Zurückweisung eines Vorlageantrages
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Kapitalertragsteuer 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 264 Abs. 4 lit. e der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idgF. (BAO) als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang:
1.1. Angefochtener Bescheid:
Im Anschluss an eine Außenprüfung bei der ***1*** GmbH wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 Kapitalertragsteuer vorgeschrieben, da die Haftung der Abzugsverpflichteten im Hinblick auf die amtswegige Löschung aus dem Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit als nicht oder nur erschwert durchsetzbar erschien.
Obwohl die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers bereits im vorangegangenen Verfahren im Schreiben vom mit der Formulierung "Wir beziehen uns auf die uns von Herrn ***Bf1*** erteilte Vollmacht und nehmen namens und auftrags unseres Mandanten die Gelegenheit wahr, zu dem im Schreiben vom dargelegten Sachverhalt wie folgt Stellung zu nehmen." auf ihre Bevollmächtigung hinwies, wurde der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt.
1.2. Beschwerde:
In der von der steuerlichen Vertretung rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom , in der diese wiederum mit der Formulierung "Im Auftrag und in Vollmacht" auf die ihr eingeräumte Vollmacht hinwies, stellte diese den Antrag, den Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer 2014 vom ersatzlos aufzuheben, und beantragte gleichzeitig die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO sowie eine Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 BAO.
Als Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe aus mietrechtlichen Gründen die Anteile an der ***1*** GmbH von Herrn ***A*** ***B*** und Frau ***C*** ***D***-***B*** treuhändig für die im Zuge der Übernahme neu bestellte Geschäftsführerin, Frau ***E*** ***F***, geboren am ***Geb.Datum***, übernommen, die auch in weiterer Folge den ***Betrieb*** an diesem Standort betrieben habe und wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile geblieben sei.
Die entsprechende Treuhandvereinbarung liege dem Beschwerdeführer leider nicht mehr vor, da der an diesem Erwerb beteiligte Anwalt mittlerweile in Insolvenz gegangen sei und daher auch dort nicht mehr bezüglich der bei ihm hinterlegten Treuhandvereinbarung nachgefragt werden könne.
Bei Vorliegen eines Treuhandverhältnisses seien aber etwaige Zuflüsse ausschließlich der Treugeberin steuerlich zuzurechnen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH sei aus diesem Grund dem Beschwerdeführer mangels Zuflusses keine Kapitalertragsteuer vorzuschreiben.
Der Beschwerdeführer habe jedenfalls weder den Kaufpreis für den Erwerb der Anteile noch Zuschüsse in die ***1*** GmbH oder laufende Zahlungen für die ***1*** GmbH übernommen.
Zu den im Schreiben vom angeführten Feststellungen aus dem BP-Bericht vom und der daraus abgeleiteten Schätzungsbefugnis könne der Beschwerdeführer keine Aussage treffen, da er - wie bereits erwähnt - die Anteile nur treuhändig gehalten habe und in die Gebarung der Gesellschaft nicht weiter involviert gewesen sei.
Jedoch sei festzuhalten, dass die seitens der Betriebsprüfung aufgrund der mangelhaften Buchhaltung vorgenommene Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO iVm § 164 BAO zu einer Gewinnerhöhung auf Gesellschafterebene, aber keinesfalls zu einer verdeckten Ausschüttung beim Gesellschafter führen könne.
Wenn die Behörde nun in der Bescheidbegründung anführe, dass keine Treuhandvereinbarung (mehr) vorliege, so habe sie den Hinweis, dass die entsprechende Treuhandvereinbarung nicht mehr vorgelegt werden könne, missinterpretiert. Da die Treuhandschaft bis zur Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch weiterbestanden habe, seien daher etwaige Zuflüsse ausschließlich der Treugeberin zuzurechnen.
Da der Beschwerdeführer nicht in die Gebarung der Gesellschaft eingebunden gewesen sei, sei ihm auch nicht bekannt gewesen, dass die Gesellschaft ihren Offenlegungsverpflichtungen iSd § 119 BAO nicht nachgekommen sei und auch im Zuge der Betriebsprüfung die Treuhandschaft nicht offengelegt habe. Von der Betriebsprüfung bei dieser Gesellschaft habe der Beschwerdeführer erst aufgrund der Aufforderung der Behörde zur Stellungnahme vom erfahren.
