Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.11.2023, RV/7100692/2021

Keine Berücksichtigung von Aufwendungen für eine - innerstaatlich verbotene - Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastungen

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 12/2024 anhängig.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7100692/2021-RS1
In Übereinstimmung mit dem zur - sachverhaltskongruenten - Thematik: „Berücksichtigung der in Konnex mit einer Leihmutterschaft stehenden Kosten eines männlichen (Ehe)Paares als außergewöhnliche Belastungen“ ergangenen Urteil des BFH vom , VI R 29/31, vertritt das BFG die Auffassung, dass derartige Kosten nicht das Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit erfüllen, da einerseits der Entschluss der Erfüllung des Kinderwunsches per Leihmutterschaft freiwillig erfolgt, andererseits diese „Methode“ der medizinisch unterstützten Fortpflanzung gegen die innerstaatliche Rechtsordnung, sprich die §§ 2 und 3 des FMedG verstößt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (nunmehr FA Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 nach am durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der per Finanz Online erfolgten Einreichung seiner Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2018 machte der Bf. sonstige außergewöhnliche Belastungen im Ausmaß von 103.323,57 Euro geltend.

Einkommensteuerbescheid vom

Als Ergebnis eines umfangreichen Vorhalteverfahrens, aus welchem die belangte Behörde die Erkenntnis schöpfte, dass vorgenannte, vom Bf. als außergewöhnliche Belastungen titulierte Aufwendungen auf einer Leihmutterschaft basierten, wurden diese in dem mit datierten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 mit dem Hinweis, dass eine In Vitro Fertilisation nur unter dem Aspekt der Zulässigkeit nach § 2 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) den Typus von außergewöhnlichen Belastungen erfülle. In Ansehung der Tatsache, dass eine Leihmutterschaft in Österreich ex lege nicht zulässig sei, komme ein Abzug der beantragten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht.

Beschwerde vom 30.11.200

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wurde mit Eingabe vom von der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. Beschwerde erhoben und hierbei begründend nachstehendes ausgeführt:

"Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer lebt in einer gleichgeschlechtlichen Ehe. Er und der Ehemann sind Eltern des mj ***2***. Das Kind wurde in den USA unter Nutzung der medizinisch unterstützten Fortpflanzung und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben mittels künstlicher Befruchtung gezeugt und von einer Leihmutter am ***8*** geboren. Für diesen Prozess sind im Jahr 2018 Kosten idH von € 103.219,66 angefallen, die der Beschwerdeführer im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung 2018 als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Nachweise für die Ausgaben wurden vorgelegt. Mit dem nun angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2018 wurde eine Nachforderung für das Jahr 2018 idH von € 410,00 festgestellt. Das Einkommen im Jahr 2018 wurde mit € 58.071,71 bestimmt. An Sonderausgaben wurden ein Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumbeschaffung und Sanierung, (Topf Sonderausgaben) eingeschliffen idH von € 94,51 anerkannt. An außergewöhnlichen Belastungen wurden Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehalts idH von € 408,20 berücksichtigt. Die geltend gemachten Kosten für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung in den USA wurden hingegen nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen, da diese nur abzugsfähig seien, wenn die Behandlung nach § 2 FMedG zulässig ist. Nach § 2 FMedG sei die Leihmutterschaft in Österreich jedoch unzulässig, weshalb die damit verbundenen Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiven, aber auch verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.

Zu den Beschwerdegründen:

Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid aus, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen idH von € 103.219,66 für den Prozess der Leihmutterschaft in den USA nicht berücksichtigt werden könnten, da Kosten der künstlichen Befruchtung nur dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien, wenn die Behandlung nach § 2 FMedG zulässig sei. Nach dieser Bestimmung sei die Leihmutterschaft in Österreich jedoch unzulässig, weshalb die damit verbundenen Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten.

1. Dieser Rechtsansicht der belangten Behörde kann nicht gefolgt werden.

2. Zur maßgeblichen Rechtslage:

2.1 Gem. § 34 Abs. 1 EStG 1972 (richtig wohl 1988) werden außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig (Abs. 3) erwachsen, auf Antrag insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben außer Betracht.

Eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, liegt gern Abs. 2 leg. cit. vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig (Abs. 3) größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwachsen.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen gem. Abs. 3 leg. cit. zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

2.2 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , 2002/15/0124, mit der Frage befasst, ob die Kosten der künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastung anzusehen sind und dies letztlich bejaht, sofern keine freiwillig herbeigeführte Fortpflanzungsunfähigkeit vorliegt. Bereits der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G 188/91, im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an Kinder im Hinblick auf das öffentliche Interesse der Gesellschaft an Kindern Zwangsläufigkeit von vornherein unterstellt. Dieser bei Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an Kinder entwickelte Gedanke ist auch auf die Berücksichtigung der Aufwendungen für eine In-Vitro-Fertilisation als außergewöhnliche Belastung zu übertragen. Im Hinblick auf das öffentliche Interesse der Gesellschaft an Kindern können demnach Kosten einer medizinisch indizierten In-Vitro-Fertilisation als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden, wenn die Fortpflanzungsunfähigkeit nicht freiwillig herbeigeführt wurde (vgl. Hofstätter/Reichel, § 34 EStG 1988, Einzelfälle, In-Vitro-Fertilisation, bzw. Krankheitskosten) ().

2.3 Gem. Rz 904 der LStR 2002 sind die Kosten der künstlichen Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation) als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn diese gemäß § 2 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) zulässig ist.

2.4 Gem. § 2 FMedG ist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur in einer Ehe, in einer eingetragenen Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft zulässig.

Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist gem. Abs. 2 leg. cit. ferner nur zulässig, wenn

1. nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und den Ehegatten oder Lebensgefährten zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind oder

2. ein Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist oder

3. eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebenden Frauen herbeigeführt werden soll oder

4. sie zum Zweck einer nach § 2a zulässigen Präimplantationsdiagnostik vorgenommen werden muss.

Wenn nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung mehrere aussichtsreiche und zumutbare Methoden zur Auswahl stehen, darf gem. Abs. 3 zunächst nur diejenige angewendet werden, die mit geringeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Gefahren für die beteiligten Personen verbunden ist und bei der weniger entwicklungsfähige Zellen entstehen. Das Kindeswohl ist dabei zu berücksichtigen.

3. Zur rechtlichen Beurteilung

3.1 Der Beschwerdeführer lebt in einer - gleichgeschlechtlichen - Ehe. Es ist den Ehegatten iSd § 2 Abs 2 Z 1 FMedG nicht möglich, eine Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr herbeizuführen. Die Voraussetzungen des § 2 FMedG sind daher erfüllt. Es trifft im Übrigen nicht zu, wie die belangte Behörde meint, dass in § 2 FMedG ein ausdrückliches Verbot der Leihmutterschaft normiert sei. Schon deshalb sind die für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Leihmutterschaft) in den USA angefallenen Kosten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.

