TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.06.2024, RV/7104124/2023

Umfang der Sperrwirkung des § 300 BAO; Wegfall der Gebührenpflicht eines Pachtvertrages bei nachträglicher Vertragsaufhebung?

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7104124/2023-RS1
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend die Abweisung des Antrags auf Abänderung gemäß § 295a BAO ist die Endgültigerklärung des vorläufigen Bescheides im Rahmen der Beschwerdeentscheidung nicht innerhalb der Grenze der Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts gelegen und es konnte daher auch keine – von § 300 BAO zu verhindernde – diesbezügliche Zuständigkeitskonkurrenz zur belangten Behörde bestehen (vgl. und ). Die Sperrwirkung des § 300 BAO stand der Endgültigerklärung des vorläufigen Bescheides durch die belangte Behörde daher nicht entgegen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Senatsvorsitzenden MMag. Gerald Erwin Ehgartner, die Richterin Mag. Corinna Engenhart sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Heinrich Witetschka und Mag. Harald Zeller in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Heinz Edmund Heher, Oppolzergasse 6/Tür 10, 1010 Wien, über die Beschwerden

  • vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung der Anträge auf Abänderung gemäß § 295a BAO sowie auf Nichtfestsetzung der Gebühr gemäß § 201 Abs. 2 Z 5 BAO betreffend Gebühr 2019, ErfNr. ***ErfNr1*** und ***ErfNr2***, (hg. protokolliert zu GZ RV/7104124/2023)

  • sowie vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Endgültigerklärung gemäß § 200 Abs. 2 BAO des vorläufigen Bescheides vom betreffend Gebühr 2019, ErfNr. ***ErfNr1***, (hg. protokolliert zu GZ RV/7100415/2024),

Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Asli Özdemir zu Recht:

I. Der angefochtene Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wird - soweit mit ihm über den Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO abgesprochen wird - dahingehend abgeändert, dass dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen ist.

II. Soweit sich die Beschwerde vom gegen die Abweisung des Antrags auf Nichtfestsetzung der Gebühr gemäß § 201 Abs. 2 Z 5 BAO richtet, wird sie gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Endgültigerklärung gemäß § 200 Abs. 2 BAO des vorläufigen Bescheides vom wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

IV. Gegen Spruchpunkt I. dieses Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig. Gegen die übrigen Spruchpunkte ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Abweisung der Anträge auf Abänderung gemäß § 295a BAO sowie auf Nichtfestsetzung der Gebühr gemäß § 201 Abs. 2 Z 5 BAO betreffend Gebühr 2019 (hg. protokolliert zu GZ. RV/7104124/2023)

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin für den Pachtvertrag betreffend eine näher bezeichnete Garage vom gemäß § 33 TP 5 Abs 1 Z 1 GebG 1957 Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von € 14.947,20 fest. Die Festsetzung erfolgte gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufig, da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei. Die endgültige Vorschreibung werde nach Feststehen der Kosten für die Erneuerung der Schranken- und Videoanlage ergehen.

Mit Schriftsatz vom gab die Beschwerdeführerin gegenüber der belangten Behörde bekannt, dass sie in Hinblick auf den Pachtvertrag einem von ihrer Vertragspartnerin veranlassten Geschäftsirrtum unterlegen sei und der Vertrag nunmehr aufgrund dieses Irrtums einvernehmlich (im Rahmen einer den ursprünglichen Pachtvertrag ergänzenden von den Vertragsparteien am bzw. am unterzeichneten Vereinbarung) "ex-tunc" rückabgewickelt worden sei. Weiters beantragte die Beschwerdeführerin den Bescheid vom gemäß § 295a BAO dahingehend abzuändern, dass kein Gebührenanspruch aufgrund des Pachtvertrags vom bestehe, die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 201 Abs 2 Z 5 BAO mit € 0, -- festzusetzen sowie die Rückerstattung der entrichteten Gebühr.

Mit Bescheid vom wurden diese Anträge auf Abänderung gemäß § 295a BAO und Nichtfestsetzung der Gebühr gemäß § 201 Abs 2 Z 5 BAO von der belangten Behörde abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach § 295a BAO könne ein Bescheid auf Antrag der Partei oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintrete, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches habe. Gemäß § 17 Abs 5 GebG 1957 hebe die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäfts oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht auf. Ein zivilrechtlich absolut nichtiges Rechtsgeschäft löse keine Rechtsfolgen und auch keine Gebührenpflicht aus, ebenso würden zivilrechtlich unwirksame Rechtsgeschäfte zu keiner Gebührenpflicht führen. Sei das Rechtsgeschäft aber nur mit relativer Nichtigkeit behaftet und sei daher eine bloße Anfechtbarkeit gegeben, liege zunächst ein gültig zustande gekommenes Rechtsgeschäft vor. In den Fällen der relativen Nichtigkeit komme das Rechtsgeschäft zunächst gültig zustande und es entstehe die Gebührenschuld (unter Hinweis auf Allram in Bergmann/Pinetz (Hrsg), GebG, 2. Aufl. 2020, § 17 Rz 199 ff).

Weiters verwies die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und zitierte aus dem Erkenntnis vom , 2359/76: "Auch der ohne Verfügungsmacht des Bestandgebers abgeschlossene schriftliche Bestandvertrag über eine fremde Sache ist gültig und löst die Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG aus. Ein nachträgliches einverständliches Storno des Vertrages ist für die Gebührenpflicht ebenso belanglos, wie der Umstand, dass die Vertragsteile bei Abschluss des Vertrages von der Voraussetzung ausgegangen sind, der Bestandgeber werde das Eigentum am Bestandgegenstand von einem Dritten erwerben (Literaturhinweis: Klang; Kommentar 2, Gschnitzer zu § 878ABGB, IV Band, 1 HB S 165, Klang zu § 1093 ABGB Bd V S 35) [....] Der Umstand, dass der Bestandgeber im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und auch nachher nicht über die Bestandsache verfügungsberechtigt war, berührt die Gültigkeit des Bestandvertrages in keiner Weise." Die Gebührenschuld sei somit mit Unterzeichnung des Vertrages am entstanden und es hebe die einvernehmliche Rückgängigmachung vom diese - aufgrund der Bestimmung des § 17 Abs. 5 GebG 1957 - nicht wieder auf. Die Bestimmungen des § 17 GebG 1957, im Besonderen des Abs 5, wonach die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht aufheben würden, stünden der Berücksichtigung eines rückwirkenden Rücktrittes vom Vertrag im Anwendungsbereich des Gebührengesetzes entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die hg. zu RV/7104124/2023 protokollierte Beschwerde, in dem die Beschwerdeführerin zusammenfassend vorbringt, dass eine Rückgängigmachung des Pachtvertrages ex tunc erfolgt sei, auf welche die Beschwerdeführerin und die Verpächterin aufgrund der rechtlichen Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts (wesentlicher Geschäftsirrtum iSd § 871 ABGB) geeinigt hätten. Es liege somit in Hinblick auf diese außergerichtliche Anfechtung des Pachtvertrages durch die Beschwerdeführerin ein Ereignis iSd § 295a BAO vor, das eine abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf dem Bestand des Abgabenanspruchs habe. Daher sei der der Abgabenanspruch bei richtiger rechtlicher Beurteilung mit € 0, -- anzusetzen und der Beschwerdeführerin die entrichtete Gebühr zurückzuerstatten.

