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VwGH vom 29.03.1993, 92/15/0052

VwGH vom 29.03.1993, 92/15/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des F in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/4-4258/90-06, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1984, 1987 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Folgender Sachverhalt ist unstrittig:

Der Beschwerdeführer bezog in den Streitjahren neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Finanzbeamter auch Einkünfte als Miteigentümer einer Liegenschaft in Linz. Er hatte auf Grund der letztwilligen Verfügung seines Vaters vom zusammen mit seinen Brüdern je zu gleichen Teilen die 5/8 Miteigentumsanteile seines Vaters an der genannten Liegenschaft geerbt. Die drei Erben hatte der letzte Wille des Erblassers mit Legatszahlungen von insgesamt S 1,3 Millionen, zahlbar in jeweils 100 Monatsraten von insgesamt jeweils S 13.000,-- an diverse Legatare belastet.

Strittig ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob diese Legatszahlungen (wie es der Beschwerdeführer anstrebt) als Sonderausgaben (allenfalls als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastung) anzuerkennen sind oder nicht.

Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung bestätigte die belangte Behörde (insoweit dies für den Beschwerdefall noch von Interesse ist) die von der Abgabenbehörde erster Instanz versagte Anerkennung der Legatszahlungen in der vom Beschwerdeführer angestrebten Richtung.

Rechtlich vertrat sie dazu im wesentlichen folgende Auffassung:

Es stehe bereits fest, daß die Legatszahlungen nicht als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen seien; da keine Rentenverbindlichkeit vorliege, sondern nur die ratenweise Abdeckung der Legatsverbindlichkeit, sei auch das Vorliegen einer dauernden Last zu verneinen und läge daher der Tatbestand von Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 nicht vor; schließlich fehle es an der für die Anerkennung der Zahlungen als außergewöhnliche Belastung erforderlichen Zwangsläufigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Anerkennung der Legatszahlungen als Sonderausgaben bzw. Werbungskosten bzw. (wie aus dem Beschwerdeinhalt entnehmbar) als außergewöhnliche Belastung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sonderausgaben sind im Gesetz taxativ aufgezählte Aufwendungen und Verrechnungsposten, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind (§ 18 Abs. 1 EStG 1972; Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I4 163), wozu gemäß Z. 1 der gerade zitierten Gesetzesstelle auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten zählen (sofern weitere Voraussetzungen gegeben sind, die hier aber keine Bedeutung haben).

Unter Renten versteht man regelmäßig wiederkehrende Leistungen auf Grund eines besonderen vermögenswerten Anspruchs, der als Rentenstammrecht bezeichnet wird. Das Wesen einer Rente liegt in ihrem aleatorischen Charakter, wodurch sie sich insbesondere von den Raten unterscheidet (vgl. z.B. Doralt-Ruppe aaO. 180 unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2722/76 ÖStZ 1978, 156; Hofstätter-Reichel,

Die Einkommensteuer-Kommentar Tz 6 zu § 16 EStG 1972 sowie Tz 2.1. zu § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.; Stoll, Rentenbesteuerung3 7 ff bzw. 25 und 26).

Davon, daß die hier streitgegenständlichen Legatszahlungen Renten i.S. des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 wären, kann bereits auf Grund des vollkommenen Fehlens aleatorischer Momente keine Rede sein, weil die Zahlungspflichten des Beschwerdeführers gegenüber den Legataren sowohl der Höhe nach, als auch hinsichtlich der Laufzeit der Zahlungspflicht eindeutig bestimmt sind und selbst im Falle des Ablebens eines der Legatare (nach dem Legatsanfall) nicht erlöschen, sondern gegenüber dem jeweiligen Universal- oder Singularsukzessor eines verstorbenen Legatars weiterbestehen (§ 684 Satz 1 ABGB; vgl. dazu Welser in Rummel, ABGB I2 Rz 1 zu § 684 ABGB und Rz 3 zu § 537 ABGB), und zwar solange, bis jeweils die letzte vom Erblasser verfügte Teilzahlung geleistet ist. Aus diesem Grund fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, die verfügten Legate als Rentenvermächtnisse i.S des § 687 ABGB zu qualifizieren. Es handelt sich dabei vielmehr um sogenannte Ratenvermächtnisse (vgl. dazu Weiß in Klang 2 III 618), bei denen die Aufteilung einer vom Erblasser in ihrem Gesamtumfang feststehenden Leistung auf mehrere Zeitabschnitte maßgeblich ist. Aus diesem Grund vermögen auch die vom Beschwerdeführer zitierten Literaturstellen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil diese schon nach dem Beschwerdevorbringen ausschließlich Fälle behandeln, in denen vom Vorliegen von Rentenverpflichtungen auszugehen ist.