3.2 Weiters ist eine im Ausland durchgeführte medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Leihmutterschaft) nach stRsp des VfGH in Österreich als zulässig anzuerkennen, sofern die dafür vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen eingehalten wurden (vgl. etwa , sowie ).

Der Sohn des Beschwerdeführers wurde in den USA mittels künstlicher Befruchtung gezeugt und von einer Leihmutter geboren. Dies unter strengster Einhaltung der US-amerikanischen Rechtslage. Diese ist im "einheitliche(n) Gesetz über die Rechtsstellung von mit künstlicher Befruchtung gezeugten Kindern" aus dem Jahr 1988 ("Uniform Status of Children of Assisted Conception Act") enthalten. Das Gesetz regelt u.a. die biologische und rechtliche Elternschaft und die Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Leihmuttervereinbarungen und stellt deren Zustandekommen und Abwicklung unter Richtervorbehalt (§§ 5ff des Gesetzes).

Der Superior Court des ***3***, hat mit Gerichtsbeschluss vom ***10*** die künstliche Befruchtung sowie Leihmuttervereinbarung genehmigt und die rechtliche Elternschaft des Beschwerdeführers festgestellt.

Aus diesen Gründen sind die vom Beschwerdeführer hierfür geltend gemachten Aufwendungen idH von EUR 103.219,66 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen bzw. abzugsfähig.

3.3 Eine andere Rechtsanwendung bzw -auslegung würde auch zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung und Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten nach Art 8 EMRK führen, zumal ihm aufgrund seiner sexuellen Orientierung kein anderer zumutbarer Weg der Elternschaft offensteht.

Eine sachliche Rechtfertigung für eine solche Ungleichbehandlung ist nicht zu erkennen. Vielmehr hat der VfGH mehrfach ausgesprochen, dass der von Ehepartnerinnen oder Lebensgefährtinnen gefasste Entschluss, ein Kind zu bekommen und sich hiezu erforderlicher medizinischer Unterstützung zu bedienen, dem Schutzbereich des Art 8 EMRK unterliegt (, 116/98, VfSIg 15.632, B.1.2.3.). Auch der EGMR betont, dass das Recht 'ein Kind zu bekommen und sich zur Erfüllung des Kinderwunsches die Errungenschaft der Fortpflanzungsmedizin zunutze zu machen' zu den von Art 8 EMRK geschützten Rechten zählt (EGMR , 57813/00, S. H. u.a. gegen Österreich [Z82], OJZ2012/2 [MRK]). Der Wunsch nach einem Kind stellt demnach einen besonders wichtigen Aspekt der Existenz oder der Identität eines privaten Individuums dar (EGMR , 57813/00, S. H. u.a. gegen Österreich [Z93], ÖJZ2010, 684 = RdM 2010/88 [Kopetzki]). ( ua).

3.4 Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts, hätte die belangte Behörde die geltend gemachten Aufwendungen für das Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (Leihmutterschaft) in den USA als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigen müssen. Sie hat den angefochtenen Einkommenssteuerbescheid 2018 daher mit Rechtswidrigkeit belastet."

In Ansehung vorstehender Ausführungen beantragte der Bf. - unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung - den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde das Rechtsmittel des Bf. mit nachstehender Begründung abgewiesen:

"Frauen, die aus organischen oder gesundheitlichen Gründen kein Kind austragen können, benötigen zur Erfüllung ihres Kinderwunsches eine Leihmutter. Die Leihmutterschaft ist in Österreich gemäß § 2 und 3 des Fortpflanzungsmedizingesetzes verboten. Der aufgegriffene Gedanke, dass ein Verhalten, welches der Gesetzgeber durch Strafbarkeit verhindern will, nicht unter Umgehung der Verlagerung der Maßnahmen ins Ausland, einkommensteuerlich berücksichtigt werden soll ergibt sich aus § 34 EStG 1988 in der Form, dass die Wortfolge "wenn er (der Steuerpflichtige) sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann" in § 34 Abs. 3 EStG 1988 nicht mehr zum Tragen kommen kann, wenn man sich nach österreichischer Rechtslage ihr sogar entziehen muss. Im Umkehrschluss schließt nämlich ein mit Strafe verbotenes Verhalten jedenfalls von vornherein aus, dass man sich ihr nicht entziehen kann. Die Zwangsläufigkeit der Erfüllung des Kinderwunsches (auf Grund des öffentlichen Interesses der Gesellschaft) bei Unmöglichkeit, diesen im "natürlichen" Weg zu erlangen, führt daher aber nicht dazu, einen Lösungsweg als zwangsläufig zu erachten, zu dem nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen nicht nur grundsätzlich niemand verpflichtet ist, sondern sogar verpflichtet ist, nicht einzuschlagen. Der Abzugsfähigkeit von außergewöhnlichen Belastungen liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Allgemeinheit einen Beitrag zur Belastung des einzelnen Steuerpflichtigen beisteuert. Ist eine Maßnahme nach derzeitiger österreichischer Rechtslage verboten, so darf der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit dieser Maßnahme auch keinen Beitrag der Allgemeinheit erwarten. Die Kosten einer künstlichen Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation) sind als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn diese gern. § 2 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) zulässig ist.

§ 2 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) normiert wie folgt:

(1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe, in einer eingetragenen Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft zulässig.

(2) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist ferner nur zulässig, wenn

1. nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und den Ehegatten oder Lebensgefährten zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind oder

2. ein Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist oder

3. eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebenden Frauen herbeigeführt werden soll oder

4. sie zum Zweck einer nach § 2a zulässigen Präimplantationsdiagnostik vorgenommen werden muss.

(3) Wenn nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung mehrere aussichtsreiche und zumutbare Methoden zur Auswahl stehen, darf zunächst nur diejenige angewendet werden, die mit geringeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Gefahren für die beteiligten Personen verbunden ist und bei der weniger entwicklungsfähige Zellen entstehen. Das Kindeswohl ist dabei zu berücksichtigen.

Keine Rolle spielt es grundsätzlich auch, ob die Behandlung im Inland oder Ausland durchgeführt wurde. Entscheidend ist ausschließlich, ob die Maßnahme in Österreich grundsätzlich erlaubt ist. Die Leihmutterschaft ist nach derzeitiger gesetzlicher Lage in Österreich verboten, weshalb Kosten dafür aus oben angeführten Gründen nicht als außergewöhnliche Belastung gem. § 34 EStG 1988 abzugsfähig sind."

Vorlageantrag vom

Mit Eingabe vom wurde unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen die Vorlage der Beschwerde an das BFG beantragt.