Weiters beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führt begründend aus, dass bei Dauerschuldverhältnissen die Auflösung des Rechtsgeschäftes im Allgemeinen ex nunc wirke. Die Auflösung ex nunc habe auf das Entstehen der Gebührenschuld und den entstandenen Abgabenanspruch keine Auswirkung (unter Hinweis auf die Gebührenrichtlinien Rz 433 sowie ). Der Wegfall der Geschäftsgrundlage wirke nämlich nur ex nunc, während das anfängliche Fehlen der Geschäftsgrundlage eine ex tunc-Wirkung habe (unter Hinweis auf Rummel in Rummel/Lukas (Hrsg.), ABGB4 § 901 ABGB Rz 26; ). Eine Anfechtung aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit ex nunc-Wirkung habe damit keine Auswirkungen auf die Gebührenpflicht. Zusammenfassend ergebe sich, dass der einvernehmlichen Auflösung des Pachtvertrages ex nunc-Wirkung zukomme. Die Auflösung ex nunc habe auf die einmal entstandene Gebührenschuld gemäß § 17 Abs 5 GebG 1957 keine Auswirkung.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom , beim Bundesfinanzgericht am eingelangt, brachte die Beschwerdeführerin eine Vorlageerinnerung ein.

Mit Beschluss vom , RV/7103832/2023, forderte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde zur Vorlage der Verwaltungsakten und zur Übermittlung eines Vorlageberichts auf.

Mit Bescheid vom (dies ist der angefochtene Bescheid im hg. zu GZ RV/7100415/2024 protokollierten Beschwerdeverfahren) wurde der Bescheid vom , mit dem die Rechtsgeschäftsgebühr für den Pachtvertrag vorläufig festgesetzt worden war, für endgültig erklärt. Hinsichtlich der Höhe der Abgabe von € 14.947,20 trat keine Änderung zum ursprünglich im vorläufigen Bescheid festgesetzten Betrag ein.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Verwaltungsakten vor.

Mit Beschluss vom legte die Berichterstatterin (ohne der beantragten Entscheidung durch den gesamten Senat vorzugreifen) den Verfahrensparteien ihre vorläufige, auf dem ihr zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Aktenstand basierende Rechtsansicht dar, dass der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO, da der vorläufige Bescheid vom - gegen den er gerichtet war - durch seine Endgültigerklärung nunmehr nicht mehr im Rechtsbestand sei, ins Leere gehe.

In ihrer Stellungnahme vom führte die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang im Wesentlichen aus, dass die Vorlageerinnerung vom gemäß § 264 Abs 6 BAO wie eine Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wirke und damit zu diesem Zeitpunkt die Sperrwirkung des § 300 BAO eingetreten sei. Diese Sperrwirkung greife dann, wenn es sich um die gleiche Sache handle (unter Hinweis auf ). Der Bescheid vom über die vorläufige Festsetzung der Abgabe, der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO und der angefochtene Bescheid, mit dem die Anträge abgewiesen wurden, würden eine untrennbare Einheit bilden und eine Änderung oder Aufhebung des vorläufigen Bescheides habe gleichsam unmittelbare Wirkung auf den dagegen gerichteten Antrag auf Abänderung und den darüber ergehenden Bescheid (insofern, als diese dadurch gegenstandslos würden), sodass eine getrennte Betrachtung im Hinblick auf die Bestimmung des § 300 Abs 1 BAO nicht sachgerecht wäre. Die Erklärung eines vorläufigen zu einem endgültigen Bescheid sei eine tatbestandsmäßige Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Der endgültige Bescheid vom sei sohin - ungeachtet der fehlenden Begründung und der weiteren Mängel - nichtig und könne den vorläufigen Bescheid vom somit nicht verdrängen.

Weiters führte die Beschwerdeführerin - für den Fall, dass man ihrer Ansicht folgend die Endgültigerklärung des Bescheides nicht ohnehin als nichtig betrachte - aus, dass gemäß § 253 BAO eine Bescheidbeschwerde, wenn der ein Bescheid an die Stelle des mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides trete, auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet gelte, und diese Bestimmung im gegenständlichen Fall einschlägig sei. Der Bescheid vom über die vorläufige Festsetzung der Abgabe, der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO und der angefochtene Bescheid, mit dem die Anträge abgewiesen worden seien, würden eine untrennbare Einheit bilden und seien als eine Sache anzusehen. Ohne den vorläufigen Bescheid gebe es schließlich keinen darauf gerichteten Abänderungsantrag bzw ein gegen dessen Abweisung erhobenes Rechtsmittel. Vorausgesetzt, der endgültige Bescheid wäre gültig, wäre die Beschwerde vom somit auch gegen den späteren, endgültigen (und inhaltsgleichen) Bescheid gerichtet. Der vorläufige Bescheid war (in der Sache) im Zeitpunkt der Erlassung des endgültigen Bescheids bereits mit Bescheidbeschwerde angefochten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung würde das Bundesfinanzgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass auch der endgültige Bescheid vom - sofern dieser nicht ohnedies nichtig sein sollte - im gegenständlichen Verfahren zu behandeln sein werde und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Beschwerde bezüglich allfälliger sich aus der Rückabwicklung des Pachtvertrages ableitende und für dessen Gebührenpflicht maßgebliche Umstände erforderlich sei. Die Beschwerdeführerin wies zudem darauf hin, dass sie aus anwaltlicher Vorsicht auch gegen den endgültigen Bescheid vom Beschwerde (hg. protokolliert zu GZ RV/7100415/2024) erhoben habe.

Die belangte Behörde replizierte in ihrer Stellungnahme vom darauf, dass der Bescheid vom , mit welchem die Anträge vom abgewiesen worden seien, mit Beschwerde angefochten sei. Dieser Bescheid sei von der Abgabenbehörde nicht abgeändert worden. Am sei der vorläufige Bescheid vom für endgültig erklärt worden. Gemäß § 300 BAO könnten nur solche Bescheide nicht mehr abgeändert werden, die mit Beschwerde angefochten seien. Der vorläufige Bescheid vom sei aber zu diesem Zeitpunkt nicht mit Beschwerde angefochten gewesen. Die diesbezügliche Abänderungsbefugnis der belangten Behörde sei daher gegeben gewesen.

Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Endgültigerklärung gemäß § 200 Abs. 2 BAO des vorläufigen Bescheides vom (hg. protokolliert zu GZ RV/7100415/2024)

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid vom , mit dem der vorläufige Bescheid vom für endgültig erklärt wurde. Begründend machte sie zunächst geltend, dass angefochtene Bescheid keine Begründung enthalte und auch nicht auf die Begründung eines anderen Bescheides verweise und daher einen wesentlichen Mangel aufweise. Zudem hätten die Voraussetzungen für eine Endgültigerklärung gemäß § 200 BAO gefehlt, da weder über ein Rechtsmittel entschieden noch eine Ungewissheit beseitigt worden wäre.

