Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.06.2024, RV/5100730/2022

Anschaffungs- und Entgeltlichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 für Zuwendungen von Privatstiftungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***2***, vertreten durch ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt:

I.
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am erging der Erstbescheid betreffend Einkommensteuer 2017.

Mit Schreiben vom wurde ein Antrag auf Erstattung von Kapitalertragsteuer 2017 und eine Antrag auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerbescheides 2017 wie folgt gestellt:
Wie aus der beiliegenden Erträgnisaufstellung der Bank ersichtlich sei, sei im Jahr 2017 für die Veräußerung von 4.600 Stück Anteilen am Fonds "Fonds" KESt in Höhe von 508.106,60 € einbehalten worden. Die Berechnung der KESt sei aufgrund der Pauschalregelung des § 93 Abs. 4 EStG 1988 iZm der WP-Anschaffungskosten-VO erfolgt. Hier wäre es zu einer Rückrechnung auf den Stichtag mittels monatlichem Abschlag von 0,5 % bis zum Zeitpunkt der Depoteinlage (Dezember 2015) gekommen. Aufgrund dieser Berechnung hätte die Bank einen pauschalen Anschaffungswert von 851,37 € per Stück zugrunde gelegt.
Gemäß § 93 Abs. 4 EStG 1988 ergebe sich durch den pauschalen Ansatz keine Steuerabgeltung. Der Steuerpflichtige hätte im Rahmen der Veranlagung die tatsächlichen Anschaffungskosten oder den Wert einer vorangegangenen steuerpflichtigen Entnahme nachzuweisen.
Der Fonds "Fonds" sei im Jahr 2007 gegründet worden. Die Anteile am Fonds seien durch die ***4*** Privatstiftung im Jahr 2007 zu 1.000,00 € je Stück erworben worden. Es hätte sich also auf Ebene der Stiftung noch um KESt-Altbestand gehandelt. Im Dezember 2015 seien 7.200 Stück von der Stiftung im Rahmen einer Zuwendung an den Beschwerdeführer übertragen worden. Für die Zuwendung im Dezember seien 4,000.000,00 € an KESt abgeführt worden. Die Aufschlüsselung der Zuwendung von brutto 16,000.000,00 € sei der beiliegenden Aufstellung zu entnehmen. Aus dieser sei auch ersichtlich, dass der Wert der Fondsanteile zum Zeitpunkt der Zuwendung 1.219,14 € pro Stück betrage.
Offen sei, ob sich eine gänzliche Steuerfreiheit aufgrund KESt-Altbestandes ergebe. Im für den Beschwerdeführer ungünstigeren Fall sei aufgrund der Anschaffungsfiktion des § 15 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 der Status des KESt-Altbestandes durch die Zuwendung aus der Stiftung verwirkt. Der gemeine Wert im Zeitpunkt der Zuwendung würde demgemäß als Anschaffungskosten für die spätere Veräußerung im Jahr 2017 anzusehen sein.
Die KESt-Basis der Bank betrage 1,847.660,36 €. Bei Zugrundelegung der tatsächlichen Anschaffungskosten ergebe sich ein Veräußerungsgewinn iHv 338.146,00 € und damit eine Sondersteuer iSd § 27a EStG 1988 iHv 92.990,15 €. Von der einbehaltenen KESt iHv 508.106,50 € sei also in diesem ungünstigeren Fall ein Betrag von 415.116,45 € zu erstatten.
Marschner führe allerdings aus, dass § 124b Z 185 EStG 1988 ausdrücklich auf einen entgeltlichen Erwerb abstelle (Jakom EStG, § 15 Rz 60; Marschner, Optimierung der Familienstiftung, 1292). Demgemäß würden die gehaltenen Fondsanteile durch die Zuwendung aus der Stiftung den Status als begünstigter KESt-Altbestand nicht verlieren. Folge man dieser Meinung, müsse es zu einer gänzlichen Erstattung der angezogenen KESt kommen.
Es würde primär um Erstattung der einbehaltenen KESt von 508.106,50 € in voller Höhe ersucht werden. Subsidiär würde um Erstattung der KESt in Höhe von 415.116,45 € ersucht werden.