Vorhalt vom

Zunächst wurde der Bf. mittels Vorhalts vom den Nachweis des aus seinem Einkommen (Vermögen) erfolgten Abflusses der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Adoptionskosten von 103.129,66 Euro zu erbringen.

Vorhaltsbeantwortung vom

Im Zuge der am erfolgten Vorhaltsbeantwortung wurden Ablichtungen nachstehender Unterlagen nachgereicht:

Buchungsbeleg TransferWise vom über EUR 22.007,01/USD 27.025,00

Buchungsbeleg TransferWise vom Über EUR 20.410,23/USD 25.000,00

Buchungsbeleg TransferWise vom über EUR 7.905,18/USD 9.675,00

Buchungsbeleg TransferWise vom über EUR 8.143,54/USD 9.675,00

Buchungsbeleg TransferWise vom über EUR 44.753,70/USD 52.000,00

Vorhalt vom

Mit einem weiteren Vorhalt des wurde der Bf. ersucht mittels Aufgliederung sowie belegmäßigen Nachweises bekannt zu geben, welche konkrete Leistungen der Verausgabung der in der Beilage zur Einkommensteuererklärung unter Punkt 10 "Adoptionskosten" als Anzahlungen bzw. Transferwise titulierten Beträge von 103.219,66 Euro gegenübergestanden sind.

Vorhaltsbeantwortung vom

Mit Eingabe vom wurde der Vorhalt seitens der rechtsfreundlichen Vertretung wie folgt beantwortet:

Der Beschwerdeführer legt entsprechend dem Vorhalt vom , zugestellt am , ergänzend folgende Unterlagen vor: Weitere Belege für den im Jahr 2018 erfolgten Abfluss der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Kosten idH von € 103.219,66:

Rechnung ***5*** vom

Rechnung ***5*** vom

Treuhandkontoauszug der Agentur ***7***

Ergänzend zu den vorgelegten Unterlagen ergeht folgende

STELLUNGNAHME

Bei ***5*** handelt es sich um eine Fruchtbarkeitsklinik in den USA. Über diese Klinik wurden insbes. die Eizellspende, die Samenabnahme, die Befruchtung der Eizelle mit dem Samen, die medizinischen Voruntersuchungen der austragenden Frau, die medizinische Diagnostik des Embryos, sowie der Transfer des Embryos in die austragende Frau vorgenommen.

Zu diesen Leistungen liegen zwei Rechnungen der Klinik vor, da zwei Eizellenspenden vorgenommen werden mussten, zumal der erste Versuch nicht erfolgreich war. In den Rechnungen sind die entsprechenden Leistungen detailliert bezeichnet. Sollte eine Übersetzung ins Deutsche benötigt werden, wird um entsprechende Mitteilung gebeten.

Das ***6*** ist die Agentur, die der Beschwerdeführer beauftragt hatte, ihn im gesamten Prozess zu unterstützen. Der Aufgabenbereich der Agentur umfasste unter anderem die Auswahl der geeigneten Leihmutter, die Erstellung der Verträge und die Rechtsvertretung vor Gerichten und Behörden, die Abwicklung der Zahlungen an die Leihmutter etc. Die vereinbarten Gesamtkosten mussten zu diesem Zweck auf ein Treuhandkonto der ***7*** einbezahlt werden, von dem die einzelnen Kosten je nach Anfall beglichen wurden, wie aus dem beiliegenden Kontoauszug hervorgeht. Sollte eine Übersetzung der Kontoübersicht auf Deutsch benötigt werden, wird um rasche Rückmeldung gebeten.

Ergänzendes Vorbringen vom (eingelangt am )

Mit am beim BFG eingelangter Eingabe erstattete der Bf. ein ergänzendes Vorbringen nachstehenden Inhalts:

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2002/15/0124, im Ergebnis unmissverständlich der Ansicht des Verfassungsgerichtshofs vom , G 188/91 gefolgt ist, wonach eine medizinisch indizierte In-Vitro-Fertilisation bei unfreiwilliger Fortpflanzungsunfähigkeit als

außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden kann.

Diese Rechtsansicht fand erneut Ausdruck im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/15/0214. Demnach ist von einer gefestigten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Berücksichtigungswürdigkeit von In-Vitro-Fertilisationen als außergewöhnliche Belastung auszugehen.

Zu beachten ist in Zusammenhang damit ebenso die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, wie sie im Erkenntnis vom , 2007/13/0150, zum Ausdruck kommt. Auch darin beschäftigte sich der Gerichtshof mit der Frage der künstlichen Befruchtung. Im Unterschied zu den vorhin genannten Erkenntnissen war jedoch eine In- Vitro-Fertilisation zur Erfüllung des Kinderwunsches des Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau nicht möglich, sondern nur durch eine Adoption, wobei die Fortpflanzungsunfähigkeit nicht freiwillig herbeigeführt wurde. In dieser Sache setzte sich der Gerichtshof daher mit den Kosten einer Adoption als außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs. 1 EStG im Sinne einer Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen auseinander. Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , G188, 189/91 den Gedanken entwickelt, dass die Zwangsläufigkeit aufgrund des hohen öffentlichen Interesses der Gesellschaft an Kindern geradezu zu vermuten sei ("zu unterstellen sei"). Diese Rechtsprechungslinie habe sich aus der Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen für Kinder entwickelt. Der Sachverhalt war nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes an sich geeignet, die Anerkennung der Kosten für die Adoption als außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs. 1 EStG zu rechtfertigen.

Nichts anderes kann aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen für den Fall der Austragung eines Kindes durch eine Leihmutter für ein gleichgeschlechtliches Paar gelten, das gemeinsam ebenfalls unfreiwillig Fortpflanzungsunfähig ist. Die Frage ist auch vor dem Hintergrund eines allgemeinen positiven Wandels in der gesellschaftlichen Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Paaren und deren spezifischen Bedürfnissen zu sehen. Hierzu wird auf die Rechtsentwicklung und Judikatur des VfGH in den letzten Jahren verwiesen (vgl. dazu das schon in der Beschwerde erstattete Vorbringen samt Judikaturzitaten, aber etwa auch die Entscheidung des VfGH zu G 230/2021 vom ).

Auch wenn die Ansicht vertreten würde, dass Leihmutterschaft in Österreich nicht zulässig ist, ist es nach österreichischem Recht sehr wohl zulässig, im Ausland eine solche Möglichkeit zur Erfüllung des Kinderwunsches in Anspruch zu nehmen, sofern die dort geltenden, einschlägigen Bestimmungen dazu eingehalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers wurden die gesetzlichen Vorgaben in den USA strikt eingehalten. Der Gerichtsbeschluss "Court Order" des US-Gerichts war der Beschwerde auch beigelegt.

