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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2024, RV/7100346/2019

Besteuerung einer Abgangsentschädigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia Carola Cermak-Kapl MA in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***BF-StNr***, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig im beschwerdegegenständlichen Fall ist, ob die Zahlung iHv EUR 30.000,-, die der Beschwerdeführer anlässlich der Beendigung seines Dienstverhältnisses in Form eines außergerichtlichen Vergleichs von seinem Arbeitgeber erhalten hat, als Vergleichssumme begünstigt nach § 67 Abs 8 lit a EStG zu besteuern oder als Abgangsentschädigung gemäß § 67 Abs 10 EStG dem allgemeinen Tarif zu unterwerfen ist.

Mit dem Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurde dem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung des Beschwerdeführers vom entsprochen.

Am erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid und begründete dies dahingehend, dass dem Einkommensteuerbescheid ein unzutreffender Lohnzettel seines ehemaligen Dienstgebers ***Dienstgeber*** zugrunde liege. Im September 2016 sei ein Vergleich abgeschlossen worden, dem eine Klage auf Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8 f Väter-Karenzgesetz (VKG) beim ***LG*** (***GZ***) vorangegangen sei, da Elternteilzeit vereinbart gewesen sei und er daher einen besonderen Kündigungsschutz gehabt habe.

Nach der ersten Tagsatzung am sei zwischen ihm und seinem ehemaligen Dienstgeber ein Vergleich geschlossen worden, wobei ihm als Gegenleistung für seine Zustimmung zur Beendigung des Dienstverhältnisses ein Vergleichsbetrag von EUR 30.000,- zugesichert worden sei.

Diese im außergerichtlichen Vergleich vereinbarte Vergleichszahlung sei mit Beendigung des Dienstverhältnisses im August abgerechnet und vollständig gemäß § 67 Abs 10 EStG nach Tarif versteuert worden, obwohl seine Rechtsvertreterin der Arbeiterkammer NÖ darauf hingewiesen habe, dass die Besteuerung gem. § 67 Abs 8a EStG zu erfolgen habe.

Das Wesen eines Vergleiches sei es schließlich, dass strittige oder zweifelhafte Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt würden (Jakom/Lenneis EStG, 2009, § 67 RZ 29). Laut RZ 1103 der LStR 2002 seien daher beispielsweise Zahlungen im Zusammenhang mit einem Kündigungsanfechtungsverfahren als Vergleichssumme gemäß § 67 Abs 8a EStG zu versteuern.

Da im gegenständlichen Fall ein Vergleich vorliege und ein Verfahren auf Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8 f VKG darüber hinaus analog zu einem Kündigungsanfechtungsverfahren zu sehen sei, sei die vereinbarte Vergleichssumme in Höhe von € 30.000,- brutto gemäß § 67 Abs 8 a EStG zu versteuern.

Da sein Dienstverhältnis den Bestimmungen des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorgegesetzes (BMSVG) unterlegen sei, seien von dieser Zahlung EUR 7.500,- mit dem festen Steuersatz von 6 % zu versteuern und vom verbleibenden Rest wiederum 1/5 steuerfrei zu belassen sowie 4/5 laut Tarif zu versteuern.

Ersucht werde daher das Finanzamt um Erstellung eines neuen Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2016, in dem bei der Berechnung der Einkommensteuer der beiliegende berichtigte Jahreslohnzettel der Firma ***Dienstgeber*** zugrunde gelegt werde.

Der Beschwerde beigelegt wurde unter anderem ein (selbst erstellter) berichtigter Jahreslohnzettel, das Protokoll der Verhandlung vom , der Vergleich zwischen ***Dienstgeber*** und dem Beschwerdeführer sowie die Ruhensanzeige beim ***LG*** vom .