Dem Betriebsprüfungsbericht vom ist unter anderem folgendes zu entnehmen:
Prüferfeststellung/Begründung
Der Investmentfonds "Fonds" sei im Jahr 2007 gegründet worden. Die Anteile am Investmentfonds seien unter anderem durch die ***4*** Privatstiftung im Jahr 2007 zu 1.000,00 € je Anteil erworben worden. Im Dezember 2015 seien 7.200 Anteile am Investmentfonds "Fonds" an den Begünstigten in Form einer Sachausschüttung übertragen worden. Diese Zuwendung sei seitens der Privatstiftung richtig mit dem Marktwert der Fonds (1.219,14 €/Anteil am Zuwendungsstichtag) bewertet worden und es sei ordnungsgemäß Kapitalertragsteuer seitens der Privatstiftung für die Zuwendung abgeführt worden. Die Anteile seien vom (österreichischen) Depot der Privatstiftung auf das (österreichische) Depot des Begünstigten übertragen worden. Der Begünstigte hätte im Zeitpunkt der Depoteinlage der Investmentfonds der Bank keine weiteren Unterlagen vorgelegt. Am seien nunmehr 4.600 Anteile der Investmentfonds Fonds zurückgenommen worden. Der Rücknahmepreis hätte 1.292,65 € je Anteil betragen.
Mangels Unterlagen über die tatsächlichen Anschaffungskosten hätte die Bank bei der Berechnung des Veräußerungsgewinnes die Anschaffungskosten nach § 93 Abs. 4 EStG 1988 nach Schätzung im Zeitpunkt des Depoteinganges angesetzt.
Im Eventualantrag werde zugebilligt, dass die Zuwendung von der Privatstiftung an den Begünstigten eine Anschaffungsfiktion darstelle. Gemäß § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 gelte eine solche Zuwendung als Anschaffung beim Zuwendungsempfänger. Als Anschaffungskosten seien die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Zuwendung anzusetzen (§ 15 Abs. 3 Z 2 lit. b EStG 1988). Für die Immobilienertragsteuer sei dieser Grundsatz der Anschaffungsfiktion auch in die EStR Rz 6623 aufgenommen worden.
Verwiesen werde auf StiftR 2009 Rz 213 und 251.
Durch die Zuwendung von Fondsanteilen von der Privatstiftung zu einem Begünstigten komme es beim Empfänger zur Anschaffungsfiktion des § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988. Diese Fiktion führe dazu, dass es also zu einer Anschaffung von Fondsanteilen im Jahr 2015 komme, sodass fortan Neuvermögen beim Begünstigten vorliege (d.h. die Altvermögenseigenschaft aus der Privatstiftung gehe verloren). Auch in den neueren Kommentaren (z.B. Raab, Leitfaden zur Besteuerung von Kapitalvermögen, S. 161) werde diese Sichtweise geteilt und der Meinung der Finanzverwaltung gefolgt.
Die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung bilde der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis (Rücknahmepreis) eines Anteils an einem Investmentfonds und dessen Anschaffungskosten (§ 27a Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988). Um eine Doppelbesteuerung bei der Veräußerung eines Fondsanteils zu verhindern, seien nach § 186 Abs. 3 InvFG 2011 die Anschaffungskosten eines Fondsanteilscheins um bereits der Besteuerung unterworfene ausschüttungsgleiche Erträge zu erhöhen. Durch die Erhöhung der Anschaffungskosten werde der steuerliche Gewinn aus der Veräußerung des Fondsanteilscheines vermindert. Die Erhöhung der Anschaffungskosten werde unverändert aus den vorgelegten Bankunterlagen sowie aus den vorgenommenen Abfragen übernommen.
Es komme daher durch die Erhöhung der Anschaffungskosten zur Retournierung von KESt in Höhe von 465.231,58 €.

Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2017 vom wurde das Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom wurde Kapitalertragsteuer in Höhe von 578.621,99 € erstattet.
Begründet wurde der Bescheid mit den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien.

Mit Schreiben vom wurde gegen den gegenständlichen Bescheid Beschwerde erhoben wie folgt:
Es werde beantragt, zusätzlich zur erstatteten KESt den Betrag von 42.875,02 € zu erstatten.
Weiters werde eine direkte Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt.
Die betraglichen Grundlagen seien im Verfahren nicht mehr strittig, es gehe lediglich um die Klärung einer offenen Rechtsfrage.
Begründung:
Es sei keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bekannt, welche klären würde, ob die oben zitierte Rechtsmeinung von Marschner Gültigkeit habe oder im Falle einer Zuwendung von einer Stiftung von einem entgeltlichen Vorgang iSd § 124b Z 185 EStG 1988 auszugehen sei. Daher sei diese Frage im Rahmen einer Bescheidbeschwerde bzw. allenfalls seitens des BFG zu klären.
Die Literaturstelle von Raab werde zitiert, eine herrschende Ansicht zu dieser Rechtsfrage lasse sich allerdings aufgrund der einschlägigen Literaturstellen nicht ableiten. Ob aus der Fiktion des Anschaffungsvorganges § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 auch eine Entgeltlichkeit der Zuwendung abzuleiten sei, werde in der Literatur unterschiedlich gesehen. Selbst die Finanzverwaltung scheine in der Frage, ob die Anschaffungsfiktion des § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 auch eine Entgeltlichkeitsfiktion darstelle, keine einheitliche Linie zu vertreten:
Verwiesen werde auf Jakom, EStG, § 15, Rz 60, Hayden/Böhm in PSR 2017/25, Die Unentgeltlichkeit einer Zuwendung an und von einer Privatstiftung, Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG-Kommentar, § 15 Rz 163, EStR Rz 6103 (selbst im Falle eines Tausches werde zusätzlich eine Entgeltlichkeit gefordert).
Eine Entgeltlichkeit iSd § 124b Z 185 EStG 1988 könne aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 nicht abgeleitet werden.
Die Erläuterungen zum SchenkMG 2008 würden zur Frage der Unentgeltlichkeit eine klare Aussage treffen: In der Z 2 könne die lit.c entfallen, weil die Zuwendung der Privatstiftung als unentgeltliche Zuwendung bereits nach dem Tatbestand des § 28 Abs. 7 keine Nachversteuerung auslöse.
Es werde beantragt, zusätzlich zur erstatteten KESt den Betrag von 42.875,02 € zu erstatten.

Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Der Sachverhalt sei im Zuge einer Betriebsprüfung ermittelt worden und sei unstrittig.
Nach § 15 Abs. 3 EStG 1988 würde für Zuwendungen von Privatstiftungen gelten, dass die zugewendeten Wirtschaftsgüter und sonstiges Vermögen bei der Ermittlung der Einkünfte als angeschafft gelten.
Der Begriff der Zuwendung sei weder im EStG noch im KSTG legal definiert. Zwar liege nach herrschender Meinung aus Sicht der Privatstiftung ein unentgeltliches Rechtsgeschäft bei der Zuwendung vor; eine Schenkung im Rechtssinne liege allerdings nicht vor, da der Grund der Zuwendung im Stiftungszweck in der Satzung liege (Arnold, PSG-Kommentar, 4. Auflage, § 5 Rz 14).
Aus Sicht des Begünstigten normiere jedoch § 15 Abs. 3 eine fingierte Anschaffung sowie Bewertung mit den fiktiven Anschaffungskosten. Ertragsteuerlich liege also beim Begünstigten eine Anschaffung vor und damit die Ausnahme von der unentgeltlichen Übertagung. Es würden beim Begünstigten auch keine Buchwerte fortgeführt werden. Die Besteuerung des zugewendeten Wirtschaftsgutes (inkl. der Besteuerung der aufgelaufenen stillen Reserven in der Privatstiftung) durch den Begünstigten sei also gesetzlich angeordnet und unterbreche die Buchwertfortführung. Dieser Umstand spreche also dafür, dass man von einer Entgeltlichkeit der Zuwendung sprechen müsse (Marschner, ZFS 2015, 198ff). Laut Marschner führe also die besondere Anschaffungsfiktion der Zuwendung der Privatstiftung zur Besteuerung der stillen Reserven, damit unterscheide sich die Anschaffungsfiktion von einer reinen Bewertungsvorschrift.
Mit der gesetzlichen Formulierung "gelten als angeschafft" werde also laut Ansicht des Finanzamtes ein gesetzlich fingiertes (entgeltliches) Anschaffungsgeschäft angenommen. Als Folge dieses gesetzliche fingierten Anschaffungsgeschäftes komme es zu einer (entgeltlichen) Anschaffung der Investmentfonds im Jahr 2015. Es liege daher beim Beschwerdeführer kein Altvermögen der Investmentfondsanteile, sondern Neuvermögen vor, da die (gesetzlich fingierte) entgeltliche Anschaffung nach dem erfolgt sei.
Dass eine entgeltliche Anschaffung durch das "gesetzlich fingierte" Anschaffungsgeschäft vorliege, komme auch in den EStR 7776a klar zum Ausdruck. Durch die Zuwendung an den Begünstigten werde also bei diesem aufgrund von § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 ein Anschaffungsgeschäft fingiert (Mayr/Hayden in D/K/M/Z § 15 Tz 163). Für Kapitalvermögen gelte, dass diese Sachzuwendungen entgeltliche Vorgänge seien und die Investmentfondsanteile mit den fiktiven Anschaffungskosten zu bewerten seien (EStR 2000 Rz 7776a).
Verwiesen werde auf den Artikel "Die Unentgeltlichkeit einer Zuwendung an und von einer Privatstiftung", Hayden/Böhm in PSR 2017/25.
Der Beschwerdeführer führe aus, dass in Rz 6103c EStR beim Tausch zusätzlich die Entgeltlichkeit gefordert werde. Das sie richtig, auch Rz 6626 EStR führe aus, dass zwar Tauschvorgänge grundsätzlich immer als Veräußerungsvorgänge (und Anschaffungsvorgänge) zu werten seien; aber wenn etwa unter nahen Angehörigen Grundstücke getauscht würden, deren Werte sich um mehr als 50% unterscheiden würden, stelle dies in der Regel ein Rechtsgeschäft mit Bereicherungsabsicht dar. Es liege daher insgesamt für alle Beteiligten ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vor. Diese Richtlinien würden nur allgemein davon sprechen, dass Tauschvorgänge dahingehend untersucht werden müssten, ob eine Entgeltlichkeit zu Grunde liege; diese Entgeltlichkeit könne insbesondere dann verneint werden, wenn Veräußerungs- oder Tauschvorgänge zwischen nahen Angehörigen stattfänden und der Wert der Gegenleistung unter 50 % liege. Eine allgemeine Aussage in Bezug auf die Entgeltlichkeit der Anschaffungsfiktion des § 15 Abs. 3 EStG 1988 könne daraus nicht abgeleitet werden.
