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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.08.2024, RV/7101385/2024

Behauptete Verfassungswidrigkeit des Energiekrisenbeitrag-Strom

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3440/2024 anhängig.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7101385/2024-RS1
wie RV/7100706/2024-RS2
Das Bundesfinanzgericht hegt keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität des EKBSG, die zu einem Aufhebungsantrag gemäß Art 89 Abs 2 B-VG Anlass geben würden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom , mit dem der Antrag vom auf Festsetzung des Energiekrisenbeitrag-Strom iSd Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG) BGBl I 220/2022 idgF für den Zeitraum 12/2022 bis 06/2023 gemäß § 201 Abs 3 Z 1 BAO abgewiesen wurde, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung des auf ihrem Abgabenkonto am verbuchten, selbst berechneten, bekanntgegebenen und bereits entrichteten Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) in Höhe von 4,212.090,52 € für den Zeitraum Dezember 2022 bis Juni 2023.

Der Antrag wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Begründend wurde mit Verweis auf § 201 BAO ausgeführt, dass keine Festsetzung erfolgen darf, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung - wie im gegenständlichen Fall - als richtig erweist.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Festsetzung des EKB-S iHv 0,00 €. In der Begründung wurde die Verfassungswidrigkeit des EKBSG behauptet, insbesondere liege eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art 7 Abs 1 B-VG und Art 2 StGG (EKB-S sei kein sachgerechtes Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels und es bestehe eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger [EKB-F]) sowie eine Verletzung des Grundrechtes auf Eigentum gemäß Art 5 StGG iVm Art 1 1. ZPEMRK vor.

Unter Bezugnahme auf § 262 Abs 3 BAO legte die belangte Behörde die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Eingabe vom wurde hinsichtlich der Vertretung vor dem Bundesfinanzgericht betreffend Energiekrisenbeitrag ein Vollmachtswechsel bekanntgegeben und ein ergänzendes Vorbringen erstattet. Die Beschwerdeführerin regt an, das Bundesfinanzgericht möge gemäß Art 135 Abs 4 iVm Art 89 Abs 2 B-VG einen Antrag auf Aufhebung der präjudiziellen Bestimmungen an den VfGH stellen. Dazu führt sie hinsichtlich des Bundesgesetzes über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG) eine Überschreitung des unionsrechtlichen Rahmens, die fehlende Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs, einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und den Gleichheitssatz (aufgrund der Ungleichbehandlung von Stromerzeugern einerseits und fossilen Energieträgern bzw. Fernwärmeversorgern bzw. Stromhändler andererseits, der Ungleichbehandlung von Stromerzeugern untereinander sowie aufgrund eines Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot) an.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die ***Bf1*** (Beschwerdeführerin) erzeugt Strom aus erneuerbarer Energie, insbesondere aus Windenergie.

Sie hat für im Inland veräußerten Strom im Zeitraum bis einen Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) in Höhe von 4.212.090,52 € selbst berechnet und an das zuständige Finanzamt entrichtet (Buchungstag ).

Mit Anbringen vom beantragte die Beschwerdeführerin die bescheidmäßige Festsetzung der entrichteten Selbstbemessungsabgabe EKB-S iSd Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG), BGBl I Nr. 220/2022, in Kraft getreten am , für den Zeitraum 12/2022 bis 06/2023 gemäß § 201 Abs 3 Z 1 BAO.

Der Antrag wurde mit gegenständlichem Bescheid vom abgewiesen, da sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig erweist.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den Angaben der Beschwerdeführerin, und ist zudem unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung - Energiekrisenbeitrag-Strom (Spruchpunkt I.)

3.1. Rechtliche Grundlagen

Die Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise (im Folgenden: EU-NotfVO), die bis in Geltung stand, deren Artikel 6, 7 und 8 jedoch nur bis galten, sah in Erwägung näher genannter Gründe im Wesentlichen Folgendes vor:

In Artikel 1 EU-NotfVO wird als Gegenstand und Anwendungsbereich festgelegt:

"In dieser Verordnung sind Notfallmaßnahmen festgelegt, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise durch außerordentliche, gezielte und zeitlich begrenzte Maßnahmen abzumildern. Ziel dieser Maßnahmen ist es, den Stromverbrauch zu senken, eine Obergrenze für die mit der Stromerzeugung erzielten Markterlöse bestimmter Erzeuger einzuführen und diese Erlöse gezielt an Stromendkunden weiterzuverteilen, Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten zu schaffen, mit öffentlichen Eingriffsmaßnahmen in die Festsetzung der Stromversorgungspreise für Haushaltskunden und KMU einzugreifen und Vorschriften für einen befristeten obligatorischen Solidaritätsbeitrag von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union einzuführen, um zu einer bezahlbaren Energieversorgung von Haushalten und Unternehmen beizutragen."

Nachdem in Kapitel II in Abschnitt 1 Maßnahmen zur Nachfragesenkung normiert werden, regelt Abschnitt 2 die Obergrenze für Markterlöse und Verteilung der Überschusserlöse und der Engpasserlösüberschüsse an die Stromendkunden folgendermaßen:

Art 6 Abs 1 EU-NotfVO begrenzt die Markterlöse, die Stromproduzenten für die Stromerzeugung aus den in Art 7 Abs 1 EU-NotfVO genannten Quellen erzielen, auf höchstens 180 EUR je MWh erzeugter Elektrizität.

Gemäß Art 7 Abs 1 EU-NotfVO gilt die Obergrenze für Markterlöse aus dem Verkauf von Strom aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft ohne Speicher, Biomasse-Brennstoffen (feste oder gasförmige Biomasse-Brennstoffe) außer Biomethan, Abfall, Kernenergie, Braunkohle, Erdölerzeugnissen und aus Torf.

