Nachweise für Steuerbefreiung von Ausfuhrlieferung und ig. Lieferung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2018 und 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach mündlicher Verhandlung am zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2018 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2019 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die ***Bf1*** (beschwerdeführende Partei, bfP) gab für den Zeitraum 01-03/2019 keine Umsatzsteuervoranmeldungen (UVA) ab. Mit Bescheid vom setzte die belangte die Behörde die Umsatzsteuer (USt) für diesen Zeitraum im Schätzungswege (§ 184 BAO) mit € 5.600 fest.
Am übermittelte die bfP im Postwege UVA für die Monate 1-8/2019.
Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die belangte Behörde (FA) um Vorlage einer Auflistung der beantragten Vorsteuerbeträge für 2/2019 (ggf. Kopie des Vorsteuerjournales), Kopien jener Rechnungen, welche € 1.000 Vorsteuer übersteigen vorzulegen sowie um eine Aufstellung der Ausgangsrechnungen für 2-3/2019 samt Anschluss von Kopien der fünf größten Rechnungen
Mit Bescheiden vom wurde das Verfahren hinsichtlich der USt 1-3/2019 wiederaufgenommen und die Umsatzsteuer entsprechend den nunmehr vorliegenden UVA 1-3/2019 festgesetzt.
Am reichte die bfP die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2018 ein. Mit Bescheid vom wurde die USt 2018 mit einer Gutschrift von € 12.465,39 veranlagt.
Mit Ergänzungsersuchen vom wurde die bfP ersucht, die übrigen steuerfreien Umsätze laut UVA (KZ 020) des Jahres 2019 sowie für das Jahr 2018 die innergemeinschaftlichen Lieferungen (igL) (KZ 017), Ausfuhrlieferungen (KZ 011) und Vorsteuern (KZ 060) durch Vorlage diesbezüglicher Konten und Belege mit einem Betrag höher als € 1.000 nachzuweisen.
Die bfP übermittelte am Kopien der Kontoblätter Erlöse von Drittstaaten und Erlöse aus ig.L sowie die dazugehörenden Rechnungskopien.
Am richtete das FA ein weiteres Ergänzungsersuchen an die BfP mit folgendem Inhalt:
Vorsteuernachweis: Vorsteuerkonto und Eingangsrechnungen> 500,- inklusive Zahlungsbeleg
Ausfuhrlieferungen: Ausfuhrbestätigungen und Zahlungsbestätigung
Innergemeinschaftliche Lieferung: für 2018 wurde keine "Zusammenfassende Meldung" abgegeben.
2019 wurden unter der KZ 020 übrige stfr. Umsätze ohne VSt-Abzug eingetragen >im Zuge der Vorhaltsbeantwortung> Handelt es sich dabei um Lieferungen in die Türkei? Sind dafür Ausfuhrbestätigung notwendig?
Mit Schreiben vom führte die bfP wörtlich aus:
Die angeforderten Zusammenfassenden Meldungen für 2018 sind für die betreffenden Monate eingebracht. Für 2019 waren keine Zusammenfassenden Meldungen nötig, weil es keine innergemeinschaftlichen Lieferungen gab.
Die unter KZ 020 für 2019 gemeldeten Umsätze betrafen Lieferungen in die Türkei. Die dazugehörenden Belegkopien und Ausfuhrnachweise liegen bei.
Die Bezahlung der Ausfuhrrechnungen erfolgte bar.
Dem Schreiben lag ein Konvolut von Unterlagen bei (Kopie Konto Vorsteuern, Konto ***4***, Eingangsrechnungen des Logistikunternehmens ***1*** GmbH samt einer Zahlungsbestätigung, Eingangsrechnungen der ***4***, sowie einige Ausgangsrechnungen an eine türkische Rechnungsadresse).
Die USt Jahreserklärung 2019 wurde am eingereicht und vom FA mit Bescheid vom mit einer Zahllast von 15.401,45 € festgesetzt. Die Bescheidbegründung lautete wörtlich:
Betreffend der Ausfuhrlieferungen wurde lediglich eine Ausfuhrbestätigung vom übermittelt. Auf dem Konto-Report Erlöse Drittstaaten ist mit 30.04. eine Ausgangsrechnung in der Höhe von € 3.600, - gebucht wurden. Die Ausfuhrlieferungen konnten daher nur in dieser Höhe berücksichtigt werden, da ansonsten keine Ausfuhrnachweise übermittelt werden konnten und die Steuerbefreiung gem. § 6 Abs. 1 Z. 1 UStG iVm § 7 somit nicht anzuerkennen ist.
