Sonstige Leistung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Theiss Puchinger Steuerberatungs und Wirtschaftsprüfungs GmbH, Brucknerstraße 8 Tür 9, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2023, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am hat die Beschwerdeführerin (kurz: Bf), als Käuferin, mit der W-GmbH (kurz: W-GmbH), als Verkäuferin, einen Kaufvertrag mit auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut abgeschlossen:
" I. PRÄAMBEL
Auf den Grundstücken Nummer 301/2, KG-S (kurz: KG-S), im Alleineigentum der verkaufenden Partei, und 301/1, KG-S, im Alleineigentum der kaufenden Partei, ist ein Gebäude errichtet, durch welches eine Grundstücksgrenze verläuft. Vormals wurde eine Grundstückteilung vorgenommen und hinsichtlich dieses Gebäudes sohin ein baukonsensloser Zustand hergestellt, da im Bereich der neuen (und dadurch überbauten) Grundstücksgrenze keine Brandschutzwände errichtet worden sind.
II. KAUFGEGENSTAND
(1) Die verkaufende Partei ist grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaften EZ-1 und EZ-2, beide KG-S. Dem Gutsbestand sind die Grundstücke Nummer301/2, inneliegend EZ-1 und Nummer 302, inneliegend EZ-2, beide KG-S im Ausmaß von 3127m2 und 5254m2 vorgetragen.
(2) Mit Vermessungsurkunde und Teilungsplan des Vermessungsbüro DI-JK, GZ: 6711-22, werden die vorgenannten Grundstücke Nummer 301/2 und Nummer 302 laut Plan geteilt/hinzugeschlagen. Den Auftrag zur Errichtung der Vermessungsurkunde und des Teilungsplanes hat die verkaufende Partei erteilt. Die Kosten für den errichteten Teilungsplan und dessen grundbücherliche Durchführung trägt die verkaufende Partei.
Es werden unter Zugrundelegung der Vermessungsurkunde folgende Trennstücke geschaffen: Trennstück 1, im Ausmaß von 5254m2 und Trennstück 2, im Ausmaß von 457m2. Das Trennstück 1 des Grundstückes Nummer 302, EZ-2, wird zum Grundstück Nummer 301/2, EZ-1, beide KG-S, hinzugeschlagen und verbleibt im Eigentum der verkaufenden Partei. Das Grundstück Nummer 302 wird gelöscht.
Das Trennstück 2 im Ausmaß von 457m2 wird von Grundstück Nummer 301/2, EZ-1, KG-S, abgetrennt und bildet den Kaufgegenstand/Vertragsgegenstand. Dieses Trennstück wird laut der Vermessungsurkunde abgetrennt und dem Grundstück Nummer 301/1, EZ-3, KG-S, der Käuferin hinzugeschlagen.
……………….
III. KAUFVEREINBARUNG
Die verkaufende Partei verkauft und übergibt hiermit an die Käuferin und diese kauft und übernimmt hiermit von der verkaufenden Partei den im Vertragspunkt II. näher bezeichneten Vertragsgegenstand (Trennstück 2, im Ausmaß von 457m2) mit allem rechtlichen und faktischen Zubehör (einschließlich aller Bauwerke und Gebäude) und mit alten Rechten, Pflichten und Befugnissen, mit welchen die verkaufende Partei diesen bisher besessen und benützt hat oder dazu berechtigt ist/war. Die kaufende Partei hat den Kaufgegenstand besichtigt und wird diesen wie besichtigt übernehmen.
IV. KAUFPREIS/ KAUFPREISZAHLUNG
(1) Als Kaufpreis wurde ein Betrag von EUR 113,86 pro m2 vereinbart. Verkauft werden 457m2 und errechnet sich sohin für den Vertragsgegenstand ein Kaufpreis von
EUR 52.034,02
(in Worten ………………).
Festgehalten wird, dass die Vertragsparteien den vorstehend angeführten Kaufpreis als angemessen halten, weshalb die Anfechtung - aus welchem Rechtsgrund auch immer - nicht in Betracht kommt
Auf Grund der in gegenständlichem Teilungsplan DI-JK vom , GZ 6711-22, geplanten Grundstückszusammenlegung (das dargestellte Trennstück Nr. 2 mit 457m2 [Vertragsgegenstand] wird dem Grundstück Nummer 301/1 zugeschlagen) wird eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben werden. Diese ist nicht im Kaufpreis enthalten.