Selbst wenn die Finanzbehörde - trotz Vorliegens eines Treuhand Verhältnisses - von einer verdeckten Gewinnausschüttung an den im Firmenbuch eingetragenen lediglich zivilrechtlichen Gesellschafter ausgehe, sei darauf hinzuweisen, dass das Unternehmen ab dem Jahr 2012 bis 2016 (letzter veröffentlichter Jahresabschluss) ausschließlich Verluste erwirtschaftet habe und daher eine negative Innenfinanzierung vorliege. Finanziert worden sei das Unternehmen offenbar durch Gesellschafterdarlehen, die jedoch nicht vom Beschwerdeführer dem Unternehmen gewährt worden seien.
Darüber hinaus könne es sich bei der bis dato nicht belegten Vorteilszuwendung aus steuerrechtlicher Sicht jedenfalls auch nicht um eine Gewinnausschüttung, sondern lediglich um eine Einlagenrückzahlung handeln. Denn die ***1*** GmbH habe bis zu ihrer Löschung im Firmenbuch keine unternehmensrechtlichen Gewinne erzielt. Selbst bei Annahme einer Vorteilszuwendung an den Beschwerdeführer würde daher keine Rechtsgrundlage dafür bestehen, dem Beschwerdeführer Kapitalertragsteuer vorzuschreiben, da keine Gewinnausschüttung, sondern allenfalls bei Überschreiten der Anschaffungskosten eine im Wege der Veranlagung zu besteuernde Einlagenrückzahlung vorliege.
1.3. Beschwerdevorentscheidung:
Die Beschwerde wurde mit der als Beschwerdevorentscheidung intendierten Erledigung vom als unbegründet abgewiesen und dem Beschwerdeführer zuhanden seiner steuerlichen Vertretung zugestellt.
In der Begründung wurde unter Hinweis auf das Antwortschreiben der steuerlichen Vertretung vom dargestellt, warum das behauptete Treuhandverhältnis nicht anerkannt werde. Aufgrund der im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung verhängten Sicherheitszuschläge seien Mehrgewinne festgestellt worden, welche eine verdeckte Ausschüttung darstellten, die nach Ansicht der belangten Behörde dem Beschwerdeführer zuzurechnen sei, weshalb ihm auch die Kapitalertragsteuer vorzuschreiben gewesen sei.
1.4. Vorlageantrag:
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom verwies die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers auf die Beschwerde vom .
1.5. Vorlage der Beschwerde:
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte im Vorlagebericht vom nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens die Abweisung der Beschwerde.
1.6. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:
1.6.1. Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom :
Das Bundesfinanzgericht forderte die beschwerdeführende Partei mit Beschluss vom (welcher der belangten Behörde ebenfalls zur Kenntnisnahme gebracht wurde) auf, innerhalb von 2 Wochen ab Erhalt dieses Beschlusses bekannt zu geben, ob und wann der angefochtene Bescheid vom ihrer steuerlichen Vertretung im Original übergeben wurde, und ihr Vorbringen durch geeignete Unterlagen zu belegen.
Begründend wurde ausgeführt, die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Partei habe ihre Bevollmächtigung, die auch eine Zustellvollmacht umfasse, mit Schreiben vom bekannt gegeben. Dennoch sei der angefochtene Bescheid vom dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt worden.
Sei ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so habe die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschehe dies nicht, so gelte die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen sei.
Es sei daher zu überprüfen, ob und wann die Zustellung des angefochtenen Bescheides tatsächlich bewirkt worden sei.
1.6.2. Beantwortung des Beschlusses durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers:
In ihrem Schreiben vom gab die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers bekannt, sie vertrete den Beschwerdeführer seit dem Jahr 2014 in steuerlichen Angelegenheiten. Dazu habe er der steuerlichen Vertretung am die entsprechende Vertretungsvollmacht erteilt, wobei diese Vollmacht nicht zum Empfang von Schriftstücken berechtige (Verweis auf Beilage 1). Es sei von der steuerlichen Vertretung auch keine Zustellvollmacht in FinanzOnline hinterlegt (Verweis auf Beilage 2). Warum die Finanzbehörde im Vorlageantrag die Zustellung an die steuerliche Vertretung bejahe, könne nicht nachvollzogen werden.