Weiters stellt die Leihmutterschaft eine Variante der künstlichen Befruchtung dar, sodass die Aufwendungen dafür schon deshalb eine außergewöhnliche Belastung darstellen (Lattner, Christa, Ethik im Steuerrecht, Steuerrecht aktuell, ÖStZ 2013/565).

Der Beschwerdeführer hält daher seine bisherigen Anträge aufrecht."

Mündliche Verhandlung vom

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung trug der Bf. ergänzend vor, dass mit der am in Kraft getretenen rechtlichen Möglichkeit der Fremdadoption für gleichgeschlechtliche Paare Vorbereitungen für eine derartige Adoption getroffen worden seien. Hierbei habe es sich nach Abschluss des einjährigen Vorbereitungskurses herausgestellt, dass der Adoptionsprozess einen nicht nur nichtabsehbaren Zeitraum in Anspruch nehmen würde, sondern angesichts gesetzlicher Bestimmungen (Altersunterschied zwischen Adoptiveltern und Kind, sowie Altersobergrenze) ein positiver Abschluss des Verfahrens schon an sich in Frage gestellt gewesen sei. Danach habe man sich in der ersten Hälfte des Jahres 2017 entschlossen den Kinderwunsch im Wege, der einzigen Möglichkeit, sprich der Leihmutterschaft zu erfüllen.

Zu betonen sei, dass nach Einreise des Kindes aus den USA, diesem anstandslos die Elternschaft beider Partner dartuende Geburtsurkunde, sowie ein österreichischer Staatsbürgerschaftsnachweis ausgestellt worden sei.

Der Vertreter des FA wies darauf hin, dass sämtliche vom Bf. vorgebrachten Judikate sich thematisch mit Fragen des Personenstands und der Staatsbürgerschaft auseinandergesetzt hätten. In wie weit die Ergebnisse dieser Rechtsprechung für Belange des Steuerrechtes relevant seien, sei fraglich. Darüber hinaus sei anzumerken, dass die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit der Thematik der Leihmutterschaft bis dato nicht befasst worden seien.

Der Vertreter des FA übergab sowohl dem BFG als auch dem Bf. Ablichtungen des Artikels von Clemens Endfellner mit dem Titel "Behandlungskosten im Ausland: Ausmaß der außergewöhnlichen Belastung - Inwieweit fallen (höhere) ausländische Behandlungskosten zwangsläufig an?", sowie der Kommentierung zu § 2 FMedG. in Neumayr/Resch/Wallner - Gmund. Kommentar.

Die rechtsfreundliche Vertreterin des Bf. wies abschließend darauf hin, dass eine im Ausland durchgeführte Leihmutterschaft in Österreich jedenfalls nicht unzulässig und nicht unter Strafe gestellt sei. Die Bestimmungen des FMedG. bezögen sich ausschließlich auf im Inland durchgeführte Maßnahmen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. ist ein - nunmehr in Ehe mit einem Mann - lebender Vater eines im Jahr ***9*** geborenen Sohnes, welcher mittels Leihmutterschaft von einer in den USA lebenden Frau ausgetragen wurde. Die im Jahr 2018 angefallenen - als Ergebnis eines verwaltungsgerichtlichen Vorhalteverfahrens - nachweislich vom Bf. getragenen Ausgaben (Eizellenspende, künstlichen Befruchtung, Leihmutter, Rechtsberatung, nicht von der Krankenversicherung gedeckte Behandlungskosten der Eizellenspenderin und Leihmutter, Reisekosten Eizellenspenderin und Leihmutter, Krankenversicherung) wurden in Höhe von insgesamt 103.219,66 Euro als außergewöhnliche Belastungen beantragt.

2. Streitgegenstand

Vor dem unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalt steht zwischen den Verfahrensparteien in Streit, ob die verausgabten Beträge als den Begriff der außergewöhnlichen Belastung erfüllend, ertragsteuerlich zu berücksichtigen sind.

Während die belangte Behörde als Grundlage der ertragsteuerlichen Nichtberücksichtigung der Beträge den Verstoß gegen das in § 2 FMedG verankerte Verbot der Leihmutterschaft erachtet, wird seitens der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. auf den Umstand verwiesen, dass im zu beurteilenden Fall in Bezug auf die Leihmutterschaft den aus dem Jahr 1988 stammenden amerikanischen Bestimmungen des "einheitlichen Gesetzes über die Rechtsstellung von mit künstlicher Befruchtung gezeugter Kinder (Uniform Status of Children of Assisted Conception Act) Rechnung getragen worden sei, so dass der ***4*** mit Beschluss vom ***10*** die Leihmuttervereinbarung genehmigt, bzw. die rechtliche Elternschaft des Bf. festgestellt habe.

Im Übrigen habe der Verfassungsgerichtshof vermittels Erkenntnisse vom , B 13/11 bzw. vom , B 99/12 eine im Ausland durchgeführte medizinisch unterstütze Fortpflanzung (Leihmutterschaft) nicht nur für rechtens erachtet, sondern nämliches Höchstgericht mit Erkenntnis vom , G 91/98, G 116/98 vielmehr ausgesprochen, dass von Ehegatten/innen bzw. Lebensgefährten/innen gefassten Entschluss ein Kind - unter Bedienung erforderlicher medizinischer Unterstützung - zu bekommen, dem Schutzbereich des Art 8 EMRK unterliege.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen

Die Bestimmung des § 34 EStG 1988 lautet:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG), BGBl. Nr. 275/1992 normiert auszugsweise nachstehendes:

§ 2. (1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe, in einer eingetragenen Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft zulässig.

(2) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist ferner nur zulässig, wenn

1. nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und den Ehegatten oder Lebensgefährten zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind oder

2. ein Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist oder

3. eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebenden Frauen herbeigeführt werden soll oder

4. sie zum Zweck einer nach § 2a zulässigen Präimplantationsdiagnostik vorgenommen werden muss.

(3) Wenn nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung mehrere aussichtsreiche und zumutbare Methoden zur Auswahl stehen, darf zunächst nur diejenige angewendet werden, die mit geringeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Gefahren für die beteiligten Personen verbunden ist und bei der weniger entwicklungsfähige Zellen entstehen. Das Kindeswohl ist dabei zu berücksichtigen.

§ 3. (1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen außer in den in Abs. 2 und 3 geregelten Fällen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten verwendet werden.

(2) Der Samen einer dritten Person darf ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist oder eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung in einer eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft von zwei Frauen vorgenommen werden soll.

(3) Die Eizellen einer dritten Person dürfen ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn die der Frau, bei der die Schwangerschaft herbeigeführt werden soll, nicht fortpflanzungsfähig sind und diese Frau zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

§ 16. (1) Die Überlassung von Samen oder Eizellen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung darf nicht Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts sein. Die Vereinbarung oder die Annahme einer Aufwandsentschädigung gilt als entgeltliches Rechtsgeschäft, wenn und soweit die Aufwandsentschädigung über die nachgewiesenen Barauslagen, die im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung bei der Überlassung von Samen oder Eizellen getätigt wurden, hinausgeht.