……………"
Im Zuge einer vom Finanzamt bei der Vertragserrichterin durchgeführten Überprüfung der Selbstberechnung wurde festgestellt, dass die Selbstberechnung nur vom Kaufpreis ohne Berücksichtigung der im Vertrag erwähnten Ergänzungsabgabe erfolgte.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Ergänzungsabgabe als Gegenleistung (sonstige Leistung) anzusehen sei und setzte gemäß § 201 BAO die Grunderwerbsteuer entsprechend fest (angefochtener Bescheid) und begründete dies in einem gesonderten Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt:
" Mit Kaufvertrag vom kaufte Frau …………….. (die Bf) das Trennstück 2 im Ausmaß von 457m2, welches vom Grundstück 301/2, EZ-1 KG-S abgetrennt wurde und dem Grundstück 301/1 hinzugeschlagen wurde.
Laut Punkt III. des Vertrages wird ein Kaufpreis von 113,86€/m2, somit € 52.034,02 vereinbart. Die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgte vom Kaufpreis.
Weiters jedoch, verpflichtet sich die Käuferin in Punkt IV. (1) und (6) des Kaufvertrages die Ergänzungsabgabe bzw. die Aufschließungskosten zu tragen, welche nicht im Kaufpreis enthalten sind.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Gegenleistung im Sinne dieser Bestimmung die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält; ist jede nur denkbare Leistung, die vom Käufer für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird oder, mit anderen Worten, alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Verkäufers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer; dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder auch "inneren" Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Bei der Beurteilung dieses Zusammenhanges ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen (§ 21 Abs. 1 BAO; vgl. , und dort zitierte Judikatur).
Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht wurde (vgl. -I/08).
Im gegenständlichen Fall liegt ein innerer Zusammenhang zwischen der Bezahlung der Ergänzungsabgabe und dem Erwerb des Grundstückes vor.
Dies wird deutlich, durch die Tatsache, dass die Übergabe des Grundstückes im Zusammenhang mit der geplanten Grundstückszusammenlegung ohne Bezahlung einer Ergänzungsabgabe nicht möglich gewesen wäre.
Somit war der einheitliche Vertragswille auf den Erwerb eines Grundstückes, welches dem Grundstück 301/1 zugeschlagen werden soll, gerichtet und der Erwerb im alleinigen Zustand faktisch gar nicht möglich oder undenkbar gewesen.
Daher ist die Ergänzungsabgabe in Höhe von € 4.029,49, welche mit Bescheid vom von der Marktgemeinde an die Käufer vorgeschrieben wurden, als sonstige Leistung grunderwerbsteuerpflichtig. Die Bekanntgabe der Höhe erfolgte per E-Mail am von der Rechtsanwaltskanzlei …………………. "
Innerhalb offener Frist wurde dagegen Beschwerde erhoben, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, der Antrag gestellt, die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung an das Verwaltungsgericht vorzulegen und ein Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt. Zu den Beschwerdegründen wurde ausgeführt:
" Die Behörde stützt sich bei der Frage der Höhe der Gegenleistung auf . Darin wird ausgeführt:
"Gegenleistung ist die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, daß er das Grundstück erhält; ist jede nur denkbare Leistung, die vom Käufer für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird; oder, mit anderen Worten, alles, was der Käufer einsetzen muß, um das Grundstück zu erhalten. Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Verkäufers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage, dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem UNMITTELBAREN Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder, wie auch gesagt wurde "inneren" Zusammenhang mit der Erwerbung des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Bei der Beurteilung dieses Zusammenhanges ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen. Leistungen, die der Erwerber dem Veräußerer erbringt, um aus der zu erwerbenden Sache eine für ihn MÖGLICHST VORTEILHAFTE NUTZUNG zu erzielen, gehören zur Gegenleistung; der Begriff der Gegenleistung im Sinne des GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht."