Die Vorsteuernachweise (für die Rechnungen größer als 500,-) wurden nicht nachgereicht. Der Vorsteuerabzug (§ 12 UStG 94) setzt u.a. das Vorhandensein von Rechnungen voraus, die den Bestimmungen des § 11 UStG 94 entsprechen. Bzgl. der Rechnung von der ***4***" GmbH vom wird drauf hingewiesen, dass die Vorsteuer daraus bereits 2018 geltend gemacht wurde. In der Rechnung findet sich dieselbe Leistungsbeschreibung (gleiche Ausgabe, selbe Platzierung) mit den gleichen Beträgen wie auch in der Rechnung vom . Es werden daher nur Vorsteuern in der Höhe von € 188,71 berücksichtigt
Ebenfalls mit Bescheiden vom wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die USt 2018 verfügt und die USt 2018 mit einer Gutschrift von -4.358,62 € (anstatt ursprünglich -12.465,39 €) festgesetzt. Begründend führt das FA aus:
Die Wiederaufnahme gem. § 303 (1) BA0 für 2018 erfolgte auf Grund der Vorhaltsbeantwortungen und der erneuten Abgabe der U-Erklärung 2018 am .nnt:
Die Ausfuhrnachweise und Zahlungsbestätigungen wurden trotz schriftlicher Aufforderung vom nicht nachgereicht die Steuerbefreiung gem. § 6 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 7 (Ausfuhrlieferungen KZ 011) wurde daher nicht anerkannt.
Die innergemeinschaftlichen Lieferungen wurden lt. Abfrage des Mehrwertsteuer-informationsaustauschsystems lediglich in einer Höhe von € 4.680,- gemeldet. Bzgl. der geltend gemachten Vorsteuer in der KZ 060 in der Höhe von € 12.725,39 wurde ein Vorsteuerjournal übermittelt. Die Vorsteuer lt. Journal beträgt jedoch € 12.465,39.
Gegen die Umsatzsteuerbescheide 2018 und 2019 erhob die bfP am und verwies auf die mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen.
Im Zuge des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens richtete das FA folgendes Ergänzungsersuchen an die bfP:
Im Rahmen der eingebrachten Beschwerde wurden mehrere Rechnungen an einen Empfänger in der Türkei vorgelegt. Die Rechnungen entsprechen jedoch nicht den Bestimmungen des § 11 UStG.
- Es geht nicht eindeutig hervor, um welche Leistung oder Lieferung es sich hierbei handelt.
- Es findet sich keine UID-Nummer des Rechnungsempfängers
- Fehlen eines Lieferdatums bzw. Angaben über den Transport
- Hinweis auf die steuerfreie Ausfuhrlieferung
Bei den vorgelegten Versandbestätigungen der Post findet sich keine Länderabrechnung mit der Türkei sondern zum Großteil EU-Länder. Weiters ist auch bei den übermittelten Rechnungen der ***3*** keine Ausfuhr in die Türkei ersichtlich. In den dazugehörigen Beilagen findet sich nur ein Punkt mit "non EU" in der Höhe von € 14,-. Ansonsten wird nur Deutschland und Österreich mit Tarifzone 1 aufgelistet. Es wird Ihnen erneut die Möglichkeit gegeben die fehlenden Ausfuhrnachweise und Zollbestätigungen zu übermitteln.
Mit Schreiben vom beantwortete die bfP. das Ergänzungsersuchen und teilte mit, dass die gelieferten Waren Barfußschuhe wären und die Lieferungen an den Kunden ***2*** erfolgt wären. Dieser Kunde verfüge über keine UID Nummer. Dem Schreiben waren der Vertrag zwischen der bfP. und dem Kunden ***2*** sowie die Transportbedingungen der deutschen Post beigefügt.
Mit Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom wies das FA die Beschwerde betreffend 2018 ab und begründete:
In der eingebrachten Beschwerde und der Beantwortung des Ergänzungsersuchens wurden erneut keine Nachweise über die Ausfuhr von Lieferungen übermittelt. Wie auch schon im Ergänzungsersuchen vom angeführt, finden sich in den einzelnen Versandbestätigungen der deutschen Post keine Länderabrechnungen mit der Türkei. So wurde lediglich ein Angebot der deutschen Post und ein Vertrag mit ***2*** vorgelegt. In den einzelnen Rechnungen finden sich keine Angaben zum Lieferdatum bzw. Angaben über den Transport. Aufgrund der fehlenden Ausfuhrnachweise wird der Umsatz als steuerpflichtig behandelt. Wie auch schon in der Bescheidbegründung des Umsatzsteuerbescheides angeführt, werden innergemeinschaftliche Liegerungen lt. der eingereichten Zusammen fassenden Meldung berücksichtigt.
