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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.03.2024, RV/2100859/2022

Keine über den Unterhaltsabsetzbetrag hinausgehende Anerkennung von Zahlungen des gesetzlichen Unterhaltes sowie Änderung des Unterhaltsabsetzbetrages hinsichtlich Indexierung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert. Die Einkommensteuer 2021 wird mit - 671,00 EUR (Gutschrift) festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In seiner am im Wege von FinanzOnline eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 beantragte der Beschwerdeführer (fortan abgekürzt mit Bf) die Anerkennung von Unterhaltszahlungen für ein im Ausland lebendes Kind in der Höhe von 12.495,27 EUR, wobei die Höhe der monatlichen Unterhaltsverpflichtung mit 323,50 EUR angegeben wurde.

Im Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Bf aufgefordert, diverse Unterlagen vorzulegen, die seine tatsächliche Unterhaltsverpflichtung bzw die Leistung des Unterhaltes belegen. Diesem Ersuchen ist er durch Vorlagen von Unterlagen am nachgekommen.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Österreich die Einkommensteuer 2021 mit einer Gutschrift von 662,00 EUR fest und gewährte dem Bf einen Unterhaltsabsetzbetrag in der Höhe von 341,28 EUR. In der Bescheidbegründung wurde auf die ab geltende Indexierung diverser steuerlicher Absetzbeträge - wie des Unterhaltsabsetzbetrages - verwiesen.

Am brachte der Bf im Wege von FinanzOnline ein als in der Überschrift als Vorlageantrag gem § 264 Abs 1 BAO bezeichnetes Anbringen ein und führte aus, dass er im Jahr 2021 Unterhaltszahlungen für seinen Sohn, geboren am ***tt.mm.2018*** in ***O***, in der Höhe von 323,50 € monatlich beginnend ab Juli 2021 geleistet habe. Ferner habe er den Unterhaltsrückstand, der vom ***Landratsamt 1*** im Oktober 2021 gefordert wurde, seit Geburt des Sohnes im Jahr 2021 beglichen. Mit einer weiteren Eingabe vom , die im Betreff die Wortfolge "Beschwerde 243 BAO" enthält, wiederholte der Bf seine bisherigen Ausführungen.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der angefochtene Bescheid abgeändert. In der Begründung führte das Finanzamt mit Verweis auf die gesetzliche Bestimmung des § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 aus, dass einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leiste, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 EUR monatlich zustehe. Eine Indexierung des Unterhaltsabsetzbetrages habe laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom nicht mehr zu erfolgen, weshalb im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung der volle Absetzbetrag berücksichtig wurde. Die Unterhaltsnachzahlung werde nicht berücksichtigt, da diese jeweils zeitlich der am weitesten zurückliegenden offenen Unterhaltsverpflichtung des betreffenden Jahres zugerechnet werde. Eine Berücksichtigung der Unterhaltsnachzahlung zusätzlich zum Unterhaltsabsetzbetrag sei nicht zulässig.

Am brachte der Bf wiederum im Wege von FinanzOnline ein Sonstiges Anbringen ein und führte aus, dass er im Jahr 2021 den Unterhalt für die Jahre 2019 und 2020 nachbezahlt habe. Weder die monatliche Leistung von 323,50 EUR noch die Nachzahlung von 12.495,27 EUR sei als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden.

Das Finanzamt legte in der Folge den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom bezog es unter Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 33 Abs 4 sowie 34 Abs 7 EStG 1988 wie folgt Stellung: Leistungen des gesetzlichen Unterhaltes für ein Kind seien bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten. Darüber hinaus seien Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten (Kind) selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden, was im vorliegenden Fall nicht vorliege. Da eine Berücksichtigung der geleisteten Unterhaltszahlungen nur im Umfang des Unterhaltsabsetzbetrages erfolgen könne, beantragte das Finanzamt die teilweise Stattgabe der Beschwerde im Umfang der Beschwerdevorentscheidung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf war im streitgegenständlichen Jahr in der Steiermark (Österreich) wohnhaft. Der unterhaltsberechtigte Sohn des Bf wurde in Deutschland geboren und es bestand im Streitjahr ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch nach deutscher Rechtslage. Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) wurde nicht ausbezahlt.

Mit Schreiben vom des ***Landratsamt 1***, ***Abteilung J***, nahm diese eine Unterhaltsberechnung für den Sohn des Bf vor und bezifferte die zu leistenden Zahlungen ab mit 323,50 EUR. In einem weiteren Schreiben vom ermittelte die ***Abteilung J*** auf Basis des Einkommens des Bf sowie gewisser Abzugspositionen einen Unterhaltsrückstand bis zum von 10.554,27 EUR und legte den Unterhaltsanspruch ab mit 323,50 EUR fest.

In der Folge leistete der Bf am (zweimalig), am , am , am sowie am jeweils den monatlichen Unterhaltsbetrag. Am überwies er dem ***J*** den Unterhaltsrückstand bis zum in der Höhe von 10.554,27 EUR.

2. Beweiswürdigung

Der Wohnort des Bf ergibt sich aus einer durchgeführten ZMR-Auskunft des Gerichts vom (vgl BFG-Beschwerdeakt OZ 13).

Die Verpflichtung zur Leistung von gesetzlichem Unterhalt für den in Deutschland geborenen Sohn ergibt sich aus den beiden Schreiben des ***Landratsamt 1*** vom und (vgl BFG-Beschwerdeakt OZ 8). Den Umstand der tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen wies der Bf mit einem Kontoauszug nach (OZ 8 des BFG-Beschwerdeaktes).

