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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2024, RV/3101249/2016

Umsatzsteuerbetrug im innergemeinschaftlichen Handel mit gebrauchten Fahrzeugen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, Italien, vertreten durch AWION Wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Fritz Atzl-Straße 9, 6300 Wörgl, über

1. die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes ***Finanzamt*** vom betreffend Einkommensteuer 2010 bis 2014,

2. die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes ***Finanzamt*** vom betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2015,

alle zur Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht:

I. Hinsichtlich der Einkommensteuer 2011 und 2012 wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und diese Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

III. Aus Anlass der Beschwerde wird der Umsatzsteuerbescheid für 2015 vom dahingehend abgeändert, dass die vorläufige Festsetzung durch eine endgültige Festsetzung ersetzt wird.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

1.1. Abgabenbehördliche Maßnahmen und Vorbringen der Behörde

1.1.1. Umsatzsteuersonderprüfung betreffend Zeiträume der Jahre 2009-2011

In den Jahren 2011 und 2012 führte die belangte Behörde beim Beschwerdeführer (Bf.) eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Zeiträume Oktober 2009 bis November 2010 sowie Jänner bis März 2011 durch. Mit Niederschrift und Bericht vom schloss die belangte Behörde diese Prüfung ab, wobei sie feststellte, der Bf. habe innergemeinschaftliche Lieferungen an ausländische Unternehmen getätigt, deren UID-Nummern generell bzw. im Zeitpunkt der Lieferung ungültig gewesen seien; er habe nie Bestätigungsverfahren durchgeführt. Außerdem habe der Bf. im Jahr 2010 ein Neufahrzeug angeschafft, das in der Folge in Österreich zugelassen und später als Gebrauchtfahrzeug weiterverkauft worden sei; dieses unterliege in Österreich der Erwerbsbesteuerung.

Abgesehen von diesen Feststellungen wurde im Zuge dieser Prüfung auch der nun streitgegenständliche Sachverhalt und dessen rechtlichen Folgen ausführlich besprochen (Besprechung vom mit dem Bf., seinen steuerlichen Vertretern, dem Prüfer und seinem Teamleiter). Der Bf. legte dabei dar, dass er einerseits Fahrzeuge selbst in Deutschland kaufe und auch selbst an italienische Kunden überstelle, worüber allerdings keine Nachweise vorliegen würden; andererseits würde er auch Fahrzeuge in Deutschland kaufen und diese zu Lagern bei italienischen Autohändlern verbringen, welche diese in weiterer Folge im Namen des Bf. an Privatkunden veräußern würden.

Nach übereinstimmender Ansicht des Bf. und der Abgabenbehörde seien die zwei erwähnten Fälle umsatzsteuerlich unterschiedlich zu behandeln: Während in einem Fall (abgesehen von der schwierigen Nachweisführung) grundsätzlich die Versandhandelsregelung zur Anwendung kommen könne, handle es sich im anderen Fall um ein innergemeinschaftliches Verbringen zu eigenen Handen des Bf., welches nur dann in Österreich steuerfrei sein könne, wenn der Bf. diesbezüglich eine italienische UID-Nummer nutzt.

Die belangte Behörde sicherte dem Bf. schließlich zu, dass - ab Überschreiten der Lieferschwelle - bei Nachweis der Besteuerung in Italien von einer Besteuerung in Österreich abgesehen werde. Dem Bf. wurde von der belangten Behörde aufgetragen, sich bei den italienischen Steuerbehörden zu melden und die Umsatzbesteuerung in Italien nachzuweisen sowie "ex nunc" eine sorgfältige Trennung der Umsätze in Versandhandelsumsätze und innergemeinschaftliches Verbringen vorzunehmen.

Infolge dieser Prüfung erließ die belangte Behörde am den getroffenen Feststellungen entsprechende Umsatzsteuer-Festsetzungsbescheide für die Monate März, April, Juni und September 2010, die mangels Anfechtung rechtskräftig wurden.

Für die Jahre 2009 bis 2012 ergingen vor den nunmehr angefochtenen Bescheiden jeweils gemäß § 200 BAO vorläufige Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide, wobei die Vorläufigkeit entweder mit der noch offenen steuerlichen Behandlung in Italien oder gar nicht begründet wurde. Diese vorläufigen Bescheide wurden bis zur Erlassung der nunmehr angefochtenen Bescheide allesamt rechtskräftig.

1.1.2. Außenprüfung betreffend die Jahre 2009 bis 2014 ("strittige Prüfung")

In den Jahren 2015 und 2016 führte die belangte Behörde beim Bf. eine Außenprüfung bezüglich der Einkommen- und Umsatzsteuer sowie der Normverbrauchsabgabe zunächst für die Jahre 2009 bis 2012 und später ausgedehnt auf die Jahre 2009 bis 2014 durch. Mit Bericht vom schloss die belangte Behörde diese Prüfung ab. Im Prüfbericht traf die belangte Behörde Feststellungen folgenden Inhalts:

Tz. 1 Kassaführung: Es sei kein Kassabuch geführt bzw. vorgelegt worden, obwohl laufend erhebliche Barbeträge eingenommen sowie ausgegeben worden seien; ein Kassasturz sei nie vorgenommen worden; die ausgewiesenen Bargeldbestände seien nicht nachgewiesen worden; das Kassa- bzw. "Barbewegungskonto" in der Buchhaltung sei nachträglich vom Steuerberater erstellt worden; eine Zuordnung der erfolgten Bank- und Barzahlungen zu bestimmten Eingangs- bzw. Ausgangsrechnungen sei nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich. Demzufolge sei die Buchhaltung formell mangelhaft und würden Zweifel an ihrer sachlichen Richtigkeit bestehen, weshalb eine Schätzung gemäß § 184 BAO vorzunehmen sei.

Tz. 2 Fehlende Erlöse: In den Jahren 2010 und 2011 seien näher bezeichnete nachweislich nicht verbuchte Erlöse festgestellt worden.

