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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2024, RV/7100525/2024

Behauptete Verfassungswidrigkeit des Energiekrisenbeitrag-Strom

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1924/2024 anhängig.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7100525/2024-RS1
wie RV/7100706/2024-RS2
Das Bundesfinanzgericht hegt keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität des EKBSG, die zu einem Aufhebungsantrag gemäß Art 89 Abs 2 B-VG Anlass geben würden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung des Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) für den Zeitraum bis , St.Nr. ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie, tätig.

Die steuerliche Vertretung der Bf beantragte gemäß § 201 Abs 3 Z 1 BAO die Festsetzung des Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBS) für den Zeitraum 12/2022 bis 06/2023, abgeführt und gemeldet am , mit Abgabenbescheid und übermittelte eine Aufstellung, aus der sich der abgeführte Beitrag in Höhe von 2.614.855,40 € ergibt.

Die belangte Behörde wies den Antrag mit dem angefochtenen Bescheid ab. Der Antrag sei zwar fristgerecht eingebracht. § 201 BAO setze aber stets voraus, dass der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Daraus folge, dass keine Festsetzung der Abgabe erfolgen dürfe, wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung - wie im gegenständlichen Fall - als richtig erweise. In einem solchen Fall sei der Antrag auf Festsetzung abzuweisen.

In ihrer Beschwerde führte die Bf aus, dass der angefochtene Bescheid ausspreche, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung im gegenständlichen Fall als richtig erwiesen habe. Damit werde indirekt ausgesprochen, dass der Energiekrisenbeitrag-Strom für den genannten Zeitraum mit EUR 2.614.855,40 zu berechnen gewesen sei.
Dieser Anspruch sei insofern inhaltlich unrichtig und der angefochtene Bescheid damit rechtswidrig, als sich diese Festsetzung der Höhe des Energiekrisenbeitrag-Strom nur durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes ergebe. Unter Berücksichtigung der Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes wäre der EKB-S für den hier relevanten Zeitraum richtigerweise mit EUR 0,00 festzusetzen gewesen.
Das bedeute umgekehrt, dass auch der Ausspruch des angefochtenen Bescheids, demnach sich die Selbstberechnung als richtig erwiesen habe, unrichtig sei. Vielmehr sei die bekannt gegebene Selbstberechnung des Betrages mit EUR 2.614.855,40 nicht richtig gewesene, sodass auch die Abweisung des Antrags auf Festsetzung des Abgabenbetrags zu Unrecht erfolgt sei.

Das EKBSG sei aus folgenden Gründen verfassungswidrig:
Verletzung Gleichheitsgrundsatz: Mittel sei zur Erreichung des Ziels nicht geeignet
Ausweislich der Gesetzesmaterialen müssten die Markterlöse von Erzeugern gemäß der Vorgabe der VO (EU) 2022/1854 in einer Situation, in der die Verbraucher extrem hohen Preisen ausgesetzt seien, die auch der Wirtschaft schadeten, vorübergehend begrenzt werden. Der EKB-S sollte demnach also die Preise senken, die Endverbraucher (inkl. Wirtschaft) für Strom bezahlen.
Dieses Ziel der Senkung der Strompreise für Endverbraucher könne durch eine Erlös-abschöpfung bei Stromerzeugern allerdings nicht erreicht werden, weil Stromerzeuger keinen Strom an Endverbraucher verkauften. Endverbraucher würden durchgängig von einer anderen Wirtschaftsstufe beliefert, nämlich von Stromhändlern, die von der Erlösabschöpfung jedoch nicht betroffen seien.
Durch die Erlösabschöpfung bei Stromerzeugern entstehe keinerlei Anreiz für Stromhändler Endverbraucher billiger zu beliefern: Der EKBSG hindere Stromhändler nicht daran, Strom (billig oder teuer, bilateral von Stromerzeugern oder an der Strombörse) einzukaufen und teuer an Endverbraucher zu verkaufen. Stromhändler träfen diese Preisentscheidung ganz unabhängig davon, ob Stromerzeuger einen Teil ihrer Umsatzerlöse abführen müssen oder nicht. Das Abschöpfen von Erlösen bei Stromerzeugern beeinflusse schon nicht den Kaufpreis zwischen Stromerzeugern und Stromhändlern - geschweige denn den Kaufpreis zwischen Stromhändlern und Endverbrauchern. Stromhändler träfen ihre Preisentscheidung im Verkauf von Strom vielmehr am Maßstab des Marktpreises für Strom, der sich aus Angebot und Nachfrage nach diesem Produkt ergebe.
Maßnahmen zur Erlösbeschränkung bei Stromerzeugern seien in Bezug auf die Endverbraucherpreise also wirkungslos. Eine Beeinflussung des Preises der Endverbraucher wäre nur durch eine Erlösabschöpfung bei Stromhändlern möglich gewesen. Die Erlösabschöpfung der Stromerzeuger gemäß EKBSG träfe also die Falschen.
Der verfassungsgesetzliche Gleichheitsgrundsatz verbiete dem Gesetzgeber sachlich nicht gerechtfertigte Regelungen zu treffen. Gesetzliche Regelungen müssten auf einem vernünftigen Grund beruhen (und dürften nicht unverhältnismäßig sein). Eine am Maßstab des Regelungsziel ungeeignete und wirkungslose Maßnahme, die die falschen Adressaten treffe, erfülle diese Anforderungen nicht.

Verletzung Vertrauensgrundsatz
Nach der Rechtsprechung des VfGH verletzten gesetzliche Vorschriften, die nachträglich an früher verwirklichte Tatbestände (hier: Investitionsentscheidung in die Errichtung von Windkraftanlagen und Verkauf des erzeugten Stroms) steuerliche Folgen knüpfen und dadurch die Rechtsposition des Steuerpflichtigen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtern, den Gleichheitsgrundsatz, wenn der Eingriff von erheblichem Gewicht sei und der Steuerpflichtige in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden sei. Maßgebend für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit sei dabei die Gravität des Eingriffs sowie das Gewicht der für den Eingriff sprechenden Gründe. Der Eingriff sei hier gravierend. Obwohl die Bf ein kleines Unternehmen sei, das nur drei Windkraftanlagen betreibe, würden ihr im hier relevanten Zeitraum EUR 2.614.855,40 abgeschöpft. Gemäß aktueller Abschätzung des Jahresabschlusses 2023 entspreche das ca einem Drittel ihrer Erlöse. Diese Erlösabschöpfung sei daher völlig unverhältnismäßig.
Für den Eingriff sprächen hier keine Gründe, weil der Eingriff zur Erreichung des angestrebten Ziels ungeeignet und wirkungslos sei.
Dazu komme, dass das EKBS hier sogar mit echter Rückwirkung erlassen worden sei. Es sei am kundgemacht worden und habe Erlöse aus Stromverkauf bereits rückwirkend ab erfasst. Es knüpfe daher an schon verwirklichte Tatbestände steuerliche Folgen und verschlechtere die Rechtsposition des Steuerpflichtigen für die Vergangenheit. Das bewirke eine verfassungsrechtlich verpönte "echte" Rückwirkung und führe zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes.