Streitgegenständlich ist, ob die Ergänzungsabgabe, die die Marktgemeinde G mit Bescheid vom in Höhe von EUR 4.029,49 vorgeschrieben hat, als Gegenleistung iSd GrEStG gilt.
Anders als von der Behörde erwähnt, ist im Kaufvertrag nicht erwähnt, dass sich die Erwerberin dazu verpflichtet die Ergänzungsabgabe zu tragen. Es ist lediglich angeführt, dass aufgrund der geplanten Grundstückszusammenlegung eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben wird. Weiters ist erwähnt, dass die kaufende Partei die künftig zur Vorschreibung zu gelangende Ergänzungsabgabe zu bezahlen hat. Eine Gegenleistung ist hieraus jedoch nicht abzuleiten. Dies aus folgenden Gründen:
Im oa Bescheid der Marktgemeinde G. ist in der Begründung ausgeführt: Die Gemeinde ist gesetzlich verpflichtet, bei Vergrößerungen von Bauplätzen, sei es deren Anzahl oder das Gesamtausmaß der Gesamtgrundfläche, eine Ergänzungsabgabe zu den bereits nach der Höhe bestimmten Aufschließungsabgaben vorzuschreiben. Daraus folgt, dass lediglich die Vergrößerung der Bauparzelle von Frau ……….. (die Bf) durch die Zusammenlegung der beiden Teilflächen eine Ergänzungsabgabe auslöste. Die Ergänzungsabgabe wird für die neue Gesamtfläche berechnet und nicht für die nur erworbene Liegenschaft (Berechnung siehe den vorliegenden Bescheid).
Das Finanzamt schreibt in der Begründung, dass jede Aufwendung als Gegenleistung zu werten ist, um das Grundstück zu erlangen. Hierzu vergisst aber die Behörde, dass immer auch der Verkäufer iZm der Gegenleistung in Bezug zu setzen ist. Unrichtig ist daher, dass das Grundstück nicht erwerben worden hätte werden können, wenn Frau …….. (die Bf) die Ergänzungsabgabe nicht bezahlt hätte. Frau …….. (die Bf) wurde weit vor der Festsetzung der Ergänzungsabgabe (für ein Gesamtgrundstück) bereits Eigentümerin der Liegenschaft. Außerdem hat sie sich nicht zur Übernahme einer Schuld verpflichtet, wie das Finanzamt vermutet, sondern die Ergänzungsabgabe kam nur aufgrund des Umstandes der von Frau …….. (die Bf) gewünschten Zusammenlegung der Liegenschaft zum Tragen. Die Verkäuferin hätte auch die Liegenschaft auch ohne Zusammenlegung der Flächen verkauft. Das ergeben auch die bisherigen Gespräche und Verhandlungen mit der Verkäuferin. Rein aus organisatorischen und Vereinfachungsgründen wurde dann die Zusammenlegung im Rahmen der Vertragsverhandlungen umgesetzt. Frau …….. (die Bf) hätte die Zusammenlegung der Teilflächen auch später durchführen können. Eine Gegenleistung gegenüber der Verkäuferin (wie aus dem oa VwGH-Erkenntnis durchaus hervor geht, liegt nicht vor.
Die Gegenleistung muss daher in einem kausalen, inneren Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks stehen. Nur jene Leistung ist eine Gegenleistung, die dem Veräußerer zugutekommt oder doch wenigstens seine rechtliche oder wirtschaftliche Stellung zu seinen Gunsten beeinflusst ( und , 98/16/0349; Schaffer/Siller in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG § 5 Rz 12). Diesen Umstand hat die Behörde vollkommen außer Betracht gelassen. Die Behörde hat nicht dargelegt, wie die Ergänzungsabgabe von Frau …….. (die Bf) der Verkäuferin zugute hätte kommen können. Die Ergänzungsabgabe wurde Frau …….. (die Bf) für die Zusammenlegung des Grundstücks vorgeschrieben. Die Verkäuferin hat durch die Zahlung des genannten Betrages keinen Vorteil.