Tz. 3 Sicherheitszuschlag: Aufgrund der Buchhaltungsmängel (Tz. 1), Erlösverkürzungen (Tz. 2) und der pauschalen Einkaufsnachbuchungen (Tz. 4) werde in den Jahren 2010-2012 ein Sicherheitszuschlag zum Gewinn in Höhe von jährlich 10.000 € hinzugerechnet, zumal der Bf. selbst zu erkennen gegeben habe, dass nicht alle Barvorgänge lückenlos erfasst wurden.

Tz. 4 Wareneinkauf: Bei den Jahresabschlüssen 2011 und 2012 seien pauschal ermittelte Wareneinkäufe (über das Kassakonto) nachgebucht worden, für die keine Rechnungen vorgelegt worden seien. Im Zuge des Prüfungsverfahrens seien der Bf. bzw. sein Steuerberater gemäß § 162 Abs. 1 BAO aufgefordert worden, die Empfänger dieser Zahlungen bekannt zu geben; dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden. Die geltend gemachten Aufwendungen seien daher gemäß § 162 Abs. 2 BAO nicht anzuerkennen.

Tz. 5 Provisionsaufwand: Im Jahr 2010 sei ein Provisionsaufwand in Höhe von 11.200 € doppelt als Aufwand verbucht worden.

Tz. 6 Innergemeinschaftliche Lieferungen: Der Bf. habe zwei Aston Martin unter Verwendung seiner österreichischen UID-Nummer in Italien erworben und nach Rumänien verkauft. Die Fahrzeuge seien jedoch entgegen den Behauptungen des Bf. nie nach Österreich gelangt und eine Versteuerung in Rumänien sei nicht nachgewiesen worden, wodurch infolge Verwendung der österreichischen UID-Nummer ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland verwirklicht worden sei ("Doppelerwerb"), dem mangels eines im Inland steuerbaren Umsatzes kein Vorsteuerabzug gegenüberstehe.

Tz. 7 Umsatzsteuer: Die Geschäftstätigkeit des Bf. bestehe überwiegend darin, Gebrauchtfahrzeuge bei Autohändlern in Deutschland zu kaufen und unter Anwendung der sogenannten "Versandhandelsregelung" an Privatpersonen in Italien zu verkaufen. Bei den italienischen Zulassungsbehörden seien dabei als "Rechnungen" bezeichnete Belege mit ausgewiesener österreichischer Umsatzsteuer vorgelegt worden, während den österreichischen Behörden über den Verkauf derselben Fahrzeuge jeweils Rechnungen mit dem Ausweis italienischer Mehrwertsteuer vorgelegt worden seien. Der Bf. habe weder in Italien noch in Österreich entsprechende Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. -erklärungen eingereicht oder Umsatzsteuerzahlungen geleistet.

All dies weise auf einen bewussten Abgabenbetrug durch den Bf. hin. Zum Zeitpunkt des Prüfungsabschlusses sei von den italienischen Steuerbehörden nur für das Jahr 2009 eine Vorschreibung der Umsatzsteuer erfolgt; eine Bezahlung dieser Forderung habe der Bf. weder behauptet noch nachgewiesen. Da der Bf. wusste oder hätte wissen müssen, dass die Umsätze in Verbindung mit einem Mehrwertsteuerbetrug stehen, seien ihm sowohl der Vorsteuerabzug als auch die Anwendung der Versandhandelsregelung zu versagen (unter Verweis auf , Schoenimport "Italmoda"); die daraus resultierenden Umsatzsteuernachforderungen seien ertragsteuerlich zu passivieren.

Tz. 8 Innergemeinschaftliches Verbringen: Von den Umsätzen, die bereits aufgrund Tz. 7 ohnehin in Österreich steuerpflichtig seien, wäre ein erheblicher Teil auch deshalb in Österreich steuerpflichtig, weil der Bf. das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Versandhandelsregelung (nämlich, dass der Käufer bereits zum Zeitpunkt der Lieferung festgestanden habe und die Lieferung auch vom Lieferanten erbracht worden sei) nicht nachgewiesen habe. Bei diesen Lieferungen handle es sich folglich um innergemeinschaftliche Lieferungen oder ein innergemeinschaftliches Verbringen zu eigenen Handen des Bf., wobei der Bf. keine Nachweise für die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit (Verwendung einer gültigen italienischen UID-Nummer, Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung) erbracht habe. Eine weitere Steuernachforderung ergebe sich aus dieser Feststellung nicht (Alternativbegründung zu Tz. 7).

Tz. 9 Belege mit österreichischer Umsatzsteuer: Von den italienischen Behörden seien Belege übermittelt worden, die bei der Ausstellung durch den Pflichtigen als "Rechnungen" bezeichnet worden seien. Auf diesen sei die österreichische Umsatzsteuer ausgewiesen, wodurch dokumentiert werde, dass die entsprechenden Umsätze in Österreich stattgefunden haben und somit der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen. Auch aus dieser Feststellung ergebe sich keine weitere Steuernachforderung (weitere Alternativbegründung zu Tz. 7).

Tz. 10 Italienische Umsatzsteuer: Da für die Jahre 2010 bis 2014 in Italien weder Umsatzsteuererklärungen eingereicht noch Umsatzsteuerzahlungen geleistet worden seien, könne die italienische Umsatzsteuer für diese Jahre nicht als Verbindlichkeit in die Bilanz eingestellt werden.

Tz. 11 Gewinnfreibetrag: Aufgrund der übrigen Feststellungen verbleibe im gesamten Prüfungszeitraum kein steuerpflichtiger Gewinn, womit auch der Gewinnfreibetrag gemäß § 10 EStG 1988 wegfalle.

Infolge der genannten Feststellungen änderte die belangte Behörde die umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen und gelangte zu Nachforderungen an Umsatzsteuer in folgender Höhe:

In den Beilagen zum Prüfungsbericht stellte die belangte Behörde auch die Berechnung der geänderten Bemessungsgrundlagen im Detail dar, die auf Grundlage einer Kalkulation unter Heranziehung des buchmäßigen Rohaufschlagskoeffizienten erfolgte.