Zu prüfen ist allerdings die Frage, ob die gegenständlichen Legatszahlungen allenfalls als sogenannte "dauernde Lasten" gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 anzusehen sind. Unter diesem Begriff versteht man solche Leistungen, die ein Steuerpflichtiger für längere Zeit einem anderen gegenüber in Gestalt von Geld- oder Sachleistungen auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung zu erbringen hat und die nicht mit bestimmten Einkünften zusammenhängen (vgl. z.B. Hofstätter-Reichel aaO. Tz 2.4 zu § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 u. a.). Da im vorliegenden Fall die Voraussetzung einer bestehenden rechtlichen Verpflichtung (auf Grund des jeweils bestehenden Legates) und eines bestimmten Forderungsberechtigten (in Gestalt des jeweils berechtigten Legatars) gegeben sind, stellt sich das Problem, ob einerseits die vom Erblasser verfügte Laufzeit der Zahlungsverpflichtung von jeweils 100 Monaten ausreicht, um von einer "längeren Dauer" sprechen zu können, und worin andererseits der Unterschied zwischen einer "dauernden Last" i.S. der zitierten Gesetzesstelle und einer bloßen Ratenverbindlichkeit gegeben ist.

Was den für die Annahme einer langen Dauer maßgeblichen Zeitraum anlangt, wird die Auffassung vertreten, es sei hiefür ein solcher von 10 Jahren "in der Regel erforderlich und ausreichend" (Hofstätter-Reichel aaO. Tz 2.4 zu § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972), bzw. wird eine "Mindestdauer von 10 Jahren" verlangt (Stoll aaO. 18 mit Nachweisen aus der Judikatur des BFH in FN 58). Bereits diesem Kriterium wird die hier zu beurteilende Zahlungsverpflichtung daher nicht unbedingt gerecht, weil dafür ein Leistungszeitraum von 120 Monaten erforderlich wäre.

Dazu kommt, was hier von ausschlaggebender Bedeutung ist, daß eine bloße Ratenverbindlichkeit vorliegt. Zu beachten ist nämlich, daß der Wortlaut des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 "Renten und dauernde Lasten" mit Stoll (aaO. 14) so zu interpretieren ist, daß unter den letzteren neben den ersteren alle "sonstigen" dauernden Lasten zu verstehen sind und daß es sich somit bei den dauernden Lasten um einen Oberbegriff handelt, welcher mit den Renten als einem seiner Unterfälle das Merkmal eines gewissen Unsicherheitsmomentes gemeinsam hat. Auch für die neben den Renten vom Gesetz als Sonderausgaben anerkannten "sonstigen dauernden Lasten" ist daher erforderlich, daß sie "rentenähnlich" sind (Stoll aaO. 14). Dies ist der Fall, wenn die Zeitbegrenzung der zu erbringenden Leistung mit Hilfe von unbestimmten Ereignissen umschrieben wird (Stoll aaO. 15). Auch für "sonstige dauernde Lasten" ist daher das entscheidende Gewicht auf das Vorhandensein einer aleatorischen Komponente zu legen (Stoll aaO. 21).

Da den beschwerdegegenständlichen Legatszahlungen jegliches Unsicherheitsmoment fehlt, handelt es sich (wie oben im Rahmen der Abgrenzung zum Rentenvermächtnis des § 687 ABGB bereits betont) um bloße Ratenvermächtnisse und bei den einzelnen Vermächtnisteilzahlungen daher um Ratenzahlungen, welche nicht anders zu behandeln sind, als die von Stoll (aaO. 23 letzter Absatz und 24) als Beispiel genannten Kaufpreisraten (vgl. dazu auch das von Stoll aaO. in FN 80 referierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2722/76 ÖStZ 1978, 15).

Daraus folgt, daß die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum die Berücksichtigung der in Rede stehenden Legatszahlungen als Sonderausgaben i.S. des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 verneint hat.

Da - wie sich aus dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/14/0176, welches ebenfalls die jetzt wieder beschwerdegegenständlichen Legatszahlungen betraf, ergibt - die an die Legatare geleisteten Beträge keine Werbungskosten darstellen (zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das gerade zitierte hg. Erkenntnis verwiesen) und weil schließlich nach der hg. Judikatur dem Antritt einer Erbschaft aus freien Stücken das Moment der Zwangsläufigkeit fehlt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/15/0048 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur), weshalb auch eine Berücksichtigung der Legatserfüllung als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1972 ausscheidet, erweist sich der angefochtene Bescheid insgesamt als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Da der Beschwerdeführer die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht weiter ausführt und eine solche Rechtswidrigkeit aus den Verwaltungsakten nicht zu ersehen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.