Weiters wird eine Gegenleistung nur dann zu unterstellen sein, wenn die Verpflichtung des Erwerbers zu dem Übergang des Grundstücks in einer solchen Wechselbeziehung steht, dass der Veräußerer ohne die Zahlungsverpflichtung des Erwerbers das Grundstück nicht veräußert hätte und sich der Erwerber nur unter der Voraussetzung des Kaufabschlusses zur Zahlung verpflichtet hat (Schaffer/Siller, GrEStG § 5 Rz 17). Wie sich eindeutig zeigt, war der Kauf bereits Jahre später abgeschlossen, auf die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe kam es nicht an. "
Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde samt den Teilen des Verwaltungsaktes laut Aktenverzeichnis fristgerecht (siehe § 262 Abs. 2 lit. b) BAO) an das Bundesfinanzgericht vor.
Mit Fax vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Partner des gegenständlichen Kaufvertrages (Teilungspartner) waren Alleineigentümer von Nachbargrundstücken, auf denen ein Gebäude errichtet war, durch welches eine Grundstückgrenze verlief (siehe Präambel).
Gemäß des Teilungsplanes des Geometers vom sollten zwei Trennstücke geschaffen werden (siehe Kaufvertrag):
Das Trennstück 1 im Ausmaß von 5.254 m² soll im Alleineigentum der Verkäuferin (die W-GmbH) verbleiben und dem Grundstück 301/2 hinzugeschlagen werden.
Das Trennstück 2 im Ausmaß von 457 m² soll vom Grundstück 301/2 abgetrennt und dem der Bf gehörigen Grundstück 301/1 hinzugeschlagen werden.
Am haben die Teilungspartner bei der Baubehörde gemäß § 10 NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. Nr. 1/2015 entsprechend dem Teilungsplan das Ansuchen gestellt, die Grundstücksgrenzen des jeweiligen Bauplatzes zu ändern und somit zu vergrößern. Die Änderung der Grundstücksgrenzen wurde mit Bescheid vom , AZ TEIL-11-2022, bewilligt (siehe Bescheide betreffend Ergänzungsabgabe der Marktgemeinde G).
Mit Bescheid vom hat die Marktgemeinde der W-GmbH eine Ergänzungsabgabe in Höhe von € 13.140,70 für das ihr gehörige Grundstück 301/2 vorgeschrieben.
In Umsetzung des vereinbarten und bewilligten Teilungsplanes wurde der beschwerdegegenständliche Kaufvertrag vom abgeschlossen. Die Bf erwarb das Trennstück 2 um einen Kaufpreis von € 113,86 m² pro m². Verkauft wurden 457 m², sodass sich ein Kaufpreis von € 52.034,02 für den Kaufgegenstand errechnete (siehe VP. IV. 1. Absatz des Kaufvertrages).
Der Vertrag enthält ferner den Hinweis, dass aufgrund der geplanten Zuschreibung des Trennstückes 2 eine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben wird, welche nicht im Kaufpreis enthalten ist (siehe VP. IV. 3. Absatz des Kaufvertrages).
Mit Bescheid vom wurde der Bf - als Liegenschaftseigentümerin - von der Marktgemeinde eine Ergänzungsabgabe in Höhe von € 4.029,49 für ihr nunmehr größeres (Bau-)Grundstück 301/1 vorgeschrieben.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Feststellungen sind unstrittig und ergeben sich aus dem Kaufvertrag und den vorliegenden Bescheiden betreffend Ergänzungsabgabe der Marktgemeinde G.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Einziger Streitpunkt ist, ob die der Bf vorgeschriebene Ergänzungsabgabe in Höhe von € 4.029,49 als Gegenleistung für den Erwerb des Kaufgegenstandes anzusehen ist.
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens aber vom Grundstückswert zu berechnen.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Er ist vielmehr im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu zahlen ist (vgl. , mwN; vgl. Erkenntnis des , Rz 12).