Der Bescheid vom sei an die Privatadresse des Beschwerdeführers "irgendwann zwischen und " zugestellt worden. Das genaue Datum könne nicht mehr in Erfahrung gebracht werden.
Die steuerliche Vertretung habe den Bescheid vom Beschwerdeführer am per E-Mail erhalten. Am sei per Fax ein Fristverlängerungsantrag für die Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom bis eingebracht worden (Verweis auf Beilage 3).
Die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom sei sodann am fristgerecht innerhalb verlängerter Frist eingebracht worden.
Dem Schreiben beigelegt waren eine Kopie der Vollmachtsurkunde, ein Auszug aus FinanzOnline betreffend "Verwaltung der Klientendaten", sowie die Kopie des Fristverlängerungsantrages.
1.6.3. Telefonat am :
In einem Telefonat erklärten die für den Beschwerdeführer zuständigen Vertreter der steuerlichen Vertretung, Herr ***X*** und Frau ***Y***, übereinstimmend, dass die in der Kanzlei am eingelangte Beschwerdevorentscheidung vom eingescannt und dem Beschwerdeführer per E-Mail übermittelt worden sei.
1.6.4. Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom :
Mit Beschluss vom gab das Bundesfinanzgericht den Parteien Gelegenheit, innerhalb von 2 Wochen ab Erhalt dieses Beschlusses eine Stellungnahme dazu abzugeben, dass vorläufig davon ausgegangen werde, dass die Beschwerdevorentscheidung vom nicht rechtwirksam ergangen sei, weil sie der Steuerberatungsgesellschaft, die über keine Zustellvollmacht verfüge, und nicht dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt worden sei.
In der Begründung wurde ausgeführt, die steuerliche Vertretung habe dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom mitgeteilt, dass ihr der Beschwerdeführer zwar seit dem Jahr 2014 eine Vollmacht erteilt habe, diese aber keine Zustellvollmacht umfasse, was auch in FinanzOnline in dieser Weise dokumentiert worden sei.
Die Beschwerdevorentscheidung sei der steuerlichen Vertretung am zugestellt und laut telefonischer Auskunft eingescannt und dem Beschwerdeführer per E-Mail übermittelt worden.
Da dem Beschwerdeführer die Beschwerdevorentscheidung somit niemals tatsächlich zugekommen sei, werde davon ausgegangen, dass diese nicht rechtswirksam erlassen worden sei.
1.6.5. Stellungnahme der belangten Behörde:
Im Schreiben vom führte die belangte Behörde aus, die steuerliche Vertretung berufe sich in der Beschwerde vom im Verfahren betreffend Kapitalertragsteuer 2014 im Zusammenhang mit der ***1*** GmbH (***Steuernummer1***), mit der Wendung "Im Auftrag und in Vollmacht unserer Mandantschaft [...]" auf ihre Vollmacht. Die Bevollmächtigte habe sich somit gemäß § 77 Abs. 11 WTBG schriftlich auf die ihr erteilte Vollmacht berufen. Eine allgemeine, uneingeschränkte Vollmacht (iSd §§ 1006 f ABGB iVm § 83 BAO) umfasse nach ständiger Rechtsprechung auch die Empfangnahme von Schriftstücken (Verweis auf ; , 2007/16/0032; sowie Ritz, BA06, § 9 ZustG, Tz 20).