Art 8 Abs 1 EU-NotfVO legt die nationalen Krisenmaßnahmen fest:

"Die Mitgliedstaaten können

a) Maßnahmen aufrechterhalten oder einführen, durch die die Markterlöse der Erzeuger, die Strom aus den in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzeugen, weiter begrenzt werden, wobei auch zwischen Technologien unterschieden werden kann, und durch die die Markterlöse anderer Marktteilnehmer, einschließlich im Stromhandel tätiger Marktteilnehmer, weiter begrenzt werden;

b) für Erzeuger, die Strom aus den in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzeugen, eine höhere Obergrenze für Markterlöse festlegen, wenn deren Investitions- und Betriebskosten die in Artikel 6 Absatz 1 festgelegte Obergrenze überschreiten;

c) nationale Maßnahmen zur Begrenzung der Markterlöse von Erzeugern, die Strom aus nicht in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzeugen, beibehalten oder einführen;

d) für Markterlöse aus dem Verkauf von aus Steinkohle erzeugtem Strom eine gesonderte Obergrenze festlegen;

e) …"

Art 8 Abs 2 EU-NotfVO schränkt die nach Abs 1 genannten Maßnahmen unter den Voraussetzungen ein, dass sie verhältnismäßig und diskriminierungsfrei sind, Investitionssignale nicht gefährden dürfen, es sichergestellt ist, dass die Investitions- und Betriebskosten gedeckt sind und dass sie das Funktionieren der Stromgroßhandelsmärkte nicht verzerren und insbesondere keine Auswirkungen auf die Einsatzreihenfolge (Merit Order) und die Preisbildung auf dem Großhandelsmarkt haben dürfen.

Art 10 EU-NotfVO regelt die Verteilung der Überschusserlöse:

"(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Überschusserlöse, die sich aus der Anwendung der Obergrenze für die Markterlöse ergeben, gezielt zur Finanzierung von Maßnahmen verwendet werden, mit denen Stromendkunden unterstützt werden, um die Auswirkungen der hohen Strompreise auf diese Kunden abzumildern.

(2) Die in Absatz 1 genannten Maßnahmen müssen eindeutig festgelegt, transparent, verhältnismäßig, diskriminierungsfrei und überprüfbar sein und dürfen der Verpflichtung zur Senkung des Bruttostromverbrauchs gemäß den Artikeln 3 und 4 nicht entgegenwirken.

(3) Wenn die Erlöse, die direkt durch Anwendung der Obergrenze für Markterlöse im Hoheitsgebiet erzielt werden, und die Erlöse, die indirekt aus grenzüberschreitenden Vereinbarungen erzielt werden, nicht ausreichen, um die Stromendkunden angemessen zu unterstützen, können die Mitgliedstaaten zu demselben Zweck und denselben Bedingungen andere geeignete Mittel, beispielsweise Haushaltsmittel, einsetzen.

(4) Die in Absatz 1 genannten Maßnahmen können beispielsweise Folgendes umfassen:

a) Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für Stromendkunden für die Senkung ihres Stromverbrauchs, unter anderem durch Auktionen oder Ausschreibungen zur Nachfragesenkung;

b) direkte Überweisungen an Stromendkunden, auch in Form proportionaler Senkungen der Netztarife;

c) einen Ausgleich für Versorger, die nach einem staatlichen oder öffentlichen Eingriff in die Preisfestsetzung gemäß Artikel 13 ihre Kunden zu einem Preis unterhalb der Kosten mit Strom beliefern müssen;

d) Senkung der Strombezugskosten der Stromendkunden, auch für eine begrenzte Menge des verbrauchten Stroms;

e) Förderung von Investitionen von Stromendkunden in Dekarbonisierungstechnologien, erneuerbare Energien und Energieeffizienz."

Die EU-NotfVO erlaubt den Mitgliedstaaten des Weiteren vorübergehende öffentliche Eingriffe in die Festsetzung der Stromversorgungspreise für KMU, gibt die Möglichkeit zur Festsetzung der Strompreise unterhalb der Kosten (Art 12f EU-NotfVO) bzw. sieht sie einen befristeten Solidaritätsbeitrag für Überschussgewinne aus Tätigkeiten im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich vor (Art 14 Abs 1 EU-NotfVO) vor.

Gemäß § 1 Abs 1 Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom, BGBl I Nr. 220/2022 idF BGBl I Nr. 64/2023 (EKBSG), wird der Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) näher geregelt und die EU-NotfVO umgesetzt. Im Übrigen wird diese Verordnung insbesondere hinsichtlich der Verteilung der Überschusserlöse mit Hilfe des Bundesgesetzes über die befristete Einführung eines Stromkostenzuschusses für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden (Stromkostenzuschussgesetz - SKZG), BGBl I Nr. 156/2022, durchgeführt.

Gemäß § 1 Abs 2 EKBSG ist der EKB-S eine ausschließliche Bundesabgabe.

Gemäß § 1 Abs 3 EKBSG unterliegt dem EKB-S die Veräußerung von im Inland erzeugtem Strom aus Windenergie, Solarenergie, Erdwärme, Wasserkraft, Abfall, Braun- und Steinkohle, Erdölerzeugnissen, Torf und Biomasse-Brennstoffen ausgenommen Biomethan, durch den Stromerzeuger einschließlich der Realisierung von Veräußerungsrechten auf Strom.

