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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2024, RV/2100522/2020

Dauernde Last als Sonderausgabe aufgrund der Ungewissheit hinsichtlich des Leistungsinhaltes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Allgemeine Revisions- und Treuhand- gesellschaft m.b.H. Wirtschafts- prüfungs- und Steuerberatungs- gesellschaft in Graz, Brückenkopfgasse 1 Tür 2, 8020 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2016 sowie Einkommensteuer 2018 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die Kürzung der von der Beschwerdeführerin an die Legatarinnen geleisteten Beträge iHv. € 61.682,93 im Jahr 2016 und iHv. € 62.784,24 im Jahr 2018 und als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Beträge durch die belangte Behörde zu Recht erfolgte bzw. ob diese von der Beschwerdeführerin geleisteten Beträge bei der Berechnung der Einkommensteuer zum Abzug zuzulassen sind.

I. Verfahrensgang

Am brachte die Beschwerdeführerin die Einkommensteuererklärung 2016 sowie am die Einkommensteuererklärung 2018 elektronisch beim Finanzamt Graz-Stadt ein.

Mit erließ das Finanzamt Graz-Stadt einen Erstbescheid betreffend Einkommensteuer 2016, wonach ein Einkommensteuerbetrag i.H.v. € 38.578 festgesetzt wurde und Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv. € 67.615,13 berücksichtigt wurden.
Hinsichtlich dieses Bescheides kam es mit zu einer Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO und eine Einkommensteuer i.H.v. € 83.891 wurde vom Finanzamt Graz-Stadt festgesetzt. Unter anderem wurde das Einkommen aus der Vermietung und Verpachtung betreffend ***G1*** aufgrund der Kürzung der beantragten Werbungskosten i.H.v. € 67.615,13 auf € 5.932,20 entsprechend erhöht. Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass es sich bei Geldzuflüssen an die Legatarinnen um bloße Auszahlungen vom Geldlegaten handle. Diese Auszahlungen durch die Beschwerdeführerin als Erbin sollen bei dieser zu keinen Werbungskosten führen, da der Aufwand nicht im Zusammenhang mit der Einnahmenerzielung, sondern mit ertragssteuerlich unbeachtlichen Nachlassanordnungen stehe.

Ebenso am erließ das Finanzamt Graz-Stadt einen Erstbescheid betreffend Einkommensteuer 2018 und setzte einen Einkommensteuerbetrag i.H.v. € 26.698 fest. Die von der Beschwerdeführerin in ihrer Erklärung beantragten Werbungskosten i.H.v. € 68.214,35 im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betreffend ***G1*** wurden vom Finanzamt Graz-Stadt auf € 5.430,11 gekürzt. Begründet wurde diese Kürzung mit denselben Ausführungen wie im Bescheid vom betreffend das Jahr 2016.

Am brachte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2016 sowie gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 ein und beantragte, die aufgrund letztwilliger Nachlassanordnungen an die Schwestern ausbezahlten Anteile an den Mieteinkünften in Form von Legaten als Werbungskosten der Beschwerdeführerin anzuerkennen. Es handle sich bei der Rentenverpflichtung um kein Geldlegat, sondern um Anteile an Mieteinkünften, deren Berechnung letztwillig vorgegeben und deren Höhe von der Einnahmemöglichkeit abhängig gewesen sei und die anfallenden Werbungskosten nicht vorhersehbar gewesen seien, sodass auch die Legatarinnen ein unternehmerisches Risiko getragen hätten. Die Möglichkeit zur Erzielung von eigenen Einkünften aus der Vermietung der Hallen hänge ursächlich und untrennbar mit der Erfüllung der Legatsverpflichtung gegenüber den Schwestern der Beschwerdeführerin zusammen.
Weiters sei die Bestreitung der Legate auf Dauer aus den versteuerten Mieteinkünften nicht möglich, da durch die Verteilung des Bruttobetrages auf die vier Schwestern keine Mittel für die Begleichung der Ertragsteuer übrig blieben.
In eventu beantragte die Beschwerdeführerin, die Mieteinkünfte auf alle vier Vermächtnisnehmerinnen im Wege einer Eigentümergemeinschaft aufzuteilen oder aber die Auszahlung der Legate bei der Beschwerdeführerin als Sonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 1 EStG zum Abzug zuzulassen.