In weiterer Folge rechnete die belangte Behörde dem Bf. folgende Beträge zum Gewinn hinzu bzw. ab, wodurch sich insgesamt in allen Jahren ein Verlust ergab:

1.1.3. Erlassung der angefochtenen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide

Am erließ die belangte Behörde den Feststellungen entsprechende Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2014, wobei die (endgültigen) Bescheide für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils die früheren, vorläufig erlassenen Bescheide ersetzten; für die Jahre 2013 und 2014 ergingen dabei jeweils erstmals (und ebenfalls endgültige) Abgabenbescheide. Der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2015 erging hingegen vorläufig. Begründend verwies die Behörde in all diesen Bescheiden auf die "Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind". Zur Vorläufigkeit hinsichtlich des Umsatzsteuerbescheides 2015 ist diesen Dokumenten keine Begründung zu entnehmen.

1.2. Beschwerden

1.2.1. Fristverlängerungsanträge

Am beantragte der Steuerberater des Bf. über FinanzOnline urlaubsbedingt die Verlängerung der Beschwerdefrist betreffend alle angefochtenen Bescheide bis . Am beantragte er eine erneute Verlängerung der Frist hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide "um eine weitere Woche bis " (dies ist das Bescheiddatum, offenbar gemeint: Verlängerung der bisherigen Frist bis um eine weitere Woche, daher bis ). Die Fristverlängerungen wurden von der belangten Behörde jeweils stillschweigend gewährt.

1.2.2. Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2009-2015

Am brachte der Bf. innerhalb der verlängerten Beschwerdefrist bei der belangten Behörde Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2015 vom ein. Darin bekämpft er ausschließlich die Feststellungen Tz. 6 bis 9 der strittigen Prüfung. Begründend führte er zusammengefasst aus:

Zu Tz. 6: Der Bf. habe den Nachweis gemäß § 3 VO BGBl. 401/1996 für die Lieferung von Österreich nach Rumänien erbracht; eine darüber hinausgehende Nachweispflicht bestehe nicht. Eines Nachweises über die ursprüngliche Lieferung der Fahrzeuge nach Österreich bedürfe es nicht. Die in Tz. 6 behandelten Lieferungen seien als korrekt ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei zu behandeln.

Zu Tz. 7: Die belangte Behörde habe es trotz mehrfacher Aufforderung unterlassen, den tatsächlichen Sachverhalt im Wege der Amtshilfe mit Italien zu ermitteln. Der Bf. erhalte als Steuerpflichtiger und Beschuldigter in Italien bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens keinerlei Auskünfte; der belangten Behörde sei dies jedoch möglich. Von einer betrügerischen Absicht des Bf. könne spätestens ab Einbringung der Selbstanzeige im Jahr 2011 bei der italienischen Guardia di Finanza nicht mehr gesprochen werden. Dass die Verfahren in Italien so lange dauern, könne dem Bf. nicht zur Last gelegt werden. Aus all diesen Gründen sei die Rechtsprechung des EuGH in Schoenimport "Italmoda" im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Zu Tz. 8: Da der Endverbrauch nicht in Österreich stattfinde, liege keine Gefährdung des österreichischen Steueraufkommens vor; eine Besteuerung im Inland widerspreche somit dem Prinzip der Neutralität der Umsatzsteuer und sei daher unionsrechtswidrig. Zudem verletze die belangte Behörde mit dieser Feststellung den Grundsatz von Treu und Glauben, indem sie von ihrer im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung geäußerten Rechtsansicht abgehe.

Zu Tz. 9: Wie die belangte Behörde selbst einräume, handle es sich bei den gegenständlichen Belegen aufgrund formeller Mängel nicht um Rechnungen im Sinne des § 11 UStG 1994, weshalb auch keine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung vorliege. Genauso wenig gäbe es eine "Umsatzsteuerschuld kraft Dokumentation", weshalb Tz. 9 jegliche Grundlage fehle.

Der Bf. beantragte in der Beschwerde die Direktvorlage an das Bundesfinanzgericht (das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung), die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat.

1.2.3. Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2010-2014

Am und sohin am letzten Tag der verlängerten Beschwerdefrist brachte der Bf. bei der belangten Behörde Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2014 vom ein. Darin bekämpft er ausschließlich die Feststellungen Tz. 4 und 10 der strittigen Prüfung. Begründend führte er zusammengefasst aus:

Zu Tz. 4: Die ersatzlose Streichung der Betriebsausgaben gemäß § 162 BAO für den Einkauf von Waren würde den Effekt auslösen, dass die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer der volle Umsatz wäre. Dies widerspräche dem Prinzip der Leistungsfähigkeit und dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, zumal die Einkäufe unstrittig erfolgt seien. Der Wareneinkauf sei vielmehr amtswegig im Schätzungswege zu ermitteln.

Zu Tz. 10: Der Bf. habe in Italien eine Selbstanzeige erstattet; im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung seien Steuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2014 zwar noch ausständig, aber es würden aus verschiedenen Schreiben der italienischen Behörden bereits konkrete Umsatzsteuerbeträge hervorgehen. Eine Streichung der Verbindlichkeit sei nur gerechtfertigt, wenn in Italien keine Umsatzsteuer festgesetzt werden würde. Der Bf. rügt in diesem Zusammenhang ferner erneut, dass die belangte Behörde seiner Anregung der Durchführung eines Amtshilfeverfahrens nicht gefolgt ist.

Der Bf. beantragte auch in dieser Beschwerde die Direktvorlage an das Bundesfinanzgericht (das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung), die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat.

1.3. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

Die belangte Behörde hat die gegenständlichen Beschwerden am und somit innerhalb der dafür zur Verfügung stehenden dreimonatigen Frist wie beantragt ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Im Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde die vollinhaltliche Abweisung der Beschwerden.

Im Zuge der Finanzorganisationsreform trat mit das Finanzamt Österreich an die Stelle der bescheiderlassenden Behörde. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der mit neu besetzten Senatsgerichtsabteilung 4013-1 zugewiesen.

