI:EU:C:2014:2199, Rn. 34). Der unionsrechtliche Begriff "Wohnort" ist daher nicht mit dem Begriff "Wohnsitz" des nationalen Rechts zu verwechseln (vgl. Stöger, Unionsrechtliche Aspekte des Anspruchs auf Familienbeihilfe, 2016, 59). Der unionsrechtliche "Wohnort" ist jener "Wohnsitz" i. S. d. § 26 BAO, an welchem sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen i. S. d. § 2 Abs. 8 FLAG 1967 befindet (vgl. Stöger, Unionsrechtliche Aspekte des Anspruchs auf Familienbeihilfe, 2016, 60). Aus Art. 67 VO 883/2004 i. V. m. Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 ergibt sich somit, dass die Möglichkeit, Familienleistungen zu beantragen, unionsrechtlich nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen "beteiligten Personen", die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die (Groß-)Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden (vgl. , Tomisław Trapkowski, ECLI:EU:C:2015:720, Rn. 38). Ein (Groß-)Elternteil, der in einem anderen als dem zur Gewährung dieser Leistungen verpflichteten Mitgliedstaat wohnt, kann daher diejenige Person sein, die, sofern im Übrigen alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, zum Bezug der Familienleistungen berechtigt ist (vgl. , Tomisław Trapkowski, ECLI:EU:C:2015:720, Rn. 41). Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) haben nach § 2 Abs. 1 FLAG 1967, wie ausgeführt, Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet a) für minderjährige Kinder und b) für bestimmte, im § 2 Abs. 1 lit. b bis l FLAG 1967 angeführte volljährige Kinder. Das FLAG 1967 will (§ 1 FLAG 1967) einen Lastenausgleich im Interesse der Familie herbeiführen.

Haushaltszugehörigkeit zu Großeltern: Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. Demnach kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ). Dass im Beschwerdezeitraum das Kind der Bf seinen Großeltern i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 haushaltszugehörig war, ist unstrittig. Da nach den getroffenen Feststellungen das Kind im Beschwerdezeitraum (nur) dem Haushalt der Großeltern angehört hat, hat die Großmutter bzw. der Großvater, auch wenn die Mutter Unterhaltskosten für das Kind überwiegend getragen haben sollte, einen vorrangigen Familienleistungsanspruch. Der Anspruch des haushaltszugehörigen (Groß-)Elternteils (Großmutter/Großvater) geht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 jenem der nicht haushaltszugehörigen Mutter vor: Bei gemeinsamer Haushaltsführung mit dem Kind stehen die Familienleistungen dem den Haushalt, in dem das Kind lebt, führenden (Groß-)Elternteil zu.
Aus angeführten Gründen hat - bei Erfüllen der diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen - auf Grund der unstrittigen Aktenlage nicht die Bf, sondern ein mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebender, also ein dem Kind haushaltszugehöriger (Groß-)Elternteil des Kindes, Anspruch auf Familienleistungen (FB/ Ausgleichszahlung). (vgl.§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 iVm o.a. Unionsrecht)

Darüber hinaus wird auf die ausführlichen Begründungen des Finanzamtes in der o.a. BVE sowie im Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) hingewiesen, und diese Begründungen sind auch ausdrücklich Teil der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103711.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at