Die Zustellvollmacht sei zwar unter der Steuernummer des Beschwerdeführers in FinanzOnline nicht angemerkt, die Berufung auf die Vollmacht sei jedoch im Beschwerdeverfahren betreffend Kapitalertragsteuer zu StNr. ***Steuernummer1*** erfolgt. Die Bevollmächtigung müsse im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (Verweis auf ; , 2001/13/0135; , 2001/15/0026; , 2008/16/0170; , 2010/16/0275; Walter/Mayer, Zustellrecht, 49) Es sei nicht unüblich, dass für ein Beschwerdeverfahren auch die Zustellvollmacht der beschwerdeeinreichenden steuerlichen Vertretung erteilt werde. In der Beschwerde finde sich kein Hinweis, dass eine Zustellvollmacht nicht von der allgemeinen Vollmacht umfasst sei. Die Abgabenbehörde habe daher keine Zweifel gehabt, dass die Zustellvollmacht im gegenständlichen KESt-Verfahren vorliege. Eine Beschränkung oder die Beendigung einer Vollmacht sei erst beachtlich, wenn die Abgabenbehörde davon Kenntnis erlange. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung habe die Abgabenbehörde keine Kenntnis über eine Beschränkung bezüglich der Zustellvollmacht gehabt. Sie habe jedoch aufgrund der allgemeinen Berufung auf die Vollmacht im Beschwerdeverfahren davon ausgehen können, dass eine Zustellvollmacht von der allgemeinen Vollmacht umfasst gewesen sei. Die Beschwerdevorentscheidung sei daher zu Händen der steuerlichen Vertretung zuzustellen gewesen.
1.6.6. Bekanntgabe der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers:
Mit Schreiben vom gab die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers "namens und auftrags" ihres Mandanten bekannt, dass dieser sie mit seiner weiteren steuerlichen Vertretung beauftragt habe und legte dem Schreiben als Nachweis eine Kopie der Vollmachtsurkunde (die keine Zustellungsbevollmächtigung enthält) bei.
Der Beschwerdeführer selbst machte keine Angaben und gab keine Stellungnahme zu dem ihm persönlich zugestellten Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom ab.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Sachverhalt:
Wie aus dem oben ausführlich dargestellten Verfahrensgang ersichtlich, verfügt die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers seit über eine Vollmacht des Beschwerdeführers, in der jedoch eine Zustellungsbevollmächtigung dezidiert ausgeschlossen wird. Dies wurde auch in FinanzOnline bei der Steuernummer des Beschwerdeführers in dieser Weise eingegeben.
Mit Schreiben vom schritt die steuerliche Vertretung in Beantwortung der Schreiben vom und , in denen der Beschwerdeführer ohne Anführung einer konkreten Steuernummer ("Abgabenkontonummer: 09-neu") zu verdeckten Ausschüttungen der ***1*** GmbH befragt wurde, "namens und auftrags unseres Mandanten" für den Beschwerdeführer ein.
Von der belangten Behörde wurde der angefochtene Bescheid (nunmehr zu Abgabenkontonummer: ***Steuernummer1***) - offenbar in Kenntnis des Umstandes, dass die steuerliche Vertretung über keine Zustellvollmacht verfügte - dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt.
Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung der von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers "im Auftrag und in Vollmacht unserer Mandantschaft" eingebrachten Beschwerde wurde jedoch dem Beschwerdeführer zuhanden seiner steuerlichen Vertretung zugestellt. Von der steuerlichen Vertretung wurde die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung dem Beschwerdeführer per E-Mail übermittelt.
2.2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von den Parteien übermittelten Unterlagen, insbesondere aber aus der von der steuerlichen Vertretung übermittelten Vollmachtsurkunde und dem Auszug aus FinanzOnline, sowie folgender Beweiswürdigung:
Die belangte Behörde bezweifelt die Richtigkeit der Ausführungen der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers und der von ihm vorgelegten Urkunden und geht davon aus, dass diese zwar in dem in FinanzOnline dokumentierten Verfahren über keine Zustellvollmacht, wohl aber im gegenständlichen Verfahren wegen der von ihr gewählten Wortwahl bezüglich der Vertretungsvollmacht über eine Zustellvollmacht verfüge.
Dabei übersieht sie aber, dass einerseits die vorgelegte Vollmachtsurkunde eine Zustellbevollmächtigung dezidiert ausschließt, und dass andererseits die gleiche Wortwahl in Bezug auf die erteilte Vollmacht dazu führte, dass einmal von keiner Zustellbevollmächtigung im angefochtenen Bescheid ausgegangen wurde und das andere Mal in der Beschwerdevorentscheidung schon.