Am ersuchte der Berichterstatter den steuerlichen Vertreter um Angabe, ob das Vollmachtverhältnis nach wie vor aufrecht sei und ob er die Anträge auf mündliche Verhandlung und Senat aufrechterhalte, was dieser am bejahte. Am teilte der steuerliche Vertreter dem Gericht zudem unter Verweis auf seine Stellung als Zustellbevollmächtigter die aktuelle Anschrift des Bf. mit.

Am ersuchte das Gericht den steuerlichen Vertreter um Übermittlung einer kurzen Darstellung des aktuellen Verfahrensstandes in Italien sowie sämtlicher Abgabenerklärungen und Selbstanzeigen des Bf. an die italienischen Abgabenbehörden samt dazugehöriger verfahrensbeendender Erledigungen der italienischen Abgabenbehörden, soweit diese den Beschwerdezeitraum betreffen. Dieses Ersuchen beantwortete der steuerliche Vertreter - nachdem er am noch angekündigt hatte, dem Gericht diese Informationen "in der übernächsten Woche" zukommen zu lassen - erst am und nur mit der Angabe, dass die Verhandlung in Italien nun stattgefunden habe und er den Bf. beauftragt habe, eine übersetzte Kopie des Urteils zu beschaffen.

Am forderte das Gericht den steuerlichen Vertreter zur Übermittlung einer Kopie des italienischen Originals sowie einer deutschen Übersetzung des von ihm erwähnten Urteils. Außerdem urgierte das Gericht die Vorlage der bereits am angeforderten Unterlagen. Daraufhin erfolgte seitens des steuerlichen Vertreters keine weitere Reaktion.

Mit Ladung vom lud das Gericht den Bf. und die belangte Behörde zur einer mündlichen Verhandlung am . Mit Eingabe vom nahm der Bf. die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie Entscheidung durch den Senat zurück, wodurch der Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung zuständig wurde.

2. Sachverhalt

2.1. Unstrittige Feststellungen (Tz. 1, 2, 3 und 5)

Obwohl der Bf. laufend erhebliche Barbeträge sowohl eingenommen als auch ausgegeben und eine große Zahl von Ein- und Ausgangsrechnungen bar bezahlt hatte, führte er für den Prüfungszeitraum kein Kassabuch bzw. legte kein solches vor. In der vom Steuerberater erstellten Buchhaltung wird ein "Barbewegungskonto" geführt. Die auf diesem Konto verbuchten Ein- und Ausgänge fließen vielfach über das Bankkonto. Eine Abstimmung des tatsächlichen Kassastandes mit dem in der Buchhaltung ausgewiesenen Bestand wurde nicht vorgenommen. Ein- und Ausgangsrechnungen wurden oft mit dem Rechnungsdatum auf diesem Barbewegungskonto als Kassa-Ein- oder -Ausgang verbucht, obwohl die Zahlungen tatsächlich über das Bankkonto getätigt wurden. Bei der tatsächlichen Bankbewegung erfolgte dann die Gegenbuchung über das Kassakonto. Eine Zuordnung von Bank- und Barzahlungen zu konkreten Ein- bzw. Ausgangsrechnungen ist dadurch nicht oder nur unter erheblichen, zeitaufwändigen Nachforschungen möglich.

Weiters wurden im Zuge der Erstellung der Jahresabschlüsse 2013 und 2014 sowohl Ein- als auch Verkaufsrechnungen über das Kassakonto nachgebucht.

In den eingereichten Bilanzen werden folgende Kassastände ("Barbewegungsstände") ausgewiesen:

: -11.500,00 €
: 1.472.357,15 €
: 2.415.573,51 €

Beim Jahresabschluss 2013 werden 3.450.014,57 € und beim Jahresabschluss 2014 648.974,89 € vom "Barbewegungs-" (= Kassa-)Konto auf das Privatkonto umgebucht.

Der mehrfachen Aufforderung des Prüfers während des Prüfungsverfahrens, den in der Buchhaltung ausgewiesenen Bargeldbestand nachzuweisen, wurde nicht nachgekommen.

In den Jahren 2010 und 2011 wurden folgende Erlöse nicht verbucht:

Vor allem auf Grund der nicht kontrollierbaren Barein- und -ausgänge konnte der tatsächliche tägliche Kassabestand nicht ermittelt oder überprüft werden. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Bareingänge aus Verkäufen keinen Eingang in die Buchhaltung gefunden haben.

Im Jahr 2010 wurde Provisionsaufwand in Höhe von 11.200 € doppelt als Aufwand verbucht.

2.2. Zu Tz. 4 "Wareneinkauf"

Bei den Jahresabschlüssen 2011 und 2012 wurden Wareneinkäufe (über das Kassakonto) nachgebucht. Für diese Buchungen wurden keine Rechnungen vorgelegt. Die Werte wurden pauschal ermittelt.

Am versandte der Fachvorstand der belangten Behörde an den steuerlichen Vertreter des Bf. eine E-Mail, in welchem unter Bezug auf eine nicht näher bezeichnete Besprechung unter anderem ausgeführt wird:

"Im Zuge der letzten Besprechung wurde zum Thema Schätzungsberechtigung versichert, dass alle Verkäufe eindeutig zu den Einkäufen zuordenbar sind:

In den Jahren 2011 und 2012 wurde im Zuge des Jahresabschlusses Wareneinkauf nachgebucht (UB 35/2011: € 91.736,36; UB 17/2012: € 45.980,47 - jeweils auf Kto 5000). Zur Abklärung dieser Positionen sind die diesbezüglichen ER und Zahlungsbelege vorzulegen.

Ich ersuche um Beantwortung der offenen Fragen und gegebenenfalls um Vorlage der entsprechenden Nachweise."

Weder in der erwähnten Besprechung noch sonst im Zuge der strittigen Prüfung erging eine auf § 162 BAO gestützte schriftliche oder mündliche Aufforderung zur Empfängerbenennung.