Verletzung Gleichheitsgrundsatz: Abstellen auf Erlöse statt auf Gewinn nicht sachgerecht
Nach der Rechtsprechung des VfGH ergebe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz das Gebot einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuersubjekte entsprechenden Besteuerung, das der VfGH auch als objektives Nettoprinzip bezeichne. Dieses Prinzip gebiete es, die zur Erzielung des Einkommens aufgewendeten Aufwendungen von der Bemessungsgrundalge abzuziehen. Die Kosten der Stromerzeugung seien bei den betroffenen Stromerzeugungsanlagen unterschiedlich hoch und seien unterschiedlich auf Investitionskosten und Betriebskosten verteilt. Wind- und Solarenergieerzeuger hätten im Vergleich zu anderen Stromerzeugern besonders hohe Investitionskosten und könnten daher nur weniger flexibel auf Änderungen reagieren als beispielsweise Stromerzeuger, die einen Brennstoff einkaufen und daraus Strom erzeugen. Solcher Stromerzeuger könnte durch Reduktion des Brennstoffeinkaufs einerseits Kosten und andererseits Erlöse reduzieren, wodurch sich auch die Erlösabschöpfung reduziere. Wind und Solarenergieerzeuger könnten das nicht. Die hohen Investitionskosten seien hier bereits investiert.
Ein einheitliches Anknüpfen einer Abgabe an den Erlös ohne Berücksichtigung der unterschiedlich hohen Investitions- und Betriebskosten behandle unterschiedliche Sachverhalte gleich und verletzte dadurch den Gleichheitsgrundsatz. Das Erfordernis der Berücksichtigung individuell unterschiedlicher Umstände werde hier vom Gesetzgeber völlig ignoriert.
Unsachlich sei nach der Rechtsprechung auch eine Besteuerung, die von zufälligen Umständen abhänge. Die Höhe der Besteuerung hänge hier im Ergebnis davon ab, zu welchen Zeitpunkten die betroffenen Stromerzeuger Lieferverträge mit Stromhändlern abgeschlossen hätten. Stromerzeuger, die ihre Lieferverträge zu Zeitpunkten niedrigerer Strompreise abgeschlossen hätten, würden geringer belastet als Stromerzeuger, die ihre Lieferverträge zufälligerweise zu Zeitpunkten höherer Strompreise abgeschlossen hätten. Daraus ergebe sich eine sehr unterschiedliche Abgabenbelastung unterschiedlicher Stromerzeuger.
Auch die vom EKBSG gewählte Grenze für die Erlösabschöpfung sei willkürlich gewählt. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, warum die Erlösobergrenze zunächst mit EUR 140/MWh und in der Folge mit EUR 120.-/MWh festgesetzt worden sei, sei nicht ersichtlich.

Verletzung Gleichheitsgrundsatz: Ungleichbehandlung gegenüber Gewinnabschöpfung für Fossile
Das gleichzeitig mit dem EKBSG erlassene Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger (EKBFG) sehe für die davon betroffenen Beitragsschuldner einen Beitrag in Höhe von 40 % der Bemessungsgrundlage vor (§ 3 Abs 1 EKBFG). Beitragsschuldner dieses Beitrags seien Unternehmen, die Wirtschaftstätigkeiten im Erdöl-, Erdgas-, Kohl und Raffineriebereich ausübten (§ 5 EKBFG). In Österreich sei davon im Wesentlichen die OMV AG betroffen.
Bemessungsgrundlage sei hier aber nicht der erzielte Erlös, sondern lediglich jener Betrag, um den der steuerpflichtige Gewinn im Erhebungszeitraum um mehr als 20 % über dem Durchschnittsbetrag der steuerpflichtigen Gewinne im Zeitraum 2018 bis 2021 gelegen sei (§ 2 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 EKBFG). Und davon seien nur 40 % abzuführen - und nicht wie nach dem EKBSG 90 %. Es wäre grundsätzlich auch im EKBSG (als gelinderes Mittel) ein Abstellen auf die Gewinnerhöhung möglich gewesen.
Aus der unterschiedlichen Regelung der Bemessungsgrundlage (Gewinnerhöhung versus Umsatz) und aus dem unterschiedlichen "Steuersatz" (90 % versus 40 %) ergebe sich, dass die fossile Energiewirtschaft durch den EKB-F wesentlich geringer belastet werde, als die erneuerbare Stromerzeugung. Dafür bestehe nicht nur keine sachliche Rechtfertigung. Sowohl unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit als auch unter dem Aspekt des Klimaschutzes wäre vielmehr eine gegenteilige Differenzierung geboten gewesen.

Verletzung Grundrecht auf Eigentum
Nach der Rechtsprechung des VfGH umfasse der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz alle vermögenswerten Privatrechte. Dazu zähle auch die Privatautonomie. Sie sei ein tragendes Prinzip des Privatrechts, das es dem Einzelnen gestatte, seine Rechtsverhältnisse nach freiem Willen zu gestalten. Eine besondere Facette der Privatautonomie sei die Vertragsfreiheit, die das Recht zum Abschluss privatrechtlicher Verträge vermittle. Aus dieser grundrechtlichen Absicherung der Privatautonomie im Allgemeinen und der Vertragsfreiheit im Besonderen folge, dass gesetzliche Eingriffe in privatrechtliche Verträge als Eingriff in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile zu qualifizieren seien.
Eingriffe in das Grundrecht auf Eigentum seien (nur) zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse lägen, zur Verfolgung dieses Interesses erforderlich, geeignet und verhältnismäßig seien. Das sei hier nicht der Fall. Der Eingriff sei hier erstens zur Erreichung des Ziels der Senkung der Strompreise nicht erforderlich und ungeeignet. Und er sei angesichts der Gravität des Eingriffs auch völlig unverhältnismäßig. Und die bloße Konfiskation von Umsatzerlösen von Stromerzeugern liege auch nicht im öffentlichen Interesse.
Der Energiekrisenbeitrag-Strom stelle sich vielmehr als eine unzulässige konfiskatorische Steuer dar, die die Betroffenen im Grundrecht auf Eigentum verletze.

Keine Deckung des EKBSG durch Notfallmaßnahmen-Verordnung
Das EKBSG könne sich auch nicht auf eine Deckung durch die Notfallmaßnahmen-VO (EU) 2022/1854 stützen.
Abgesehen davon, dass österreichische Gesetze sowohl EU-rechtlichen Vorgaben als auch österreichischem Verfassungsrecht entsprechen müssten und ein Entsprechen EU-rechtlicher Vorgaben nicht von einem Verstoß gegen österreichisches Verfassungsrecht entbinde, erfülle die genannte Verordnung auch nicht die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Anwendungsvorrang von EU-Recht gegenüber österreichischem Verfassungsrecht.
Ein solcher Anwendungsvorrang einer EU-Verordnung würde voraussetzen, dass die Verordnung unmittelbar anwendbar wäre. Das wäre nur, wenn sie keiner Maßnahnahmen zur Umwandlung in nationales Recht bedürfte. Sie müsste hinreichend klar und genau sein und ihre Umsetzung dürfte von keiner Bedingung abhängen. All das sei hier jedoch nicht der Fall. Hier habe erheblicher Konkretisierungsbedarf durch die Mitgliedstaaten bestanden - worauf etwa auch die Gesetzesmaterialien zum EKBS explizit verwiesen.
Die besagte VO hätte auch gar nicht mit unmittelbarer Anwendbarkeit erlassen werden können - die EU habe nämlich gar keine Kompetenz zur Erlassung von Steuern und Abgaben.
Dazu komme, dass das österreichische EKBSG auch nicht den Vorgaben der VO folge, sodass es sich zu seiner Rechtfertigung auch nicht auf diese VO berufen könne. Die VO besage nämlich, dass die Markterlöse, die Erzeuger für die Stromerzeugung erzielten, auf höchstens EUR 180.-/MWh begrenzt würden. Das Wort höchstens beziehe sich hier auf den Umstand, dass die Markterlöse schwankten und die Abschöpfung von der Höhe der jeweiligen Markterlöse abhängen solle (über EUR 180.-/MWh Abschöpfung, darunter nicht), nicht aber darauf, dass den Mitgliedstaaten ein Gestaltungsspielraum eingeräumt habe werden sollen, den Höchsterlös auch mit einem niedrigeren Betrag festzulegen. Vielmehr habe diese Obergrenze innerhalb der EU zur Vermeidung einer innergemeinschaftlichen Marktverzerrung einheitlich sein sollen. Ein Unterschreiten dieser Grenze solle vielmehr nur unter den engen Voraussetzungen des Art 8 Abs 1 lit a der VO zulässig sein, die hier jedoch nicht vorlägen.
Die Regelung des österreichischen EKBSG, die eine willkürliche Obergrenze von zunächst EUR 140.-/MWh und in der Folge sogar von EUR 120.-/MWh vorsehe, könne sich daher nicht auf eine Umsetzung der VO (EU) 2022/1854 stützen.
Überdies normiere die VO (EU) 2022/1854 auch, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Überschusserlöse gezielt zur Finanzierung von Maßnahmen verwendet würden, mit denen Stromkunden unterstützt würden, um die Auswirkungen der hohen Strompreise auf diese Kunden abzumildern. Nach einer solchen Zweckwidmung suche man im EKBSG vergebens.
Das EKBSG könne sich zu seiner Rechtfertigung also aus mehreren Gründen nicht auf die Deckung durch die VO berufen.