Gemäß § 3 Abs 1 EKBSG ist Bemessungsgrundlage für den EKB-S die Summe der monatlichen Überschusserlöse aus der Veräußerung von Strom gemäß § 1 Abs 3 EKBSG, die zwischen dem und dem erzielt wurde. Aufwendungen können nicht berücksichtigt werden.

Gemäß § 3 Abs 2 Z 1 EKBSG bedeutet Überschusserlöse eine positive Differenz zwischen den Markterlösen des Beitragsschuldners je MWh Strom und der jeweiligen Obergrenze für Markterlöse gemäß § 3 Abs 2 Z 3 EKBSG.

Gemäß § 3 Abs 2 Z 2 EKBSG bedeutet "Markterlöse" die realisierten Erträge, die ein Beitragsschuldner für den Verkauf und die Lieferung von Strom in der Union erhält.

Gemäß § 3 Abs 2 Z 3 EKBSG beträgt die Obergrenze für Markterlöse für Überschusserlöse, die von bis erzielt wurden, 140 Euro je MWh Strom, sowie für Überschusserlöse, die nach dem erzielt wurden, 120 Euro je MWh Strom.

Gemäß § 3 Abs 3 EKBSG können, wenn die notwendigen direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der Obergrenze für Markterlöse liegen, diese Kosten zuzüglich eines Aufschlags von 20% der notwendigen, direkten Investitions- und Betriebskosten als Obergrenze für Markterlöse angesetzt werden, sofern der Beitragspflichtige die Voraussetzungen nachweist.

Gemäß § 3 Abs 5 EKBSG beträgt der EKB-S 90% der Überschusserlöse.

Gemäß § 3 Abs 6 EKBSG stellt der EKB-S eine abzugsfähige Betriebsausgabe dar.

Gemäß § 4 Abs 1 EKBSG kann vom gemäß § 3 EKBSG ermittelten EKB-S ein Absetzbetrag für begünstigte Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz abgezogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass Anschaffungs- oder Herstellungskosten von begünstigten Investitionsgütern nach dem und vor dem anfallen. Erstreckt sich die Anschaffung oder Herstellung von begünstigten Investitionsgütern über diesen Zeitraum hinaus, kann der Absetzbetrag auch für nach diesem Zeitraum anfallende Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend gemacht werden. Begünstigte Investitionen eines verbundenen Unternehmens, das selbst nicht Beitragsschuldner (§ 5 Abs 1 EKBSG) ist, können dem Beitragsschuldner zugerechnet werden. Sofern eine Zurechnung zu mehreren Beitragsschuldnern in Betracht kommt, ist eine sachgerechte Aufteilung der begünstigten Investitionen unter den Beitragsschuldnern vorzunehmen. Dabei ist nach einem einheitlichen Aufteilungsschlüssel vorzugehen und sicherzustellen, dass es nicht zu einer mehrfachen Berücksichtigung derselben begünstigten Investitionen kommt. Jedenfalls ausgeschlossen von der Zurechnung zum Beitragsschuldner sind von der Regulierungsbehörde anerkannte Investitionen oder Energieeffizienzmaßnahmen eines verbundenen Netzbetreibers.

Gemäß § 4 Abs 2 EKBSG sind begünstigte Investitionen im Ausmaß von 50% der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten als Absetzbetrag zu berücksichtigen. Der Absetzbetrag für begünstigte Investitionen beträgt höchstens 36 Euro je MWh Strom bezogen auf die den Markterlösen gemäß § 3 Abs 2 Z 2 EKBSG zugrundeliegende gelieferte Menge. In Fällen des § 3 Abs 3 EKBSG kann der Absetzbetrag ebenfalls berücksichtigt werden, wobei für den Zeitraum von bis bei Erzeugungskosten zwischen 140 Euro und 180 Euro je MWh Strom und für den Zeitraum nach dem bei Erzeugungskosten zwischen 120 Euro und 180 Euro je MWh Strom die Obergrenze von 180 Euro nicht überschritten werden darf.

Gemäß § 4 Abs 3 EKBSG kann der Absetzbetrag im Rahmen der Selbstberechnung vom fälligen Betrag (§ 5 Abs 2 EKBSG) abgezogen werden.

Gemäß § 5 Abs 2 EKBSG wird der EKB-S für den Zeitraum bis am fällig.

Gemäß § 6 Abs 1 EKBSG obliegt die Erhebung des Beitrags dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt.

Gemäß § 6 Abs 2 EKBSG hat der Beitragsschuldner den Beitrag selbst zu berechnen und am Fälligkeitstag an das zuständige Finanzamt zu entrichten.

Zusammenfassend diente die EU-NotfVO nach ihren Erwägungsgründen der Bewältigung der Krisensituation, die infolge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine am Energiemarkt eingetreten ist. Dies war, wie in Erwägungsgrund 1 EU-NotfVO dargelegt, hauptsächlich eine Folge des hohen Gaspreises, da Gas für die Stromerzeugung verwendet wird, wobei Gaskraftwerke häufig zur Deckung der Nachfrage zu Spitzenlastzeiten oder wenn der mit anderen Technologien wie Kernenergie, Wasserkraft oder variabler erneuerbarer Energie erzeugte Strom nicht zur Deckung der Nachfrage ausreicht, benötigt werden. Der Preisanstieg an den Stromgroßhandelsmärkten führte zu einem dramatischen Anstieg der Endkundenpreise.

Mithilfe der Festlegung von Notfallmaßnahmen sollte vorübergehend das Risiko gemindert werden, dass die Strompreise und die Kosten von Strom für Endkunden noch weniger tragfähige Niveaus erreichen, die Auswirkungen hoher Energiepreise sollten abgefedert und es sollte sichergestellt werden, dass die derzeitige Krise keine dauerhaften Schäden für Verbraucher und Wirtschaft mit sich bringt und gleichzeitig die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gewahrt wird.