2.3. Zu Tz. 6 "Innergemeinschaftliche Lieferungen"

Mit Eingangsrechnung vom erwarb der Bf. von der Fa. ***Verkäufer-IT1***, Brescia, Italien, zwei Fahrzeuge der Marke Aston Martin um zusammen 120.200 €. In der Rechnung für diese beiden Fahrzeuge wurde der Bf. mit seiner österreichischen UID-Nummer als Lieferempfänger angeführt. Von der Lieferfirma wurde dieser Lieferung in ihrer zusammenfassenden Meldung als innergemeinschaftliche Lieferung von Italien nach Österreich erfasst.

Der Bf. hat diese beiden Fahrzeuge Iaut den Ausgangsrechnungen 151/2011 bzw. 152/2011, jeweils vom , an die Fa. ***Käufer-RO1***, ***Käufer-RO1-Ort***, Rumänien, weiterverrechnet. Auf den Ausgangsrechnungen wurde die UID-Nummer des rumänischen Kunden angeführt. In seiner zusammenfassenden Meldung erklärte der Bf. diesen Umsatz als innergemeinschaftliche Lieferung von Österreich nach Rumänien.

Die Fahrzeuge wurden von Italien nach Rumänien geliefert, ohne dabei in das österreichische Staatsgebiet gelangt zu sein. Ein Nachweis dafür, dass die Fahrzeuge in Rumänien besteuert wurden, wurde vom Bf. nicht erbracht.

2.4. Zu Tz. 7-9

Der Bf. hat am beim Finanzamt ***Finanzamt*** einen Fragebogen anlässlich der Eröffnung eines Gewerbebetriebes zum eingereicht. Dabei bezeichnete er seine Geschäftstätigkeit als "Handel mit Kraftfahrzeugen" und gab als voraussichtlichen Jahresumsatz im Eröffnungsjahr 15.000 € sowie in den Folgejahren 45.000 € an.

In weiterer Folge hat er vorwiegend Gebrauchtfahrzeuge bei deutschen Autohändlern (als innergemeinschaftliche Erwerbe mit Vorsteuerabzug) eingekauft und überwiegend an Privatpersonen in Italien weiterverkauft. Verhältnismäßig geringfügige Verkäufe erfolgten auch als an italienische Autohändler. All diese Verkäufe wurden vom Bf. als in Österreich steuerfreie Lieferungen behandelt - jene an Privatpersonen nach der Versandhandelsregelung und die übrigen als gewöhnliche innergemeinschaftliche Lieferungen. Es wurden keine Nachweise dafür erbracht, dass der Bf. die gegenständlichen Fahrzeuge selbst nach Italien verbracht hat bzw. den Transport nach Italien veranlasste.

Mit dieser Tätigkeit erzielte er Umsätze in der Höhe der in der ersten Tabelle auf Seite 5 dieses Erkenntnisses, Zeile "Umsätze Tz. 7", angeführten Beträge. Auf den Erwerb der mit dieser Tätigkeit zusammenhängenden Fahrzeuge entfallen die vom Bf. geltend gemachten Vorsteuern in Höhe der Beträge, die in derselben Tabelle in der Zeile "nichtabzugsfähige VSt." angeführt sind. Seit Beginn seiner Tätigkeit im Jahre 2009 bis zum Abschluss der Außenprüfung hat der Bf. diese Umsätze weder in Österreich noch in Italien erklärt und auch nicht die darauf entfallende Umsatzsteuer entrichtet.

Bei den italienischen Zulassungsbehörden wurden als "Rechnungen" bezeichnete, vom Bf. ausgestellte Belege vorgelegt, auf denen österreichische Umsatzsteuer ausgewiesen ist (diese weisen aber nicht alle Rechnungsmerkmale des § 11 UStG 1994 auf). Dadurch sollte für die Zulassungsbehörden in Italien der Eindruck erweckt werden, dass die Umsatzsteuer für diese Fahrzeuge in Österreich entrichtet wurde. Über den Verkauf derselben Fahrzeuge wurden der österreichischen Abgabenbehörde vom Bf. Rechnungen vorgelegt, in denen die italienische Mehrwertsteuer ausgewiesen ist. Der Bf. wusste nicht nur, dass er damit in einen Umsatzsteuerbetrug verwickelt ist, sondern es kam ihm gerade darauf an, einen solchen zu begehen. Der Bf. beabsichtigte von Anfang an, für den Großteil seiner Umsätze weder in Österreich noch in Italien Umsatzsteuer zu entrichten.

Für das Jahr 2009 wurde von den italienischen Steuerbehörden im Jahr 2015 ein Umsatzsteuer-bescheid erlassen. In diesem Bescheid wird eine Zahlungsfrist bis eingeräumt (für die Umsatzsteuerschuld und die verhängte Finanzstrafe). Eine entsprechende Zahlung wurde bis heute weder behauptet noch nachgewiesen. Für die restlichen Jahre erfolgte bisher keine Vorschreibung der Umsatzsteuer durch die italienischen Steuerbehörden.

2.5. Zu Tz. 10 "Italienische Umsatzsteuer"

Der Bf. hat in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils die folgenden Beträge gewinnwirksam als Verbindlichkeiten gegenüber den italienischen Steuerbehörden für die Entrichtung von italienischer Umsatzsteuer eingebucht und dadurch seinen Gewinn gemindert:

3. Beweiswürdigung

3.1. Zu den unstrittigen Feststellungen (Tz. 1, 2, 3 und 5)

Den Feststellungen in Abschnitt 2.1. dieses Erkenntnisses liegen die Sachverhaltsfeststellungen des Prüforgans der belangten Behörde in den Tz. 1, 2, 3 und 5 zugrunde. Der Bf. hat diese Sachverhaltsfeststellungen nicht bestritten und widersprechende Beweisergebnisse liegen dem Gericht nicht vor, weshalb das Gericht diese bedenkenlos seiner Entscheidung zugrunde legen konnte. Dass der Bf. nicht alle Barvorgänge lückenlos erfasst hat, wird zudem durch die von Steuerberater vorgenommenen pauschalen Einkaufsnachbuchungen im Zuge der Erstellung der Jahresabschlüsse verdeutlicht.