Anträge
Aus diesen Gründen (und gestützt auf jeden sonstigen erdenklichen Rechtsgrund) beantragte die Bf den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Festsetzung des EKB-S stattgegeben und der Abgabenbetrag für den Zeitraum bis im Betrag von EUR 0,00 festgesetzt werde, eventualiter den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde die Neufestsetzung für den Zeitraum bis im Betrag von EUR 0,00 aufzutragen.
Zugleich ersuchte die Bf das angerufene Verwaltungsgericht (Bundesfinanzgericht) gemäß Art 135 Abs 4 iVm Art 89 Abs 2 und Art 140 Abs 1 B-VG einen Antrag auf Aufhebung der Bestimmung des § 1 Abs 3, § 3 Abs 1, § 3 Abs 5, und § 5 Abs 1 bis Abs 3 des Bundesgesetzes über den Energiekrisenbeitrag-Strom an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zur Entscheidung vor und beantragte unter Verweis auf § 201 BAO, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie, tätig.

Die steuerliche Vertretung der Bf beantragte am gemäß § 201 Abs 3 Z 1 BAO die Festsetzung des Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBS) für den Zeitraum 12/2022 bis 06/2023 mit Abgabenbescheid und entrichtete den für diesen Zeitraum selbst bemessenen EKB-S in Höhe von 2.614.855,40 €.

Eine unrichtige Berechnung des Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar.

2. Beweiswürdigung

  • Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen und ist nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 1 Abs. 1 Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG), BGBl. I Nr. 220/2022, in Kraft getreten am , wird durch dieses Bundesgesetz der Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) näher geregelt und die Verordnung (EU) 2022/1854 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, ABl. Nr. L 261 vom , S. 1, (im Folgenden EU-NotfallmaßnahmenVO) umgesetzt.

Gemäß § 1 Abs. 2 EKBSG ist der EKB-S eine ausschließliche Bundesabgabe.

Gemäß § 1 Abs. 3 EKBSG unterliegt dem EKB-S die Veräußerung von im Inland erzeugtem Strom aus Windenergie, Solarenergie, Erdölerzeugnissen, Torf und Biomasse-Brennstoffen ausgenommen Biomethan, durch den Stromerzeuger einschließlich der Realisierung von Veräußerungsrechten auf Strom.

Gemäß § 3 Abs. 1 EKBSG ist Bemessungsgrundlage für den EKB-S die Summe der monatlichen Überschusserlöse aus der Veräußerung von Strom gemäß § 1 Abs. 3, die zwischen dem und dem erzielt wurde, Aufwendungen können nicht berücksichtigt werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 EKBSG bedeutet "Überschusserlöse" eine positive Differenz zwischen den Markterlösen des Beitragsschuldners je MWh Strom und der jeweiligen Obergrenze für Markterlöse gemäß Z 3.

Gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 EKBSG bedeutet "Markterlöse" die realisierten Erträge, die ein Beitragsschuldner für den Verkauf und die Lieferung von Strom in der Union erhält.

Gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 EKBSG beträgt die "Obergrenze für Markterlöse" a) für Überschusserlöse, die von bis erzielt wurden, 140 Euro je MWh Strom, b) für Überschusserlöse, die nach dem erzielt wurden, 120 Euro je MWh Strom.

Gemäß § 3 Abs. 3 EKBSG können, wenn die notwendigen direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der Obergrenze für Markterlöse liegen, diese Kosten zuzüglich eines Aufschlags von 20 % der notwendigen, direkten Investitions- und Betriebskosten als Obergrenze für Markterlöse angesetzt werden, sofern der Beitragspflichtige die Voraussetzungen nachweist.

Gemäß § 3 Abs. 5 EKBSG beträgt der EKB-S 90 % der Überschusserlöse.

Gemäß § 3 Abs. 6 EKBSG stellt der EKB-S eine abzugsfähige Betriebsausgabe dar.

Gemäß § 4 Abs. 1 EKBSG kann vom gemäß § 3 ermittelten EKB-S unter näher angeführten Voraussetzungen ein Absetzbetrag für begünstigte Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz abgezogen werden.

Gemäß § 5 Abs. 2 EKBSG wird der EKB-S für den Zeitraum bis am , für den Zeitraum bis am fällig.

Gemäß § 6 Abs. 1 EKBSG obliegt die Erhebung des Beitrags dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt.

Gemäß § 6 Abs. 2 EKBSG hat der Beitragsschuldner den Beitrag selbst zu berechnen und am Fälligkeitstag an das zuständige Finanzamt zu entrichten.

Die Bf hat für den Zeitraum bis einen EKB-S in Höhe von 2.614.855,40 € selbst berechnet und fristgerecht an das für sie zuständige Finanzamt entrichtet.

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so muss gemäß § 201 Abs. 1 BAO nach Maßgabe des Abs. 3 leg cit auf Antrag des Abgabepflichtigen eine Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist.

Aufgrund des in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerten Legalitätsprinzips sind die Gerichte - ebenso wie die Verwaltungsbehörden - verpflichtet, ihre Entscheidungen - unabhängig von einer eventuellen Verfassungswidrigkeit - auf der Grundlage der geltenden Gesetze zu treffen.

Gemäß Art. 89 Abs. 1 B-VG steht den ordentlichen Gerichten, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze nicht zu. Sowohl die belangte Behörde als auch das Bundesfinanzgericht haben daher grundsätzlich die Bestimmungen des EKBSG so lange anzuwenden, wie sie dem Rechtsbestand angehören.

Die Bf behauptet nicht, dass der von ihr für den Zeitraum bis selbst berechnete EKB-S unrichtig wäre bzw. nicht den Bestimmungen des EKBSG entsprechen würde. Eine derartige Unrichtigkeit kann aus den vorgelegten Unterlagen auch nicht erkannt werden.

Damit liegt aber eine Unrichtigkeit, welche die belangte Behörde zu einer bescheidmäßigen Festsetzung des EKB-S gemäß § 201 BAO verpflichtet hätte, nicht vor, weshalb die belangte Behörde den Antrag der Bf zu Recht abgewiesen hat.

Gemäß Art. 89 Abs. 2 B-VG hat ein ordentliches Gericht, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Derartige Bedenken bestehen aus nachfolgend angeführten Gründen gegenständlich nicht.

Nach den Materialien zum EKBSG sowie den Erwägungsgründen der EU-NotfallmaßnahmenVO, in deren Umsetzung das EKBSG erlassen wurde, weshalb diese Erwägungsgründe auch für die sachliche Rechtfertigung der Bestimmungen des EKBSG heranzuziehen sind, diente diese Verordnung der Bewältigung der Krisensituation, die infolge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine am Energiemarkt eingetreten ist. Dies war, wie in Randnummer 1 der in Erwägung gezogenen Gründe der EU-NotfallmaßnahmenVO dargelegt, hauptsächlich eine Folge des hohen Gaspreises, da Gas für die Stromerzeugung verwendet wird, wobei Gaskraftwerke häufig zur Deckung der Nachfrage zu Spitzenlastzeiten oder wenn der mit anderen Technologien wie Kernenergie, Wasserkraft oder variabler erneuerbarer Energie erzeugte Strom nicht zur Deckung der Nachfrage ausreicht, benötigt werden. Der Preisanstieg an den Stromgroßhandelsmärkten führte zu einem dramatischen Anstieg der Endkundenpreise. Mithilfe der Festlegung von Notfallmaßnahmen sollte vorübergehend das Risiko gemindert werden, dass die Strompreise und die Kosten von Strom für Endkunden noch weniger tragfähige Niveaus erreichen, die Auswirkungen hoher Energiepreise sollten abgefedert und sichergestellt werden, dass die derzeitige Krise keine dauerhaften Schäden für Verbraucher und Wirtschaft mit sich bringt und gleichzeitig die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gewahrt wird.