Am wurde die Beschwerdevorentscheidung erlassen und der zugrundeliegende Einkommensteuerbescheid abgeändert. Es entstand nunmehr eine Gutschrift iHv EUR 4.621, anstatt bisher EUR 4.506,-. In der Bescheidbegründung wurde nichts betreffend die Beschwerde ausgeführt. Aus dem angehängten Lohnzettel ist ersichtlich, dass in der Kennzahl 243 (Übrige Abzüge) der Betrag von EUR 12.000,- eingetragen wurde und gleichzeitig die einbehaltene Lohnsteuer in Kennzahl 260 nunmehr EUR 11.707,88 statt der ursprünglichen EUR 16.632,43 beträgt. Die steuerpflichtigen Bezüge wurden nunmehr mit EUR 32.732,84 (ursprünglich EUR 44.732,84) ausgewiesen.

Am brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein und brachte vor, dass mit der Beschwerdevorentscheidung vom seine Beschwerde nicht korrekt umgesetzt worden sei.

Seinem Einkommensteuerbescheid 2016 sei ein unzutreffender Lohnzettel der Firma ***Dienstgeber*** zugrunde gelegen, da sein ehemaliger Dienstgeber eine Vergleichszahlung iHv EUR 30.000,- nicht gemäß § 67 Abs 8a EStG versteuert habe. Leider sei der Jahreslohnzettel in der Beschwerdevorentscheidung nicht vollständig gemäß seiner Beschwerde abgeändert worden. Der nun aufscheinende Betrag von EUR 11.707,88 als einbehaltene Lohnsteuer sei unrichtig, da von der Firma ***Dienstgeber*** Lohnsteuer iHv insgesamt EUR 16.632,43 einbehalten worden sei, wie auch aus der ursprünglichen Bezugsmeldung erkennbar sei. Alleine bei der Abrechnung August seien - da ja die für die Vergleichszahlung unrichtige Besteuerung gemäß § 67 Abs 10 zur Anwendung gebracht worden sei - EUR 14.771,92 an Lohnsteuer abgezogen worden.

Da nach § 67 Abs 8a EStG von der Vergleichssumme ein Betrag von EUR 7.500,- mit dem festen Steuersatz von 6% (= EUR 450) zu belasten sei, verbleibe von der tatsächlich einbehaltenen Lohnsteuer iHv EUR 16.632,43 ein Betrag von EUR 16.182,43 als anrechenbare Lohnsteuer. Er ersuche daher erneut um Erstellung eines Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2016 in dem der beiliegende richtiggestellte Jahreslohnzettel - insbesondere mit der anrechenbaren Lohnsteuer iHv EUR 16.182,43 - zugrunde gelegt werde.

Darüber hinaus werde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen und beantragt, diese dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlagebericht führte das Finanzamt stellungnehmend aus, dass es Beschwerde und Vorlageantrag an den zuständigen Lohnsteuerprüfer weitergeleitet habe, da es zur Abänderung des gegenständlichen Lohnzettels prinzipiell nicht befugt sei. Am sei das Ermittlungsergebnis des Lohnsteuerprüfers dem Finanzamt vorgelegt und der Lohnzettel nach dessen Anleitung abgeändert worden. Nach fälschlicher Abänderung im Zuge der Beschwerdevorentscheidung sei der Lohnzettel nun wieder identisch mit dem ursprünglich vom Dienstgeber übermittelten Lohnzettel.

Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume (sogenannte Abgangsentschädigungen) lägen ua vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Zahlung zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses bewegt werde. Da im vorliegenden Fall davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer der Auflösung des Dienstverhältnisses nicht zugestimmt hätte, wenn die Zahlung nicht geleistet worden wäre, sei von einer Abgangsentschädigung auszugehen. Diese fielen nicht unter die Begünstigung des § 67 Abs 8a EStG, sondern seien gemäß § 67 Abs 10 zum Tarif zu versteuern.

Somit erweise sich aber der ursprüngliche Erstbescheid vom als richtig, weshalb beantragt werde, die Beschwerde abzuweisen, so dass dieser Bescheid wieder in Kraft trete.

Durch Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerde mit Wirksamkeit zum der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war von bis zum bei der ***Dienstgeber*** unselbständig beschäftigt.