3.2. Zu Tz. 4 "Wareneinkauf"

Die pauschale Ermittlung der in Abschnitt 2.2. dieses Erkenntnisses angeführten Wareneinkäufe sowie die Nichtvorlage diesbezüglicher Rechnungen wurde vom Prüforgan der belangten Behörde festgestellt (Tz. 4) und vom Bf. auch nicht bestritten, weshalb das Gericht diese Sachverhaltselemente bedenkenlos seiner Entscheidung zugrunde legen konnte.

Der Inhalt der auszugsweise zitierten E-Mail ergibt sich unmittelbar aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen (ON 24). Obwohl der Bf. und die belangte Behörde offenbar übereinstimmend davon ausgehen, dass im Zuge der strittigen Prüfung eine wirksame Aufforderung zur Empfängerbenennung ergangen ist, konnte das Gericht diesbezüglich nur feststellen, dass keine solche ergangen ist, weil sich weder in den vorgelegten Unterlagen noch im elektronischen Archiv der Außenprüfung, in welches das Gericht von Amts wegen Einsicht nahm, Hinweise auf eine Aufforderung zur Empfängerbenennung finden lassen. Insbesondere konnte das Gericht keine Niederschrift über die erwähnte Besprechung auffinden.

3.3. Zu Tz. 6 "Innergemeinschaftliche Lieferungen"

Im Zuge des Prüfungsverfahrens forderte die Abgabenbehörde Nachweise für den Transport der beiden Aston Martin von Italien nach Österreich bzw. von Österreich nach Rumänien an. Daraufhin wurde seitens des Bf. erklärt, dass die beiden Fahrzeuge vom rumänischen Kunden direkt von Italien nach Rumänien geliefert worden seien (Anfragebeantwortung des Steuerberaters vom ).

Auf Grund dieses Sachverhalts wurde dem Steuerberater von der Behörde mitgeteilt, dass bei dieser Vorgangsweise durch die Verwendung der österreichischen UID-Nummer ein weiterer innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich getätigt werde und dieser Erwerb in Österreich so lange steuerpflichtig sei, bis die Versteuerung im Bestimmungsland (hier: Rumänien) nachgewiesen wird; gleichzeitig aber mangels eines steuerbaren Umsatzes in Österreich keine Berechtigung für den Vorsteuerabzug bestehe.

Daraufhin wurde seitens des Bf. behauptet, die Fahrzeuge seien nicht direkt von Italien nach Rumänien geliefert worden, sondern von Brescia nach ***Bf-Ort-Ö*** und anschließend von ***Bf-Ort-Ö*** nach Rumänien. Als Nachweis für diese Vorgangsweise wurden "Documento di Trasporto", datiert vom und mit einem Stempel der rumänischen Firma "***Käufer-RO1-falsch***" (falsch geschriebener Firmenname) von ***Bf-Ort-Ö*** nach Rumänien vorgelegt. Ein Nachweis für den Transport von Brescia nach ***Bf-Ort-Ö*** wurde zunächst nicht vorgelegt.

Zum Nachweis für diesen Transport wurde seitens des Bf. am ein CMR-Papier einer italienischen Transportfirma vorgelegt (ohne bzw. mit unleserlichem Datum). Im Zuge der Schlussbesprechung wurde der Steuerberater aufgefordert, einen Nachweis zu erbringen, von wem dieser Transport in Auftrag gegeben und von wem er bezahlt wurde. Für die Vorlage dieser Unterlagen wurde von der belangten Behörde eine Nachfrist bis eingeräumt. Diese angeforderten Unterlagen bzw. Nachweise wurden ebenso wie ein Nachweis der Besteuerung in Rumänien weder im Zuge des Prüfungsverfahren noch im Zuge des Beschwerdeverfahrens beigebracht.

Wie die belangte Behörde kommt auch das erkennende Gericht unter diesem Umständen in freier Beweiswürdigung zum Schluss, dass kein Nachweis dafür erbracht wurde, dass die beiden gegenständlichen Fahrzeuge im Zuge ihres Verkaufs jemals nach Österreich verbracht wurden. Insbesondere das in sich widersprüchliche Vorbringen des Bf. und die nicht vorgelegten Nachweise zum Transport nach Österreich verunmöglichen dem Gericht die Annahme eines gelungenen Nachweises. Dasselbe gilt hinsichtlich der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Rumänien.

3.4. Zu Tz. 7-9

Die Feststellungen zum Fragebogen anlässlich der Betriebseröffnung, zur grundsätzlichen Vorgehensweise des Bf. bei An- und Verkauf der gegenständlichen Fahrzeuge sowie die festgestellten Beträge gründen auf den insoweit vom Bf. nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde, die auch für das erkennende Gericht nachvollziehbar aus den vorgelegten Aktenteilen hervorgehen.

Dass der Bf. seine Umsätze weder in Österreich noch in Italien erklärt und auch nicht die darauf entfallende Umsatzsteuer entrichtet hat, ergibt sich für das Gericht aus dem Umstand, dass er diesbezüglich trotz mehrfacher Aufforderung weder im Prüfungs- noch im Beschwerdeverfahren konkrete Nachweise vorlegte. Unter anderem wurden vom Bf. in diesem Zusammenhang Abgabenerklärungen, Selbstanzeigen, Steuerbescheide oder dergleichen angefordert. Da der Bf. dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist, kann das Gericht nur zum erwähnten Schluss kommen.

Den wiederholten Anträgen des Bf., die Behörde bzw. das Gericht solle die italienischen Steuerbehörden diesbezüglich um Amtshilfe ersuchen, war nach Ansicht des Gerichts nicht zu folgen, weil der Bf. nicht darlegen konnte, warum er selbst nicht in der Lage sein sollte, die angeforderten Unterlagen zu übermitteln. Diese Anträge dienen daher nach Ansicht des Gerichts nur der Verfahrensverschleppung. Während der Hinweis auf die lange Verfahrens-dauer in Italien grundsätzlich zutreffend sein mag, kann dies höchstens einen Grund für die Nichtvorlage der angeforderten Steuerbescheide bzw. Urteile darstellen, keinesfalls aber für die Nichtvorlage der angeforderten vom Bf. behaupteten Erklärungen bzw. Selbstanzeigen.