Gemäß Art. 1 der EU-NotfallmaßnahmenVO sind in dieser Verordnung Notfallmaßnahmen festgelegt, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise durch außerordentliche, gezielte und zeitlich begrenzte Maßnahmen abzumildern. Ziel dieser Maßnahmen ist es, den Stromverbrauch zu senken, eine Obergrenze für die mit der Stromerzeugung erzielten Markterlöse bestimmter Erzeuger einzuführen und diese Erlöse gezielt an Stromendkunden weiterzuverteilen, Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten zu schaffen, mit öffentlichen Eingriffsmaßnahmen in die Festsetzung der Stromversorgungspreise für Haushaltskunden und KMU einzugreifen und Vorschriften für einen befristeten obligatorischen Solidaritätsbeitrag von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union einzuführen, um zu einer bezahlbaren Energieversorgung von Haushalten und Unternehmen beizutragen.

Diesbezüglich sieht die Verordnung zwei Maßnahmen vor:

Erstens regelt die Verordnung eine Begrenzung der Erlöse der Stromerzeuger ("Obergrenze für Markterlöseauf Stromerzeuger"), wonach - von wenigen Ausnahmen abgesehen - die Markterlöse, die Erzeuger für die Stromerzeugung aus bestimmten, insbesondere erneuerbaren Quellen erzielen, auf höchstens 180 € je MWh erzeugter Elektrizität begrenzt werden (Art. 6 Abs. 1). Erfasst sind die Markterlöse aus dem Verkauf von Strom aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft ohne Speicher, Biomasse-Brennstoffen (festen oder gasförmigen Biomasse-Brennstoffen) außer Biomethan, Abfall, Kernenergie, Braunkohle, Erdölerzeugnissen sowie Torf (Art. 7 Abs. 1), also den "inframarginalen Technologien"; nicht erfasst ist hingegen die Stromerzeugung aus den von den Preissteigerungen unmittelbar betroffenen Energieträgern Gas und Steinkohle (und Ersatzstoffen wie Biomethan). Die Vereinheitlichung der Obergrenze dient der Vermeidung von Verzerrungen zwischen den Energieerzeugern in der Union, die durch unterschiedliche Obergrenzen auf dem unionsweiten Energiemarkt entstehen würden. Die Verordnung sieht allerdings auch Möglichkeiten der Mitgliedstaaten vor, weitere Maßnahmen zu ergreifen, etwa die Markterlöse der erfassten Erzeuger weiter zu begrenzen und auch nach Technologien zu differenzieren (Art. 8 Abs. 1 lit a), eine Obergrenze auch für Energiehändler vorzusehen (Art. 8 Abs. 1 lit a letzter Satzteil) oder eine Obergrenze für nicht von der Verordnung erfasste Erzeuger (Art. 8 Abs. 1 lit c) oder nicht erfasste Wasserkraftanlagen (Art. 8 Abs. 1 lit e) zu schaffen, sofern dabei gewisse Bedingungen erfüllt werden (Verhältnismäßigkeit und Diskriminierungsfreiheit, keine Gefährdung von Investitionssignalen, Deckung der Investitions-und Betriebskosten, keine Verzerrung des Funktionierens der Stromgroßhandelsmärkte, Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht; Art. 8 Abs. 2). Die Obergrenze für Markterlöse findet befristet von bis zum Anwendung (Art. Abs. 2 lit c).

Zweitens sieht die Verordnung einen "obligatorischen Solidaritätsbeitrag" für Überschuss-gewinne aus Tätigkeiten im Rohöl-, Gas-, Kohle- und Raffineriebereich vor (Art. 14 Abs. 1). Erfasst ist davon jede wirtschaftliche Tätigkeit eines EU-Unternehmens oder einer - Betriebsstätte, das bzw die mindestens 75 % seines bzw ihres Umsatzes durch Extraktion, Bergbau, Erdölraffination oder die Herstellung von Kokereierzeugnissen erzielt (Art. 2 Z 17). Die Bemessungsgrundlage für diesen Solidaritätsbeitrag wird auf Basis der nationalen Steuervorschriften ermittelt und ergibt sich aus dem Vergleich des Jahresgewinnes für das Haushaltsjahr 2022 und/oder 2023 mit dem um 20 % erhöhten durchschnittlichen Gewinn der vier am oder nach dem beginnenden Haushaltsjahre (Art. 15); den Mitgliedstaaten steht es demnach frei, den Solidaritätsbeitrag nur für 2022, nur für 2023 oder für beide Jahre zu erheben. Der Satz des Solidaritätsbeitrags beträgt "mindestens 33 %" dieser Bemessungsgrundlage (Art. 16 Abs. 1), kann also von den Mitgliedstaaten auch höher gewählt werden. Der Solidaritätsbeitrag "wird zusätzlich zu den nach dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats geltenden regelmäßigen Steuern und Abgaben erhoben" (Art. 16 Abs. 2), wobei die Mitgliedstaaten nähere Regelungen treffen können, etwa um "die rechtzeitige Erhebung des Solidaritätsbeitrags zu gewährleisten - auch auf der Grundlage von Nettoerlösen, mit denen der Solidaritätsbeitrag verrechnet werden kann -, um der Abzugsfähigkeit bzw Nichtabzugsfähigkeit des Solidaritätsbeitrags Rechnung zu tragen oder der Behandlung von Verlusten in früheren Haushaltsjahren Rechnung zu tragen" (zur einheitlichen Behandlung bei Neu- oder Umgründungen). Zudem gestattet die Verordnung das Beibehalten von erlassenen gleichwertigen nationalen Maßnahmen, die zum angenommen und veröffentlicht wurden und die zur Erschwinglichkeit von Energie beitragen (Art. 2 Z 21 iVm Art. 14 Abs. 2). Der "obligatorische Solidaritätsbeitrag" ist von den Mitgliedstaaten bis zum im nationalen Recht vorzusehen (Art. 14 Abs. 3); er ist als temporäre Maßnahme ausgestaltet und findet nur auf die Übergewinne der Jahr 2022 und/oder 2023 Anwendung (Art. 18).

Die Begründung der Verordnung führt in Randnummer (Rn) 45 zu dieser Zweiteilung der Maßnahmen Folgendes aus:

"Die Geschäfts- und Handelspraktiken und der Rechtsrahmen im Stromsektor unterscheiden sich deutlich vom Sektor für fossile Brennstoffe. Da mit der Obergrenze für Markterlöse das Marktergebnis nachgebildet werden soll, das die Erzeuger hätten erwarten können, wenn die globalen Lieferketten seit Februar 2022 normal und ohne Störungen bei den Gaslieferungen funktionieren würden, muss die Maßnahme für Stromerzeuger auf die Erlöse aus der Stromerzeugung angewandt werden. Umgekehrt muss der befristete Solidaritätsbeitrag, da er auf die Rentabilität von im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen und Betriebsstätten der Union abzielt, die im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zugenommen hat, auf deren Gewinne angewandt werden."

Ziel der EU-NotfallmaßnahmenVO war es demgemäß u.a., den Stromverbrauch zu senken, eine Obergrenze für die mit der Stromerzeugung erzielten Markterlöse bestimmter Erzeuger einzuführen und diese Erlöse gezielt an Stromendkunden weiterzuverteilen, um zu einer bezahlbaren Energieversorgung von Haushalten und Unternehmen beizutragen (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022).

Dazu seien auch die in den Randnummern 22 bis 25 der EU-NotfallmaßnahmenVO in Erwägung gezogenen Gründe zitiert:

"(22) Angesichts des außergewöhnlichen und plötzlichen Anstiegs der Strompreise und des unmittelbaren Risikos einer weiteren Verteuerung müssen die Mitgliedstaaten unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Bruttostromverbrauch zu senken, damit rasche Preissenkungen ermöglicht werden und die Verwendung fossiler Brennstoffe auf ein Mindestmaß reduziert wird.