Die Erwägungsgründe der EU-NotfVO sind aufgrund der Durchführungsnotwendigkeit bzw. -möglichkeit auch für die sachliche Rechtfertigung der Bestimmungen des EKBSG heranzuziehen.

3.2. Anregung zur Antragstellung gemäß Art 135 Abs 4 iVm 89 Abs 2 B-VG

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so muss gemäß § 201 Abs 1 BAO nach Maßgabe des Abs 3 leg cit auf Antrag des Abgabepflichtigen eine Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn sich unter anderem die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß § 201 Abs 3 Z 1 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist.

Aufgrund des in Art 18 Abs 1 B-VG verankerten Legalitätsprinzips sind die Gerichte - ebenso wie die Verwaltungsbehörden - verpflichtet, ihre Entscheidungen - unabhängig von einer eventuellen Verfassungswidrigkeit - auf der Grundlage der geltenden Gesetze zu treffen.

Sowohl die belangte Behörde als auch das Bundesfinanzgericht haben daher grundsätzlich die Bestimmungen des EKBSG so lange anzuwenden, wie sie dem Rechtsbestand angehören.

Dass die bekanntgegebene Selbstberechnung nach den Bestimmungen des EKBSG und den dazu ergangenen Verordnungen nicht richtig ist, wird selbst von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und ergeben sich dafür aus dem Akt auch keine Anhaltspunkte. Die EKB-S ist daher im Sinne der einfachgesetzlichen Vorschriften des EKBSG korrekt berechnet worden.

Damit liegt aber eine Unrichtigkeit, welche die belangte Behörde zu einer bescheidmäßigen Festsetzung des EKB-S gemäß § 201 BAO verpflichtet hätte, nicht vor, weshalb die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen hat.

Die Beschwerdeführerin bringt jedoch die Überschreitung des unionrechtlichen Rahmens, der durch die EU-NotfVO vorgegeben ist, sowie die Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des EKBSG bzw. Teile des EKBSG vor.

Gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 135 Abs 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht, wenn es unter anderem gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Derartige Bedenken bestehen aus nachfolgend angeführten Gründen gegenständlich nicht.

3.3. Überschreitung des unionsrechtlichen Rahmens

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass der unionsrechtliche Rahmen in mehrfacher Hinsicht überschritten wurde, und zwar dadurch, dass der Gesetzgeber von der unionsweit einheitlichen Obergrenze für die Markterlöse von 180 Euro je MWh abweicht, indem er die Grenze mit 140 bzw. 120 Euro je MWh festsetzt.

Zudem sei die Verteilung der Überschusserlöse im EKBSG nicht vorgesehen. Der Stromkostenzuschuss nach dem Stromkostenzuschussgesetz sei zwar eine Begünstigung der Verbraucher, wurde aber zeitlich vor dem EKBSG beschlossen und ist nach dem EKBSG nicht zweckgebunden und der Höhe nach völlig unabhängig vom EKB-S-Aufkommen. Es sei lediglich ein allgemeiner Finanzierungszweck des EKBSG und kein für den Grundrechtseingriff erforderlicher Sozialzweck erkennbar.

Es ist zunächst festzuhalten, dass die EU-NotfVO (insbesondere Art 6, 7 und 8 EU-NotfVO, da sie bis in Geltung waren) im gegenständlichen Fall unmittelbar anwendbar war. Der Sozialzweck, der auch nach Ansicht der Beschwerdeführerin in der EU-NotfVO verankert ist, ergibt sich aufgrund des Anwendungsvorrangs unmittelbar und bedarf keiner gesonderten Darstellung im nationalen Recht bzw. ist hinsichtlich der Umsetzung auf das Stromkostenzuschussgesetz zu verweisen, die die von der EU-NotfVO vorgesehene Verteilung der Überschusserlöse durchführt.

Für die EU-Verordnungen gilt nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes der umfassende Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor dem gesamten nationalen Recht, einschließlich des nationalen Verfassungsrechts (Berka, Verfas-sungsrecht8 Rz 358). Eine Ausnahme würde nur für die Grundprinzipien der Bundesverfassung, was im konkreten Fall nicht vorliegt.

Eine EU-Verordnung hat gemäß Art 288 Abs 2 AEUV allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, auch für natürliche und juristische Personen in den Mitgliedstaaten. Es bedarf keiner Mitwirkung nationaler Legislativ- oder Administrativorgane, um die Geltung und Wirksamkeit von EU-Verordnungen für und in den Mitgliedstaaten herbeizuführen (Stocker/Vcelouch in Jaeger/Stöger, EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 19 (Stand , rdb.at) mwN).

Andererseits können EU-Verordnungen auch die Erlassung nationaler Durchführungsvorschriften zur Erreichung ihrer Ziele erfordern. Derartigen Bestimmungen kommt Richtliniencharakter zu. In solchen Fällen ist zwar die innerstaatliche Durchführung bzw. Konkretisierung von EU-Verordnungen zulässig, jedoch dürfen die mitgliedstaatlichen Durchführungsvorschriften die Tragweite der Vorschriften der EU-Verordnung nicht ändern (Stocker/Vcelouch aaO Art 288 AEUV Rz 32 mwN).