Die Vorgehensweise, dass der Bf. den österreichischen Behörden Belege mit dem Ausweis italienischer Mehrwertsteuer vorlegte und gleichzeitig Belege mit dem Ausweis österreichischer Umsatzsteuer zur Vorlage an die italienischen Behörden ausstellte, ist aufgrund der entsprechenden Unterlagen im Akt (ON 23) klar nachvollziehbar. Das Gericht hat keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass es sich dabei um eine allgemeine Vorgehensweise des Bf. handelte, die nicht nur auf diejenigen Einzelfälle beschränkt war, die stichprobenartig überprüft wurden.

Diese Vorgehensweise kann nach Ansicht des erkennenden Gerichts nur damit erklärt werden, dass der Bf. von Anfang an beabsichtigte, für den Großteil seiner Umsätze weder in Österreich noch in Italien Umsatzsteuer zu entrichten. Diese Absicht tritt ferner dadurch klar zutage, dass trotz mehrfacher Aufforderung keinerlei Nachweise für die Entrichtung der Umsatzsteuer - in welchem Staat auch immer - erbracht wurden. Die Vorschreibung der italienischen Steuerbehörden betreffend das Jahr 2009 hat der Bf. durch Vorlage eines entsprechenden Bescheides nachgewiesen; aus der Nichtvorlage weiterer Bescheide trotz mehrmaliger Aufforderung schließt das Gericht, dass für die anderen Jahre keine solchen Vorschreibungen erfolgten.

3.5. Zu Tz. 10 "Italienische Umsatzsteuer"

Die Feststellungen zu den vom Bf. eingebuchten Verbindlichkeiten in Abschnitt 2.5. dieses Erkenntnisses ergeben sich aus den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde im Prüfungsbericht, an deren Richtigkeit auch das Gericht keine Zweifel hat.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Umsatzsteuer

Der Bf. bekämpft in seiner Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide ausschließlich die Feststellungen Tz. 6 bis 9 der strittigen Prüfung. An der Rechtsrichtigkeit der vom Bf. nicht bekämpften Feststellung Tz. 2 (Fehlende Erlöse), die sich auch auf die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide auswirkt, hegt das erkennende Gericht keine Zweifel, weshalb es sich erübrigt, auf diese näher einzugehen.

4.1.1. Zu Tz. 6 "Innergemeinschaftliche Lieferungen"

Gemäß Art. 1 UStG 1994 liegt ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb vor, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Erwerber aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt. Da im vorliegenden Fall Fahrzeuge von Italien nach Rumänien geliefert wurden, ist dieses Tatbestandsmerkmal jedenfalls erfüllt. Fraglich ist, ob dabei ein innergemeinschaftlicher Erwerb "im Inland" (Österreich) erfolgte.

Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 normiert zum Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs Folgendes:
"Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, daß der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß."

Die gegenständlichen Fahrzeuge befanden sich am Ende der Beförderung in Rumänien, aber der Bf. hat den Erwerb unter Verwendung seiner österreichischen UID-Nummer getätigt. Daher gilt der Erwerb als in Österreich bewirkt, solange der Bf. nicht die Besteuerung in Rumänien nachweist. Diesen Nachweis hat der Bf. nach den Feststellungen nicht erbracht; er würde überdies entsprechend dem Verweis auf § 16 UStG 1994 in der zuvor wiedergegebenen Bestimmung nur "ex nunc" gelten und könnte vom Gericht daher ohnehin nicht im gegenständlichen Verfahren berücksichtigt werden. Ein mit dem Erwerb in Österreich korrespondierender Vorsteuerabzug in Österreich ist in diesem Fall ebenfalls nicht möglich, da dies dem Zweck der unionsrechtlichen Vorgabe (Art 40 und 41 MwStSystRL) zuwiderlaufen würde (; , Rn 45; Tumpel in Melhardt/Tumpel, UStG3, Art. 3 Rz 68).

Somit erweist sich die diesbezügliche Feststellung der belangten Behörde als richtig.

4.1.2. Zu Tz. 7-9

Die belangte Behörde hat dem Bf. zunächst unter Verweis auf die einschlägige EuGH-Judikatur zum Umsatzsteuerbetrug in Bezug auf die in Deutschland eingekauften und an Abnehmer in Italien verkauften Fahrzeuge sowohl den Vorsteuerabzug als auch die Steuerfreiheit der Lieferung versagt (Tz. 7). Bei einem erheblichen Teil dieser Transaktionen handle es sich zudem um gewöhnliche innergemeinschaftliche Lieferungen oder ein innergemeinschaftliches Verbringen zu eigenen Handen des Bf., wobei diesbezüglich die Nachweise, die für die Steuerfreiheit erforderlich wären, nicht erbracht worden seien (Tz. 8). Bei der Feststellung Tz. 9 handelt es sich dem Inhalt nach eher um eine Frage der Beweiswürdigung, da von beiden Parteien nicht bestritten wird, dass die Voraussetzungen für eine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung nicht vorliegen, da die "Rechnungen" mit Ausweis der österreichischen Steuer nicht alle formalen Voraussetzungen des § 11 UStG 1994 erfüllen (vgl. ; , 2005/15/0150).

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist einem Abgabepflichtigen der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn er selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt hat, der in eine von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war ( und C-440/04, Kittel und Recolta Recycling). Im vorliegenden Fall beging der Bf. selbst den Umsatzsteuerbetrug. Die belangte Behörde versagte dem Bf. folglich im Lichte der angeführten Judikatur zu Recht den Vorsteuerabzug.