Mit erließ das Finanzamt Graz-Stadt abweisende Beschwerdevorentscheidungen hinsichtlich der streitgegenständlichen Bescheide. In der Begründung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass es unstrittig sei, dass durch die letztwilligen Anordnungen der Eltern nach deren Ableben den drei Schwestern der Beschwerdeführerin Legate in Höhe von je einem Viertel der erzielten monatlichen Mieteinkünfte zugestanden seien.
Eine unrichtige Sachverhaltsannahme durch die belangte Behörde liege daher nicht vor, da es keine Divergenz in der Sachverhaltsannahme des steuerlichen Vertreters und des Finanzamtes gäbe. Die Auffassung des steuerlichen Vertreters, wonach durch die letztwilligen Verfügungen eine Gemeinschaft begründet worden sei, bei welcher die Beteiligten originär an den Einkünften teilhaben, falle bereits in die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes und sei von der belangten Behörde bereits für das Jahr 2001 mit Feststellungsbescheid vom abgelehnt worden. Ein unternehmerisches Zusammenwirken im Sinne einer Vermietungsgemeinschaft werde weder durch die Unsicherheit über die Höhe der zukünftigen Mieteinkünfte noch durch die zivilrechtliche Herausgabeverpflichtung der Beschwerdeführerin begründet.
Dem Argument des steuerlichen Vertreters der verfassungsrechtlich bedenklich überschießenden Besteuerung entgegnete die belangte Behörde, dass eine dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz widerstreitende abgabenrechtliche Regelung im Bereich des Einkommensteuergesetzes nur vorläge, wenn diese exzessiv wäre und zu einer Aushöhlung des Grundrechtes führe. Die Anwendung des Rechtes sei nur im Falle einer denkunmöglichen oder zumindest qualifiziert unsachlichen Gesetzesauslegung als verfassungswidrig zu qualifizieren.
Hinsichtlich des Einwandes der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben führte die belangte Behörde aus, dass die Anwendung dieses Grundsatzes einen Vollzugsspielraum voraussetze, der entweder in einem Auslegungsspielraum oder in einem Rechtsanwendungsspielraum bestehen könne. Die Berufungsvorentscheidung aus dem Jahr 2003, von welcher die Beschwerdeführerin ihren Anspruch nach Treu und Glauben nunmehr ableite, sei eine eindeutig falsche Entscheidung, welche sich weder auf Gesetzesvorschriften noch auf Entscheidungen der Höchstgerichte gründe bzw. erklären lasse. Die Abgabenbehörde sei wenigstens nunmehr, 17 Jahre später, gehalten, von einer eindeutig gesetzeswidrigen Übung abzugehen.
Das Eventualbegehren, die Auszahlung der Legate als Sonderausgaben zu berücksichtigen, könne nach Ansicht der belangten Behörde nicht näher getreten werden, da die Legatsanordnungen nicht die Voraussetzungen eines Rentenlegates erfüllen.