(23) Auf dem Day-Ahead-Großhandelsmarkt werden zunächst die kostengünstigsten Kraftwerke eingesetzt; der Preis für alle Marktteilnehmer wird jedoch durch das letzte Kraftwerk bestimmt, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird, d. h. durch das Kraftwerk mit den höchsten Grenzkosten bei Markt-Clearing. Der jüngste Anstieg der Gas- und Steinkohlepreise schlägt sich inzwischen in einem außergewöhnlichen und anhaltenden Anstieg der Angebotspreise der gas- und kohlebetriebenen Energieerzeugungsanlagen auf dem Day-Ahead Großhandelsmarkt nieder. Dies wiederum hat in der gesamten Union zu außergewöhnlich hohen Preisen auf dem Day-Ahead-Markt geführt, da es sich bei diesen Kraftwerken oftmals um diejenigen mit den höchsten Grenzkosten handelt, die zur Deckung der Stromnachfrage erforderlich sind.

(24) Da der Preis auf dem Day-Ahead-Markt als Referenzpreis für andere Stromgroßhandelsmärkte dient und alle Marktteilnehmer denselben Clearingpreis erhalten, wurden bei den Technologien mit deutlich niedrigeren Grenzkosten seit der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 durchweg hohe Erlöse erzielt, die weit über die Erwartungen bei der Investition hinausgingen.

(25) In einer Situation, in der die Verbraucher extrem hohen Preisen ausgesetzt sind, die auch der Wirtschaft der Union schaden, müssen die außergewöhnlichen Markterlöse von Erzeugern mit niedrigeren Grenzkosten vorübergehend begrenzt werden, indem auf diese Markterlöse aus dem Stromverkauf in der Union die Obergrenze für Markterlöse angewandt wird."

Gemäß Rn 32 der EU-NotfallmaßnahmenVO sollte die Obergrenze für Markterlöse für Technologien gelten, deren Grenzkosten unter der Obergrenze für Markterlöse liegen, wie beispielsweise Wind-, Solar-, Kernenergie oder Braunkohle.

Im Hinblick auf die der Bewältigung einer Krisensituation dienenden Zielsetzungen stellte die befristete Einführung eines Krisenbeitrags durch diese bestimmten Stromerzeuger keine unsachliche Maßnahme dar. Die Bf gehört zu jenen Erzeugern, deren Grenzkosten niedrig sind und grundsätzlich unter der Obergrenze für Markterlöse liegen.

Es ist nicht ersichtlich, dass die befristete Regelung untauglich gewesen wäre, diesen Zielsetzungen gerecht zu werden. Da durch die Notfallmaßnahmen gerade die Auswirkungen der hohen Energiepreise abgemildert werden sollten, kann mit der Begründung, der EKB-S habe nicht zu einer Senkung der Strompreise geführt, die Sachlichkeit der Regelungen des EKBSG nicht in Zweifel gezogen werden.

Eine EU-Verordnung hat nach Art 288 Abs. 2 AEUV "allgemeine Geltung", "ist in allen ihren Teilen verbindlich" und "Dies schließt nicht aus, dass eine EU-Verordnung den Mitgliedstaaten Freiräume und Wahlrechte zur Umsetzung belässt, die diese unionsrechtskonform ausfüllen können" (sogenannte unvollständige oder "hinkende" Verordnung). Es ist den Mitgliedstaaten zwar nicht gestattet, "eigene Vorschriften zu erlassen, welche die Tragweite der Verordnung selbst berühren", eine Verordnung führt allerdings - auch im Lichte des Art. 2 Abs. 2 AEUV und des Protokolls Nr. 2545 - nicht automatisch zu einer "Sperrwirkung" dergestalt, dass den Mitgliedstaaten auch ungeachtet eines materiellen Normenkonflikts jegliches Handeln im von der Verordnung abgedeckten Bereich untersagt wäre (sogenannte "field premption"). Keine Ausschlusswirkung besteht beispielsweise in den Fällen, in denen die Verordnung entweder selbst Abweichungen gestattet, ausführende Regelungen den Mitgliedstaaten überlässt oder die national normierten Situationen von den materiellen Regelungen einer Verordnung gar nicht erfasst sind.

Für Bräumann/Kofler/Tumpel (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S. 6f) sprechen gegen das Argument, eine nationale Übergewinnsteuer sei für den Stromsektor deshalb unionsrechtlich gesperrt, weil nach der EU-Verordnung für diesen Sektor bereits eine Erlösobergrenze ("Obergrenze für Markterlöse auf Stromerzeuger") vorgesehen ist (für den Zeitraum von bis zum ) folgende Argument:

  1. Die "Obergrenze für Markterlöse auf Stromerzeuger" ist nach dem unionsrechtlichen Konzept eine regulatorische und jedenfalls keine steuerrechtliche Maßnahme. Die Festlegung eines Preises schließt aber keineswegs aus, dass die Mitgliedstaaten den regulierten Sektor auch steuerlich erfassen. Insofern sind steuerliche Regelungen im Hinblick auf den Stromsektor schlechthin nicht von der Verordnung erfasst und laufen auch ihrem Vereinheitlichungsziel nicht zuwider, da eine unterschiedliche Ertragsbesteuerung im Allgemeinen nicht zu Verzerrungen auf unionsweit gekoppelten Märkten beiträgt.

  2. Zudem eröffnet die Verordnung selbst die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten - unter gewissen Bedingungen - weitere Maßnahmen ergreifen, etwa die Markterlöse der erfassten Erzeuger weiter zu begrenzen und auch nach Technologien zu differenzieren (Art. 8 Abs. 1 lit a), eine Obergrenze auch für Energiehändler vorzusehen (Art. 8 Abs. 1 lit a letzter Satzteil) oder eine Obergrenze für nicht von der Verordnung erfasste Erzeuger (Art. 8 Abs. 1 lit c) oder nicht erfasste Wasserkraftanlagen (Art. 8 Abs. 1 lit e) zu schaffen. Dies legt einen Größenschluss nahe: Wenn nämlich die Mitgliedstaaten über die Verordnung hinausgehende Regulierungen erlassen können, dann muss es ihnen umso mehr gestattet sein, nicht unmittelbar in deren Regelungsbereich fallende Steuermaßnahmen zu ergreifen.

  3. Jedenfalls unproblematisch scheinen jene nationalen Übergewinnsteuern (sogar auf Tätigkeiten im von der Verordnung erfassten fossilen Bereich), die bis verabschiedet und veröffentlicht wurden. Diese werden nämlich in Art. 2 Z 21 als "erlassene gleichwertige nationale Maßnahme[n]" definiert, wenn es sich um eine bis zum erlassene und veröffentlichte Rechts- oder Verwaltungsmaßnahme handelt, die zur Erschwinglichkeit von Energie beiträgt, ohne dass für diese Einstufung weitere Kriterien aufgestellt würden. In Art. 14 Abs. 2 wird die Beibehaltung nationaler Maßnahmen dann ausdrücklich "gestattet", wenn sie drei Kriterien erfüllen: Sie müssen "ähnlichen Zielen dienen und vergleichbaren Vorschriften unterliegen wie der befristete Solidaritätsbeitrag im Rahmen dieser Verordnung" und zudem müssen "mit ihnen mit den geschätzten Einnahmen aus dem Solidaritätsbeitrag vergleichbare oder höhere Einnahmen erzielt werden". Dieses Regelungsgefüge zeigt wohl umgekehrt auch, dass den Mitgliedstaaten die Beibehaltung oder Einführung von Übergewinnsteuern auf - von der Solidaritätsabgabe der Verordnung nicht erfasste - Sektoren ohne weitere Einschränkungen überlassen sein muss.

  4. Schließlich sperrt die Verordnung wohl keinesfalls ein das Unionsrecht nicht untergrabendes Tätigwerden im Bereich nationaler Übergewinnsteuern außerhalb ihres zeitlichen Anwendungsbereichs.

