Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2024, RV/7500328/2024

Verwaltungsstrafsache Parkometerabgabe: Elektronische Zustellung einer Aufforderung zur Rechtfertigung durch die belangte Behörde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Konrad in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/236701647858/2023, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 € zu leisten.

  • Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 €) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 €) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 €), insgesamt 82,00 €, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

III. Der Magistrat der Stadt Wien wird als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch den Beschwerdeführer wegen Verletzung in Rechten ist nicht zulässig.

  • Eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/236701647858/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, ***Bf1*** (Beschwerdeführer) angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, indem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** (D) am um 19:39 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1030 Wien, Kundmanngasse 21, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.

Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von 60,00 € sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) einen Betrag von 10,00 € als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher 70,00 €.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 19:39 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 03., Kundmanngasse 21 abgestellt, ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einen elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, in die von diesem angefertigten Fotos, sowie in die erteilte Lenker*innenauskunft.

Gegen die an Sie ergangene Strafverfügung vom erhoben Sie fristgerecht einen unbegründeten Einspruch.

Die Übertretung wurde Ihnen mittels Aufforderung zur Rechtfertigung vom gemäß § 42 VStG neuerlich angelastet und die Möglichkeit geboten, Stellung zu nehmen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweise bekannt zu geben. Gleichzeitig wurde Ihnen das Ergebnis der Beweisaufnahme samt den dazugehörigen Beilagen übermittelt.

Da Sie ohne Angabe von Gründen das ordnungsgemäß hinterlegte Dokument nicht behoben und somit von der Möglichkeit einer Rechtfertigung keinen Gebrauch gemacht haben, wurde das Verfahren, wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung angekündigt, ohne Ihre Anhörung durchgeführt.

Aufgrund einer erteilten Lenker*innenauskunft wurde Ihre Täter*inneneigenschaft festgestellt und war daher davon auszugehen, dass Sie die Verwaltungsübertretung begangen haben.

Es wird somit der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in diesem Straferkenntnis ersichtlich ist, zumal Sie diesen insgesamt unwidersprochen ließen.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Jede*r Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert ist (§§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht

Auf Grund der Aktenlage war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Sie haben daher die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:

"Hiermit erhebe ich Beschwerde und teile Ihnen meine Begründung wie folgt mit:

Durch die Anmeldung zum elektronischen Briefverkehr wollte ich eigentlich die Behördenkommunikation vereinfachen, was aber das Gegenteil bewirkt hatte.

Ich arbeite ausschließlich von meinem Mobiltelefon und bekomme hunderte E-Mails täglich. Außerdem gibt etliche Phishing Mails, wodurch ich aufgrund der Vielzahl von Cyberattacken dadurch gezwungen bin, gerade bei "angeblicher Behördenkommunikation" vorsichtig zu sein. Weiters kann ich mich auch nicht erinnern, dass ich eine Benachrichtigung zu einem Schriftstück erhalten habe.

Eine E-Mail gilt grundsätzlich als zugestellt, wenn Sie in den Verfügungsbereich des Empfänger gelangt ist. Dies gilt es somit zu klären.

Bin ich durch meine Anmeldung verpflichtet regelmäßig und proaktiv in diese Mailbox (die weder in die App digitales Amt integriert ist, noch ein Mindestmaß an Usability beinhaltet) kompliziert über Umwege am iPhone einzusteigen? Der Abruf dieser Dokumente von einem iPhone ist ein Krampf...

Somit habe ich von der Existenz des Schriftstückes nichts gewusst und konnte mich auch nicht rechtfertigen.

Ich ersuche somit der Beschwerde stattzugeben und das Verfahren einzustellen.

Weiters teile ich hiermit mit, dass ich gegenüber der MA67 sämtliche elektronischen Zustellvollmachten hiermit WIDERRUFE und eine Zustellung auf postalischem Wege für dieses Verfahren als auch alle etwaigen zukünftigen Verfahren."

Die Beschwerde wurde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Erwägungen des Bundesfinanzgerichts

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** (D) am in der Kundmanngasse 21, 1030 Wien, abgestellt, sodass es dort um 19:39 Uhr gestanden ist.

Eine Parkometerabgabe wurde dafür nicht entrichtet.

2. Beweiswürdigung

Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan X hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen in der im dritten Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone aufgrund der fehlenden Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet. Aus der Anzeige vom und den Beweisfotos gehen der Tatort, die Tatzeit, die Tatbeschreibung und die Beschreibung und das Kennzeichen des gegenständlichen Fahrzeuges hervor.

Der Beschwerdeführer äußerte sich weder zum von der belangten Behörde angegebenen Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges noch zum Beanstandungszeitpunkt sowie dazu, dass kein Parkschein vorhanden war.

Dass der Beschwerdeführer der Lenker des Kraftfahrzeuges war, ergibt sich aus der Lenker*innenauskunft vom durch die Auto GmbH mit Verweis auf einen Fahrzeugbenutzungsvertrag, aus dem hervorgeht, dass das Fahrzeug vom Beschwerdeführer im Zeitraum , 21:00 Uhr, bis , 15:00 Uhr, angemietet war.

3. Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Objektives Tatbild

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

Der Beschwerdeführer hat das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne zu Beginn und für die gesamte Dauer des Abstellens die Parkometerabgabe zu entrichten und somit den objektiven Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklicht.