Am langte beim Finanzamt Graz-Stadt der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin ein. In der ergänzenden Begründung vom wurde wiederholt ausgeführt, dass Gegenstand der letztwilligen Anordnungen keine Geldlegate gewesen seien, sondern es sich um Anteile an Einkünften handle. Dies erschließe sich auch daraus, dass auszuzahlende Geldbeträge im Gegensatz zu Einkunftsanteilen nicht negativ sein können. Aufgrund des letztwillig angeordneten Berechnungsmodus könne sich jedoch auch ein negativer Betrag ergeben. Dass Verluste aus der Einkunftsquelle nur zulasten der Beschwerdeführerin gehen sollen, lasse sich aus den Testamenten nicht ableiten.
Die Beschwerdeführerin erblickte in wirtschaftlicher Betrachtungsweise gemeinschaftliche Einkünfte aller vier Legatarinnen. So ähnle die Stellung der Schwestern der Beschwerdeführerin jener von Kommanditistinnen und ihre Stellung jener einer Komplementärin. Die Beschwerdeführerin beziehe ihre Mieteinkünfte nicht als Eigentümerin der vermieteten Hallen, sondern auch als Legatarin, wie ihre Schwestern. Die Beschwerdeführerin und ihre Schwestern seien daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Eigentümerinnen des Mietobjektes. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin tragen auch die Schwestern das unternehmerische Risiko, denn sie seien an den Mieteinkünften beteiligt und beziehen nicht lediglich die Mieteinnahmen. Die Beschwerdeführerin allein könne auch nicht über die Einkunftsquelle disponieren, da dies der erblasserischen Verfügung zuwiderlaufen würde. Sie sei in der Disposition über den Mietgegenstand und die Art und Weise seiner Bewirtschaftung dermaßen eingeschränkt, dass man ihr das alleinige wirtschaftliche Eigentum am Mietgegenstand nicht zurechnen könne.
In wirtschaftlicher Betrachtungsweise könne man bei der Bestellung der Legate an anteiligen Mieteinkünften auch eine Einräumung von Fruchtgenussrechten erblicken. Das Fruchtgenussrecht beziehe sich jedoch nicht auf das Mietobjekt, sondern auf die aus der Vermietung desselben erzielten Einkünfte.
Die Beschwerdeführerin monierte, dass sich der Sachverhalt der von der belangten Behörde zitierten höchstgerichtlichen Judikatur () von dem gegenständlichen Sachverhalt unterscheide, da dem Judikat explizit ein Geldlegat, eingeräumt auf 100 Monate, zugrundliege, im gegenständliche Fall jedoch Mieteinkünfte vermacht worden seien. Die Mieteinkünfte als Früchte der Bewirtschaftung eines Mietobjektes ließen auch die Ableitung der Einräumung eines Fruchtgenussrechtes zu. Da ohne die Mieteinkünfte der Beschwerdeführerin zwingend keine Anteile der anderen Legatarinnen anfielen und umgekehrt die Beschwerdeführerin, ohne ihre Schwestern daran zu beteiligen, keine Mieteinkünfte lukrieren könne, sollen bei Zurechnung der gesamten Mieteinkünfte an die Beschwerdeführerin Werbungskosten in Höhe der an die restlichen Legatarinnen auszuzahlenden Anteile vorliegen.
Die Beschwerdeführerin brachte weiters vor, dass die Anteil der Legatarinnen der Höhe nach ungewiss seien und somit unter den Begriff der Rentenlegate subsumierte werden könnten. Aus dem aleatorischen Charakter aufgrund der ungewissen Höhe der Anteile an den Mieteinkünften, der langen Dauer von wesentlich mehr als 10 Jahren und der Ungewissheit, ob die vermieteten Objekte tatsächlich 20 Jahre Bestand haben und/oder vermietet werden können, ließe sich auch das Vorliegen dauernder Lasten ableiten.
Im Übrigen berief sich die Beschwerdeführerin neuerlich auf den Grundsatz von Treu und Glauben und führte hierzu aus, dass sich die Abgabenbehörde den Inhalt der Berufungsvorentscheidung vom betreffend das Jahr 2001 zurechnen lassen müsse, da diese durch ein Organ der Abgabenbehörde erlassen worden sei. Ein rechtswidriges Handeln durch das Organ bei Erlassung der Berufungsvorentscheidung könne nicht erblickt werden, zumal niemals eine Aufhebung gemäß § 299 BAO weder der Berufungsvorentscheidung noch der Sachbescheide der Folgejahre erfolgt sei. Auch anlässlich der Veranlagung des Jahres 2017 samt vorangegangenen Vorhalteverfahren betreffend Abzug der Legate als Werbungskosten sei keine Rechtswidrigkeit erkannt worden. Die Beschwerdeführerin sah Vollzugspielraum gegeben, da der vorliegende Sachverhalt weder Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei noch die Literatur Hinweise liefere und es auch an einer gesetzlichen Regelung fehle. Die Beschwerdeführerin führte aus, dass die belangte Behörde durch das Abgehen von ihrem bisherigen Rechtsstandpunkt ohne triftigen Grund gegen Treu und Glauben verstoße und Willkür übe.
Die Erhebung der Einkommensteuer nach den Überlegungen der belangten Behörde sei in gesetzeswidriger und verfassungswidriger Form erfolgt. Der Verweis auf § 20 EStG sei unverständlich, da die Beschwerdeführerin nicht die Berücksichtigung der Einkommensteuer als Werbungskosten beantragt habe. Den Legatarinnen seien Anteile an Einkünften und nicht Anteile an Nettoeinkünften, also nach Abzug der Einkommensteuer, hinterlassen worden. Käme lediglich die auf die gesamten Mieteinkünfte entfallende Einkommensteuer zur Verrechnung, so fiele bei Verlusten aus der Vermietung die Steuerersparnis zur Gänze der Universalerbin zu. Die Beschwerdeführerin ging davon aus, dass erblasserisch keine einseitige Steuerbelastung gewollt war.
Die Beschwerdeführerin sah sich durch das Handeln der Behörde in ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten (Gleichheitsgrundsatz, Unverletzlichkeit des Eigentums) verletzt, da die 25 % auf sie entfallenden Mieteinkünfte mit der auf 100% der Mieteinkünfte entfallenden Einkommensteuer belastet werden.
Die Beschwerdeführerin beantragte, dass die von ihr an ihre Schwestern bezahlten Beträge alternativ