Hinsichtlich der abweichenden Regelung der Obergrenze für Markterlöse ist darauf hinzuweisen, dass Art 6 Abs 1 EU-NotfVO eine Begrenzung der Markterlöse für betroffene Stromerzeuger von höchstens € 180 je MWh erzeugter Elektrizität vorsieht. Art 7 Abs 5 EU-NotfVO erlaubt es jedoch einerseits den Mitgliedstaaten, die Obergrenze für Markterlöse auf 90% der Obergrenze der Markterlöse gemäß Art 6 Abs 1 EU-NotfVO zu beschränken. Diese Option wurde von Österreich gemäß § 3 Abs 5 EKBSG ausgeübt (vgl IA EKBSG, 3024/A 27. GP 8).

Die von Österreich mit § 3 Abs 2 Z 3 EKBSG gewählte Obergrenze von € 140 bzw. € 120 je MWh erzeugter Elektrizität liegt dennoch nominell unter der durch Art 7 Abs 5 iVm Art 6 Abs 1 EU-NotfVO beschränkten Grenze von rechnerisch € 162 (90% von € 180) je MWh. Die Umsätze der betroffenen Erzeuger werden damit weitgehender beschränkt.

Hierzu normiert andererseits Art 8 Abs 1 lit a EU-NotfVO, dass Mitgliedstaaten optional Maßnahmen einführen können, durch die die Markterlöse der Erzeuger weiter begrenzt werden. Die Ausübung dieser Option hat unter den in Art 8 Abs 2 EU-NotfVO dargelegten Kriterien zu erfolgen (siehe Punkt 3.1.).

Diesbezüglich sind zum einen Investitionssignale im Sinne des Art 8 Abs 2 lit b EU-NotfVO nicht gefährdet. Gemäß § 4 Abs 1 EKBSG kann nämlich von dem gemäß § 3 ermittelten EKB-S ein Absetzbetrag für begünstigte Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz abgezogen werden, wenn diese Investitionen nach dem und vor dem anfallen.

Des Weiteren wird sichergestellt, dass Investitions- und Betriebskosten gedeckt sind (Art 8 Abs 2 lit c EU-NotfVO). § 3 Abs 3 EKBSG normiert dazu die Möglichkeit zur Anpassung der Obergrenze, wenn notwendige Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der Obergrenze für Markterlöse liegen.

Dass das Funktionieren der Stromgroßhandelsmärkte etc. (Art 8 Abs 2 lit d EU-NotfVO) verzerrt werde bzw. die Regelungen des EKBSG mit dem Unionsrecht unvereinbar seien (Art 8 Abs 2 lit e EU-NotfVO), ist nicht hervorgekommen und wurde auch nicht vorgebracht.

Die weiteren Begrenzungen des EKBSG sind zudem aus nachfolgenden Gründen verhältnismäßig und diskriminierungsfrei (Art 8 Abs 2 lit a EU-NotfVO):

Das EKBSG gilt für alle Stromerzeuger, für die auch in der EU-NotfVO eine Begrenzung der Markterlöse vorgesehen oder möglich ist.

Österreich wendet durch § 3 Abs 5 EKBSG die Begrenzungsmöglichkeit der Markterlöse mit 90% (Art 7 Abs 5 EU-NotfVO) an.

Gemäß § 3 Abs 6 EKBSG kann die entrichtete Abgabe als abzugsfähige Betriebsausgabe im Sinne des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden und damit die Steuerbemessungsgrundlage gemindert werden.

Die Senkung der Obergrenze für Markterlöse von 140 Euro auf 120 Euro je MWh wurde mit den gesunkenen Großhandelspreisen begründet (IA 3373/A 27. GP 2).

In der Literatur wird die Rechtsmeinung vertreten, dass "unter Ausschöpfung der entsprechenden Maßnahmen (...) sich der Referenzwert dadurch auf EUR 180,-/ MWh" wie es in der EU-NotfVO vorgesehen sei, erhöhen könne (Achatz/Kirchmayr, Energiekrisenbeiträge als neue Steuern, taxlex 2023/8).

Aufgrund der von Österreich gewählten Regelungen ergibt sich wirtschaftlich gesehen eine ähnliche Belastung von Stromerzeugern, wie diese isoliert nach Art 6 Abs 1 EU-NotfVO zu tragen hätten. Da auch sonst ein Verstoß gegen die Kriterien des Art 8 Abs 2 EU-NotfVO nicht ersichtlich ist und die grundsätzliche Zielrichtung der EU-NotfVO durch das EKBSG nicht verlassen wird, ist eine Überschreitung der unionsrechtlichen Vorgaben nicht zu erkennen.

Hinsichtlich des zweiten Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich die Verpflichtung der Verwendung der Überschusserlöse zur Finanzierung von Maßnahmen zur Unterstützung von Stromendkunden direkt aus Art 10 EU-NotfVO. Eine verpflichtende Zweckbindung des EKB-S ergibt sich aus der EU-NotfVO nicht. Die verordnungsgemäße Verwendung der Überschusserlöse ist dagegen durch die Mitgliedstaaten sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen eindeutig festgelegt, transparent, verhältnismäßig, diskriminierungsfrei und überprüfbar sein bzw. dürfen der Verpflichtung zur Senkung des Bruttostromverbrauchs nicht entgegenwirken (Art 10 Abs 2 EU-NotfVO).

Mit dem Stromkostenzuschussgesetz wurde der Zielsetzung der EU-NotfVO Rechnung getragen, als die Kostenbelastung von Haushaltskunden durch die Sicherstellung einer leistbaren Stromversorgung verringert wurde und ein Anreiz geschaffen wurde, den Stromverbrauch zu reduzieren (2.900 kWh-Grenze). Der Stromkostenzuschuss steht insoweit in einem eindeutigen sachlichen Zusammenhang mit der EU-NotfVO und dem EKBSG, als dieses der Finanzierung von Maßnahmen sicherstellt, um die Auswirkungen der hohen Strompreise auf die Stromendverbraucher abzumildern. Das SKZG ist zwar zeitlich früher als das EKBSG, dennoch unbestritten in zeitlicher Nähe zur EU-NotfVO und zum EKBSG beschlossen worden. Dass die in Österreich geltende Obergrenze für Markterlöse und die Verteilung der Überschusserlöse in einer Rechtsvorschrift zu regeln ist, ist der EU-NotfVO nicht zu entnehmen.