Hinsichtlich USt 2019 gab das FA mit BVE vom teilweise statt und begründete:
In der eingebrachten Beschwerde und der Beantwortung des Ergänzungsersuchens wurden erneut keine Nachweise über die Ausfuhr von Lieferungen übermittelt. Wie auch schon im Ergänzungsersuchen vom angeführt, finden sich in den einzelnen Versandbestätigungen der deutschen Post keine Länderabrechnungen mit der Türkei. So wurde lediglich ein Angebot der deutschen Post und ein Vertrag mit ***2*** vorgelegt. In den einzelnen Rechnungen finden sich keine Angaben zum Lieferdatum bzw. Angaben über den Transport. Aufgrund der fehlenden Ausfuhrnachweise wird der Umsatz als steuerpflichtig behandelt.
Die Vorsteuer wurde auf Basis der vorliegenden Rechnungen der ***1*** GmbH aus dem Jahr 2019 berücksichtigt
Mit Vorlageantrag vom begehrte die bfP die Vorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG) und führt begründend aus, dass die Daten der Deutschen Post und der GLS nach einiger Zeit gelöscht würden, weshalb keine Möglichkeit bestünde, die einzelnen Zustellnachweise nachzuverfolgen. Mit dem Kunden ***2*** sei die Zustellung an ein mail-Terminal (Deutsche Post AG, IPZ Frankfurt/Main, Mailterminal (3. OG, Landesmeisterbüro Westseite) Flughafen Geb. 190, DE-60549 Frankfurt /the Logistic Partner's warehouse in Germany) bzw. an das Amazon Fulfillment Center, Kaltbandstraße 4, DE-44145 Dortmund vereinbart gewesen.
Der Kunde habe die erworbenen Waren unter anderem auch über amazon.com.tr verkauft und habe die günstigen Versandmöglichkeiten von Amazon weltweit Transport genutzt, worüber die bfP aber keine Nachweise erbringen könne.
Zur mündlichen Verhandlung am erschient die bfP trotz ordnungsgemäß am an die Zustellbevollmächtigte Sera Trust GmbH zugestellte Ladung vom nicht.
Das FA erstattete in der Verhandlung kein neues Vorbringen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die ***Bf1*** handelt mit Barfußschuhen und verkaufte in den Jahren 2018 und 2019 regelmäßig Waren an die ***2*** (***2***). Die ***2*** verfügt über keine UID Nummer bzw. wurde der bfP. keine UID Nummer bekannt gegeben. Der Sitz der ***2*** befindet sich laut Ausgangsrechnungen der bfP. in der Türkei. Die Rechnungen wurden bar bezahlt.
Die verkauften Waren wurden lt. den Ausführungen der ***Bf1*** an Lagereinrichtungen in Deutschland verbracht, nämlich ein Mail-Terminal der Deutschen Post AG, am Flughafen Frankfurt bzw. an das Amazon Fulfillment Center, Kaltbandstraße 4, DE-44145 Dortmund. Transportnachweise zu diesen Vorgängen konnte die bfP. ebensowenig vorlegen wie Ausfuhrnachweise ins Drittland.
Eine Aufnahme des Liefervorganges an die ***2*** in Zusammenfassende Meldungen der bfP. erfolgte nicht. Die Ausgangsrechnungen tragen weder einen Hinweis auf die Steuerbefreiung noch wird eine UID-Nummer des Leistungsempfängers angeführt.
Es ist in keiner Weise nachvollziehbar ob die Waren Österreich oder das Gemeinschaftsgebiet jemals verlassen haben.
Die Vorsteuern im Ausmaß von 12.465,39 € € für 2018 und von 681,58 € für 2019 wurden dem FA über dessen Verlangen belegmäßig nachgewiesen und sind nicht zu beanstanden.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und den vorgelegten Unterlagen. Das Vorbringen der bfP beschränkt sich auf bloße Behauptungen und ist durch keine Belege oder eindeutige Unterlagen gestützt. Transportnachweise für den erfolgten Transport ins Drittland oder in einen anderen Mitgliedstaat konnten nicht erbracht werden. Die vorgelegten Unterlagen - die Transportbedingungen der deutschen Post und Rechnungen über Paketversand, Vertrag mit ***2*** - sind als Transportnachweis nicht geeignet. Der angebliche Transport in das Amazon Fulfillment Center wurde nicht einmal ansatzweise durch Unterlagen belegt.
Die vorgelegten Rechnungen der Firma ***3*** bzw. der Deutschen Post über erfolgten Paketversand lässt nicht erkennen an welche Anschriften oder welche Empfänger die Sendungen versendet wurden.