  • als Werbungskosten bei der Ermittlung der Mieteinkünfte der Beschwerdeführerin zugelassen werden oder

  • als letztwillig eingeräumte Fruchtgenussrechte behandelt werden oder

  • als unter die Sonderausgaben fallende Renten/dauernde Lasten behandelt werden oder

  • in wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Vorliegen einer Eigentümergemeinschaft festgestellt wird oder aber

  • ein noch nicht aufgezählter Weg zur Vermeidung einer vollkommen überschießenden und somit verfassungswidrigen Besteuerung beschritten wird, um entsprechend dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sichergestellt wird, dass die Einkommensteuer für 100% der Einkünfte nicht aus dem ihr verbleibenden Anteil von 25% getragen werden muss.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen die streitgegenständlichen Bescheide dem Bundesfinanzgericht vor.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung 5010 zugewiesen.

Mit Eingabe vom zog die Beschwerdeführerin die Anträge auf Senatszuständigkeit sowie auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück. Dies wurde der belangten Behörde am mitgeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Bis zum Tod von ***Erblasser 1*** am xx.10.1999 stand die Liegenschaft ***L1*** (beinhaltend die Grundstücke ***G1*** sowie ***G2***) im Miteigentum von ***Erblasser 1 und 2***. Die Mieteinkünfte wurden bis dahin unter einer eigenen Steuernummer festgestellt und zur Hälfte auf diese zwei Miteigentümer aufgeteilt.

Am errichteten die Miteigentümer folgende inhaltsgleiche letztwilligen Verfügungen:
"Meinen Töchtern ***T1, T2, T3 und T4*** vermache ich auf die Dauer von 20 Jahren (in Worten: zwanzig Jahre) je ein Viertel der auf mich entfallenden Anteile an den jeweiligen monatlichen Mieteinkünften aus der Vermietung der entlang der südlichen Grundgrenze gebauten und vermieteten Lagerhallen im Ausmaß von zirka 3000 m2. Meine Tochter ***Bf1*** verpflichte ich als Universalerbin, die meinen anderen Töchtern als Vermächtnisnehmer zugedachten Mietanteile unverzüglich jeweils nach Vereinnahmung des monatlichen Mietzinses an diese zu überweisen. Der ihr selbst verbleibende Teil ist als Vorausvermächtnis zu verstehen. Nach Ablauf von 20 Jahren stehen sämtliche Mieteinkünfte der Universalerbin zu."
"Stirbt einer der Vermächtnisnehmer vor mir oder vor Ablauf von 20 Jahren, so bestimme ich deren jeweiligen Nachkommen (Deszendenten) als anteilsmäßige Nachvermächtnisnehmer. Stirbt ein Vermächtnisnehmer ohne Nachkommen (Deszendenten), so wächst dessen (restliches) Vermächtnis den übrigen Vermächtnisnehmern, also meinen übrigen Töchtern und bei deren Vorableben deren Nachkommen (Deszendenten) anteilsmäßig an."
"Aus den Mieteinnahmen sind jedoch vor Ausschüttung an die oben genannten Vermächtnisnehmer die nicht an die Mieter überwälzten Betriebskosten sowie die Kosten der Erhaltung und Instandsetzung des Mietobjektes sowie der dazugehörigen Grundflächen zu berichtigen, insbesondere die abgeschlossenen Versicherungen, Dach- und Fassadenreparaturen sowie die Hälfte der Reparaturkosten für Weg und Hoffläche. Die Grundsteuer ist jedoch von der Universalerbin zu berichtigen."

Mit dem Tod von ***Erblasser 1*** erwarb die Beschwerdeführer Miteigentum an der Liegenschaft ***L1***.
Mit dem Tod von ***Erblasser 2*** am tt.mm.2006 erwarb die Beschwerdeführerin auch dessen Hälfteanteil an der vermieteten Liegenschaft.
Die Beschwerdeführerin trat die Erbschaft nach ***Erblasser 1 und 2*** als Universalerbin an.