Abschließend weisen Bräumann/Kofler/Tumpel (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S. 7f) auch darauf hin, dass der Union im Bereich der direkten Besteuerung prinzipiell keine umfassenden Regelungskompetenzen zukommen, sondern sie vielmehr auf Maßnahmen zur "Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten" beschränkt ist, "die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken"
(Art. 115 AEUV). Dementsprechend ist auch der Grad der Harmonisierung des direkten Steuerrechts in der Union noch gering und den Mitgliedstaaten kommen weite Spielräume (im allgemeinen Rahmen der Grundfreiheiten und des Beihilfenrechts) zu. Diese Kompetenzgefüge setzt offenbar auch die gegenständliche Verordnung unverändert voraus, wenn sie zwar einen obligatorischen Solidaritätsbeitrag vorsieht, die Ermittlung der mit dem Solidaritätsbeitrag belasteten steuerlichen Gewinne aber ohne nähere Vorgaben "den nationalen Steuervorschriften" überlässt (Art. 15). Da eine nationale Übergewinnsteuer systematisch durchaus als situative Ergänzung der direkten Unternehmenssteuern für bestimmte Sektoren betrachtet werden kann, schiene eine von der Verordnung intendierte unionsrechtliche "Sperre" gegen derartige Maßnahmen zumindest begründungsbedürftig. Auch das allgemeine Kompetenzgefüge der Union spricht deshalb dafür, dass diskriminierungsfreie mitgliedstaatliche Maßnahmen, welche die Mindestziele der Verordnung nicht unterlaufen (sondern vielmehr erweitern) und auch im Übrigen dem Primärrecht entsprechen, vom Unionsrecht nicht verhindert werden.

Im Übrigen sind sowohl die Frage, ob eine Verfassungswidrigkeit darin zu sehen ist, dass das EKBSG bis zum erzielte Überschusserlöse aus der Veräußerung von Strom dem
EKB-S unterworfen hat, obwohl Art. 6, 7 und 8 der EU-NotfallmaßnahmenVO gemäß Art. 22 Abs. 2 lit c (nur) bis zum gegolten haben, als auch die Frage, ob die Herabsetzung der Obergrenze für Markterlöse auf 120,00 € je MWh Strom durch BGBl. 64/2023, kundgemacht am , für ab dem erzielte Markterlöse verfassungskonform erfolgte, gegenständlich nicht präjudiziell, weil der vom Festsetzungsantrag der Bf betroffene Zeitraum nur die Monate Dezember 2022 bis Juni 2023 umfasst und sich nach der Selbstberechnung der Bf für Juni 2023 keine EKB-S ergeben hat.

Soweit die Bf im EKBSG eine Bestimmung über die Verwendung der Überschusserlöse zur Finanzierung von Maßnahmen zur Unterstützung von Stromendkunden vermisst, ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Verpflichtung schon aus Art. 10 der EU-NotfallmaßnahmenVO ergibt, gemäß Art. 19 Abs. 1 der VO die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats die Umsetzung u.a. der in Art. 10 genannten Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet überwacht und gemäß Art. 19 Abs. 3 lit c der VO die Mitgliedstaaten der Kommission über die Maßnahmen zur Verteilung der Überschusserlöse zur Abmilderung der Auswirkungen der hohen Strompreise auf die Stromendkunden gemäß Art. 10 Bericht erstatten.

Nach der Rechtsprechung des VfGH (ursprünglich zur Bankensonderabgabe) kann die Belastung eines bestimmten Sektors - hier konkret von Interesse: der Stromsektor - mit einer Sonderabgabe vor dem Gleichheitsgrundsatz nur dann Bestand haben, wenn sich eine sachliche Rechtfertigung dafür finden lässt, dass gerade dieser Sektor mit einer derartigen Abgabe belegt wird. Entscheidend ist also weniger eine Vergleichspaarbildung mit nicht von der Abgabe erfassten Fällen, sondern dass für den "konkret gewählten Belastungsgrund für sich betrachtet ein sachlicher Grund besteht". Insofern liegt also - in den Worten des VfGH - die "Auswahl des Abgabenobjektes selbst im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers", dessen Ausübung letztlich nur durch die sachliche Begründbarkeit Grenzen gesetzt sind.

Damit scheint aber der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers besonders groß, wenn er bei der Schaffung einer Abgabe "Neuland betreten muss". Eine unter diesen Umständen getroffene Regelung ist nach der Rechtsprechung nur dann verfassungswidrig, wenn die "vom Gesetzgeber getroffene Regelung überhaupt untauglich wäre oder zu sachfremden, willkürlichen Ergebnissen führen würde". Zudem scheint es für den VfGH auch aus verfassungsrechtlicher Sicht für die Weite des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums relevant zu sein, dass sich die "getroffene Regelung […] offenbar im Rahmen dessen [hält], was auf internationaler Ebene diskutiert wird bzw bereits in anderen Ländern realisiert ist", ungeachtet dessen, ob tatsächlich ein international einheitliches Regelungsumfeld besteht (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S. 14).

Aus den bereits in der EU-NotfallsmaßnahmenVO dargelegten Erwägungsgründen folgt auch die sachliche Rechtfertigung dafür, dass der EKB-S nicht vom Gewinn, sondern von den Überschusserlösen erhoben wurde. Die betroffenen Stromerzeuger, wie die Bf, profitieren von extremen, durch die Krisensituation hervorgerufenen Preisanstiegen, ohne dass diesen Mehrerlösen höhere Grenzkosten gegenübergestanden wären. Dieser Umstand rechtfertigte es ferner, dass der EKB-S nicht wie der Solidaritätsbeitrag für im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätige Unternehmer, umgesetzt durch das Bundesgesetz Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger, BGBl. I 220/2022, vom Gewinn bemessen wurde. Dies wird - wie bereits oben dargelegt - in der Rn 45 EU-NotfallsmaßnahmenVO deutlich zum Ausdruck gebracht.

Nach Ansicht von Bräumann/Kofler/Tumpel (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S 14f) scheinen vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Judikatur zum weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers bei der Auswahl der Besteuerungsgegenstände und des Steuersatzes an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Übergewinnbesteuerung des Stromsektors kaum Zweifel zu bestehen (im Unterschied zur strengeren Grundrechtsbindung der Ausgestaltung der Binnenstrukur einer Abgabe). Im Lichte der Rechtsprechung sprechen insbesondere folgende Argumente dafür, dass für eine - dem Solidaritätsbeitrag für den fossilen Sektor nach der EU-Verordnung nachgebildeten - Übergewinnsteuer auf den Stromsektor als gewähltem Belastungsgegenstand für sich betrachtet ein sachlicher Grund besteht:

Auch hier würde der Gesetzgeber "Neuland" betreten und sich an der Diskussion auf internationaler Ebene orientieren. Dies wird schon darin deutlich, dass schon die Europäische Kommission im Rahmen des "REPowerEU"-Plans "Leitlinien für die Anwendung steuerlicher Maßnahmen auf übermäßige Gewinne" erlassen hat und mehrere Mitgliedstaaten Regelungen zur Besteuerung von Übergewinnen (auch und gerade im Stromsektor) verabschiedet haben. Auch in der Ausgestaltung könnte eine nationale Übergewinnsteuer auf die - auch verfassungsrechtlich relevante - unionsrechtliche Abgrenzung des von den hohen Energiepreisen profitierenden Sektors in der Verordnung zur Erlösobergrenze zurückgreifen (Art. 7 Abs. 1) und auch für die Besteuerung auf Übergewinne aus dem Verkauf von Strom aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft ohne Speicher, festen oder gasförmigen Biomasse-Brennstoffen außer Biomethan, Abfall, Kernenergie, Braunkohle, Erdölerzeugnissen sowie Torf (Art. 7 Abs. 1) abstellen, also auf die "inframarginalen Technologien". Dem Gesetzgeber kann es dabei nach der Judikatur des VfGH offenbar nicht entgegengehalten werden, dass andere Technologien nicht erfasst sind.