Im Frühjahr 2016 wurde der Beschwerdeführer von seinem Dienstgeber auf Zustimmung zur Kündigung geklagt, da er sich in Elternteilzeit befand und gemäß § 8f Väter-Karenzgesetz besonderen Kündigungsschutz genoss. Das Verfahren war beim ***LG*** zu ***GZ*** anhängig.

Am wurde eine Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses geschlossen. In dieser verpflichtete sich der Dienstgeber ua in Punkt 1, dem Dienstnehmer einen Betrag iHv EUR 30.000,- brutto gemeinsam mit dem Augustgehalt, welches gleichzeitig die Endabrechnung darstellt, zu bezahlen.

Gemäß Punkt 5 dieser Vereinbarung wurde der Rechtsvertretung des Dienstnehmers eine provisorische Abrechnung mit Austrittsdatum übermittelt. Mit Bezahlung der in der provisorischen Abrechnung genannten Positionen wurden sämtliche gesetzlichen, kollektivvertraglichen oder einzelvertraglichen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis wechselseitig bereinigt und verglichen.

Mit Schriftsatz vom wurde dem ***LG*** das ewige Ruhen des Verfahrens angezeigt, da eine außergerichtliche vergleichsweise Einigung erzielt und der Vergleich durch die Klägerin erfüllt wurde.

Der Beschwerdeführer hat von seinem ehemaligen Dienstgeber, der ***Dienstgeber*** eine Zahlung von EUR 30.000,- erhalten. Diese Zahlung erfolgte für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume, da der Beschwerdeführer diese erhalten hat, um einer vorzeitigen Kündigung zuzustimmen. Es handelt sich somit um eine Abgangsentschädigung, welche gemäß § 67 Abs 10 EStG zum Tarif zu versteuern ist.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht übermittelten Aktenteilen, den Parteienvorbringen und der Einsichtnahme in den elektronischen Steuerakt.

Dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers von bis gedauert hat ergibt sich aus den dem Finanzamt übermittelten und aus dem elektronischen Akt ersichtlichen Lohnzetteln.

Dass die zwischen der ***Dienstgeber*** und dem Beschwerdeführer vereinbarte Zahlung iHv EUR 30.000,- eine freiwillige AbgangsentschädigungiZm der Beendigung des Dienstverhältnisses darstellt, ergibt sich bereits daraus, dass in der Vereinbarung vom ausgeführt wird: "Mit der vorliegenden Vereinbarung wird das … eingegangene Dienstverhältnis mit Wirkung zum zu nachstehenden Bedingungen einvernehmlich beendet."

Aus der Vollmachtsbekanntgabe sowie auch der Anzeige des ewigen Ruhens im Verfahren des ***LG*** zu ***GZ*** ist ersichtlich, dass das Verfahren eine Klage auf Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8f Väter-Karenzgesetz (iF: VKG) betroffen hat.

Zudem wurde die Zahlung in der, der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mit der Vereinbarung übermittelten, provisorischen Abrechnung, auch bereits als Abgangsentschädigung bezeichnet. Auch wenn der Beschwerdeführer in seinem Vorbringen ausführt, dass diese Zahlung von seinem ehemaligen Dienstgeber zu Unrecht zum Tarif versteuert wurde, so bringt er doch selbst vor, dass er aufgrund § 8f VKG einen besonderen Kündigungsschutz hatte und ihm als "Gegenleistung" für seine Zustimmung zur Beendigung des Dienstverhältnisses ein Vergleichsbetrag von EUR 30.000,- zugesichert worden sei.

Dass der Beschwerdeführer die Zahlung in voller Höhe erhalten hat, ist zwischen den Parteien unstrittig und ergibt sich überdies einerseits aus der Anzeige des ewigen Ruhens aufgrund Vergleichserfüllung gegenüber dem ***LG***, den vorliegenden Lohzettel(n) und den von der ***Dienstgeber*** an den Lohnsteuerprüfer übermittelten Lohnkonten.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 67 Abs 8 lit a EStG 1988 gilt, dass auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhende Vergleichssummen, soweit sie nicht nach Abs 3, 6 oder dem letzten Satz mit dem festen Steuersatz zu versteuern sind, gemäß Abs 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen sind. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 EStG ein Fünftel steuerfrei zu belassen, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Fallen derartige Vergleichssummen bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind sie bis zu einem Betrag von 7 500 Euro mit dem festen Steuersatz von 6% zu versteuern; Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

Nach § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 sind Kündigungsentschädigungen gemäß Abs 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen, höchstens jedoch ein Fünftel des Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG.