Nach dem Ableben von ***Erblasser 1*** wurde zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Schwestern vereinbart, dass nach dem Willen von ***Erblasser 1*** den Vermächtnisnehmerinnen Mieterträge aus insgesamt 240 Monaten bei vollständiger Vermietung, beginnend ab , zukommen sollen. Ist das Mietobjekt bis vorübergehend nicht (vollständig) vermietet, dann verlängert sich der Anspruch der Vermächtnisnehmerinnen über den hinausgehend so lange, bis insgesamt Erträge aus 240 Monaten bei vollständiger Vermietung erreicht sind. Zu Lasten der den Vermächtnisnehmerinnen zustehenden Mieterträge sind nur die Kosten der notwendigen Erhaltung, Instandhaltung und Reparaturen anrechenbar, nicht aber die Kosten von darüber hinausgehenden Maßnahmen. Anrechenbare Maßnahmen, die über die Zeitdauer der Vermächtnisse hinaus wirksam sind, sind überdies von den Vermächtnisnehmerinnen nur im aliquoten Umfang mitzutragen, darüber hinaus von der Alleinerbin zu tragen. Unterzeichnet war diese Vereinbarung sowohl von der Beschwerdeführerin und deren Schwestern als auch vom Hälfteeigentümer ***Erblasser 2***.
Für den Hälfteanteil des ***Erblasser 2*** wurde zwischen der Beschwerdeführerin und deren Schwestern eine Vereinbarung mit dem gleichen Inhalt am abgeschlossen, wobei die Mieterträge beginnend ab tt.mm.2006 den Vermächtnisnehmerinnen zukommen sollen.

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffend die Jahre 1999 und 2000 wurden ursprünglich erklärungsgemäß einheitlich und gesondert festgestellt und dem Hälfteeigentümer ***Erblasser 2*** 50% und den vier Schwestern jeweils 12,5 % der Einkünfte zugewiesen.
Hinsichtlich des Jahres 2001 wurden ursprünglich die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einheitlich festgestellt, jedoch von der belangten Behörde lediglich dem Hälfteeigentümer ***Erblasser 2*** sowie der Beschwerdeführerin zu je 50% zugerechnet. Infolge der Berufung der Beschwerdeführerin wurde ein neuer Feststellungsbescheid erlassen und die der Beschwerdeführerin zugeordneten Einkünfte um die geleisteten Legatszahlungen in Form von Werbungskosten gekürzt. Begründend wurde von der belangten Behörde ausgeführt: "Im Berufungsverfahren werden die von Fr. ***Bf*** geleisteten Legatszahlungen als Werbungskosten anerkannt. Eine Belastung der Universalerbin auch mit den auf die auszuzahlenden Teile der Mieteinkünfte entfallende Einkommensteuer, ohne den Abzug der Zahlungsverpflichtung als steuermindernd einzuräumen, wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Dies würde zu einer unzulässigen Besteuerung führen, welche das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verletzten würde. Die rechtliche Überprüfung, ob ein Abzug der Legatszahlungen als Sonderausgabe (Rente) möglich wäre, ist aufgrund o.a. Vorgangsweise nicht mehr vorzunehmen." Im Zuge des Berufungsverfahrens betreffend das Jahr 2001 wurden auch die Bescheide betreffend die Jahre 1999 und 2000 entsprechend berichtigt, welche aufgrund von Berufungen der anderen Legatarinnen noch nicht rechtskräftig waren.
Bis zum Jahr 2015 wurden die Einkünfte bei der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde auf diese Weise veranlagt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin sowie aus der Einsichtnahme aus dem Abgabeninformationssystem.
Der Sachverhalt ist zwischen den Parteien unstrittig und ergeben sich auch für das Bundesfinanzgericht keine Anhaltspunkte, die an dem Sachverhalt zweifeln lassen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Folgende Ausgaben sind gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
Renten und dauernde Lasten, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen. Werden Renten oder dauernde Lasten als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die Renten und dauernden Lasten sowie Abfindungen derselben sind nur insoweit abzugsfähig, als die Summe der verausgabten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung (§ 29 Z 1) übersteigt. Stellt eine aus Anlaß der Übertragung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils vereinbarte Rente oder dauernde Last keine angemessene Gegenleistung für die Übertragung dar, so sind die Renten oder dauernden Lasten nur dann abzugsfähig, wenn
- keine Betriebsausgaben vorliegen und
- keine derart unangemessen hohen Renten oder dauernden Lasten vorliegen, daß der Zusammenhang zwischen Übertragung und Vereinbarung einer Rente oder dauernden Last wirtschaftlich bedeutungslos und damit ein Abzug nach § 20 Abs. 1 Z 4 erster Satz ausgeschlossen ist.