Der Beschwerdeführer macht geltend, von der Existenz der Aufforderung zur Rechtfertigung nichts gewusst zu haben und sich daher auch nicht rechtfertigen habe können. Ihm sei weiterhin unklar, ob er durch ihre Anmeldung zum elektronischen Briefverkehr verpflichtet sei, regelmäßig und proaktiv in diese Mailbox, die insbesondere über ein iPhone nicht benutzerfreundlich zu bedienen sei, einzusteigen. Weiters könne er sich auch nicht erinnern, dass er eine Benachrichtigung zu einem Schriftstück erhalten habe. Dass das Straferkenntnis nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

§ 28b Zustellgesetz normiert:

"(1) Die Anmeldung zum und die Abmeldung vom Teilnehmerverzeichnis sowie die Änderung der Teilnehmerdaten haben über das Anzeigemodul gemäß § 37b oder mit Zustimmung automatisiert über andere elektronische Verfahren zu erfolgen. Die Anmeldung gilt als Einwilligung zum Empfang von Zustellstücken in elektronischer Form. Für die Entgegennahme von Zustellungen mit Zustellnachweis oder nachweislichen Zusendungen hat die Anmeldung unter Verwendung der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) zu erfolgen."

§ 35 Zustellgesetz normiert:

"(6) Die Zustellung gilt als am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung bewirkt, wobei Samstage nicht als Werktage gelten. Sie gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass die elektronischen Verständigungen nicht beim Empfänger eingelangt waren, doch wird sie mit dem dem Einlangen einer elektronischen Verständigung folgenden Tag innerhalb der Abholfrist (Abs. 1 Z 3) wirksam.

(7) Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger
1. von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte oder
2. von diesen zwar Kenntnis hatte, aber während der Abholfrist von allen Abgabestellen (§ 2 Z 4) nicht bloß vorübergehend abwesend war, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das Dokument abgeholt werden könnte"

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).

Nach dem im Verfahrensakt aufliegenden Zustellnachweis (AS 47) wurde die erste elektronische Verständigung über die Bereithaltung der Abholung am , 01:05 Uhr, versendet. Die zweite elektronische Verständigung erging am , 01:15 Uhr. Bis zum Ende der Abholfrist am , 00:00 Uhr, wurde das behördliche Dokument nicht übernommen.

Da der Beschwerdeführer mit der Anmeldung zur Teilnahme am elektronischen Briefverkehr seine Einwilligung zum Empfang von Zustellstücken in elektronischer Form erteilt hat und nicht in der Lage war, für die Behauptung, von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis gehabt zu haben, konkrete Beweise anzubieten, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs 2 AVG davon aus, dass die Aufforderung zur Rechtfertigung vom am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung, der kein Samstag war, somit am , rechtmäßig zugestellt wurde.

Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit hatte, in der Beschwerde sowie im Beschwerdeverfahren inhaltliche Einwendungen hinsichtlich der angelasteten Verwaltungsübertretung zu erheben, was dieser jedoch unterließ.

Verschulden

§ 5 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) normiert:

"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Für den Beschwerdeführer bestand die Verpflichtung, sich vor dem Abstellen des Fahrzeuges mit den einschlägigen parkometerrechtlichen Vorschriften bzw. deren praktischer Anwendbarkeit (rechtzeitiger Erwerb von Parkscheinen, Schaffung der Voraussetzungen für die Aktivierung elektronischer Parkscheine) auseinanderzusetzen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Geltungsbereich der Kurzparkzone im Wiener Stadtgebiet in dem von der Stadt Wien zur Verfügung gestellten Stadtplan einsehbar ist (https://www.wien.gv.at/stadtplan/).

Weil der Beschwerdeführer seiner dementsprechenden Sorgfaltspflicht aber nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist, er keine Gründe vorbrachte, um sein mangelndes Verschulden darzutun, und auch sonst aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich sind, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein (schwereres) Verschulden trifft, ist von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.

Strafbemessung

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 19 VStG normiert:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe.

Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden (vgl , mwN, sowie , mwN).

Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der beschwerdeführenden Partei zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die beschwerdeführende Partei eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Weil keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aktenkundig sind, kommt der beschwerdeführenden Partei der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute. Weitere Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen.

Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation der beschwerdeführenden Partei besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von 60,00 € angesichts des bis zu 365,00 € reichenden Strafrahmens als angemessen und nicht überhöht zu betrachten.

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) ist die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

Mündliche Verhandlung

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und im angefochtenen Straferkenntnis eine 500 € nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Kostenentscheidung (Spruchpunkt II.)

Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10,00 €, zu bemessen ist, wurde er mit 10,00 € korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs 2 VwGVG weitere 12,00 € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Vollstreckung (Spruchpunkt III.)

Gemäß § 52 Abs 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt ( sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm 6).

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt 82,00 €, er setzt sich zusammen aus dem Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 €), der verhängten Geldstrafe (60,00 €) und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (10,00 €).

Informativ wird mitgeteilt, dass die Einzahlung auf folgendes Bankkonto des Magistrats der Stadt Wien bei der UniCredit Bank Austria AG zu erfolgen hat:

Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt IV.)

Art 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu 365 € und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Beschwerdeführer unzulässig (, mwN).

Die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist für die belangte Behörde nach Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG unzulässig, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, insbesondere, dass die Anmeldung zum Teilnehmerverzeichnis als Einwilligung zum Empfang von Zustellstücken in elektronischer Form gilt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500328.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at