Darüber hinaus wird die Einhaltung der Bestimmungen der EU-NotfVO durch ein in Art 19 EU-NotfVO vorgesehenes Prozedere geprüft.

Gemäß Art 19 Abs 1 EU-NotfVO überwacht die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats die Umsetzung der in Art 10 EU-NotfVO genannten Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet und haben gemäß Art 19 Abs 3 lit c EU-NotfVO die Mitgliedstaaten der Kommission über die Maßnahmen zur Verteilung der Überschusserlöse zur Abmilderung der Auswirkungen der hohen Strompreise auf die Stromendkunden gemäß Art 10 EU-NotfVO Bericht zu erstatten.

Dass das EKBSG durch die Vorgaben der EU-NotfVO nicht gedeckt ist, ist somit nicht festzustellen.

3.4. Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes

Die Beschwerdeführerin releviert die Untauglichkeit der gesetzten Maßnahmen zur Erreichung der von der EU-NotfVO bzw. des EKBSG gesetzten Ziele und damit die Unsachlichkeit der entsprechenden Vorschriften, die Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips und die Ungleichbehandlung zu anderen Marktteilnehmern im Energiesektor.

Der VfGH hat aus dem Gleichheitssatz nach Art 2 StGG bzw. Art 7 B-VG ein Verbot unsachlicher Differenzierung für generelle Normen abgeleitet und auf ein allgemeines Gebot der Sachlichkeit von Gesetzen geschlossen (Muzak, B-VG6 Art 2 StGG Rz 17).

Nach der ständigen Judikatur des VfGH muss der Gesetzgeber an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen und wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen (Muzak, aaO Rz 21 mit zahlreichen Judikaturverweisen).

Verletzung des Sachlichkeitsgebots

Die Zielsetzung des EKB-S sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin insbesondere die Reduzierung der Strompreise beim Endverbraucher. Der EKB-S sei von vornherein nicht geeignet, Stromkunden zu entlasten, sondern sorge für eine finanzielle Belastung der Stromerzeuger, was sicher nicht zu einer Entlastung der Verbraucher führen könne. Die im EKBSG vorgesehenen Maßnahmen seien ex ante betrachtet ein objektiv völlig ungeeignetes Mittel zur Erreichung des in der EU-NotfVO vorgesehenen Sozialzwecks. Dem Gesetzgeber sei ein Grundrechtseingriff durch gesetzliche Anordnung nur erlaubt, wenn er durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt ist und verhältnismäßig ist.

Aus dem Gleichheitsgrundsatz folge ein Sachlichkeitsgebot, dass bei unterschiedlicher Behandlung einen ausreichend rechtfertigenden Grund erfordere.

Das Ziel der Preissenkung bei Verbrauchern hätte durch Maßnahmen bei den Stromhändlern, die eine direkte Vertragsbeziehung zu den Verbrauchern haben, und nicht bei den Stromerzeugern erfolgen müssen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass Art 1 EU-NotfVO unter anderem als Ziel der Maßnahmen vorsieht, den Stromverbrauch zu senken, eine Obergrenze für die mit der Stromerzeugung erzielten Markterlöse bestimmter Erzeuger einzuführen und diese Erlöse gezielt an Stromendkunden weiterzuverteilen.

Die EU-NotfVO bezweckt nur mittelbar eine Preissenkung beim Endverbraucher über die Senkung der Nachfrage ("Bruttostromverbrauchs", vgl Erwägungsgrund 22 EU-NotfVO) bzw. durch Weiterverteilung der "abgeschöpften" Erlöse an den Stromendkunden.

Gemäß Erwägungsgrund 32 EU-NotfVO sollte die Obergrenze für Markterlöse für Technologien gelten, deren Grenzkosten unter der Obergrenze für Markterlöse liegen, wie beispielsweise Wind-, Solar-, Kernenergie oder Braunkohle. Die Beschwerdeführerin gehört unzweifelhaft zu diesen Erzeugern.

Aus Art 10 EU-NotfVO ergibt sich, dass die Überschusserlöse auf bestimmte Weise verteilt werden müssen. Eine verpflichtende Zweckbindung des EKB-S ergibt sich aus der EU-NotfVO nicht.

Das EKBSG regelt die Abschöpfung der Markterlöse aus der Veräußerung von im Inland erzeugten Strom aus in § 1 Abs 3 EKBSG genannten Quellen und setzt damit dem Grunde nach die Vorgaben der EU-NotfVO insoweit um, als die Finanzierung von Verteilungsmaßnahmen innerstaatlich gewährleistet wird. Eine Verteilungsregelung hinsichtlich der Einnahmen aus dem EKB-S enthält das Gesetz nicht, was jedoch nicht die tatsächliche Verwendung des EKB-S für Zwecke der EU-NotfVO, insbesondere die Verteilung an den Stromendverbraucher, hindert. Wie im vorigen Punkt dargestellt, steht zB der Stromkostenzuschuss in einem eindeutigen sachlichen Zusammenhang mit dem EKB-S und damit mit der EU-NotfVO. Inwiefern die Bestimmungen des SKZG der EU-NotfVO entsprechen, ist nicht verfahrensgegenständlich.