Die im streitgegenständlichen Fall anfallenden Ausgaben der Beschwerdeführerin stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Mieteinnahmen, vielmehr haben diese ihre Ursache in den Verlassenschaftsverfahren nach ***Erblasser 1 und 2***. Diese Zahlungen werden nicht deshalb getätigt, weil sie durch die Einkunftsquelle veranlasst sind, sondern weil die Beschwerdeführerin in den Verlassenschaftsverfahren eine unbedingte Erbserklärung abgegeben, das Vermächtnis angenommen und sich dadurch zur Zahlung verpflichtet hat.
Diese Ansicht entspricht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Der VwGH sieht Aufwendungen, die durch die Erfüllung der Auflage anfallen, mit dem Erwerb von Todes wegen und daher mit der einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Sphäre im Zusammenhang stehen, wenn der Erblasser jemandem unter einer Auflage iSd § 709 ABGB mit Vermögen bedacht, den Erben oder Legatar also mit einer Auflage belastet. Dies Aufwendungen können daher nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen (, 2008/15/0143).

Dass es sich bei den ausbezahlten anteiligen Mieteinkünften um als letztwillige Einräumung von Fruchtgenussrechten handle, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, scheitert an der Definition des Fruchtgenusses durch die Rechtsprechung der Höchstgerichte: Einkünfte aus einem Fruchtgenuss iSd ABGB sind dem Fruchtgenussberechtigten als eigene Einkünfte zuzurechnen, wenn er auf die Einkünfteerzielung Einfluss nimmt, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet (; ); maßgeblich ist dabei die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge (). Von der Beschwerdeführerin wird diese Teilnahme der Schwestern am wirtschaftlichen Verkehr weder vorgebracht noch behauptet. Weder aus dem Legat noch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist die Teilnahme der Schwestern am wirtschaftlichen Verkehr oder die Einflussmöglichkeit der Schwestern auf die Einkünfteerzielung ableitbar. Ihnen kommt lediglich ein Forderungsrecht auf Herausgabe der Einkünfte gegenüber der Beschwerdeführerin zu.

Die von der Beschwerdeführerin an die Legatarinnen bezahlten Beträge erfüllen jedoch die Voraussetzungen von sonstigen dauernden Lasten, die als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 abziehbar sind.
Die Ausgaben erwachsen der Beschwerdeführerin aufgrund der letztwilligen Verfügung als besonderer Verpflichtungsgrund, wodurch die Bezahlung der Beträge durch die Legatarinnen gegenüber der Beschwerdeführerin rechtlich erzwingbar ist.
Die letztwilligen Verfügungen der Erblasser sehen eine Dauer der durch die Beschwerdeführerin zu erbringenden Leistung von 20 Jahren vor, wonach die von der Rechtsprechung überwiegend geforderte Mindestdauer von 10 Jahren für das Vorliegen einer dauernden Last bei weitem überschritten ist (; , 95/13/0023; , 2000/13/0188).
Auch wenn die Zeitdauer im gegenständlichen Fall im Gesamten auf 20 Jahre fixiert ist, was gegen die Ungewissheit der dauernden Last sprechen würde, ergeben sich durch den Leistungsinhalt, der von den zukünftigen Mieteinkünften abhängt, Risiken, die die Leistung im Ergebnis nicht bereits endgültig bestimmbar macht, weil sie von künftigen Ergebnissen und Ereignissen abhängig ist (; , 95/13/0023). Es ist ungewiss, in welcher Höhe sich die Liegenschaft über die Laufzeit der Verpflichtung der Beschwerdeführerin vermieten lässt. Der Leistungsinhalt ist somit einerseits umsatzabhängig, aber auch abhängig von der Höhe der in dieser Zeit anfallenden Kosten, welche die Beschwerdeführerin auf die Mieteinnahmen anrechnen darf. Das aleatorische Element einer dauernden Last liegt somit vor.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die von der Beschwerdeführerin ergänzend vorgebrachte Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist nicht gegeben, denn der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nach der Judikatur des VwGH nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; vielmehr ist die Behörde verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen ().
Darüber hinaus ist im Hinblick auf den grundsätzlichen Vorrang des Legalitätsprinzips Voraussetzung zur Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben ein Vollzugsspielraum (; , Ra 2021/15/0001), der bei Ermessensentscheidungen oder bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe von Bedeutung sein kann.
Weder § 16 noch § 18 EStG 1988 räumte der Behörde diesen von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung geforderten Vollzugsspielraum bei ihrer Entscheidung ein.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100522.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at