(2) Die Vermittlung

1. von entwicklungsfähigen Zellen,

2. von Samen und Eizellen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung und

3. von Personen, die bereit sind, Samen, Eizellen oder entwicklungsfähige Zellen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung zu überlassen oder in sich einbringen zu lassen, ist unzulässig. Ebenso ist jede Werbung für die Überlassung oder Vermittlung von Samen, Eizellen oder entwicklungsfähigen Zellen unzulässig.

3.2. Rechtliche Beurteilung

Unter Bezugnahme auf die oben dargestellte Norm des § 34 Abs. 1 EStG 1988 ist einleitend festzuhalten, dass Aufwendungen nur bei kumulativer Erfüllung der in den Z 1 bis 3 leg. cit. determinierten Tatbestandsvoraussetzungen Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen finden dürfen.

3.2.1. Zur Außergewöhnlichkeit einer Belastung

a) Mehrzahl von Steuerpflichtigen

Eine Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie - bezogen auf das Kj (Beiser ÖStZ 87, 133) - höher ist als jene, die der Mehrzahl der StPfl gleicher Einkommens- und Vermögens­verhältnisse erwächst (eine "überwiegende Mehrzahl" ist nicht erforderlich; s aber z.B. ). Auf die Außergewöhnlichkeit des - den Aufwand auslösenden - Ereignisses kommt es hingegen nicht an (; aA BFH , III R 177/94, BStBl II 96, 197).

b) Zweck. Das Merkmal dient der Abgrenzung atypischer Aufwendungen (-F/02). Es erfordert einen Vergleich mit den übl Belastungen eines StPfl () bzw, mit den im täglich Leben übliche Erscheinungen ().

Außergewöhnlich können nur Aufwendungen sein, die der Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen (BFH , III R 12/92, BStBl II 95, 774); sie dürfen nicht "gewöhnlich" sein, d.h. unter gleichen Umständen alle StPfl treffen (; Kfz-Wartung).

Aufwendungen, die bei niedrigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen außergewöhnlich sind, können bei gehobenen Verhältnissen im Bereich der normalen Lebensführung liegen (/ 0192; LStR 827).

Auf die Anwendung der - aus dem Gesetz nicht unmittelbar ableitbaren - Gegenwerttheorie könnte daher verzichtet werden (so zB bei Aufwendungen zur Wohnungsbeschaffung, Modernisierung des Hausstands etc, Schmidt/Loschelder § 33 Rz 15; s ).

Es muss sich um "verlorenen" Aufwand handeln. Von einem solchen kann nicht die Rede sein, wenn der Aufwand zu einem entspechenden Vermögenswert geführt hat (). Der Erwerb eines WG stellt daher idR keine agB dar (). Ausnahmefälle: (1) Beschaffung von WG, die auf Grund ihrer Verwendbarkeit nur für bestimmte individuelle Personen (zB Prothesen, Seh- oder Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle, Krankenbetten; Rollstuhlgelkissen, -F/02) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allg Verkehrswert haben (; LStR 824; s § 35 Rz 25 f); der Gegenwertgedanke ist verfassungskonform und auch bei Herstellungsaufwand iZm Behinderungen nicht unbeachtl ( Bad/WC; Eigenheim; Aufzug; Zweitwagen für den Behindertentransport; s auch ).

c) Individuelle Betrachtungsweise ist erforderlich (), wenngleich das Merkmal selbst nach objektiven Kriterien zu prüfen ist.

Für eine Einbeziehung weiterer Sachverhaltselemente in den Vergleichsmaßstab verbleibt kein Raum (); auf die Ursache des Aufwands kommt es nicht an (). So sind nicht etwa Belastete mit ähnlich Belasteten, sondern Belastete mit nicht Belasteten zu vergleichen (s DKMZ/Doralt § 34 Rz 30).

Eine Ausnahme gilt bei Krankheitskosten. Sie werden - durchaus hinterfragbar - stets als außergewöhnlich angesehen (DKMZ/Doralt § 34 Rz 32; glA WGW/Wanke § 34 Rz 24). Nach der Rspr des BFH wird Außergewöhnlichkeit von unmittelbaren Krankheitskosten "letztlich" sogar "unwiderleglich vermutet" (BFH , III R 36/01, BStBl II 04, 47).

3.2.2. Allgemeine Ausführungen zur Zwangsläufigkeit einer Belastung

3.2.2.1. Zwangsläufigkeit dem Grunde nach

Die Zwangsläufigkeit ist stets nach den Umständen des Einzelfalls (s ), und nicht in wirtschaftl. oder gar in typisierender Betrachtungsweise zu beurteilen.

Der StPfl darf sich dem Aufwand

- aus tatsächlichen,

- rechtlichen oder

- sittlichen Gründen

nicht entziehen können ().

Keine agB bilden daher Aufwendungen, die

(1) freiwillig geleistet werden (zB Zahlungen auf verjährte Ansprüche, ); -

(2) auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom StPfl vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden (; zur Verwahrlosung eines Hauses bis zu dessen zwangsweiser Räumung; Verkehrsunfall); -

(3) sonst die unmittelbare Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der StPfl aus freien Stücken, dh freiwillig (), entschlossen hat (; zur Grenzziehung s ), z.B. Aufwendungen, die die Folge der Abgabe einer unbedingten Erbserklärung, der Einwilligung in eine einvernehmliche Scheidung oder der Annahme einer Schenkung sind (); -

3.2.2.2. Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen

Tatsächliche Gründe sind in der Person des StPfl gelegene Gründe, die ihn unmittelbar selbst, d.h. nicht auch einen Dritten () "betreffen" () bzw. "treffen" (), zB Krankheit (; LStR 830) oder Körperbehinderung, aber auch andere unabwendbare Ereignisse wie Katastrophenschäden, unverschuldete Unfälle uÄ (Schmidt/ Loschelder § 33 Rz 24), Kosten der Berufsausbildung zur Existenzsicherung des StPfl (), zur Beseitigung von unmittelbar gesundheitsgefährdenden Umweltbelastungen, der Emigration bei Entzug von Menschenrechten (HR/ Fuchs § 34 Abs. 2 bis 5 Rz 15), Aufwendungen für eine Haushaltshilfe, wenn der StPfl zur Erwerbstätigkeit genötigt ist ( DKMZ/Doralt § 34 Rz 38; ), nach der Rspr des VwGH - dogmatisch fragwürdig - aber auch das öffentliche Interesse der Gesellschaft an Kindern (zB E , 2007/13/0150 Adoption; WGW/Wanke § 34 Rz 78 "Adoption"), ggf auch die Verteidigung des Eigentums und der Ehre ( Q/Sch § 34 Rz 15). Keine Zwangsläufigkeit besteht hingegen praktisch in den meisten Fällen der Übernahme einer Bürgschaft bzw. gleichartiger Belastungen (; s RZ 90).