Sowohl Veräußerungsverträge, als auch Tauschverträge müssten immer im zweiten Schritt dahingehend untersucht werden, ob eine Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit vorliege. Im konkreten Fall sei der Ansatz des Marktwertes der Investmentfondsanteile im Jahr 2015 als KESt-Bemessungsgrundlage erfolgt, sodass jedenfalls Entgeltlichkeit vorliege.
Des Weiteren verweise der Beschwerdeführer auf das Schenkungsmeldegesetz 2008 und die dazu gehörigen gesetzlichen Erläuterungen. Es hätte schon vor alleine aufgrund der Sonderreglung des § 15 Abs. 3 Z 2 lit. c EStG 1988 keine Nachversteuerung nach § 28 Abs. 7 EStG 1988 durchgeführt werden müssen. Weiters werde darauf hingewiesen, dass Zuwendungen von Privatstiftungen nicht als freigiebig anzusehen seien, da sie aufgrund von Satzungen, Urkunden, Stiftungsbriefen etc. erfolgen würden. Daher würden sie weder Schenkungen, noch freigiebige Zuwendungen darstellen und folglich nicht der Schenkungsmeldung nach § 121a BAO unterliegen (StiftR 2009 Rz 336; Arnold in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungssteuerrecht², Rz II/492a; Petritz in PSR 2012/19, Seite 72).
Dass keine reine unentgeltliche Übertragung der Wertpapiere vorliege sei auch aus dem Umstand ersichtlich, dass bei einer unentgeltlichen Übertragung von Wertpapieren Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers fortgeführt würden. Die Spezialregelung des § 15 Abs. 3 EStG 1988 stehe der Weiterführung der seinerzeitigen Anschaffungskosten jedoch entgegen.
Die vom Beschwerdeführer angeführten Widersprüchlichkeiten in der Sichtweise der Finanzverwaltung die Weiterführung von offenen Zehntel- und Fünfzehntelabsetzbeträgen betreffend sei dem Alter der Stiftungsrichtlinien geschuldet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Investmentfonds Fonds wurde im Jahr 2007 gegründet. Die Anteile am Fonds wurden unter anderem durch die ***4*** Privatstiftung im Jahr 2007 erworben.
Mit Stichtag wurden 7.200 Anteile zu einem Marktwert von je 1.219,14 € am Investmentfonds Fonds im Rahmen einer Zuwendung an den Beschwerdeführer übertragen. Seitens der Privatstiftung wurde KESt einbehalten und abgeführt. Die Anteile am Investmentfonds wurden Ende Dezember 2015 vom Depot der Privatstiftung auf das Depot des Beschwerdeführers übertragen.
Am wurden durch den Fonds 4.600 Anteile zu einem Rücknahmepreis von 1.292,65 € je Anteil rückgenommen. Die depotführende inländische Bank des Beschwerdeführers hat mangels Unterlagen über die tatsächlichen Anschaffungskosten diese mit 851,37 € geschätzt. Nach Adaptierung durch ausschüttungsgleiche Erträge wurden gemäß § 93 Abs. 4 EStG 1988 Anschaffungskosten in Höhe von 890,98 € angenommen.
Der Veräußerungsgewinn, die darauf abgeführte KESt wurde nicht in den automatischen Verlustausgleich der Bank einbezogen. Der Veräußerungsgewinn bei Anwendung des § 93 Abs. 4 EStG 1988 beträgt 1,847.660,38 €. Der KESt-Abzug wurde in Höhe von 508.106,80 € vorgenommen.
Nach einer Betriebsprüfung wurde ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn in Höhe von 155.919,18 € festgesetzt, was eine Steuerbelastung von 42.875,02 € ergibt.