Weiters führt die Beschwerdeführerin - wie bereits in ihrem Antrag auf Abänderung gemäß § 295a betreffend den vorläufigen Bescheid vom - aus, dass im gegenständlichen Fall die Beschwerdeführerin mit der ***Verpächterin*** (in der Folge: Verpächterin) einen Pachtvertrag abgeschlossen habe, der nach beidseitiger Unterzeichnung mit dem Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes in Kraft treten hätte sollen. Da das Pachtobjekt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von der Verpächterin noch verpachtet worden sei, wobei diese den zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Pächter bereits mit Wirkung zum - aus Sicht der Verpächterin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wirksam - gekündigt hätte, hätten die Parteien im gegenständlichen Pachtvertrag vereinbart, dass die Übergabe des Pachtgegenstandes spätestens am zu erfolgen habe. Nach Unterzeichnung des Vertrages und nach Begleichung der Rechtsgeschäftsgebühren durch die Beschwerdeführerin, stellte sich jedoch durch die erstinstanzliche Entscheidung des ***BG Urteil*** sowie die rechtskräftige zweitinstanzliche Entscheidung des ***LG Urteil*** heraus, dass das bestehende Pachtverhältnis von der Verpächterin nicht wirksam habe beendet werden können und daher keine Übergabe des Pachtgegenstandes an die Beschwerdeführerin erfolgen könne. Dass der (bei Vertragsabschluss noch bestehende) Pachtvertrag, dem der gegenständliche Pachtvertrag "nachfolgen sollte", nicht wirksam aufgelöst worden sei, sei der Beschwerdeführerin vor Unterzeichnung des Pachtvertrages nicht bekannt gewesen. Vielmehr hätte die Verpächterin behauptet, dass der Pachtvertrag mit der damaligen Pächterin zum ende. Die Parteien hätten somit einem von der Verpächterin veranlassten, wesentlichen Geschäftsirrtum unterlegen. Nachdem sich aus dem rechtskräftigen Urteil des ***LG*** klar ableiten lasse, dass die Verpächterin nicht berechtigt gewesen sei, das Pachtobjekt mit an die Beschwerdeführerin zu verpachten und zu übergeben, wovon die Beschwerdeführerin aufgrund der Angaben der Verpächterin jedoch keine Kenntnis gehabt hatte, sei die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund eines Geschäftsirrtums nach § 871 ABGB evident. Zur Vermeidung einer gerichtlichen Anfechtung des Pachtvertrages durch die Beschwerdeführerin habe sich die Verpächterin bereiterklärt, die vorgelegte Vereinbarung zur Rückabwicklung des Pachtvertrages zu unterzeichnen, wodurch die gerichtliche Anfechtung hintangehalten hätte werden können.

Im vorliegenden Fall liege somit zweifelsfrei eine Anfechtbarkeit des Vertrags vor, infolge derer sich die Verpächterin - zur Vermeidung eines kostspieligen Verfahrens, dessen Ausgang gewiss gewesen sei - zu einer einvernehmlichen Rückabwicklung des Pachtvertrages (ex-tunc) bereit erklärt habe. Darin sei eine erfolgreiche außergerichtliche Anfechtung im Sinne des § 23 Abs 4 BAO zu sehen, die die Aufhebung der Gebührenschuld bewirke.

Die erfolgte Rückabwicklung (Anfechtung) durch die Parteien des Pachtvertrages, habe im gegenständlichen Fall ex tunc-Wirkung, weil das Pachtverhältnis mangels Übergabe des Pachtgegenstandes noch nicht ins Erfüllungsstadium getreten sei. Auch ein Pachtzins sei mangels Übergabe noch nicht bezahlt worden. Es würden damit zwischen den Parteien keinerlei Rückabwicklungsschwierigkeiten auftreten, weshalb die Anfechtung ex-tunc- Wirkung habe (unter Hinweis auf Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15 (2018) Rz 502). Damit im Einklang stehe die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach die Rückabwicklung auch bei Dauerschuldverhältnissen ex tunc erfolge, wenn entweder Arglist vorliege oder keine Rückabwicklungsschwierigkeiten auftreten (unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0018363). Rückabwicklungsschwierigkeiten zwischen den Parteien würden hier mangels Erfüllungsstadium zweifelsohne nicht auftreten.

Die belangte Behörde übersehe (unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides vom , mit dem der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO abgewiesen wurde), dass § 17 Abs 5 GebG nicht einschlägig sei, wenn es um die Anfechtung wegen Willensmängeln gehe (unter Hinweis auf Twardosz, Gebührengesetz7 (2021), § 17 Rz 55). Nach § 23 Abs 4 BAO sei "die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes für die Erhebung von Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt [sei]. " Im Umkehrschluss bedeute dies, dass die Gebührenschuld durch einen Willensmangel, wie insbesondere einen Irrtum, erst beseitigt werde, wenn mit Erfolg eine Anfechtung durchgeführt worden sei (unter Hinweis auf Twardosz, Gebührengesetz7 (2021), § 17 Rz 53; sowie ). Dementsprechend würden auch Anfechtungen wegen Willensmängeln nicht unter § 17 Abs 5 GebG fallen (unter Hinweis auf Twardosz, Gebührengesetz7 (2021), § 17 Rz 55).

Wer bei Vertragsabschluss einem wesentlichen Irrtum unterliege, könne den Vertrag anfechten, sofern die Voraussetzungen des § 871 ABGB vorliegen würden (unter Hinweis auf Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15 (2018) Rz 495). Die erfolgreiche Anfechtung eines Irrtums im Sinne des § 871 ABGB könne nach der verwaltungsgerichtlichen Judikatur nicht nur gerichtlich, sondern auch außergerichtlich erfolgen (unter Hinweis auf sowie ).

Eine solche außergerichtliche Anfechtung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann als erfolgreich anzusehen (und führe damit zur Aufhebung der Gebührenschuld), wenn die einvernehmliche Rückgängigmachung eines Rechtsgeschäfts durch die rechtliche Anfechtbarkeit desselben veranlasst worden sei. So würde der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 96/16/0038, ausführen: "Die durch die rechtliche Anfechtbarkeit veranlaßte einvernehmliche Rückgängigmachung eines Rechtsgeschäfts ist als erfolgreich durchgeführte Anfechtung anzusehen (Hinweis E ,1006/49, VwSlg 404 F/1951)" . Zu einer "mit Erfolg durchgeführten Anfechtung" könne es somit nur kommen, wenn es zufolge "rechtlicher Anfechtbarkeit" zur Rückgängigmachung komm[e]." Nicht als erfolgreiche außergerichtliche Anfechtung zähle nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs hingegen die an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte (maW be liebige) einvernehmliche Vertragsaufhebung (unter Hinweis auf ), die im gegenständlichen Fall jedoch nicht vorliege.

Rz 433 der GebR 2019 laute wie folgt: "Von der durch rechtliche Anfechtbarkeit veranlassten einvernehmlichen Rückgängigmachung (außergerichtliche Anfechtung) des Rechtsgeschäftes ist die einvernehmliche Vertragsaufhebung zu unterscheiden. Gemäß §17 Abs. 5 GebG wird die Gebührenschuld unter anderem dann nicht beseitigt, wenn das Rechtsgeschäft einvernehmlich (vertraglich) aufgehoben wird." Auch dadurch werde deutlich, dass § 17 Abs 5 GebG nur dort einschlägig sei, wo der einvernehmlichen Vereinbarung (Vertragsaufhebung) keine Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts zu Grunde liege.

Zusammenfassend brachte die Beschwerdeführerin vor, dass eine Rückgängigmachung des Pachtvertrages ex tunc erfolgt sei, auf die sich die Beschwerdeführerin und die Verpächterin aufgrund der rechtlichen Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts (wesentlicher Geschäftsirrtum iSd § 871 ABGB) geeinigt hätten. Es liege somit in Hinblick auf diese außergerichtliche Anfechtung des Pachtvertrages durch die Beschwerdeführerin ein Ereignis iSd § 295a BAO vor, das eine abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf dem Bestand des Abgabenanspruchs habe. Daher sei der der Abgabenanspruch bei richtiger rechtlicher Beurteilung mit € 0, -- anzusetzen und der Beschwerdeführerin die entrichtete Gebühr zurückzuerstatten.

Die Beschwerdeführerin beantragte weiters, die Beschwerde - ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - direkt dem Bundesfinanzgericht vorzulegen, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde vor.