In Missbrauchsfällen versagt der EuGH darüber hinaus auch die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen (; , C-273/11, Mecsek-Gabona; , C-131/13, Schoenimport "Italmoda"). Eine Berufung auf die Grundsätze des Mehrwertsteuersystems, insbesondere auch auf den Grundsatz der Neutralität, ist in Missbrauchsfällen nach dieser Judikatur ausgeschlossen, und zwar selbst dann, wenn das nationale Recht eine derartige Rechtsfolge nicht vorsieht. Ob es sich nun bei den einzelnen Transaktionen um innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze, ein innergemeinschaftliches Verbringen zu eigenen Handen des Bf. oder um "gewöhnliche" innergemeinschaftliche Lieferungen handelt, scheint dem erkennenden Gericht in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung zu sein. Daher erfolgte auch die Aberkennung der Steuerfreiheit für die gegenständlichen Umsätze im Lichte der angeführten Judikatur zu Recht.

Die gesamte von der belangten Behörde festgesetzte Umsatzsteuernachforderung kann sich folglich auf die zuvor angeführten EuGH-Entscheidungen stützen. Es erübrigt sich daher, auf die Alternativbegründungen der belangten Behörde (Tz. 8 und 9) sowie das diesbezügliche Beschwerdevorbringen einzugehen.

4.1.3. Zu Spruchpunkt III. (Vorläufigkeit des Umsatzsteuerbescheides 2015)

Gemäß § 200 Abs. 1 BAO können Bescheide vorläufig erlassen werden, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Da die Voraussetzungen für die vorläufige Bescheiderlassung jedenfalls im Zeitpunkt des Ergehens dieses Erkenntnisses nicht vorliegen, war der Umsatzsteuerbescheid 2015 für endgültig zu erklären, obwohl die Vorläufigkeit nicht bekämpft wurde.

4.2. Einkommensteuer

Der Bf. bekämpft in seiner Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide ausschließlich die Feststellungen Tz. 4 und 10 der strittigen Prüfung. An der Rechtsrichtigkeit der vom Bf. nicht bekämpften Feststellungen Tz. 1, 2, 3, 5 und 11, die sich auch auf die angefochtenen Einkommensteuerbescheide auswirken, hegt das erkennende Gericht keine Zweifel, weshalb es sich erübrigt, auf diese näher einzugehen.

4.2.1. Zu Tz. 4 "Wareneinkauf"

Da vom Gericht festgestellt wurde, dass ansonsten jedenfalls keine Aufforderung zur Empfängerbenennung erging, ist im Zusammenhang mit dieser Feststellung nur noch zu prüfen, ob allenfalls die angeführte E-Mail eine wirksame Aufforderung zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO darstellt.

Dies ist jedoch zu verneinen: Auf § 162 BAO gestützte Aufforderungen sind verfahrensleitende Verfügungen und damit Bescheide (). Sie können zufolge § 94 BAO schriftlich oder mündlich erlassen werden (vgl. ; , 2006/15/0284; , Ra 2020/13/0001). Eine E-Mail wahrt die erforderliche Form jedoch keinesfalls. Darüber hinaus stellt die gegenständliche Aufforderung zur Vorlage von Eingangsrechnungen und Zahlungsbelegen auch inhaltlich keine Aufforderung gemäß § 162 BAO dar, zumal aus dieser Aufforderung in keiner Weise abgeleitet werden kann, dass die Nichtvorlage mit der Rechtsfolge des § 162 BAO sanktioniert werden soll.

Das Gericht wäre zufolge § 269 Abs. 1 BAO berechtigt, den Bf. selbst gemäß § 162 BAO aufzufordern. Im vorliegenden Fall, in welchem auch die Abgabenbehörde nicht bestreitet, dass eine Zahlung erfolgt sein muss, ist dem Bf. jedoch darin zuzustimmen, dass die Rechtsfolge des § 162 BAO im Gegensatz zu einer Schätzung der entsprechenden Betriebsausgaben jedenfalls zu einem unsachlichen Ergebnis führen würde. Daher war für das Gericht von einer Aufforderung zur Empfängerbenennung Abstand zu nehmen.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und aufgrund der letztendlich äußerst geringen Bedeutung dieser Feststellung für das Gesamtergebnis erscheint es dem Gericht sachgerecht, die von dieser Feststellung betroffenen Aufwendungen gemäß § 184 BAO erklärungsgemäß bzw. entsprechend dem Beschwerdevorbringen zu schätzen.

4.2.2. Zu Tz. 10 "Italienische Umsatzsteuer"

Mangels Nachweises konkreter Verbindlichkeiten gegenüber den italienischen Steuerbehörden für die Jahre 2010 bis 2014 können die vom Bf. als Verbindlichkeiten eingebuchten Beträge nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.

Anzumerken ist ferner, dass die belangte Behörde ihre eigenen Umsatzsteuernachforderungen einkommensmindernd berücksichtigte (Tz. 6-9), was vom Bf. nicht bekämpft wird. Eine Berücksichtigung der behaupteten Verbindlichkeiten gegenüber den italienischen Steuerbehörden würde zu einer systemwidrigen doppelten Berücksichtigung dieser Beträge führen, da die Umsatzsteuer selbst nach der dem Bf. von der belangten Behörde klar kommunizierten Ansicht jedenfalls nur einmal (in einem der beiden Staaten) zu entrichten wäre.

In diesem Punkt ergeben sich daher keine Änderungen gegenüber den angefochtenen Bescheiden.

4.2.3. Zu den passivierten Umsatzsteuernachforderungen (Tz. 6-9)

Die Umsatzsteuernachforderungen, die sich aus den Feststellungen Tz. 6-9 ergeben, waren jeweils im Jahr ihrer Veranlassung einkommensmindernd zu berücksichtigen (vgl. etwa Prodinger/Hacksteiner, SWK 2016, 411). Da die belangte Behörde dies bereits in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden getan hat, ergeben sich auch in diesem Punkt keine Änderungen gegenüber den angefochtenen Bescheiden.

4.3. Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall waren zunächst im Wege der freien Beweiswürdigung Tatfragen zu beurteilen, die einer Revision nicht zugänglich sind. In der rechtlichen Beurteilung weicht das Erkenntnis nicht von der zitierten Judikatur ab. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 3 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 162 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3101249.2016

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