§ 98. Kooperationen, Ko-Investitionen und Zugang
(1) Unternehmen, die als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft wurden oder mit großer Wahrscheinlichkeit als solches eingestuft werden, können gegenüber der Regulierungsbehörde Verpflichtungen bezüglich der für ihre Netze geltenden Bedingungen für Kooperationen, Ko-Investitionen oder Zugang anbieten.
(2) Die angebotenen Verpflichtungen nach Abs. 1 können sich unter anderem auf Folgendes beziehen:
1. Kooperationsvereinbarungen,
2. Ko-Investitionen für den Aufbau eines neuen Netzes mit sehr hoher Kapazität, das bis zu den Gebäuden der Endnutzer oder der Basisstation aus Glasfaserkomponenten besteht,
3. den effektiven und nichtdiskriminierenden Zugang für Dritte gemäß § 100 oder
4. bestehende oder neue Vorleistungsangebote.
(3) Die angebotenen Verpflichtungen müssen insbesondere im Hinblick auf die Zeitplanung, den Umfang ihrer Umsetzung sowie auf ihre Dauer so ausführlich sein, dass die Regulierungsbehörde die Verpflichtungen umfassend bewerten kann. Bei ihrer Bewertung hat die Regulierungsbehörde insbesondere zu berücksichtigen:
1. die allgemeine Angemessenheit der angebotenen Verpflichtungen, um einen nachhaltigen Wettbewerb auf nachgelagerten Märkten zu ermöglichen und den kooperativen Aufbau und die Nutzung von Netzen mit sehr hoher Kapazität im Interesse der Endnutzer zur erleichtern,
2. die Offenheit der Verpflichtungen gegenüber allen Marktteilnehmern und
3. die rechtzeitige Verfügbarkeit des Zugangs zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen.
(4) Verpflichtungen nach Abs. 1 können über die gemäß § 87 Abs. 6 festgelegten Zeiträume für die Durchführung von Marktanalysen hinausgehen.
(5) Verpflichtungen für Ko-Investitionen (Abs. 2 Z 2) haben folgende Bedingungen zu erfüllen:
1. Das Angebot für Ko-Investitionen muss während der gesamten Lebensdauer des Netzes jederzeit Betreibern oder Anbietern offenstehen;
2. Das Angebot für Ko-Investitionen hat anderen Ko-Investoren, die Betreiber oder Anbieter sind, zu ermöglichen, auf den nachgelagerten Märkten, auf denen das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht tätig ist, langfristig wirksam und nachhaltig im Wettbewerb zu bestehen, und zwar zu Bedingungen, die Folgendes umfassen müssen:
a) faire, angemessene und nichtdiskriminierende Bedingungen, die den Zugang zur vollen Kapazität des Netzes in dem Umfang ermöglichen, der der Ko-Investition entspricht;
b) Flexibilität hinsichtlich Wert und Zeitpunkt der von den einzelnen Ko-Investoren zugesagten Beteiligung;
c) die Möglichkeit einer künftigen Aufstockung der Beteiligung und
d) gegenseitige Rechte, die sich die Ko-Investoren nach Errichtung der gemeinsam finanzierten Infrastruktur gewähren.
3. Das Unternehmen hat das Angebot rechtzeitig und, wenn es sich nicht um ein ausschließlich auf der Vorleistungsebene tätiges Unternehmen gemäß § 101 handelt, spätestens sechs Monate vor dem Beginn des Aufbaus der neuen Netzbestandteile zu veröffentlichen. Dieser Zeitraum kann verlängert werden;
4. Zugangsnachfrager, die sich nicht an der Ko-Investition beteiligen, müssen von Beginn an von derselben Qualität, derselben Geschwindigkeit und denselben Bedingungen profitieren und dieselben Endnutzer erreichen können wie vor dem Aufbau, wobei ein von der Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf den betreffenden Endkundenmärkten bestätigter Mechanismus zur allmählichen Anpassung hinzukommen muss, mit dem die Anreize für eine Beteiligung an den Ko-Investitionen aufrechterhalten werden;
5. Es hat mindestens den Kriterien in Anhang IV der Richtlinie (EU) 2018/1972 zu entsprechen;
6. Es dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Ko-Investitionsangebot missbräuchlich erfolgte.
(6) Entsprechen die angebotenen Verpflichtungen den Anforderungen nach den vorhergehenden Absätzen, hat die Regulierungsbehörde eine öffentliche Konsultation über die angebotenen Verpflichtungen durchzuführen.
(7) Unter Berücksichtigung der in der Konsultation geäußerten Ansichten sowie der Bewertung nach Abs. 3 und 5 hat die Regulierungsbehörde dem Unternehmen, das gemäß Abs. 1 Verpflichtungen angeboten hat, ihre vorläufige Einschätzung zur Frage mitzuteilen, ob die angebotenen Verpflichtungen den Zielen dieser Bestimmung genügen und unter welchen Bedingungen sie in Erwägung ziehen kann, die Verpflichtungen für bindend zu erklären. Das Unternehmen kann sein ursprüngliches Angebot ändern, um der vorläufigen Einschätzung der Regulierungsbehörde Rechnung zu tragen.
(8) Die Regulierungsbehörde hat nach Anhörung und weitestgehender Berücksichtigung der Stellungnahme der Bundeswettbewerbsbehörde die angebotenen Verpflichtungen ganz oder teilweise für einen bestimmten Zeitraum für bindend zu erklären, soweit damit die Ziele dieser Bestimmung erreicht werden. Die Regulierungsbehörde hat die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Marktentwicklung und die Angemessenheit der spezifischen Verpflichtungen, die sie gemäß § 91 bis 96 auferlegt hat oder aufzuerlegen beabsichtigt hätte, zu prüfen.
(9) Gelangt die Regulierungsbehörde zur Auffassung, dass die angebotene Verpflichtung für Ko-Investitionen (Abs. 2 Z 2) die Bedingungen des Abs. 5 erfüllt, hat sie diese Verpflichtung für bindend zu erklären und keine zusätzlichen Verpflichtungen gemäß § 91 bis 96 in Bezug auf die von den Verpflichtungen betroffenen Elemente des neuen Netzes mit sehr hoher Kapazität aufzuerlegen. Voraussetzung hiefür ist, dass zumindest ein potenzieller Ko-Investor eine Ko-Investitionsvereinbarung mit dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eingegangen ist.
(10) Unbeschadet von Abs. 9 kann die Regulierungsbehörde spezifische Verpflichtungen gemäß § 91 bis 96 in Bezug auf die neuen Netze mit sehr hoher Kapazität auferlegen, beibehalten oder ändern, wenn sie feststellt, dass erhebliche Wettbewerbsprobleme aufgrund der besonderen Merkmale dieser Märkte andernfalls nicht gelöst würden.
(11) Die Regulierungsbehörde hat die Einhaltung der für bindend erklärten Verpflichtungen zu beobachten, zu überprüfen und zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit für bindend erklärten Verpflichtungen betreffend Ko-Investitionen (Abs. 2 Z 2) kann die Regulierungsbehörde vom Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht verlangen, ihr jährliche Konformitätserklärungen vorzulegen. Eine Verlängerung des Zeitraums, für den die Verpflichtung für bindend erklärt wurde, ist zulässig.
(12) Entscheidungen über Verpflichtungen unterliegen den Verfahren gemäß § 206 und 207.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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