Ergänzende Stellungnahmen vom

Mit Schriftsätzen vom gab die Beschwerdeführerin in beiden Beschwerdeverfahren jeweils eine ergänzende Stellungnahme ab.

Betreffend die Beschwerde gegen den entgültigerklärenden Bescheid vom machte die Beschwerdeführerin geltend, dass die Sperrwirkung des § 300 BAO der Erlassung dieses Bescheides entgegengestanden hätte. Am sei die Vorlageerinnerung im Beschwerdeverfahren zu RV/7104124/2023 eingebracht worden, womit diese Beschwerde - die gegen die Abweisung der Abänderung gemäß § 295a BAO des vorläufigen Bescheides vom 13. Juni gerichtet war - als dem Bundesfinanzgericht vorgelegt galt.

Der Bescheid vom über die vorläufige Festsetzung der Abgabe, der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO und der Bescheid, mit dem die Anträge abgewiesen wurden, würden eine untrennbare Einheit bilden. Eine Änderung oder Aufhebung des vorläufigen Bescheides habe gleichsam unmittelbare Wirkung auf den dagegen gerichteten Antrag auf Abänderung und den darüber ergehenden Bescheid (insofern, als diese dadurch gegenstandslos würden), sodass eine getrennte Betrachtung im Hinblick auf die Bestimmung des § 300 Abs 1 BAO nicht sachgerecht wäre. Die Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheids sei - da er nach Einbringung der Vorlageerinnerung erfolgt und von der diesbezüglichen Sperrwirkung des § 300 Abs 1 BAO aufgrund der Identität der Sache mitumfasst sei - nichtig und könne den vorläufigen Bescheid vom nicht verdrängen.

Hinsichtlich der Frage der Gebührenpflicht des Pachtvertrages bzw. deren nachträgliches Wegfallen durch die Rückabwicklung für die Beschwerdeführerin in den Stellungnahmen im Wesentlichen aus, dass es sich bei der Frage, ob das Rechtsgeschäft gültig zustande gekommen ist und der Gebührenpflicht unterliegt um eine zivilrechtliche Frage handle, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen sei. Bestandverträge würden grundsätzlich der Gebühr unterliegen, der gegenständliche Pachtvertrag vom sei jedoch aufgrund eines Mangels (Irrtum gemäß § 871 ABGB) angefochten worden, der die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes mit Wirkung ex tunc beseitige, weshalb kein der Gebührenpflicht unterliegendes Rechtsgeschäft vorliege (unter Hinweis auf RV/0456-I/03).

Die Beschwerdeführerin sei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses des Pachtvertrages einer Fehlvorstellung von der Wirklichkeit unterlegen, da sie davon ausgegangen sei (und davon ausgehen habe dürfen), dass ihr Vertragspartner faktisch und rechtlich zur Verpachtung der vertragsgegenständlichen Parkgarage befähigt gewesen sei. Aus den vorgelegten rechtskräftigen Urteilen des ***LG*** und des ***BG*** gehe jedoch deutlich hervor, dass die Verpächterin schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses faktisch widerrechtlich nicht in der Lage gewesen sei, der Beschwerdeführerin die gewünschte Rechtsposition einzuräumen, da das Bestandsverhältnis mit der vorherigen Pächterin nicht wirksam beendet werden habe können und das Pachtobjekt auch im Besitz der vorherigen Pächterin gewesen sei. Eine vertragsgemäße Übergabe des Pachtobjekts an die Beschwerdeführerin sei somit nicht möglich gewesen und sei niemals erfolgt. Der Beschwerdeführerin sei dieser Umstand im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt gewesen, da die zivilgerichtlichen Urteile erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt ergangen und sodann rechtskräftig geworden seien. Es handle sich dabei um einen Geschäftsirrtum über eine für das Geschäft bedeutsame Eigenschaft (Eigenschaftsirrtum), nämlich die (fehlende) Möglichkeit zur Übergabe des Pachtobjekts, dem wesentlichen Geschäftsinhalt. Dieser Geschäftsirrtum sei von der Verpächterin veranlasst worden dass sie diesen durch Unterlassung der Aufklärung über die rechtlichen Verhältnisse der Parkgarage adäquat verursacht habe. Der Irrtum sei beachtlich und auch wesentlich, da die Beschwerdeführerin der Pachtvertrag jedenfalls nicht abgeschlossen hätte, wenn sie der Fehlvorstellung über die rechtlichen Verhältnisse des Pachtgegenstands nicht unterlegen wäre. Eine Anpassung des Vertrages sei im gegenständlichen Fall nicht denkbar. Die Beschwerdeführerin war daher infolge des Vorliegens sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen des § 871 ABGB zur Anfechtung des Rechtsgeschäfts berechtigt gewesen.

Die Vertragsanfechtung wegen Irrtums könne sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich vorgenommen werden. Im Fall der außergerichtlichen Anfechtung müssten ausreichende Gründe vorliegen, die bei gerichtlicher Anfechtung erfolgversprechend wären. Im gegenständlichen Fall sei die außergerichtliche Anfechtung durch die Vereinbarung der Rückabwicklung des Pachtvertrags erfolgt und es lägen ausreichende Gründe für die Irrtumsanfechtung vor. Die Anfechtung des Rechtsgeschäftes sei daher als erfolgreich iSd § 23 Abs. 4 BAO anzusehen.

Ob die Anfechtung eines Rechtsgeschäftes ex tunc oder ex nunc wirke, sei eine rein zivilrechtliche Frage. Die Anfechtung eines Rechtsgeschäftes würde im Allgemeinen zur Aufhebung des Vertrages ex tunc führen. Nach der Rechtsprechung des OGH gelte dies auch für die Aufhebung von Dauerschuldverhältnissen, bei denen keine Rückwicklungsschwierigkeiten bestehen. Gemäß dieser Judikatur wirke die Anfechtung des gegenständlichen Pachtvertrages daher ex tunc, sodass das Rechtsgeschäft mit Wirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aufgehoben worden sei. Ein Rechtsgeschäft, dass der Gebührenpflicht gemäß § 15 GebG unterliegen könne, liege daher nicht vor.

Mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am von Bundesfinanzgericht wurde ***Zeuge***, Prokurist der Beschwerdeführerin, als Zeuge einvernommen. Er gab an, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als Mitarbeiter der Beschwerdeführerin bei den Vertragsverhandlungen involviert gewesen zu sein. Er sei damals jedoch noch nicht zeichnungsberechtigt für sie gewesen. Ihm sei bekannt gewesen dass es zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen Vorpächter gegeben habe. Die Verpächterin habe jedoch versichert, dass das Vertragsverhältnis mit diesem Vorpächter beendet worden wäre. Der vorherige Pachtvertrag sei seitens der Eigentümerin gekündigt worden, die Pächterin habe die Garage jedoch nicht geräumt. Die Beschwerdeführerin hätte auch zu einem späteren Zeitpunkt Interesse an der Übernahme der Parkgarage gehabt, die (vorherige) Pächterin befinde sich aber immer noch in dieser. Im Zeitpunkt der Rückabwicklung des Vertrages sei bereits länger absehbar gewesen, dass der Pachtvertrag nicht zustande kommen werde.

Dem Zeugen war nicht bekannt, weshalb die ordentliche Kündigung des vorherigen Pachtverhältnisses nicht erfolgreich durchgeführt haben werden können, und weshalb erst im Jahr 2020 eine Räumungsklage erhoben worden sei.