In der Zusammenschau der vorgelegten Vollmachtsurkunde mit der in FinanzOnline ausgewiesenen Vertretungsbefugnis ist daher davon auszugehen, dass die steuerliche Vertretung über keine Zustellbevollmächtigung verfügte und eine derartige im gegenständlichen Verfahren auch nicht vortäuschen wollte.
Auch wenn die belangte Behörde durchaus im Recht damit ist, dass sie aus der Formulierung in der Beschwerde, die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers schreite "im Auftrag und in Vollmacht unserer Mandantschaft" ein, schließen hätte dürfen, diese verfüge über eine vollumfängliche Vollmacht iSd WTBG und sei daher auch zustellbevollmächtigt, heißt das nicht, dass diese Vermutung eine tatsächliche Zustellbevollmächtigung ersetzen kann.
Die Aussagen der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers, dass die Beschwerdevorentscheidung dem Beschwerdeführer niemals im Original zugegangen ist, werden auch von der belangten Behörde nicht bezweifelt. Die geschilderte Vorgangsweise ist nachvollziehbar und glaubwürdig.
2.3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO ist für Vorlageanträge § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung), sinngemäß anzuwenden:
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - durch Zustellung.
Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 (ZustG), ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.
Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien u.a. durch voll handlungsfähige Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.
Nach § 83 Abs. 2 BAO richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht, hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 BAO von Amts wegen zu veranlassen.
Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht). In diesem Fall hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, den Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (§ 9 Abs. 3 ZustG).
Beruft sich ein Berufsberechtigter (im Sinne des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017) im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis (§ 77 Abs. 11 WTBG). Berufsrechtliche Vorschriften, wonach die Berufung auf eine erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt, gelten auch im Anwendungsbereich der BAO (vgl. ).
Eine allgemeine Vertretungsbefugnis schließt eine Zustellungsbevollmächtigung mit ein. Dies gilt auch, wenn sich ein Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. , mwN).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2021/13/0094, festhält, ersetzt das Sich-Berufen auf die Vollmacht jedoch lediglich den urkundlichen Nachweis. Die tatsächliche Erteilung einer Vollmacht wird dadurch nicht ersetzt. Im Fall von konkreten Zweifeln ist zu prüfen, ob tatsächlich eine Vollmacht (und in welchem Umfang) eingeräumt wurde (vgl. , vgl. weiters - zu § 10 Abs. 1 AVG - z.B. , , Ra 2018/07/0476, vgl. weiters - zur ähnlichen Bestimmung des § 30 Abs. 2 ZPO - z.B. ). Derartige Zweifel können sich allenfalls auch erst im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens ergeben (vgl. - zu § 10 Abs. 1 AVG - ).
Der Verwaltungsgerichtshof hält in diesem Zusammenhang auch fest, dass gemäß § 269 Abs. 1 BAO die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse haben, die den Abgabenbehörden eingeräumt sind. Zu solchen Obliegenheiten und Befugnissen zählen insbesondere Beweisaufnahmen sowie die Pflicht zur Wahrung des Parteiengehörs (vgl. , mwN).
Nach Maßgabe der Grundsätze der freien Beweiswürdigung nach § 167 BAO ist sodann in Auseinandersetzung mit den bisherigen Verfahrensergebnissen und den Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt festzustellen (vgl. ).
Nachdem dem erkennenden Gericht Zweifel über den Umfang der Vollmacht des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers gekommen waren, hat sie den Beschwerdeführer dazu befragt und die Parteien aufgefordert, zu den Ergebnissen des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen.
Wie den obigen Ausführungen entnommen werden kann, muss aufgrund der von der steuerlichen Vertretung vorgelegten Unterlagen davon ausgegangen werden, dass diese anlässlich der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung über keine Zustellvollmacht verfügte. Die Zustellung hätte daher nicht an die steuerliche Vertretung vorgenommen werden dürfen.