So hat der Gerichtshof es insbesondere bei der Sonderbelastung des Bankensektors nicht als erheblich angesehen, dass andere Akteure des Finanzsektors (zB Versicherungen und Wertpapierdienstleister) von der Stabilitätsabgabe nicht erfasst waren, obwohl auch Versicherungsunternehmen auf staatliche Unterstützungs- und Rekapitalisierungsmaßnahmen (nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz) zurückgreifen konnten. Auch bei der Verbrauchsbesteuerung steht es dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund einer schon historisch differenzierenden steuerlichen Behandlung durchaus frei, ein Verbrauchsgut zu besteuern und ein möglicherweise dazu in einem Substitutionsverhältnis stehendes anderes Verbrauchsgut nicht zu besteuern. Entscheidend ist dabei letztlich nur, ob relevante Unterschiede zwischen erfassten und nicht erfassten Vorgängen vor dem Hintergrund des maßgebenden Regelungsgegenstandes bestehen.

Weiters könnten zur Typisierung aus der EU-Verordnung auch Leitlinien für eine sachliche Abgrenzung insofern herangezogen werden, als nach dieser eine Übergewinnbesteuerung für Energiehändler vorgesehen (Art. 8 Abs. 1 lit a letzter Satzteil) oder für nicht von der Verordnung erfasste Erzeuger (Art. 8 Abs. 1 lit c) oder nicht erfasste Wasserkraftanlagen (Art. 8 Abs. 1 lit e) geschaffen werden können. Das Bestehen von Übergewinnen, die korrespondierende Auswahl des Steuergegenstands und der Zusammenhang mit der erfassten Gruppe der Steuerpflichtigen auf nationaler Ebene ist in allen diesen Fällen nicht "willkürlich", sondern folgt differenzierenden Regelungen, wie sie schon auf Unionsebene vorgezeichnet sind. Schließlich besteht auch kein allenfalls höherer "Rechtfertigungsdruck" einer Übergewinnsteuer aufgrund der sachlichen "Nähe" etwa zur Körperschaftsteuer. Dies ergibt sich auch aus der verfassungsgerichtlichen Akzeptanz der (früheren) Doppelbelastung von inländischen Gewerbebetrieben mit der Einkommen- oder Körperschaftbesteuerung einerseits und Gewerbesteuer andererseits.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht scheint es zudem schon an der Wurzel sachlichkeitsbegründend, wenn durch eine Übergewinnsteuer eine Beteiligung des Energiesektors bzw der Stromerzeuger an den budgetären Krisenkosten der öffentlichen Hand erfolgt, die gerade auf die Unterstützung der Bevölkerung und Unternehmen im Lichte hoher Energiekosten und dadurch getriebener Inflation zurückzuführen sind. Bei der Stabilitätsabgabe ging es zwar vorderhand um eine implizite Verknüpfung zwischen Abgabe und staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für den Bankensektor selbst, doch hat der VfGH seinerzeit im Lichte der Finanzkrise den viel weiteren Konnex mit dem allgemeinen Staatshaushalt dadurch hergestellt, dass er auf "Konjunkturpakete" verwiesen und hervorgehoben hat, dass es sachlich sei, "im Hinblick darauf die Banken durch eine spezielle Abgabe an der Finanzierung der zur Bewältigung der Krise eingeleiteten bzw durchgeführten Maßnahmen" zu beteiligen. Analoge Überlegungen greifen im Lichte der derzeitigen Energiekrise etwa auch für den Stromsektor: Der stark angestiegene Gaspreis führt über das Grenzpreisverfahren einerseits zu stark erhöhten - und durch staatliche Unterstützungsleistungen abzufedernden - Strompreisen für die Bevölkerung und die Unternehmen, andererseits aber zu unerwartet hohen Gewinnen bei Erzeugern mit niedrigeren Grenzkosten, wie etwa aus Wind- und Solarenergie, Erdwärme, Wasserkraft, Biomasse, Kernenergie und Braunkohle. Eine temporäre Sonderbelastung des inframarginalen Stromsektors erscheint schon unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S. 15f).

Da die Begründung für die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen von EKB-S und Solidaritätsbeitrag bereits in den Erwägungen der EU-NotfallsmaßnahmenVO sachlich begründet wurden, besteht bzw bestand keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Stromerzeugern und fossilen Energieträgern.

Nach Art. 8 Abs. 1 der EU-NotfallmaßnahmenVO konnten zwar die Mitgliedstaaten Maßnahmen einführen, durch die die Markterlöse anderer Marktteilnehmer, einschließlich im Stromhandel tätiger Marktteilnehmer, weiter begrenzt werden. Für die Ergreifung einer solchen Maßnahme sah aber der österreichische Gesetzgeber nach der in Österreich herrschenden Marktlage augenscheinlich keine Notwendigkeit.

Art. 6 der EU-NotfallmaßnahmenVO legt die Begrenzung der Markterlöse, die Stromerzeuger aus erneuerbaren Energiequellen wie z.B. Windenergie erzielen, mit "höchstens" 180,00 € fest. Die im EKBSG normierten Obergrenzen für Markterlöse liegen jedenfalls unter dieser Höchstgrenze. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber des EKBSG innerhalb seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums mit einer Obergrenze von 140,00 € bzw. 120,00 € je MWh eine überschießende Regelung geschaffen hätte. Dass konkret der Bf wegen der Begrenzung der Markterlöse mit den erwähnten Obergrenzen keine hinreichende Marge verblieben wäre, ihre Stromgestehungskosten zu decken, ist nicht hervorgekommen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 EKBSG behauptet sie nicht. Was die vermeintliche Gefährdung der Investitionssignale betrifft, ist auf den in § 4 EKBSG normierten Absetzbetrag für begünstigte Investitionen zu verweisen, von dem die Bf im Übrigen auch Gebrauch gemacht hat, sodass sich bei ihr für die Monate April bis Juni 2023 überhaupt kein EKB-S ergeben hat.

Inwiefern die Bf dadurch, dass der EKB-S gemäß § 3 Abs. 6 EKBSG eine abzugsfähige Betriebsausgabe im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellt und daher ihre Steuerbemessungsgrundlage mindert, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt sein könnte, ist nicht ersichtlich.

Der VfGH betont in ständiger Rechtsprechung, dass es der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber nur verbiete "sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen", es darüber hinaus "dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt [ist], seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen", und es zudem nicht der gleichheitsrechtlichen Prüfung unterliege, "[o]b eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird".

Der Gleichheitssatz verbietet es einerseits, "wesentlich Ungleiches ohne sachliche Rechtfertigung gleich zu behandeln, andererseits aber auch, wesentlich Gleiches ohne sachliche Rechtfertigung ungleich zu behandeln".

Dem Argument, der EKB-S stelle eine der Höhe nach völlig unverhältnismäßige und daher konfiskatorische Steuer dar, ist entgegenzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unter dem historisch auszulegenden Enteignungsbegriff niemals Geldleistungen an die öffentliche Hand wie unter anderem Steuern und Abgaben verstanden wurden (vgl VfSlg. 10468/1985 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, war die befristete Erhebung des EKB-S im Allgemeininteresse gelegen. Eine Unverhältnismäßigkeit des EKB-S, der einen Eingriff in die Vermögensverhältnisse der Bf insofern dargestellt hätte, als er einen Eingriff in den Vermögensstamm vorgenommen hätte, konnte die Bf konkret nicht darlegen. Angesichts des Umstandes, dass durch den EKB-S ausschließlich außergewöhnliche, aus dem Stromverkauf generierte Markterlöse (wie etwa in Höhe von 514,50 €/MWh im Dezember 2022) abgeschöpft wurden, die die Stromgestehungskosten bei weitem überstiegen, kann die diesbezügliche Argumentation der Bf jedenfalls auch nicht nachvollzogen werden.

Die Regelung des § 3 Abs. 3 EKBSG berücksichtigt zudem jene Fälle, in denen die direkten Investitions- und Betriebskosten der Energieerzeugung über der im EKBSG normierten Obergrenze für Markterlöse lagen. Indem der Gesetzgeber damit sehr wohl auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stromerzeuger Bedacht genommen hat, kann auch kein Verstoß des EKB-S gegen das objektive Nettoprinzip ersehen werden.

Das EKBSG wurde am im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist mit , somit rückwirkend, in Kraft getreten.