Festzuhalten ist, dass es bei der im Beschwerdefall vorliegenden gleichgeschlechtlichen Partnerschaft und der hieraus resultierenden Unmöglichkeit gemeinsam Kinder zeugen zu können, nach Auffassung des BFG keinesfalls um eine "Krankheit" handelt.

Hierbei wurde letztgeäußerte Ansicht des Verwaltungsgerichts in einem aktuellen - an unterer Stelle noch explizit dargestellten - Urteil des BFH v. , VI R 29/21 bestätigt, in dem das Höchstgericht in RZ 13 der Entscheidungsgründe ausführt, dass die ungewollte Kinderlosigkeit der Kläger (sprich der in Ehe verbundenen männlichen Partnern) nicht auf einem regelwidrigen Zustand eines oder beider Partner, sondern auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung gründet, mit der Folge, dass die in Zusammenhang mit der Ersatzmutterschaft angefallenen Kosten keine krankheitsbedingten Aufwendungen darstellen.

Zusammenfassend sind daher die in Streit stehenden Aufwendungen als nicht aus tatsächlichen Gründen erwachsen anzusehen.

3.2.2.3. Zwangsläufigkeit aus rechtlichen Gründen

Rechtliche Gründe entspringen (wie sittliche Gründe) dem Verhältnis des StPfl zu anderen Personen (). Sie können sich aus dem Gesetz, einer vertraglichen Vereinbarung, einem Verwaltungsakt oder einem Urteil ergeben, doch darf die rechtliche Verpflichtung nicht auf einen freiwilligen Entschluss des StPfl zurückzuführen sein ().

Schon die Übernahme der Verpflichtung muss aus rechtl. bzw sittl. Gründen zwangsläufig erfolgen (; ; WGW/Wanke § 34 Rz 28), der StPfl darf die entspr Gründe nicht selbst gesetzt haben (s BFH , III R 178/80, BStBl II 86, 745).

Es besteht folglich keine Zwangsläufigkeit von Belastungen auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft (), dem Antritt einer Erbschaft bzw aus Übergabs- und/oder (gemischten) Schenkungsverträgen (s auch Rz 41) oder aus der Haltung eines Haustiers ( Tierarztkosten). Eine Ausnahme bilden Verpflichtungen, soweit sich das freiwillige Verhalten auf das Entstehen des familienrechtlichen Verhältnisses bezieht (s ; glA LStR 831; aA noch ). Eine unmittelbare Ursache wird in solchen Fällen nicht mehr angenommen (WGW/Wanke § 34 RZ 30; s auch DKMZ/Doralt § 34 RZ 39).

3.2.2.4. Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen

Sittliche Gründe ergeben sich aus den Normenkreisen der Sittlichkeit bzw der Sitte (Konvention; aA ), wie sie im mitteleuropäischen Kulturbereich "allg anerkannt sind" (). Der StPfl darf sich der Leistung nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen nicht entziehen können ().

Es reicht nicht aus, dass das Handeln des StPfl. menschlich verständlich, wünschenswert, lobenswert () oder förderungswürdig () erscheint bzw eine ungünstige Nachrede in der Öffentlichkeit vermieden werden soll. Dass eine Handlung von der Sittenordnung gutgeheißen wird, genügt noch nicht (); es muss die Sittenordnung dieses Handeln vielmehr gebieten bzw. fordern ().

Ausschlaggebend ist nicht die subj Meinung des Helfenden, sondern die obj Lage des Hilfsbedürftigen, wie sie sich dem zu Hilfe Gerufenen bei obj Betrachtung darstellt (). Die Sittenordnung verlangt u.a. Hilfeleistung an in Not geratene Menschen, außerhalb von Angehörigen aber nur in besonderen Fällen ( Hausgehilfin; , 86/14/0004 ArbN; s ; zu Lebensgefährten s und , 86/14/0004). S auch Rz 90 "Unterhalt". - In der Beurteilung der Zwangsläufigkeit erhebl großzügiger zB (Kreditrückzahlungen für die Tochter; Rev zul); streng dagegen (Einmalzahlung, um dem Sohn ein Schuldenregulierungsverfahren zu ermöglichen; s dazu Endfellner AFS 15, 104).

Ausgehend von obigen Ausführungen beruht nach Ansicht des BFG der Entschluss des Bf. auf Begründung der Leihmutterschaft nicht auf einer tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Zwangslage, sondern vielmehr um eine von diesem freiwillig getroffene Entscheidung Vater eines Kindes zu werden.

3.3. Rechtsprechung zur Thematik "In-Vitro-Fertilisation"

Einleitend ist anzumerken, dass der VwGH seine zunächst ablehnende Haltung zur homologen künstlichen Befruchtung () aufgegeben hat. Demgegenüber schließt nach Auffassung des Höchstgerichts eine freiwillig herbeigeführte Fortpflanzungsunfähigkeit die Geltendmachung, respektive die Berücksichtigung der auf einer In- Vitro- Fertilisation gründenden Kosten als ag. Belastung jedenfalls aus (, dazu Renner SWK 07, S 945; , dazu Zorn RdW 06/53, 53, nicht einschr dagegen LStR 904).

Abschließend ist jedoch zu beachten, dass sich die zur In-Vitro-Fertilisation ergangene Rechtsprechung des VwGH exklusiv auf Situation von Frauen, welche auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen können (Krankheit) bezieht.

In Anbetracht der Tatsache, dass sich im zu beurteilenden Fall, beim Bf. jedoch um einen in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft lebenden Mann handelt, der sich zur Erfüllung seines Kinderwunsches einer Leihmutter "bedient" hat, erweisen sich nach dem Dafürhalten des BFG vorangeführte Judikate als nicht einschlägig.

3.4. Leihmutterschaft in der österreichischen (Steuer) Rechtsprechung

3.4.1. Allgemeine Ausführungen zum innerstaatlichen Verbot der Leihmutterschaft

Einleitend ist anzumerken, dass das Fortpflanzungsmedizingesetz 1992 (FMedG) in seinen §§ 2 und 3 leg. cit. sowohl den Normadressatenkreis als auch die zulässigen Methoden medizinisch unterstützter Fortpflanzung determiniert.