Auf Frage des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin gab der Zeuge an, dass die Verpächterin zugesichert habe, dass die Parkgarage vermietet werden könne, und, dass es wohl nicht unüblich sei, dass ein Pachtverhältnis nahtlos an das nächste Pachtverhältnis anschließe. Der Pachtgegenstand habe jedoch nie übernommen werden können. Wenn die Beschwerdeführerin vor Vertragsabschluss Kenntnis von diesem Umstand gehabt hätte, wäre der Vertrag von ihr nicht abgeschlossen worden.

In Hinblick auf die Endgültigerklärung des vorläufigen Bescheides vom führte der steuerliche Vertreter aus, dass die Sperrwirkung des § 300 BAO auch in diesem Fall greifen müsste und der endgültige Klärung entgegenstehe. Es handle sich, auch wenn der vorläufige Bescheid nicht mit Beschwerde angefochten war, bei diesem und dem angefochtenen Bescheid um ein und dieselbe Sache. Auch wenn nach dem Wortlaut § 300 BAO hier nicht zur Anwendung, müsste auch dieser Fall von ihm mitumfasst sein.

Hinsichtlich der Rückabwicklung des Pachtvertrages gab der steuerliche Vertreter an, dass die beiden Parteien im Nachhinein einvernehmlich vom vertraglichen Ausschluss der Irrtumsanfechtung abgegangen seien. Es müsse jedenfalls eine gerichtliche Anfechtbarkeit aufgrund von Irrtum bestehen. Die Anfechtung selbst könne aber auch einvernehmlich außergerichtlich erfolgen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am schlossen die Beschwerdeführerin (als Pächterin) und die ***Verpächterin*** (als Verpächterin; in der Folge: Verpächterin) einen Pachtvertrag über die Garage *** ab.

Zu diesem Zeitpunkt war die Garage an die ***Vorpächterin*** (in der Folge: Vorpächterin) verpachtet. Laut Präambel des gegenständlichen Pachtvertrages sollte dieses Pachtverhältnis mit beendet werden. Der neue Pachtvertrag mit der Beschwerdeführerin wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und sollte mit dem Tag der Übergabe inkrafttreten. Die Übergabe sollte spätestens am erfolgen, jedenfalls aber zum Ende des Tages der Beendigung des Pachtvertrages mit der Vorpächterin.

Im gegenständlichen Pachtvertrag wurde weiters vereinbart, dass die Beschwerdeführerin auf eine ordentliche Kündigung dieses Vertrages zu einem Termin, der vor dem liege, verzichte. Eine ordentliche Kündigung sei daher - unter Einhaltung der 12-monatigen Frist - erstmals zum möglich.

Hinsichtlich des Zinses wurde vereinbart, dass die Beschwerdeführerin der Verpächterin einen wertgesicherten Pachtzins in Höhe von monatlich € 30.000 zuzüglich der Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe zahle. Die Verpächterin trage sämtliche Kosten, die unabhängig vom Betrieb der Garage anfielen. Die Beschwerdeführerin leiste jedoch einen Kostenbeitrag in Höhe von pauschal € 2.100 pro Monat, zuzüglich einer allfälligen Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe. Sämtliche mit dem Betrieb der Garage zusammenhängenden laufenden Aufwendungen seien von der Beschwerdeführerin zu tragen. Die Instandsetzung (Reparatur) und Erneuerung (Austausch) der Garage sowie der für den Betrieb der Garage notwendigen Anlagen und Einrichtungen obliege der Verpächterin. Ausgenommen von der Instandsetzung-und Erneuerungspflicht der Verpächterin seien eine von der Beschwerdeführerin in die Garage eingebrachte Schrankenanlage, eine von der Beschwerdeführerin in die Garage eingebrachte Videoanlage und die von der Beschwerdeführerin zu veranlassende Erneuerung der Beleuchtungsanlage in der Garage. Die Kosten der Erneuerung der Schrankenanlage und der Videoanlage seien von der Beschwerdeführerin zur Gänze und die Kosten der Erneuerung der Beleuchtungsanlage bis zu einem Betrag von € 90.000 (exkl. USt) zu tragen.

Gemäß Punkt 14.1. des Vertrages würden keine mündlichen Nebenabreden bestehen. Sämtliche bisher getroffenen Vereinbarungen würden mit Unterfertigung des Vertrages ihre Wirksamkeit verlieren. Es sei für diesen Vertrag die Schriftform vorgesehen. Dies gelte auch für das Abgehen von der Schriftform.

Schließlich lautet Punkt 14.4 des Pachtvertrages: "Die Vertragspartner verzichten darauf, soweit nach zwingendem Recht zulässig, diesen Vertrag zwecks Anpassung oder Aufhebung anzufechten oder geltend zu machen, er sei nicht gültig zustande gekommen oder nichtig. Der Verzicht umfasst daher jedenfalls auch die Anfechtung dieser Vereinbarung wegen Irrtums, Wegfalls oder Änderung der Geschäftsgrundlage.".

In Hinblick auf das noch bestehende Miet- bzw. Pachtverhältnis zwischen der Verpächterin und der Vorpächterin bestand für beide dieser Vertragsparteien zu diesem Zeitpunkt das Recht, dieses Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten aufzukündigen.

Der Pachtvertrag wurde der belangten Behörde angezeigt. Diese setzte mit Bescheid vom die Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von € 14.947,20 vorläufig fest. Als Bemessungsgrundlage wurde der dreifache Jahreswert (12x monatlicher Pachtzins und monatliche Betriebskosten jeweils inkl. USt) sowie die übernommenen Kosten für die Beleuchtung inkl. USt angesetzt. Die endgültige Vorschreibung sollte nach Feststehen der Höhe der Kosten für die Erneuerung der Schranken- und Videoanlage ergehen.

Mit Urteil des ***BG Urteil*** wurde das Klagebegehren der Verpächterin gegen die Vorpächterin, die Parkgarage zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben, abgewiesen. Hintergrund des Klagebegehrens war die von der Verpächterin gegenüber der Vorpächterin am ausgesprochene Auflösung deren Pachtvertrages aus wichtigem Grund gemäß § 1118 ABGB mit sofortiger Wirkung, die sich auf drei spezifische Auflösungsgründe (Abschluss einer Stellplatzsicherungsvereinbarung, unrichtige Angaben zur Zufahrt zum Bestandobjekt in Verbindung mit dem geltend gemachten Anspruch auf Mietzinsminderung, beharrliches verspätetes Zahlen des Mietzinses) stützte. Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Verpächterin wurde mit Urteil des ***LG Urteil*** keine Folge gegeben.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes lässt sich aus diesen Urteilen keine rechtliche oder faktische Verfügungsbeschränkung der Verpächterin im Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Pachtvertrages ableiten, die einer späteren vertragsgemäßen Übergabe der Parkgarage entgegengestanden wäre. Auch sonst liegen keine Umstände vor, die anzweifeln ließen, dass die Verpächterin bei Vertragsabschluss nicht über eine hinreichende Verfügungsmacht über den Pachtgegenstand verfügen würde.