Als Gegenleistung iSd § 5 Abs 1 und 2 GrEStG gilt eine Leistung nur dann, wenn sie in kausalem, "innerem" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks steht (; , 2002/16/0292, 0293 uam). Die Leistung muss mit dem Erwerb des Grundstücks in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, wobei bei Beurteilung dieses Zusammenhanges vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen ist. Die Verpflichtung des Erwerbers ist dann als Gegenleistung anzusehen, wenn sie zum Übergang des Grundstücks in einer solchen Wechselbeziehung steht, dass der Veräußerer ohne die Zahlungsverpflichtung des Erwerbers das Grundstück nicht veräußert hätte und sich der Erwerber nur unter der Voraussetzung des Kaufabschlusses zur Zahlung verpflichtet hat (BFH , II 250/58 BStBl 1960/314). Das Erfordernis des inneren Zusammenhanges mit dem Erwerbsvorgang muss auch für Leistungen iSd Abs 3 gelten. Insofern orientiert sich der Gegenleistungsbegriff am wirtschaftlichen Erfolg eines verwirklichten Sachverhaltes (§ 21 BAO; vgl. Ressler/Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 5 Tz 5).
Aufschließungskosten, (Kosten der Abtragung einer Hausruine, der Einebnung, usw) sind nur dann als Teil der Gegenleistung anzusehen, wenn im Zeitpunkte des Erwerbsvorganges für den Verkäufer bereits die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Kosten besteht (; , Ro 2014/16/0006). Ist dies nicht der Fall, so werden solche Kosten nicht schon wegen ihrer Erwähnung im Kaufvertrag zur Gegenleistung (BFH , II 112/64 BStBl II/690; , II R 16/68 BStBl II 1969/90). Im Übrigen gilt der iZm der Bauherrenproblematik aufgezeigte Beurteilungsmaßstab (vgl § 5 Rz 76 ff; ; vgl. Ressler/Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 5 Tz 144).
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ergibt sich für den konkreten Beschwerdefall Folgendes:
Gemäß § 10 Abs. 1 1. Satz NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. Nr. 1/2015 bedürfen Änderungen von Grundstücksgrenzen vor ihrer Durchführung im Grundbuch einer Bewilligung der Baubehörde.
Nach § 38 Abs. 1 leg cit ist dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn zB ein Grundstück zum Bauplatz erklärt wird.
Gemäß § 39 Abs. 1 1. Satz leg cit ist bei Änderung der Grenzen von Bauplätzen dem Eigentümer für jeden der neugeformten Bauplätze eine Ergänzungsabgabe vorzuschreiben, wenn das Gesamtausmaß oder die Anzahl der Bauplätze vergrößert wird.
Im konkreten Fall hatte die Verkäuferin - als Liegenschaftseigentümerin - für ihren durch den Teilungsplan vergrößerten Bauplatz eine Ergänzungsabgabe in Höhe von € 13.140,70 zu leisten.
Nach dem Erwerb des Trennstückes 2 wurde der Bf - als nunmehrige Liegenschaftseigentümerin - für die Vergrößerung ihres Bauplatzes eine Ergänzungsabgabe in Höhe von € 4.029,49 vorgeschrieben.
Die Ergänzungsabgabe ist vom jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zu entrichten.
Aus den beiden Bescheiden der zuständigen Gemeinde geht zweifelsfrei hervor, dass jeder der Teilungspartner 'seine' Ergänzungsabgabe selbst zu tragen hatte.
Die Bf übernahm daher auch keine Verpflichtung der Verkäuferin.
Die von der Bf nach Abschluss des Kaufvertrages zu entrichtende Ergänzungsabgabe ist keine Leistung 'für' den Erwerb, sondern eine landesabgabenrechtliche 'Folge' aus der durch die Teilung bewirkten Vergrößerung des Baugrundstückes.
Eine finale Verknüpfung mit dem Liegenschaftserwerb ist daher nicht anzunehmen. Ist dies nicht der Fall, so werden solche Kosten nicht schon wegen ihrer Erwähnung im Kaufvertrag zur Gegenleistung.
Die Erwähnung der Ergänzungsabgabe im Kaufvertrag ist wohl als Klarstellung oder Hinweis zu verstehen, dass die Abgabe nicht Teil des Kaufpreises und von der Bf zu tragen ist.
§ 201 Abs. 1 BAO hat folgenden Wortlaut:
" (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist."
Die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgte vom Kaufpreis in Höhe von € 52.034,02.
Diese Selbstberechnung entspricht der Rechtslage, weshalb der Bescheid gemäß § 201 BAO aufzuheben war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.
Im Revisionsfall liegt somit bereits aus diesem Grund eine klare bzw. geklärte Rechtslage vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102774.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at