Auch wenn eine Rückwirkung im Steuerrecht auch aus rechtsstaatlicher Sicht seit jeher als bedenklich angesehen wird, so fehlt es an einem ausdrücklichen steuerrechtlichen Rückwirkungsverbot in der österreichischen Rechtsordnung.

Während auf einfachgesetzlicher Ebene mit § 5 ABGB ein allgemeines, jedoch zahnloses Rückwirkungsverbot vorherrscht, fehlt es auf verfassungsgesetzlicher Ebene gänzlich an einem allgemeinen Verbot rückwirkender Gesetze: Weder das Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG noch die Kundmachungsvorschrift des Art. 49 B-VG noch andere Bestimmungen untersagen dem Gesetzgeber die Erlassung von Vorschriften, die ein "Vertrauen" des Rechtsunterworfenen auf die bestehende Rechtslage enttäuschen könnten. Art. 49 Abs. 1 B-VG impliziert vielmehr, dass der Gesetzgeber sowohl eine Legisvakanz als auch eine Rückwirkung vorsehen kann, auch wenn der Verfassungsgesetzgeber eine solche in zeitlicher Hinsicht abweichende Anordnung als die Ausnahme betrachtet (vgl. Klokar, Die Zeit im Ertragsteuerrecht [2023], Abschn. V1.2.).

Selbst wenn es sich aber bei der Anwendung einer als Abschnittssteuer ausgestalteten Übergewinnsteuer auf Zeiträume, die vor ihrem Inkrafttreten liegen, um eine "echte" Rückwirkung handelt, bedeutet dies noch nicht automatisch deren verfassungsrechtliche Unzulässigkeit. In der Tat können nämlich "im Einzelfall auch rückwirkende Verschlechterungen der Rechtslage im Steuerrecht ihrer Zielsetzung und dem Ausmaß und der Art ihrer Auswirkungen nach verfassungsrechtlich zulässig sein". Auch "echt" rückwirkende Maßnahmen verstoßen nur dann gegen den Gleichheitssatz, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht werden und nicht besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S. 22).

Gerade für die zeitlich rückwirkende Anwendung sowohl des unionsrechtlich vorgezeichneten Solidaritätsbeitrags auf den fossilen Sektor als auch einer nationalen Übergewinnbesteuerung des Stromsektors scheinen für Bräumann/Kofler/Tumpel (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S. 23) durchaus "besondere Umstände" in diesem Sinne zu streiten. Schon aus der Vogelperspektive wird deutlich, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sein kann, auch unterjährig auf Umstände zu reagieren, die sich jeder Planbarkeit entziehen: Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die Nutzung von Energielieferungen als politisches Instrument, die europäische Entscheidung, von russischer Energie unabhängig zu werden etc. waren vor Beginn des Jahres 2022 nicht - oder zumindest nicht in dieser Tragweite - absehbar. Es dem Steuergesetzgeber zu verwehren, auf solche besonderen Umstände auch rückwirkend Bedacht zu nehmen, würde den Vertrauensschutz jedenfalls überstrapazieren (und käme einer Art einjährigen "Sperre" für gesetzgeberische Reaktionen im Bereich des Ertragsteuerrechts gleich): Denn wenn die besonderen Umstände nicht ersichtlich waren, konnte auch niemand auf den Weiterbestand der Rechtslage unter diesen Umständen vertrauen. Insofern scheint das Argument nahezuliegen, dass bei Über- bzw Zufallsgewinnen - sofern sie in Art, Ausmaß und Berechnung tatsächlich auch die besonderen Umstände reflektieren - schon deshalb kein oder nur ein stark reduzierter Vertrauensschutz bestehen kann, weil sich die Entwicklung etwa des Gaspreises gänzlich der Disposition (und Vorausplanung) der betroffenen Unternehmen entzogen hat. Zudem bleibt zu bedenken, dass - im Unterschied zur bisherigen verfassungsgerichtlichen Judikatur - eine Übergewinnbesteuerung eben nur die unerwarteten, auf externe Faktoren zurückzuführenden "Zufallsgewinne" betrifft. Insofern mag eine rückwirkende Besteuerung zwar unerwartet sein, sie betrifft aber eben auch nur unerwartete Gewinne. Dies legt jedenfalls einen "verdünnten" Schutzbereich nahe.

Das Bestehen "besonderer Umstände", die eine "echte" Rückwirkung zu rechtfertigen vermögen, und die durch die Energiekrise ausgelöste Dringlichkeit wird auch dadurch deutlich, dass sich die EU-Verordnung auf die Notfallkompetenz des Art. 122 AEUV stützt.

Aber auch aus einer gleichheitsrechtlichen Perspektive scheinen vertrauensschutzbezogene Einwände gegen eine rückwirkende gleichmäßige Besteuerung eines gesamten Sektors weniger zu verfangen: So darf nicht übersehen werden, dass der VfGH im Fall "echter" Rückwirkung ein gleichheitsrechtliches Problem vor allem darin erblickt, dass Personen, die in einem bestimmten Zeitabschnitt oder Zeitpunkt ihre Lebensumstände auf eine bestimmte, damals gültige Steuerbelastung ausgerichtet haben, nachträglich belastend jenen gleichgestellt werden, die sich bereits auf die höhere Steuerbelastung einrichten konnten und mussten; damit würden wesentlich ungleiche Sachverhalte unzulässigerweise gleich behandelt. Diese gleichheitsrechtlichen Bedenken bestehen aber dann nicht in dieser Intensität, wenn umfassend alle Unternehmen eines Sektors gleichermaßen einer rückwirkenden Belastung unterworfen werden, da dann innerhalb der vergleichbaren Gruppe keine Ungleichbehandlung erfolgt.

Insofern geht die sachliche Begründung für die - verfassungsrechtlich zulässige - Auswahl der Übergewinne des Energiesektors als Besteuerungsgegenstand Hand in Hand mit der zeitlichen Anwendung (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 239, Working Paper-Reihe der AK Wien, 2022, S. 23f).

Eine verfassungsrechtlich verpönte Rückwirkung liegt daher schon deshalb nicht vor, weil die - unmittelbar anwendbare - EU-NotfallmaßnahmenVO bereits am im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist, damit am bereits die eine Abschöpfung der Überschusserlöse begründende Rechtslage, die durch den österreichischen Gesetzgeber nur eine nähere Ausgestaltung erfuhr, bestanden hat, die Stromerzeuger daher durch die erst am erfolgte Kundmachung des EKBSG auch nicht in ihrem Vertrauen auf eine für sie günstigere Rechtslage enttäuscht sein konnten.

Im Übrigen behauptet die Bf auch gar nicht, dass sie ihre Investitionen nur im Hinblick auf einen die angeführten Grenzen übersteigenden Markterlös getätigt hat. Eine derartige Behauptung könnte sie aber auch gar nicht belegen, weil die überschießenden Markterlöse ausschließlich in der politischen Weltlage ihren Ursprung hatten und keinesfalls hätten vorausgesehen werden können. Die durch das EKBSG vorgenommene Abschöpfung der Überschusserlöse stellt daher lediglich jenen Zustand wieder her, mit dem die Bf ursprünglich tatsächlich rechnen konnte.

Aus den dargelegten Gründen bestand kein Anlass, einen Aufhebungsantrag gemäß Art. 89 Abs. 2 B-VG betreffend das EKBSG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Auf Grundlage der dem Rechtsbestand angehörenden und auch vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Bestimmungen des EKBSG war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Selbstberechnung des EKB-S durch die Bf unstrittig im Einklang mit den Bestimmungen des EKBSG erfolgte, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, weshalb die Revision an den Verwaltungsgerichtshof spruchgemäß nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
EKBSG, Energiekrisenbeitrag-Strom, BGBl. I Nr. 220/2022
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
LBG, Liegenschaftsbewertungsgesetz, BGBl. Nr. 150/1992
Schlagworte
Überschusserlöse
Markterlöse
Stromerzeuger
EKBSG
Selbstberechnung
Energiekrisenbeitrag-Strom
EKB-S
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100525.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at