Das Vorbringen der bfP ist nicht geeignet einen Transportnachweis ins Drittland bzw. einen anderen Mitgliedstaat nachzuweisen.
Die behauptete und im internationalen Geschäftsverkehr unübliche Barzahlung der an ***2*** getätigten Lieferungen lässt das gesamte Vorbringen der bfP. im Zusammenhang mit den behaupteten Ausfuhrlieferungen zudem unglaubwürdig erscheinen.
Hinsichtlich der geltende gemachten Vorsteuern wurden diverse Rechnungen vorgelegt die als solche nicht in Zweifel gezogen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Von den unter § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 fallenden Umsätzen (Lieferungen die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt, im Rahmen seines Unternehmens ausführt) sind ua Ausfuhrlieferungen iSd § 7 UStG 1994 steuerfrei.
Eine Ausfuhrlieferung liegt nach § 7 Z 1 UStG 1994 dann vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat. Über die erfolgte Ausfuhr muss gemäß § 7 Abs. 4 UStG 1994 ein Ausfuhrnachweis vorliegen.
Fehlt der Ausfuhrnachweis oder sind die vorgelegten Ausfuhrnachweise mangelhaft, ist die Steuerfreiheit nur zu gewähren, wenn (aufgrund anderer Belege und Nachweise) zweifelsfrei feststeht, dass der Liefergegenstand ins Drittland gelangt ist (). Der Ausfuhrnachweis ist daher zwar keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit, das Vorliegen der Ausfuhr ist jedoch im Falle des fehlenden oder mangelhaften Ausfuhrnachweises durch andere Unterlagen zweifelsfrei nachzuweisen.
Ein derartiger Nachweis wurde von der bfP. nicht erbracht. Hinzutritt im gegenständlichen Fall, dass die bfP. angibt die Ware nach Deutschland - sohin in einen anderen Mitgliedstaat - versendet zu haben. Daher kann im gegeben Fall schon aus diesem Grund keine Ausfuhrlieferung vorliegen.
Es ist jedoch im gegebenen Fall der Versendung der Ware nach Deutschland zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung (igL) erfüllt sind.
Nach Art. 6 (1) BMReg sind igL. gem. Art. 7 ebenfalls steuerfrei.
Art 7 BMReg idF BGBl.I Nr. 756/1996 lautet auszugsweise:
(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs 1) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet.
…];
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
…]
3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar;
Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer igL ist, dass der Gegenstand der Lieferung vom Inland ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt. Wie und wodurch diese grenzüberschreitende Warenbewegung erfolgt, ist unerheblich. Der Transportnachweis ist jedoch vom liefernden Unternehmer zu erbringen.
Eine steuerfreie ig Lieferung liegt zudem nur vor, wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat. Eine weitere Qualifikation des Abnehmers ist nicht erforderlich. Er muss insbesondere nicht ausländischer Abnehmer sein. Entscheidend ist, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt und dort der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Die Einschränkung des Abnehmerkreises wird durch das Erfordernis der Erwerbsteuerbarkeit im anderen Mitgliedstaat bewirkt.
Die Steuerbarkeit des Erwerbs genügt, Steuerpflicht ist nicht erforderlich (). Die igL ist daher auch steuerfrei, wenn der ig. Erwerb im anderen Staat steuerfrei zu belassen ist, etwa weil der Gegenstand anschließend zur Ausführung einer steuerfreien Ausfuhrlieferung verwendet wird (für Österreich Art 6 Abs 2). Den Nachweis der Erwerbsteuerbarkeit erbringt der Unternehmer durch die Angabe der UID des Abnehmers (UStR Rz 3993).
Das Vorliegen der Voraussetzungen der igL müssen vom liefernden Unternehmer buchmäßig nachgewiesen werden.
Die Anforderungen an den buchmäßigen Nachweis der Voraussetzungen des Art 7 Abs. 1 UStG 1994 sind in den §§ 5 bis 8 der Verordnung (V) BGBl 401/1996 idF BGBl II 172/2010 (Anhang VIII) festgelegt. Nachzuweisen sind die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet, die Person des Abnehmers sowie die Steuerbarkeit des Erwerbes. Die Voraussetzungen müssen leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein. Die aufzuzeichnenden Daten ergeben sich aus § 6 der V.