Aus vorgenenannten Bestimmungen des FMedG sowie aus der Norm des § 143 ABGB, wonach Mutter die Frau ist, die das Kind geboren hat, sowie jener des § 879 Abs. 2 Z 1a ABGB wonach Verträge, in denen etwas für die Vermittlung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung bedungen wird, nichtig sind, lässt sich nach Ansicht des BFG implizit ein innerstaatliches Verbot der Leihmutterschaft ableiten.

3.4.2. Rechtsprechung des BFG zur Anerkennung von im Zusammenhang mit einer Leihmutterschaft angefallener Kosten als außergewöhnliche Belastung

Das BFG war bis dato einmal mit der Frage der Abzugsfähigkeit aus künstlicher Befruchtung sowie Leihmutterschaft stammender Kosten eines gleichgeschlechtlichen (männlichen) Paares als außergewöhnliche Belastungen befasst, wobei die Beschwerde im d.g. Verfahren mit Erkenntnis vom , RV/7106459/2016 abgewiesen wurde.

Hierbei erachtete es das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen als wesentlich, dass der Sinn der österreichischen Steuergesetzgebung nicht darin gelegen sei, dass die Kosten für ein in Österreich verbotenes Verhalten (Leihmutterschaft) durch die Allgemeinheit - im Zuge der Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen - getragen würden.

3.4.3. Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts

In Ansehung der Tatsache, dass in der Folge gegen das unter Punkt 3.4.2. angeführte - in Sachverhaltskongruenz mit dem zu beurteilenden Fall stehende - Erkenntnis weder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, noch Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde, steht unbestritten fest, dass zu der im vorliegenden Fall wiederum zu beurteilenden Rechtsfrage keine höchstgerichtliche Judikatur existiert.

3.5. Berücksichtigung der Kosten für Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastungen eines gleichgeschlechtlichen(Ehe)Paars nach der Rechtsprechung des BFH

Mit Urteil vom , VI R 29/21 hat der BFH der Anerkennung von im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft ("Leihmutterschaft") angefallener Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen (Ehe) Paares als außergewöhnliche Belastung mit nachstehender Begründung eine Absage erteilt:

11. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

12. a) In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass Krankheitskosten und damit Kosten, die einem objektiv (anomalen) regelwidrigen Körperzustand (vgl. Senatsurteile vom - VI R 60/11, BFHE 249, 468, BStBl II 2015, 695, Rz 10 und vom - VI R 43/10, BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414, Rz 15) geschuldet sind, ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen (Senatsurteile vom - VI R 11/09, BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119, Rz 12 und vom - VI R 20/12, BFHE 244, 285, BStBl II 2014, 456, Rz 13).

13 aa) Nach diesen Grundsätzen stellen die Kosten der Kläger im Zusammenhang mit der Ersatzmutterschaft keine krankheitsbedingten Aufwendungen dar. Denn die ungewollte Kinderlosigkeit der Kläger gründet nicht auf einem regelwidrigen Zustand eines oder beider Partner, sondern auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung.

14 bb) Nichts anderes folgt aus dem Krankheitsbegriff der Weltgesundheitsorganisation (WHO) betreffend die ungewollte Kinderlosigkeit. Zwar wurde 1967 die ungewollte Kinderlosigkeit (Zeugungs- und/oder Empfängnisunfähigkeit) durch die Scientific Group on the Epidemiology of Infertility der WHO als Krankheit anerkannt. Der WHO-Definition entsprechend ist eine Infertilität/Sterilität zu diagnostizieren, wenn bei einem Paar entgegen seinem expliziten Willen nach mehr als 24 Monaten trotz regelmäßigem, ungeschütztem Sexualverkehr keine Schwangerschaft eintritt (ICD-10 Diagnosen: Sterilität der Frau [N97.x], männliche Sterilität [N46]; www.gbe-bund.de, Suchbegriff: Ungewollte Kinderlosigkeit [Gesundheitsberichterstattung - Themenhefte, April 2004]). Auch danach kommt dem Umstand, dass aus der Ehe der Kläger kein Kind hervorgehen kann, kein Krankheitswert zu.

15 b) Der Vortrag, beim Kläger zu 1. habe sich unter anderem aufgrund seines starken (unerfüllten) Kinderwunsches eine beginnende psychische Erkrankung abgezeichnet, welche ausweislich des Schreibens von Frau Dipl.-Psych. . vom durch eine Ersatzmutterschaft unterbunden/behoben werden könne, erlaubt ebenfalls nicht, die Kosten als zwangsläufig entstandene Krankheitskosten nach § 33 EStG zu berücksichtigen.

16 aa) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Eine derart typisierende Behandlung von Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten. Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden, also medizinisch indiziert sind (Senatsurteile vom - VI R 74/10, BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577, Rz 15 und vom - VI R 45/14, Rz 12, m.w.N.). Umfasst sind alle Eingriffe und andere Behandlungen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zweck angezeigt sind und vorgenommen werden, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern (BFH-Urteil vom - III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596, unter 3.a, m.w.N.).

17 bb) Nach diesen Grundsätzen kann ein im Wege der Ersatzmutterschaft reproduziertes Kind nicht als eine medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Vermeidung, Linderung oder Beseitigung einer seelischen Erkrankung angesehen werden, auch wenn diese auf einer ungewollten Kinderlosigkeit gründet.

18 Überdies ist die Vorstellung, die Reproduktion eines Kindes im Wege der Ersatzmutterschaft als medizinisch indizierte Heilbehandlung oder dieser gleichgestellten Maßnahme anzusehen, auch nicht mit dem Grundrecht des Kindes auf Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 3 des Grundgesetzes -GG-) vereinbar. Denn ein solches Verständnis würde das Kind zu einem bloßen Objekt herabwürdigen, das zur Linderung einer seelischen Krankheit des Klägers zu 1. diente (vgl. Senatsurteil vom - VI R 60/11, BFHE 249, 468, BStBl II 2015, 695, Rz 12, zu Aufwendungen für die Adoption eines Kindes). Dies gilt gleichermaßen für die Ersatzmutter. Auch sie würde, sähe man die Reproduktion eines Kindes als Heilbehandlung, auf ein medizinisches Hilfsmittel reduziert.

19c) Die geltend gemachten Aufwendungen sind den Klägern auch nicht aus anderen Gründen zwangsläufig erwachsen.

20aa) Der Entschluss, eine Ersatzmutterschaft zu begründen, beruht nicht auf einer rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind zu haben.

