§ 99. Funktionelle Trennung
(1) Gelangt die Regulierungsbehörde in einem Verfahren nach § 87 und 89 zur Feststellung, dass die nach § 91 bis 96 auferlegten regulatorischen Verpflichtungen nicht zu wirksamem Wettbewerb geführt haben und wichtige und andauernde Wettbewerbsprobleme oder Marktversagen auf den Märkten der Vorleistungsebene bestehen, kann sie vertikal integrierten Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf diesen Märkten die Verpflichtung auferlegen, ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung der betreffenden Zugangsprodukte auf Vorleistungsebene in einem unabhängig arbeitenden Geschäftsbereich auszugliedern, dessen Zweck es ist, allen Unternehmen, einschließlich der anderen Geschäftsbereiche des eigenen Mutterunternehmens, sämtliche Zugangsprodukte und -dienste mit den gleichen Fristen und zu den gleichen Bedingungen, insbesondere im Hinblick auf Preise und Dienstumfang, sowie mittels der gleichen Systeme und Verfahren zur Verfügung zu stellen.
(2) Beabsichtigt die Regulierungsbehörde, einem Unternehmen eine Verpflichtung nach Abs. 1 aufzuerlegen, hat sie bei der Europäischen Kommission einen Antrag zu stellen, der die folgenden Inhalte umfasst:
1. den Nachweis, dass die in Abs. 1 genannte Schlussfolgerung der Regulierungsbehörde begründet ist;
2. eine begründete Einschätzung, dass keine oder nur geringe Aussichten bestehen, dass es innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens einen wirksamen und nachhaltigen infrastrukturbedingten Wettbewerb gibt;
3. eine Analyse der erwarteten Auswirkungen auf die Regulierungsbehörde, auf das betroffene Unternehmen, insbesondere auf dessen Personal und auf den Sektor der elektronischen Kommunikation insgesamt, und auf die Anreize, in einen Sektor insgesamt zu investieren, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit, den sozialen und territorialen Zusammenhalt zu wahren, sowie auf sonstige Interessengruppen, insbesondere einschließlich einer Analyse der erwarteten Auswirkungen auf den Wettbewerb und möglicher Folgen für die Verbraucher;
4. eine Analyse der Gründe, die dafürsprechen, dass diese Verpflichtung das effizienteste Mittel zur Durchsetzung von Abhilfemaßnahmen wäre, mit denen auf die festgestellten Wettbewerbsprobleme oder Fälle von Marktversagen reagiert werden soll.
(3) Gemeinsam mit dem Antrag nach Abs. 2 hat die Regulierungsbehörde der Europäischen Kommission einen Maßnahmenentwurf zu übermitteln, der folgende Inhalte umfasst:
1. die genaue Angabe von Art und Ausmaß der Trennung, insbesondere die Angabe des rechtlichen Status des getrennten Geschäftsbereichs;
2. die Angabe der Vermögenswerte des getrennten Geschäftsbereichs sowie die von diesem bereitzustellenden Produkte und Dienstleistungen;
3. die organisatorischen Modalitäten zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Personals des getrennten Geschäftsbereichs sowie die entsprechenden Anreize;
4. Vorschriften zur Gewährleistung der Einhaltung der regulatorischen Verpflichtungen;
5. Vorschriften zur Gewährleistung der Transparenz der betrieblichen Verfahren, insbesondere gegenüber den anderen Interessensgruppen;
6. ein Überwachungsprogramm, um die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen, einschließlich der Veröffentlichung eines jährlichen Berichts.
(4) Die Entscheidung der Europäischen Kommission ist der Entscheidung der Regulierungsbehörde über den Maßnahmenentwurf zu Grunde zu legen. Stimmt die Europäische Kommission dem Antrag zu, hat die Regulierungsbehörde im Anschluss gemäß § 87 eine koordinierte Analyse der betroffenen relevanten Märkte durchzuführen, im Rahmen derer die bestehenden regulatorischen Verpflichtungen gemäß § 91 bis 96 in Abhängigkeit vom Ergebnis neu auferlegt, abgeändert oder aufgehoben werden.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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