Das Argument der Beschwerdeführerin, das EKBSG habe nicht zu einer Senkung der Strompreise geführt, geht ins Leere, da der erzielte Übergewinn genau deshalb besteuert wurde, um damit in der Folge die Endverbraucher und die Wirtschaft zu entlasten.

Im Hinblick auf die der Bewältigung einer Krisensituation dienenden Zielsetzungen stellte die Einführung des EKB-S durch diese bestimmten Stromerzeuger eine wesentliche Finanzierungsmaßnahme und Voraussetzung für die Entlastung der Stromendverbraucher und damit eine taugliche und sachliche Maßnahme dar.

Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip

Die Beschwerdeführerin führt an, dass mangels Sozialzwecks und Deckung durch die EU-NotfVO nur ein Fiskalzweck in Betracht komme. Eine Fiskalzwecknorm müsse entweder von Äquivalenz- oder Leistungsfähigkeitserwägungen getragen sein, wobei von ersteren überhaupt keine Rede sein könne.

Der EKB-S sei im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips insofern verfassungswidrig, als der Gesetzgeber an den Erlös anstelle des Gewinns (wie beim Energiekostenbeitrag für fossile Energieträger [EKB-f] anknüpft und dadurch die Bemessungsgrundlage willkürlich gewählt wurde bzw. aufgrund der unterschiedlich hohen Produktionskosten der vom EKBSG betroffenen Stromerzeuger unterschiedlich gelagerte Sachverhalte gleichbehandelt werden.

Die Obergrenze für den EKB-S sei darüber hinaus willkürlich gewählt und es liege keine Rechtfertigung für die vom österreichischen Gesetzgeber gewählte Obergrenze vor.

Dem ist zu entgegnen, dass sich das Abstellen auf Erträge anstelle von Gewinnen eindeutig aus Art 6 Abs 1 EU-NotfVO ergibt. Da unmittelbar anwendbares Unionsrecht Anwendungsvorrang genießt, kann sich auch kein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip ergeben. Eine sachliche Rechtfertigung der in Kapitel III EU-NotfVO vorgenommenen Anknüpfung an Überschussgewinne im Bereich fossiler Energieträger findet sich in Erwägungsgrund 45 EU-NotfVO. Von einer willkürlichen Festlegung der Bemessungsgrundlage kann insofern keine Rede sein.

Dem Vorbringen der Gleichbehandlung unterschiedlich gelagerter Sachverhalte aufgrund unterschiedlich hoher Produktionskosten der vom EKBSG betroffenen Stromerzeuger ist entgegenzuhalten, dass der Verordnungssetzer bzw. der österreichische Gesetzgeber durch die Festlegung einer Obergrenze für Markterlöse eine gewöhnliche Marktsituation mit durchschnittlichen Markterlösen nachbilden wollte. Auch in solchen "normalen" Phasen unterliegen die unterschiedlichen Stromerzeuger unterschiedlich hohen Produktionskosten. Weshalb durch die Maßnahmen des EKBSG auf die verschiedenen Produktionssituationen der Stromerzeuger Rücksicht zu nehmen sei, kann nicht nachvollzogen werden.

Hinsichtlich der vorgebrachten willkürlichen Wahl der maximalen Markterlöse durch den österreichischen Gesetzgeber wird auf die Ausführungen unter Punkt 3.3. verwiesen.

Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und fossilen Energieträgern

Die Beschwerdeführerin führt an, dass die Bemessungsgrundlage für den EKB-f auf der Grundlage des steuerpflichtigen Gewinns ermittelt wird. Der EKB-S stelle jedoch auf die erzielten Erlöse ab. EKBSG und EKBFG haben die Besteuerung von Zufallsgewinnen im Energiesektor zum Ziel. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung gäbe es nicht.

Erwägungsgrund 45 EU-NotfVO hält dagegen fest:

"Die Geschäfts- und Handelspraktiken und der Rechtsrahmen im Stromsektor unterscheiden sich deutlich vom Sektor für fossile Brennstoffe. Da mit der Obergrenze für Markterlöse das Marktergebnis nachgebildet werden soll, das die Erzeuger hätten erwarten können, wenn die globalen Lieferketten seit Februar 2022 normal und ohne Störungen bei den Gaslieferungen funktionieren würden, muss die Maßnahme für Stromerzeuger auf die Erlöse aus der Stromerzeugung angewandt werden. Umgekehrt muss der befristete Solidaritätsbeitrag, da er auf die Rentabilität von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union abzielt, die im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zugenommen hat, auf deren Gewinne angewandt werden."

Sowohl das EKBSG als auch das EKBFG basieren auf der EU-NotfVO. Die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen von EKB-S und EKB-f sind darin festgelegt und sachlich begründet. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrecht besteht somit keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und fossilen Energieträgern.

Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und von Fernwärmeversorgern

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass Österreich bei der Fernwärme die mit Abstand höchste Inflationsrate im EU-Vergleich habe und dennoch sei für diesen Sektor keine dem EKB-S vergleichbare Abgabe vorgesehen.

Dass bei den Fernwärmeversorgern auf Grund der Preissteigerungen (außergewöhnliche) Übergewinne entstanden wären, hat die Beschwerdeführerin unbelegt behauptet. Außerdem waren die Preissteigerungen bei den Fernwärmeversorgern zu einem wesentlichen Teil auf den starken Anstieg der Gaspreise zurückzuführen, da Fernwärmeversorger Gas, das sie zur Herstellung der Fernwärme einsetzten, teurer einkaufen mussten (https://www.bmk.gv.at/themen/energie/energieversorgung/fernwaerme.html, wonach in 2020 zu 34 % Erdgas für Nah- und Fernwärme eingesetzt wurden).