Dem Einwand der belangten Behörde, eine Beschränkung oder die Beendigung einer Vollmacht sei erst beachtlich, wenn die Abgabenbehörde davon Kenntnis erlange, ist entgegenzuhalten, dass dies nur für eine nachträgliche Beschränkung oder Beendigung einer Vollmacht gilt, nicht aber, wenn von vornherein keine Zustellbevollmächtigung erteilt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem oben zitierten Erkenntnis (vgl. ) festhält, kann weder eine nicht existierende Vollmacht noch eine nicht erteilte Zustellbevollmächtigung durch eine Berufung auf eine Vollmacht bzw. aus der Wortwahl der Berufung auf eine erteilte Vollmacht ersetzt werden.
Im Hinblick auf die durchaus glaubwürdige Darstellung der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers ist daher davon auszugehen, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zuhanden der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers mangels Zustellungsvollmacht nicht rechtswirksam erfolgte.
Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
Ein tatsächliches Zukommen im Sinne des § 7 ZustG setzt voraus, dass der Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht (vgl. Ritz/Koran, BAO7, ZustG § 7 Tz 7, und die dort angeführte Literatur und Judikatur).
Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung ist von der belangten Behörde an den Beschwerdeführer zuhanden seiner steuerlichen Vertretung adressiert worden, die jedoch - wie oben ausführlich dargelegt - über keine Zustellungsvollmacht verfügt. Diese Erledigung war auch für den Beschwerdeführer und nicht nur für seinen steuerlichen Vertreter bestimmt. Wäre sie dem Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen und hätte dieser nicht bloß Kenntnis von ihrem Inhalt erlangt, dann wäre der Zustellmangel gemäß § 7 ZustG damit auch saniert worden (vgl. ; sowie ).
Da die steuerliche Vertretung aber die an sie - trotz Fehlens einer Zustellungsvollmacht - gerichtete Beschwerdevorentscheidung nicht im Original an den Beschwerdeführer übermittelte, konnte der Zustellmangel auch nicht gemäß § 7 ZustG geheilt werden (vgl. Ritz/Koran, BAO7, ZustG § 7 Rz 7; sowie z.B. ).
Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Kapitalertragseuer 2014 wurde daher dem Beschwerdeführer nicht rechtswirksam zugestellt, und konnte daher mangels rechtswirksamer Zustellung keine Rechtswirksamkeit gegenüber dem Beschwerdeführer entfalten.
Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus (vgl. ; , 2006/15/0373). Vorher gestellte Vorlageanträge sind vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 6).
Da sich der gegenständliche Vorlageantrag gegen eine mangels rechtswirksamer Zustellung rechtlich nicht existent gewordene Beschwerdevorentscheidung richtet und daher nicht zulässig ist, war er gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm. § 264 Abs. 4 lit. e BAO mit Beschluss (§ 278 BAO) als nicht zulässig zurückzuweisen.
Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 BAO eingeräumten Rechte gemäß § 272 Abs. 4 BAO zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegt auch zunächst die Erlassung von Zurückweisungen gemäß § 260 BAO.
Nach § 274 Abs. 3 Z 1 BAO kann der Senat ungeachtet eines Antrages u.a. auch dann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist. Gleiches gilt nach Abs. 5 leg. cit. auch in den Fällen, in denen die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter obliegt.
Wenn eine Formalentscheidung - wie beispielsweise eine Zurückweisung - zu erfolgen hat, kann daher trotz Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung davon Abstand genommen werden. Ob in diesem Fall eine solche durchgeführt wird, liegt im Ermessen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 274 Rz 12).
Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO). Die Ermessensübung hat sich daher vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das "öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 20 Rz 7).
Die mündliche Verhandlung dient vor allem dazu, den maßgeblichen Sachverhalt aufzuklären (vgl. ).
Da - wie oben dargestellt- der Vorlageantrag gemäß § 260 Abs. 1 BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückzuweisen ist und die Aktenlage keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine andere Entscheidung getroffen werden könnte, erscheint es zweckmäßig, von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen. Dies ist auch nicht unbillig dem Beschwerdeführer gegenüber, weil ihm nach Erlassung einer rechtswirksamen Beschwerdevorentscheidung über seine Beschwerde durch die Abgabenbehörde weiterhin die Möglichkeit der Erörterung der Sache im Rahmen einer mündlichen Senatsverhandlung offensteht.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung eines unzulässigen Vorlageantrages unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorlageantrages der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt (vgl. ), war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 272 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 274 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103385.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at