Die UID des Abnehmers ist danach zwingend aufzuzeichnen. Damit wird die UID Bestandteil des Buchnachweises; die fehlende oder unrichtige Aufzeichnung kann zur Versagung der Steuerfreiheit führen (; BFH , V B 159/96).
in den Fällen der Versendung, wie im hier zu beurteilenden Fall, hat der liefernde Unternehmer zudem den Nachweis des Transportvorganges nach § 3 der V BGBl 401/1996 idF BGBl II 172/2010B durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung und durch einen Versendungsbeleg iS § 7 Abs. 5 der Verordnung (insb Frachtbrief, Konnossement, Postaufgabebescheinigung u dgl) zu führen.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ( "Mecsek-Gabona" in Anknüpfung an die Rs "Collée") sind die Nachweise der Beförderung bzw Versendung als formelles Erfordernis zu qualifizieren, das den Anspruch auf MwSt-Befreiung nicht in Frage stellen kann, sofern die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Verstoß gegen eine formelle Anforderung kann nur dann zur Versagung der MwSt-Befreiung führen, wenn er den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind (EuGH "VSTR", Rn 46; ; , 2012/15/0006). Die Festlegung der Nachweispflichten obliegt dabei den Mitgliedstaaten; die MwStRL selbst enthält keine Vorgaben. Österreich hat diese Festlegung mit der zitierten Verordnung getroffen.
Der VwGH erkennt in den Nachweisen der § 2 und § 3 V BGBl 401/1996 idF BGBl II 172/2010B Beweisvorsorgemaßnahmen; beachtet der Unternehmer diese nicht, liegt es an ihm, gleichwertige Nachweise vorzulegen.
Bezogen auf den zu beurteilenden Sachverhalt wurde kein formeller Nachweis eines grenzüberschreitenden Transportvorganges erbracht, die weiteren Aussagen der bfP. bzw. die vorgelegten Unterlagen (Tarifbestimmungen eines Beförderungsunternehmens) sind nicht geeignet das Vorliegen der materiell rechtlichen Voraussetzung des Transportes in einen anderen Mitgliedstaat zweifelsfrei nachzuweisen.
Erschwerend kommt hinzu, dass keine UID Nummer des Abnehmers aufgezeichnet wurde, wodurch nicht sichergestellt ist, dass im angeblichen Ankunftsland Deutschland eine Erwerbsbesteuerung vorgenommen wurde. Es wurde offensichtlich nicht einmal nach einer UID Nummer des Abnehmers gefragt. Das Vorbringen, dass der Abnehmer als Drittstaatsunternehmer keine UID Nummer haben könne geht dabei ins Leere, da die Vergabe einer UID nicht vom Ort der Unternehmensleitung abhängt. Auch Drittstaatsunternehmer können bei Erfüllung der Voraussetzungen - vor allem um innergemeinschaftliche Erwerbe zu erklären - eine UID Nummer beantragen. Für Österreich ist diese Möglichkeit in Art 28 BMReg vorgesehen, für Deutschland §27a dt. UStG.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet das, dass der Verbleib der Ware in Österreich ebensowenig ausgeschlossen werden kann, wie eine Nichtversteuerung durch einen Erwerber in einem anderen Mitgliedsstaat. Der sichere Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der igL konnte durch die bfP. nicht erbracht werden
Die Erfüllung der materiell rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit als igL kann aus dem gegebenen Vorbringen und den beigebrachten Unterlagen nicht abgeleitet werden. Die Lieferungen können sohin nicht steuerfrei belassen werden.
Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen in unterschiedlichen Staaten ist weiters eine Barzahlung völlig unüblich. Es kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass hier eine (versuchte) Umsatzsteuer-Malversation vorliegt.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lita UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind abziehen. Für das Jahr 2019 wurden im Zuge des Beschwerdeverfahrens über Vorhalt des FA weitere - unbedenkliche - Eingangsrechnungen der ***1*** GbmH vorgelegt, welche im bekämpften Bescheid noch keinen Niederschlag gefunden hatten. Entsprechend der Ausführungen des FA im Rahmen der BVE sind die dort ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge bei der bfP. abzugsfähig und der bekämpfte Bescheid 2019 insoweit abzuändern.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt hier nicht vor. Der Umstand, dass die materiellen Voraussetzungen für das Vorliegen der Steuerfreiheit nach § 6 Abs. 1 iVm § 7 UStG bzw. Art. 6 iVm Art. 7 BMReg nicht erbracht werden konnte ist eine Frage der Beweiswürdigung und keine Rechtsfrage. Die Konsequenz aus mangelnden Nachweisbarkeit der Befreiungsvoraussetzungen wird von der Rechtsprechung einheitlich beantwortet (; , 2009/15/0146; , 2012/15/0006). Die gegenständliche Entscheidung folgt dieser Judikatur.
3.3. Steuerberechnung 2019
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 7 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 7 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103385.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at