Anhand des Vorbringens der Beschwerdeführerin kann daher nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber Fernwärmeversorger gegenüber Stromerzeugern privilegiert hätte.

Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und Stromhändlern

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin profitieren Stromhändler ebenso wie Stromerzeuger von den gestiegenen Strompreisen und können durch Termingeschäfte noch höhere Zufallsgewinne erzielen, seien jedoch vom EKB-S nicht erfasst und sei daher die Nichteinbeziehung der Stromhändler in die Maßnahme unsachlich.

Nach Art 8 Abs 1 EU-NotfVO konnten zwar die Mitgliedstaaten Maßnahmen einführen, durch die die Markterlöse anderer Marktteilnehmer, einschließlich im Stromhandel tätiger Marktteilnehmer, weiter begrenzt werden. Für die Ergreifung einer solchen Maßnahme sah aber der österreichische Gesetzgeber offensichtlich keine Notwendigkeit.

Stromhändler verdienen an der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis. Aufgrund der durch die Marktsituation erhöhten Einkaufspreise, ist trotz der hohen Markterlöse ein außergewöhnlicher Zufallsgewinn im Durchschnittsfall nicht ersichtlich. Wesentlich erhöhte Produktionskosten (Grenzkosten) für Stromerzeuger aus Windenergie sind im Hinblick auf die besondere Marktlage nicht evident.

Inwieweit ein ungleich behandelter gleicher Sachverhalt vorliegt, ist daher nicht nachvollziehbar.

Ungleichbehandlung von Stromerzeugern untereinander

Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass der EU-Verordnungssetzer Steinkohle im Gegensatz zum österreichischen Gesetzgeber des EKBSG ausdrücklich ausgenommen habe und verweist auf Erwägungsgrund 33 EU-NotfVO. Stromerzeugung aus Erdöl, Steinkohle und Braunkohle sei in vielfacher Hinsicht nicht mit jener aus Windkraft vergleichbar, weil die Energieträger am Markt eingekauft werden müssen. Die Gleichbehandlung von vollkommen unterschiedlichen Sachverhalten durch das EKBSG sei sachlich nicht begründet.

Dazu ist festzuhalten, dass die Einbeziehung von nicht in Art 7 Abs 1 EU-NotfVO genannten Quellen durch nationale Maßnahmen durch Art 8 Abs 1 lit c EU-NotfVO grundsätzlich möglich ist. Nach Art 8 Abs 1 lit d EU-NotfVO könne auch für Steinkohle eine gesonderte Obergrenze festgelegt werden, woraus folgt, dass grundsätzlich auch für Steinkohle die Markterlöse durch Österreich beschränkt werden können.

Die Veräußerung von Inland erzeugtem Strom aus Steinkohle unterliegt gemäß § 1 Abs 3 EKBSG ebenso wie jenem aus Windenergie dem EKB-S. Dass der österreichische Gesetzgeber damit den Rahmen der EU-NotfVO verlassen hat, ist - im Hinblick auf Art 8 Abs 2 EU-NotfVO und der Tatsache, dass in Österreich kein fossil-thermisches Kraftwerk mit Energieträger Steinkohle in Betrieb steht und damit eine Diskriminierung nach Art 8 Abs 2 lit a EU-NotfVO nicht vorliegen kann - nicht ersichtlich.

3.5. Verletzung des Grundrechtes auf Eigentum

Die Beschwerdeführerin verweist darauf, dass vom Grundrecht auf Eigentum auch die Privatautonomie als tragendes Prinzip des Privatrechtes umfasst ist. Eingriffe in das Grundrecht auf Eigentum seien nur zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen und zur Verfolgung dieses Interesses geeignet und verhältnismäßig seien, was aufgrund der fehlenden Eignung, die Verbraucher vor überhöhten Strompreisen zu schützen, nicht der Fall sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH können unter dem historisch auszulegenden Enteignungsbegriff niemals Geldleistungen an die öffentliche Hand wie unter anderem Steuern und Abgaben verstanden werden (vgl VfSlg 10468 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die befristete Erhebung des EKB-S ist zweifellos im Allgemeininteresse gelegen. Eine Unverhältnismäßigkeit des EKB-S, der einen Eingriff auf den Vermögensstamm darstellt, ist insofern nicht erkennbar, als durch den EKB-S ausschließlich außergewöhnliche Markterlöse (Zufallsgewinne) abgeschöpft wurden, die die Stromgestehungskosten bei weitem überstiegen.

Die Regelung des § 3 Abs 3 EKBSG berücksichtigt zudem jene Fälle, in denen die direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der im EKBSG normierten Obergrenze für Markterlöse lagen. Auch insoweit kann keine Verletzung des Grundrechtes auf Eigentum erkannt werden.

3.6. Schlussfolgerungen

Aus den dargelegten Gründen besteht kein Anlass, einen Aufhebungsantrag an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG zu stellen.

Auf der Grundlage der vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Bestimmungen des EKBSG ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision (Spruchpunkt II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Selbstberechnung des EKB-S durch die Beschwerdeführerin erfolgte unstrittig im Einklang mit den Bestimmungen des EKBSG.

Da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendung des EKBSG, insbesondere im Verhältnis zur Anwendungsvorrang genießenden EU-NotfVO fehlt, und dies über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat, war die ordentliche Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 3 Abs. 2 Z 3 EKBSG, Energiekrisenbeitrag-Strom, BGBl. I Nr. 220/2022
Art. 89 Abs. 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101385.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at