Mit der - von der Verpächterin am und von der Beschwerdeführerin am unterfertigten - "Vereinbarung zur Rückabwicklung des Pachtvertrages vom " erklärten die Beschwerdeführerin und die Verpächterin, dass der Pachtvertrag vom einvernehmlich rückwirkend aufgelöst werde, sodass aus diesem Pachtvertrag keine wechselseitigen Verpflichtungen bestünden. Weiters wird in dieser Vereinbarung ausgeführt, dass die Verpächterin den für dieses Pachtobjekt im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Pachtvertrag mit der Vorpächterin mit Wirkung zum schriftlich gekündigt habe. Nach der Unterzeichnung des Pachtvertrages habe sich herausgestellt, dass das Bestandsverhältnis mit der Vorpächterin aus rechtlichen Gründen nicht wirksam beendet werden konnte, wovon die Beschwerdeführerin vor Unterzeichnung des Kaufvertrages keinerlei Kenntnis gehabt habe. Die Übergabe des Pachtobjektes an den Pächter konnte daher nicht erfolgen und die Beschwerdeführerin sei daher nie Pächter des gegenständlichen Pachtobjektes geworden. Die Parteien hätten somit einem Geschäftsirrtum unterlegen, der von der Verpächterin veranlasst worden sei, indem diese behauptet habe, dass der Pachtvertrag mit Vorpächterin am ende und somit eine Übergabe spätestens an die Beschwerdeführerin erfolgen könne. Der Irrtum sei wesentlich, da die Beschwerdeführerin das Rechtsgeschäft sonst nicht abgeschlossen hätte. Da die Verpächterin somit bei Vertragsunterzeichnung nicht berechtigt gewesen sei, dass Pachtobjekt mit neu zu verpachten und das Pachtobjekt an die Beschwerdeführerin zu übergeben, erklären die Parteien, dass der Pachtvertrag vom einvernehmlich aufgelöst werde, sodass aus diesem Pachtvertrag keine wechselseitigen Verpflichtungen bestünden.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten (insbesondere aus den Pachtverträgen, den zivilgerichtlichen Urteilen und der "Vereinbarung zur Rückabwicklung des Pachtvertrages"), den im Rahmen der Beschwerdeverfahren eingebrachten Schriftsätzen sowie dem Vorbringen der Parteien und des Zeugen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am .

Der Umstand, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine rechtliche oder faktische Verfügungsbeschränkung der Verpächterin bestanden hat, die einer späteren vertragsgemäßen Übergabe der Parkgarage entgegengestanden hätte, ergibt sich aus der Tatsache, dass die Verpächterin Eigentümerin der Parkgarage war und ihr im Pachtvertrag mit der Vorpächterin ein ordentliches Kündigungsrecht eingeräumt war, dass von ihr jederzeit (unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist; dies wäre fristgerecht bis zur vereinbarten Übergabe des Pachtgegenstandes möglich gewesen) ausgeübt werden konnte. Aus den beiden vorgelegten zivilgerichtlichen Urteilen ergibt sich lediglich, dass die von der Beschwerdeführerin gemäß § 1118 ABGB am gegenüber der Vorpächterin abgegebenen Auflösungserklärung, die sich auf drei spezifische Auflösungsgründe (Abschluss einer Stellplatzsicherungsvereinbarung, unrichtige Angaben zur Zufahrt zum Bestandobjekt in Verbindung mit dem geltend gemachten Anspruch auf Mietzinsminderung, beharrliches verspätetes Zahlen des Mietzinses) gestützt hat, die Verpächterin nicht zu einer vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrages berechtigt hat. Weder wird in diesen Urteilen jedoch erwähnt, dass Umstände einer Ausübung des ordentlichen Kündigungsrecht entgegengestanden hätten, noch findet sich ein Hinweis darauf, dass die Verpächterin von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hätte, mit diesem aber nicht durchgedrungen wäre. Der Zeuge, ein in die Verhandlungen betreffend den gegenständlichen Pachtvertrag involvierter Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, gab ebenfalls an, dass er nicht wisse, aus welchem Grund die Kündigung des Pachtvertrages der Vorpächterin nicht erfolgreich gewesen sei.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

Strittig ist im gegenständlichen Fall in Hinblick auf beide Beschwerdeverfahren zunächst, ob die durch die - wie eine Vorlage der Beschwerde wirkende - Vorlageerinnerung eingetretene Sperrwirkung des § 300 BAO hinsichtlich der Abänderung des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides der Endgültigerklärung des vorläufigen Bescheids vom mit entgegenstanden habe und diese daher nichtig gewesen sei.

Sollte die Endgültigerklärung nichtig gewesen sein und sich der Bescheid vom daher noch im Rechtsbestand befinden, so ist über den gegen diesen gerichteten Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO, der Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist, inhaltlich abzusprechen. Sollte hingegen der endgültigerklärende Bescheid vom an die Stelle des Bescheides vom getreten sein, ist zunächst (vor einer allfälligen inhaltlichen Entscheidung über diesen Antrag) zu prüfen, welche verfahrensrechtlichen Auswirkungen dies auf den beschwerdegegenständlichen Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO hat.

In Hinblick auf die gegen den endgültigerklärenden Bescheid vom gerichtete Beschwerde wäre dieser bei Nichtigkeit der Endgültigerklärung als unzulässig - da gegen einen nichtigen Bescheid gerichtet - zurückzuweisen. Sollte die Sperrwirkung des § 300 BAO der Endgültigerklärung nicht entgegengestanden seien, so ist inhaltlich über diese Beschwerde abzusprechen

Wirksamkeit der Endgültigerklärung

Gemäß § 300 BAO können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide ab Vorlage der Beschwerde bzw. ab Einbringung einer Vorlageerinnerung bei sonstiger Nichtigkeit - abgesehen von der in Abs 1 normierten Ausnahme, die im gegenständlichen Fall nicht maßgeblich ist - weder abändern noch aufheben.

Gemäß § 295a BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid vom , mit dem die Rechtsgeschäftsgebühr vorläufig festgesetzt wurde, für endgültig erklärt und damit einen Bescheid erlassen, der an die Stelle dieses ursprünglichen Bescheides getreten ist. Die Endgültigerklärung stellt daher eine Aufhebung bzw. Abänderung des vorläufigen Bescheides iSd § 300 BAO dar.

Es war jedoch nicht der vorläufige Bescheid vom selbst mit Beschwerde angefochten, sondern der Bescheid, mit dem die Abänderung des vorläufigen Bescheides gemäß § 295a BAO abgewiesen wurde.

Laut dem Wortlaut des § 300 BAO ist nur die Abänderung und Aufhebung des "mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides" mit Nichtigkeit behaftet. Im gegenständlichen Fall betrifft die Aufhebung bzw. Abänderung jedoch einen Bescheid, der selbst nicht in Beschwerde gezogen wurde, sondern einen Bescheid, bei dem die Entscheidung über einen darauf gerichteten Abänderungsantrag gemäß § 295a BAO im Beschwerdeverfahren vom Bundesfinanzgericht zu treffen ist.

Zweck der Bestimmung des § 300 BAO ist die Vermeidung der gleichzeitigen Zuständigkeit einer Abgabenbehörde und eines Verwaltungsgerichtes. Durch sie erfolgt eine Abgrenzung zwischen abgabenbehördlicher und verwaltungsgerichtlicher Entscheidungsbefugnis.