Eine Abfrage aus den elektronischen Daten der Finanzverwaltung ergab, dass für den Sohn des Bf im Jahr 2021 eine Familienbeihilfe nicht ausbezahlt wurde (BFG-Beschwerdeakt OZ 12).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Der Bf beantragte die steuerliche Anerkennung der im Jahr 2021 tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen in voller Höhe an seinen im Ausland lebenden Sohn.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zunächst auszuführen, dass gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag) kann. Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten (§ 264 Abs 1 BAO). Als Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung genügt es, dass aus dem gesamten Inhalt der Antragsbeschreibung hervorgeht, wogegen er sich richtet, und das Verwaltungsgericht aufgrund des Antragsvorbringens nicht zweifeln kann, welche Beschwerdevorentscheidung angefochten ist (Rauscher, Neues zum Vorlageantrag: Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung erforderlich, SWK 2015, 356). Überhaupt kommt es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (zB ; ; ; ; ; Ritz/Koran, BAO7 § 85 Rz 1).

Erkennbar gegen die Beschwerdevorentscheidung Einkommensteuer 2021 vom (in den elektronischen Daten der Finanzverwaltung waren insbesondere betreffend die Jahre 2019 und 2020 keine offenen Beschwerdefristen ersichtlich) wandte sich der Bf mit sonstigem (fristgerechten iSd § 264 Abs 1 BAO) Anbringen vom , welches das Bundesfinanzgericht daher als Vorlageantrag wertet.

Gem § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I 135/2022 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird. […]

Der Unterhaltsabsetzbetrag steht nur zu, wenn der gesetzliche Unterhalt geleistet wird; auf eine ledigliche Verpflichtung ohne tatsächliche Leistung kommt es nicht an (vgl ). Grundlage für die Frage der Erfüllung der Unterhaltspflicht ist ein Unterhaltsvergleich oder ein richterlich festgesetztes Unterhaltsausmaß (vgl die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Familienbesteuerungsgesetz 1992, BGBl Nr 312, 463 BlgNR 18. GP 9). Der Begriff des "gesetzlichen" Unterhalts dient zur Abgrenzung von Unterhalt, der freiwillig oder allenfalls aus sittlichen Gründen gewährt wird (; vgl auch Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22 § 33 Rz 61, 67).

Für Nachzahlungen an gesetzlichem Unterhalt enthält die mit dem AbgÄG 2022 (BGBl I 108/2022) eingeführte lit e des § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 eine klare Vorgabe. Bis zum Inkrafttreten dieser gesetzlichen Bestimmung und für den vorliegenden Beschwerdefall noch anzuwenden ist die in dargestellte Rechtslage, wonach die Erfüllung der Unterhaltspflichten im Entscheidungszeitpunkt des Bundesfinanzgerichts zu beurteilen ist. […] Es ist demnach nicht entscheidend, ob im jeweiligen Jahr Zahlungen geleistet wurden, sondern welchem Jahr diese Zahlungen zuzuordnen sind; sie sind für jenes Jahr zu berücksichtigen, für das sie geleistet worden sind (vgl neuerlich die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Familienbesteuerungsgesetz 1992).

Demnach kommt es auch für die zeitliche Zuordnung der Zahlungen in erster Linie auf eine allfällige Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger an. Liegt eine derartige Vereinbarung nicht vor, ist in zweiter Linie die Zahlungswidmung des Schuldners von Bedeutung, wenn dieser vom Gläubiger nicht widersprochen wird. Liegt keine Zahlungswidmung vor oder wird dieser vom Gläubiger widersprochen, ist die Zahlung aber zunächst zur Abdeckung des laufenden Unterhalts zu verwenden; erst die Beträge, die über den laufenden Unterhalt hinausgehen, sind auf den Rückstand zu verrechnen. Dies gilt insbesondere auch für Zahlungen, die im Zuge eines Exekutionsverfahrens erlangt werden ( mit Verweis auf ).

Der Bf ist seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung seit der Geburt des Sohnes einerseits durch vollständige Entrichtung des Unterhaltsrückstandes bis zum am sowie andererseits durch Zahlung des monatlichen Unterhalts in der Höhe von 323,50 EUR beginnend ab August 2021 nachgekommen.

Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen (vgl § 34 Abs 7 Z 2 und Z 3 EStG 1988 idF BGBl I 103/2019).

Auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ist die Anerkennung laufender Unterhaltszahlungen als (zusätzliche) außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich ausgeschlossen (siehe stellvertretend für viele Peyerl in Jakom, EStG16 (2023) § 34 Rz 66).

Das Vorbingen des Bf in seinen Eingaben lässt keine Rückschlüsse auf die eine dem Unterhaltsabsetzbetrag hinausgehende außergewöhnliche Belastung beim Unterhaltsberechtigten zu, weshalb dem Bf für geleistete Unterhaltszahlungen im Jahr 2021 "nur" der volle Unterhaltsabsetzbetrag gem § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 für das Jahr 2021 zusteht.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am entschieden, dass die Indexierung der Familienbeihilfe, des Kinderabsetzbetrages und weiterer steuerrechtlicher Begünstigungen nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist.

Die Republik Österreich ist ihren sich aus dem EuGH-Urteil ergebenden Verpflichtungen nachgekommen. Mit der vom Parlament beschlossenen Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 sowie des Einkommensteuergesetzes 1988 (BGBl I 135/2022) wurden die Indexierungsbestimmungen aufgehoben.

Über die Beschwerde des Bf war daher im Sinne der Beschwerdevorentscheidung zu erkennen, als die im Erstbescheid angewendete Indexierung des Unterhaltsabsetzbetrages rückgängig gemacht wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung (; ), weswegen die Voraussetzungen für die Revisionszulassung nicht erfüllt sind.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100859.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at