Strittig ist, ob die Altvermögenseigenschaft aus dem Jahr 2007 auch nach Zuwendung der Anteile am Investmentfonds aus der Privatstiftung im Jahr 2015 erhalten bleibt und folglich die KESt in Höhe von 42.875,02 € zu erstatten ist.
Die Berechnungsgrundlagen sind unstrittig.

2. Beweiswürdigung

Der Erwerb der Anteile am Investmentfonds durch die Privatstiftung im Jahr 2007, die Übertragung der Anteile im Jahr 2015 durch die Privatstiftung sowie deren teilweise Rücknahme im Jahr 2017 zu den jeweiligen Werten wurde unstrittig vorgenommen und ergibt sich aus dem bisherigen Vorbringen beider Parteien.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Nach § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 ist für Zuwendungen von Privatstiftungen zu beachten:
Die zugewendeten Wirtschaftsgüter und zugewendetes sonstiges Vermögen gelten bei der Ermittlung der Einkünfte als angeschafft; zugewendete sonstige geldwerte Vorteile gelten als zugeflossen.

Nach § 27 Abs. 3 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs. 2 sind. Laut § 27 Abs. 5 Z 7 leg. cit. gelten als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital iSd Abs. 2 auch Zuwendungen jeder Art von nicht unter § 5 Z 6 KStG 1988 fallenden Privatstiftungen.

Gemäß § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 sind § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 ab erstmals anzuwenden auf:
- Anteilscheine an Investmentfonds iSd Investmentfondsgesetzes und an Immobilienfonds iSd Immobilienfondsgesetzes, die nach dem entgeltlich erworben worden sind.

Die Amtspartei geht davon aus, dass durch die Zuwendung der Anteile am Investmentfonds durch die Privatstiftung im Jahr 2015 ein entgeltlicher Erwerb stattgefunden hat und durch die Rücknahme im Jahr 2017 Einkünfte iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 realisiert wurden.
Dem gegenüber steht die Ansicht des Beschwerdeführers, dass durch die Zuwendung im Jahr 2015 ein solcher entgeltlicher Erwerb iSd § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 nicht stattgefunden hat, es sich demnach noch um Altvermögen handelt und folglich die KESt zu retournieren ist.

Es existiert zu dieser Rechtsfrage weder Judikatur des VwGH, noch des BFG. Die Lehre sieht die Frage der Entgeltlichkeit unterschiedlich (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG Kommentar, 19. Auflage, § 15 Rz 163).

§ 15 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 normiert eine Anschaffungsfiktion und eine Bewertungsregel für Sach-und Nutzungszuwendungen.

Marschner geht in ZFS 2015, 198, zwar von der Unentgeltlichkeit der Zuwendung einer Privatstiftung aus, räumt aber ein, dass aufgrund der Besteuerung der aufgelaufenen stillen Reserven beim Begünstigten eine entgeltliche Anschaffung auf dessen Seite vorliegen kann. Als wesentlich wird die Besteuerung der Substanz, nicht die Anschaffungsfiktion angesehen.
Auch Schuchter in Achatz/Kirchmayr, Kommentar zum KStG 2011, § 13 Rz 544, geht von einer entgeltlichen Anschaffung seitens des Begünstigten aus.
Ebenso ist nach Ludwig in Arnold/Ludwig, Stiftungshandbuch, 3. Auflage (2022), 13.12.1.4., 13/28, der Verlust der Altvermögenseigenschaft gegeben.

Wird eine Anschaffung fingiert, wird auch die Entgeltlichkeit fingiert (vergleiche , wonach ein Anschaffungsvorgang eine entgeltliche Überführung eines Wirtschaftsgutes darstellt). Würde die Anschaffungsfiktion des § 15 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 nicht zur Entgeltlichkeit führen, wäre die Bestimmung inhaltsleer, was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann (vgl. Tobias Hayden/Lisa-Maria Böhm, Die Unentgeltlichkeit einer Zuwendung an und von einer Privatstiftung, PSR 2017/25).
Es ist daher von einer entgeltlichen Zuwendung an den Beschwerdeführer auszugehen, weshalb die Altvermögenseigenschaft verloren gegangen ist und die KESt nicht zu erstatten war.

Die Beschwerde war folglich als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob die Zuwendung von Anteilen an einem Investmentfonds durch eine Privatstiftung einen entgeltlichen Erwerb iSd § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 darstellt existiert weder Judikatur des VwGH, noch des BFG. Die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist folglich zu erwarten, weshalb die Revision als zulässig erklärt wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at