Die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts ist durch die Sache des Beschwerdeverfahrens abgegrenzt. Im gegenständlichen Fall durfte das Bundesfinanzgericht nur darüber absprechen, ob die Rückabwicklung des Pachtvertrages ein Ereignis darstellt, dem abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand und Umfang der gegenständlichen Gebührenpflicht zukommt, und den vorläufigen Bescheid (allfällig) insoweit abändern. Hingegen war von dieser "Sache" des Beschwerdeverfahrens keine umfassende Abänderungsbefugnis des vorläufigen Bescheides umfasst, wie sie bei der Entscheidung über eine Beschwerde gegeben wäre. Dies zeigt sich auch an dem Umstand, dass eine Abänderung gemäß § 295a BAO den abgeänderten Bescheid - im Gegensatz zu einer Beschwerdeentscheidung - nicht ersetzt und an dessen Stelle tritt. Dieser bleibt aufrecht und wird durch den hinzutretenden abändernden Bescheid ergänzt.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend die Abweisung des Antrags auf Abänderung gemäß § 295a BAO ist insbesondere die Endgültigerklärung des vorläufigen Bescheides im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung nicht innerhalb der dargelegten Grenze der Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts gelegen und es konnte daher auch keine - von § 300 BAO zu verhindernde - diesbezügliche Zuständigkeitskonkurrenz zur belangten Behörde bestehen (vgl. und ). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Endgültigerklärung aufgrund des ursächlichen Zusammenhangs mit dem beschwerdegegenständlich angefochtenen Abweisungsbescheid naturgemäß auch Auswirkungen auf das gegenständliche Verfahren hat.

Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 300 BAO ergibt sich daher, dass im gegenständlichen Fall die Sperrwirkung des § 300 BAO der Endgültigerklärung des Bescheides vom entgegenstanden wäre.

3.1. Zu Spruchpunkt I. und II. (Abänderung und Abweisung)

In Hinblick auf den Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO ist zunächst darauf zu verweisen, dass das Bundesfinanzgericht grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zu entscheiden hat, welche im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegt (vgl. ).

Der endgültige Bescheid vom trat an die Stelle des vorläufigen Bescheides vom und verdrängte diesen (vgl. ). Nunmehr befindet sich daher der vorläufige Bescheid vom nicht mehr im Rechtsbestand und der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO geht ins Leere. Eine - dem für Beschwerden geltenden § 253 BAO parallele - Bestimmung, dass Anträge auf Abänderung gemäß § 295a BAO auch gegen Bescheide, die an die Stelle der von ihnen abzuändernden Bescheide treten, gelten sollen, kennt die BAO nicht.

Der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO ist daher nunmehr zurückzuweisen und der angefochtene Bescheid entsprechend abzuändern.

Im Übrigen ist auch unter der Annahme, dass sich der Antrag auf Abänderung gemäß § 295a BAO nunmehr - wie eine Beschwerde gemäß § 253 BAO - gegen den endgültigerklärenden Bescheid vom richten würde, für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Es läge in diesem Fall nämlich keine Sachverhaltskonstellation vor, die einer Abänderung gemäß § 295a BAO zugänglich wäre. Liegt nämlich das Ereignis, dem allfällig abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit zukommt (im gegenständlichen Fall: die Rückabwicklung des Pachtvertrags mit Vereinbarung vom 18. bzw. ), vor Erlassung des Bescheides, so ist es bereits im Rahmen der Bescheiderlassung zu berücksichtigen; eine Abänderung gemäß § 295a BAO kommt hingegen nur hinsichtlich Ereignissen nach Bescheiderlassung in Betracht (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 295a Tz 5). Die gegenständliche Rückabwicklung des Pachtvertrages stellt daher in Hinblick auf den Bescheid vom , mit dem der Bescheid vom für endgültig erklärt wird, kein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar.

Ein Antrag auf (Nicht-) Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z 5 BAO ist auf die erstmalige Festsetzung mit Abgabenbescheid von bisher selbstberechneten Abgaben zur Berücksichtigung von Ereignissen iSd § 295a BAO gerichtet. Im gegenständlichen Fall wurde die strittige Rechtsgeschäftsgebühr jedoch bereits vor dem diesbezüglichen Antrag mit Bescheid vom festgesetzt, weshalb die Voraussetzungen für eine Festsetzung gemäß § 201 Abs. 2 Z 5 BAO nicht vorliegen und dieser Antrag abzuweisen war.

Es war daher gemäß den Spruchpunkten I. und II. zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt III. (Abweisung)

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob durch die gegenständliche "Vereinbarung zur Rückabwicklung des Pachtvertrages vom " die Gebührenschuld rückwirkend wieder beseitigt wurde.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass hinsichtlich des Pachtvertrages aufgrund des von der Verpächterin veranlassten Irrtums betreffend der (Nicht-) Beendigung des vorherigen Pachtverhältnisses eine Anfechtbarkeit aufgrund Willensmangels vorgelegen habe. Im gegenständlichen Fall finde die erfolgreiche Anfechtung aufgrund Irrtums iSd § 871 ABGB, die auch außergerichtlich erfolgen könne, im Rahmen der gegenständlichen Rückabwicklungsvereinbarung statt.

Gemäß § 17 Abs. 5 GebG 1957 hebt die Anfechtung des Rechtsgeschäftes die entstandene Gebührenschuld grundsätzlich nicht auf. In der Literatur wird überwiegend vertreten, dass § 17 Abs. 5 GebG 1957 nicht für die Anfechtung eines Rechtsgeschäftes wegen eines Wurzelmangels (mit - auch sachenrechtlicher - Wirkung ex tunc) gelte und solche Vertragsaufhebungen eine bereits eingetretene Gebührenpflicht rückwirkend wieder beseitigen (vgl. Allram in Bergmann/Pinetz, GebG2, Rz 190ff zu § 17, Twardosz, Gebührengesetz7 (2021), § 17 Rz 55; aA Arnold/Arnold, Rechtsgebühren9 Rz 26 zu § 17 GebG). Durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde diese Frage - soweit ersichtlich - bisher noch nicht entschieden (vgl. , in dem die konkrete Frage mangels Nachweis der Anfechtung offenbleibt).

Wurzelmängel, die zur Vertragsaufhebung ex tunc führen, sind Irrtum (§ 871 ABGB), Arglist und Zwang (§ 870 ABGB), laesio enormis (§ 934 ABGB) sowie das (ursprüngliche) Fehlen der Geschäftsgrundlage. Nach der neueren Rechtsprechung können auch Dauerschuldverhältnisse mit Wirkung ex tunc aufgelöst werden, wenn keine Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen, was grundsätzlich dann der Fall ist, wenn ein Dauerschuldverhältnis - wie hier - noch nicht in das Erfüllungsstadium getreten ist (Pletzer in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.03, Rz 61 zu § 871)

Im gegenständlichen Fall ist - vor dem Hintergrund des Parteienvorbringens zum Irren hinsichtlich der umfassenden Verfügungsberechtigung der Verpächterin über den Pachtgegenstand - das Vorliegen eines Irrtums iSd § 871 ABGB zu prüfen.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen für das Bundesfinanzgericht nicht, dass die Verpächterin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses rechtlich oder faktisch nicht zur Verpachtung der gegenständlichen Parkgarage an die Beschwerdeführerin befähigt gewesen sein sollte. Aus den vorgelegten zivilgerichtlichen Urteilen ergibt sich lediglich, dass das Pachtverhältnis mit der Vorpächterin faktisch auch dann noch weiterbestand, als die Parkgarage vertragsgemäß bereits an die Beschwerdeführerin übergeben hätte werden sollen und dass der Pachtvertrag mit der Beschwerdeführerin deshalb nicht erfüllt werden konnte.

Vor diesem Hintergrund konnte sich der Irrtum der Beschwerdeführerin daher nicht auf eine angeblich vorliegende Verfügungsberechtigung der Verpächterin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (denn diese lag zu diesem Zeitpunkt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ja wirklich vor) beziehen, sondern lag darin, dass sie davon ausging, dass ihr die Verpächterin - sowie ihr dies vertraglich zugesichert worden sei - den Pachtgegenstand übergeben werde. Damit bezog sich ihr Irrtum jedoch ausschließlich auf eine zukünftige Entwicklung - dass ihre Vertragspartnerin ihre Leistung vertragskonform erbringen wird.