§ 67 Abs 10 EStG 1988 legt fest, dass sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen sind. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2.

§ 8f Väter-Karenzgesetz sieht vor, dass der Kündigungs- und Entlassungsschutz grundsätzlich mit der Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung beginnt und bis vier Wochen nach dem Ende der Teilzeitbeschäftigung dauert, längstens jedoch vier Wochen nach dem Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass hinsichtlich der erhaltenen Zahlung iHv EUR 30.000,- die begünstigte Besteuerung des § 67 Abs 8 lit a EStG anzuwenden sei, da es sich um eine Vergleichsumme handle. Auch sei das Verfahren auf Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8f VKG darüber hinaus analog zu einem Kündigungsanfechtungsverfahren zu sehen.

Der höchstgerichtlichen Judikatur folgend besteht der Zweck der Bestimmung des § 67 Abs 8a EStG 1988 darin, bestimmten sonstigen Bezügen, die bei typischer Betrachtung einen Zusammenhang mit längeren Zeiträumen des Dienstverhältnisses als einem Kalenderjahr haben und deren Auszahlung ohne Begünstigung zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Steuerprozentsatzes führen würden, diese Erhöhung zu ersparen (). Die Begünstigung besteht dahingehend, dass diese Bezüge nach Abzug der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu einem Fünftel - gedeckelt mit einem Fünftel des Neunfachen des ASVG-Höchstbeitragsgrundlage - steuerfrei bleiben. Dadurch ergibt sich neben der Vermeidung der Zusammenballung (und dem damit einhergehendem Progressionseffekt) auch eine pauschale Berücksichtigung allfälliger steuerfreier Zulagen und Zuschläge und sonstiger Bezüge, da diese Beträge nach Abs 10 gesamt im Monat der Zahlung zu erfassen sind.

Unter Vergleichssummen sind Zahlungen zu verstehen, die aufgrund eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs aus einem Dienstverhältnis geleistet werden. Ein Vergleich ist die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung strittiger oder zweifelhafter Rechte (vgl. , ). Ein Vergleich setzt somit gem § 1380 ABGB voraus, dass damit streitige oder zweifelhafte Rechte unter beiderseitigem Nachgeben neu festgelegt werden. Zweifelhaft ist ein Recht dann, wenn sich die Parteien nicht einig sind, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Es reicht, wenn bloß die Höhe des Anspruches zweifelhaft ist. Ein Vergleich bedarf zu seiner Gültigkeit keiner bestimmten Form und kann daher auch schlüssig zustande kommen (vgl mwN; vgl Ebner in Jakom EStG16, § 67 Rz 28f).

Kündigungsentschädigungen iSd § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 stehen dem Arbeitnehmer infolge einer "misslungenen" Kündigung zu, etwa wenn die Kündigung mit zu kurzer Frist erfolgt ist, wegen ungerechtfertigter Entlassung durch den Arbeitgeber oder berechtigtem Austritt des Arbeitnehmers. Kündigungsentschädigungen umfassen neben laufenden Bezügen auch anteilige sonstige Bezüge sowie sonstige Entgeltsbestandteile. Die Kündigungsentschädigung tritt für jenen Zeitraum an die Stelle des Bezuges, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber hätte verstreichen müssen (; Ebner in Jakom EStG16, § 67 Rz 30).

Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen sind solche, die der Arbeitgeber freiwillig leistet, um den Arbeitnehmer zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses zu bewegen bzw eine solche zu ermöglichen (; , 2000/13/0028; , 2007/15/0231). Nach der Rechtsprechung des VwGH stellt das Gesetz auch nicht darauf ab, "dass die weiteren Leistungen des Arbeitnehmers, auf die verzichtet wird, während des Weiterbestandes des Dienstverhältnisses zu erbringen wären, und dass die geleistete Zahlung nur Zeiträume bis zur tatsächlichen Beendigung des Dienstverhältnisses betreffen kann"; Es macht zudem keinen Unterschied, "ob bei gleichartiger Zahlung der Arbeitnehmer einer kurzfristigen einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zustimmt, oder ob er gekündigt, während des Laufes der Kündigungsfrist aber ,dienstfrei´ gestellt wird" (; so auch Lenneis in Jakom EStG6, § 67 Rz 30).

Ein Vergleich bereinigt sohin - wie oben ausgeführt - ein strittiges oder zweifelhaftes Rechtsverhältnis. Eine Kündigungsentschädigung gebührt im Fall einer Kündigung, bei der die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht gewahrt wurden.

Im beschwerdegegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer von seinem Dienstgeber auf Zustimmung zur Kündigung geklagt, da er gemäß § 8f VKG einen besonderen Kündigungsschutz genossen hat und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt anders nicht möglich gewesen wäre. So führt der Beschwerdeführer selbst aus, dass ihm als "Gegenleistung" für seine Zustimmung zur Beendigung des Dienstverhältnisses ein Vergleichsbetrag von EUR 30.000,- ausbezahlt wurde. Er hat die Vergleichszahlung also dafür erhalten, dass er das Dienstverhältnis zum damaligen Zeitpunkt und vor Ablauf des Kündigungsschutzes einvernehmlich auflöst. Auch wenn die Zahlung im Rahmen einer Vereinbarung im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens zustande gekommen ist, ändert dies nichts an dem Zweck zu dem sie erfolgte, nämlich eine Beendigung des Dienstverhältnisses zu einem früheren Zeitpunkt, als dem Ende des Kündigungsschutzes nach dem Väterkarenzgesetz herbei zu führen.

Zahlungen im Zusammenhang mit der einvernehmlichen vorzeitigen Auflösung eines Dienstverhältnisses waren als "Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume" von der begünstigenden Bestimmung des § 67 Abs 8 lit b EStG 1988, idF BGBl. I Nr. 142/2000, erfasst, soweit die Auszahlungen bis zum erfolgten (§ 124b Z 256 EStG 1988). Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 13/2014, wurde die Begünstigung des § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 auf Kündigungsentschädigungen eingeschränkt. Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume sollten dezidiert nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr erfasst werden (vgl. RV 24 BlgNR 25. GP 9).

Solche Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen sind nunmehr von der begünstigten Besteuerung ausgenommen und daher gem § 67 Abs. 10 EStG 1988 im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats zu besteuern (vgl ; , Ro 2020/13/0013).

Aus den dargelegten Gründen scheidet nach der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes eine Besteuerung als Vergleichssumme ebenso wie eine analoge Anwendung der Begünstigung von Kündigungsentschädigungen aus. Zudem liegt in beiden Fällen der Zweck der Begünstigung darin, die Erhöhung des durchschnittlichen Steuerprozentsatzes abzufedern, die durch die geballte Auszahlung von Bezügen in einem Monat erfolgt. Dahingegen sollen Abgangsentschädigungen nach dem Willen des Gesetzgebers eben nicht mehr begünstigt sein.

Die Zahlung ist daher gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 der Tarifversteuerung zu unterwerfen und ist somit die Versteuerung zum Tarif durch die ***Dienstgeber*** zu Recht erfolgt.

Gemäß § 264 Abs 3 BAO gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Vorlageantrags an wiederum als unerledigt. Die Beschwerdevorentscheidung bleibt jedoch bis zur abschließenden Erledigung im Rechtsbestand. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beschwerdevorentscheidung der Beschwerde ganz oder teilweise stattgab oder ob sie verbösernd war (Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 3). Durch gegenständliches Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes scheidet die Beschwerdevorentscheidung aus dem Rechtsbestand aus.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage stützt sich auf die zitierte, eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden und die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100346.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at