Ein solcher Irrtum hinsichtlich einer zukünftigen Entwicklung stellt jedoch typischerweise einen unbeachtlichen Motivirrtum dar (vgl. Pletzer in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.03, Rz 34 zu § 871; ). Ein Irrtum, der sich auf die Erwartung der künftigen Vertragserfüllung bezieht, kann schon deshalb nicht als beachtlicher Geschäftsirrtum zu betrachten sein, da ansonsten durch die Irrtumsanfechtung stets eine "dingliche Wirkung" von Leistungsstörungen gezielt werden würde (vgl. Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 Rz 15 zu § 871). Eine Beachtlichkeit würde in diesem Fall nur vorliegen, wenn dieser Irrtum in der Fehlvorstellung über gegenwärtige (im Sinne von zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) Fähigkeiten oder Eigenschaften des Vertragspartners wurzelt (vgl. Pletzer in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.03, Rz 34 zu § 871). Wie bereits dargelegt, geht das Bundesfinanzgericht jedoch nicht von einer mangelnden Verfügungsberechtigung der Verpächterin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aus.

Zudem hat ein Irrtum im Sinne des § 871 ABGB nicht ex lege die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit des Vertrages zur Folge (vgl. ). Gemäß § 23 Abs. 4 BAO ist die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes für die Erhebung von Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt ist.

Die irrtumsrechtliche Anfechtung eines Vertrages kann auch außergerichtlich erfolgen (vgl. ). Als erfolgreiche Anfechtung ist nicht nur eine entsprechende rechtskräftige Streitentscheidung anzusehen, vielmehr muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die durch die rechtliche Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes veranlasste einvernehmliche Rückgängigmachung desselben als erfolgreiche "Anfechtung" angesehen werden (vgl. ). Zu einer "mit Erfolg durchgeführten Anfechtung" kann es somit jedoch nur kommen, wenn es zufolge "rechtlicher Anfechtbarkeit" zur Rückgängigmachung kommt. Zwar können die Parteien aufgrund der ihnen eingeräumten Gestaltungsfreiheit jederzeit von einer geschlossenen Vereinbarung abgehen. Es kann aber nicht in ihrem Belieben stehen, die an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte einvernehmliche Vertragsaufhebung als erfolgreiche Anfechtung eines geschlossenen Rechtsgeschäftes mit ex tunc-Wirkung zu gestalten (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall steht der Anfechtbarkeit des Pachtvertrages aufgrund Irrtums iSd § 871 ABGB - neben der Unbeachtlichkeit des geltendgemachten Motivirrtums - jedoch zusätzlich entgegen, dass beide Vertragsparteien ausdrücklich auf die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung verzichtet haben. Auf die Anfechtung wegen Irrtums kann - außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG - auch im Vorhinein wirksam verzichtet werden (vgl. Pletzer in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.03, Rz 65 zu § 871, mit Hinweis auf Rechtsprechung des OGH). Da der gegenständliche Pachtvertrag zwischen zwei Unternehmern iSd § 1 Abs 1 Z 1 KSchG abgeschlossen wurde, ist der Verzicht auf die Irrtumsanfechtung beiden Vertragsparteien gegenüber wirksam geworden.

Da die Irrtumsanfechtung im gegenständlichen Fall vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen wurde und daher gerichtlich wohl nicht durchsetzbar wäre, können die Parteien auch die einvernehmliche Rückgängigmachung grundsätzlich nicht auf eine Irrtumsanfechtung stützen. Dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin ist dahingehend zuzustimmen, dass die Vertragsparteien einvernehmlich vom Ausschluss der Irrtumsanfechtung wieder abgehen können (und auch vom vertraglich vereinbarten Schriftlichkeitserfordernis für nachträgliche Vertragsabänderungen ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - selbst wenn wie im gegenständlichen Fall für ein Abgehen von der Schriftlichkeit ebenfalls vertraglich die Schriftlichkeit verlangt wird - ein formloses einvernehmliches Abgehen möglich (vgl. Kalss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.06 Rz 2 zu § 884). Im gegenständlichen Fall findet sich - abgesehen davon, dass ein implizites Abgehen vom Schriftlichkeitserfordernis und dem Anfechtungsauschluss wohl als logische Vorstufe bei Heranziehung der Irrtumsanfechtung als Grund für die Rückabwicklung gesehen werden müsste - kein Hinweis darauf, dass die Vertragsparteien bewusst vom Ausschluss der Irrtumsanfechtung abgehen wollten. Außerdem lässt allein der Umstand, dass eine gerichtliche Durchsetzbarkeit der Anfechtung erst nach gedanklicher Absolvierung mehrerer auf Einvernehmlichkeit basierender Vorstufen gegeben wäre, am Charakter der Rückabwicklungsvereinbarung als außergerichtliche Irrtumsanfechtung zweifeln und sie eher als einvernehmliche Vertragsaufhebung erscheinen.

Unabhängig von diesen Überlegungen, kann die von den Vertragsparteien abgeschlossene "Rückabwicklung" allerdings schon mangels Anfechtbarkeit aufgrund des herangezogenen unbeachtlichen Motivirrtums nur als einvernehmliche nachträgliche Aufhebung (Stornierung) des Pachtvertrags qualifiziert werden. Eine solche Vertragsaufhebung ist nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls unter § 17 Abs 5 GebG zu subsumieren, sodass sie an der einmal eingetretenen Gebührenpflicht nichts zu ändern vermag (vgl. ).

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass der angefochtene Bescheid keine Begründung enthält und auch nicht erkennbar ist, ob die Voraussetzungen einer Endgültigerklärung vorgelegen hätten, ist zu entgegnen, dass die Begründung gemäß § 93 Abs. 3 BAO einen notwendigen Bescheidbestandteil darstellt, ihr Fehlen der Bescheidqualität der Erledigung als solcher jedoch nicht entgegensteht (vgl. ). Eine mangelnde Begründung eines Abgabenbescheides ist zudem im Rechtsmittelverfahren sanierbar (vgl. ).

Wie der Begründung des vorläufigen Bescheids vom zu entnehmen ist, bestand eine Ungewissheit dahingehend, wie hoch die von der Beschwerdeführerin zu tragenden Kosten der Erneuerung der Schrankenanlage und der Videoanlage sein würden, die im Rahmen der Bemessungsgrundlage mitzuberücksichtigen sind. Wie die belangte Behörde auch im Vorlagebericht vorbringt, ist die Ungewissheit nun beseitigt, da mangels Übergabe des Pachtgegenstandes die Erneuerung der Anlagen unterblieb und somit keine Kosten dafür anfielen. Die Voraussetzungen für die Endgültigerklärung lagen somit vor.

Aus den dargelegten Gründen war gemäß Spruchpunkt III. zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt IV. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es fehlt Rechtsprechung des Verhaltungsgerichtshofes zu der Rechtsfrage, ob § 300 BAO auch dann der Abänderung eines Bescheides entgegensteht, wenn ein auf seine Abänderung gemäß § 295a BAO gerichteter Antrag abgewiesen, und dieser Abweisungsbescheid in Beschwerde gezogen und dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Die ordentliche Revision war daher hinsichtlich des Spruchpunktes I. zuzulassen. Hinsichtlich des Spruchpunktes II. ergibt sich die Lösung der Rechtsfrage direkt aus dem Gesetzeswortlaut, sodass keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zukommt, vorliegt. Hinsichtlich des Spruchpunktes III. entspricht die Lösung der Rechtsfrage der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 23 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 871 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104124.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at