21Als außergewöhnliche Belastungen kommen aber nur solche Aufwendungen in Betracht, die einen Bereich der Lebensführung betreffen, welcher der individuellen Gestaltung des Steuerpflichtigen entzogen ist (z.B. Senatsurteil vom - VI R 60/11, BFHE 249, 468, BStBl II 2015, 695, Rz 16). Dies gilt auch dann, wenn die Aufwendungen einen grundrechtlich geschützten Bereich -wie hier die Verwirklichung des Kinderwunsches (Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG)- betreffen. Der Senat verkennt nicht, dass die ungewollte Kinderlosigkeit als schwere Belastung empfunden werden kann. Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Entschluss zur Begründung einer Ersatzmutterschaft als Mittel zur Verwirklichung eines individuellen Lebensplans nach steuerlichen Maßstäben nicht mehr dem Bereich der durch den Einzelnen gestaltbaren Lebensführung zuzurechnen wäre (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom - 1 BvR 2982/07, unter II.2.); selbst dann nicht, wenn, wie im Streitfall, die Kinderlosigkeit eines gleichgeschlechtlichen (Ehe-)Paares auf den zeugungsbiologischen Grenzen einer solchen Verbindung beruht.

22bb) Im Übrigen ist weitere Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG, dass die den Aufwendungen zugrunde liegenden Maßnahmen mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang stehen (vgl. Senatsurteile vom - VI R 34/15, BFHE 258, 358, BStBl II 2018, 344, Rz 15 und vom - VI R 2/17, Rz 12).

23(1) Auch nach diesen Grundsätzen kommt eine Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen der Kläger -wie das FG zu Recht entschieden hat- nicht in Betracht.

24(2) Denn nach den Regelungen des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) darf auf eine Frau keine fremde unbefruchtete Eizelle übertragen werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ESchG, sog. Eizellenspende). Auch die reproduktionsmedizinische Behandlung einer Frau mit Eizellen einer anderen Frau ist nicht erlaubt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG). Des Weiteren ist es unzulässig, bei einer Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen (Ersatzmutter), eine künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu übertragen (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG). Die Verbote gelten unabhängig davon, ob eine Eizellenspende oder ein Ersatzmutterschaftsverhältnis kommerziell oder nicht kommerziell ist.

25(3) Die im Streitfall geltend gemachten Kosten sind folglich durch eine medizinische Behandlung entstanden, die jedenfalls nicht mit den Regelungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 7 ESchG im Einklang steht. Zum einen handelte es sich um eine Ersatzmutterschaft, bei der die Ersatzmutter das von ihr ausgetragene Kind nach der Geburt den Klägern überlassen sollte und überlassen hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG). Zum anderen wurde die künstliche Befruchtung bei der Ersatzmutter unter Verwendung einer Eizelle durchgeführt, welche von einer anderen Frau stammte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG).

26(4) Verfassungsrechtliche Zweifel an dem "Verbot" der Ersatzmutterschaft und der "Eizellenspende" hat der Senat nicht (so bereits Senatsurteile vom - VI R 34/19, VI R 35/19 und VI R 36/19, zu Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung unter Verwendung gespendeter Eizellen). Es verstößt insbesondere nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG. Denn das Verbot knüpft nicht an die Gleich- oder Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehe, sondern an die Behandlungsmethode an. Im Übrigen sollen mit dem Verbot der Ersatzmutterschaft/Eizellenspende eine Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische Mutter und eine austragende Mutter und die damit einhergehenden Konfliktlagen verhindert werden (BTDrucks 11/5460, S. 6 ff.). Diese Erwägungen stellen aufgrund biologischer Gegebenheiten einen sachlichen Grund dar, der die unterschiedliche Behandlung der Ersatzmutterschaft, der Fremdeizellspende sowie der anderen reproduktionsmedizinischen Behandlungsmethoden gegenüber der grundsätzlich zulässigen Samenspende rechtfertigt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom - B 1 KR 7/21 R, BSGE 133, 134, zum fehlenden Anspruch eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares auf Erstattung der Kosten der Kinderwunschbehandlung in Form einer heterologen Insemination im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung).

27(5) Zu einer anderen Bewertung zwingt auch nicht die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2017 (Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom , BGBl I 2017, 2787). Der Gesetzgeber wollte hiermit die gleichgeschlechtliche Ehe nur an die verschiedengeschlechtliche Ehe angleichen. Im Gesetzesentwurf des Bundesrates wird insofern ausdrücklich hervorgehoben, dass unter den Schutz des Art. 6 GG auch die kinderlose Ehe falle (BTDrucks 18/6665, S. 7). Aus diesem Anliegen folgt nicht die Pflicht, die zeugungsbiologischen Grenzen einer solchen Ehe steuerlich auszugleichen."

3.6. Ausden Ausführungen unter 3.4.2. und 3.5. gezogene Conclusio für die Berücksichtigung der Aufwendungen des Bf. als außergewöhnliche Belastungen

In Anbetracht der Ausführungen unter den Punkten 3.4.2. und 3.5 gelangt das BFG zur Überzeugung, dass dem Abzug der vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen eine Absage zu erteilen ist.

Hierbei fußt die verwaltungsgerichtliche Conclusio vordergründig auf der Überlegung, dass ein Verstoß gegen ein innerstaatliches Verbot, sprich in konkreto die seitens des Gesetzgebers impliziert statuierte Abstandnahme der Bedienung einer nicht in den §§ 2 und 3 des FMedG normierten Behandlungsformen, die Zwangsläufigkeit der vom Bf. gewählten Maßnahme der Leihmutterschaft schon per se ausschließt.

In Übereinstimmung mit den diesbezüglichen unter Punkt E des Artikels "Behandlungskosten im Ausland: Ausmaß der außergewöhnlichen Belastung - Inwieweit fallen (höhere) ausländische Behandlungskosten zwangsläufig an?" getätigten Ausführungen Endfellners steht es auch für das BFG unbestritten fest, dass die Festlegung der Kriterien der gemäß sich "der Abgabepflichtige sich aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen der Aufwendung nicht entziehen kann" exklusiv nach der österreichischen Rechts- und Sittenordnung zu bestimmen ist, bzw. im Umkehrschluss - behufs nämlicher Bestimmung - anderen Rechtsformen oder Kulturkreisen keine rechtliche Beachtung beizumessen ist.

Demzufolge sei aus vorstehenden Aspekten sowie - vorbehaltlich an unterer Stelle noch zu erfolgender Auseinandersetzungen mit weiteren Einwendungen des Bf. - angemerkt, dass somit weder die Tatsache, dass ein in Ehe lebendes gleichgeschlechtliches männliches Paar aus biologischer Notwendigkeit einer Leihmutter bedarf, noch jene, dass die unabdingbar der zur rechtmäßigen Erlangung der Elternschaft erforderliche Einhaltung der amerikanischen Rechtsvorschriften betreffend Leihmutterschaft letztendlich Bestätigung durch den ***4*** gefunden hat, den Aufwendungen des Bf. keinesfalls das Merkmal der Zwangsläufigkeit zu verleihen vermag.

3.7. Behandlung der weiteren Einwendungen

3.7.1.Präjudizwirkung der Erkenntnisse des B 13/11 sowie vom , B 99/12

Wenn unter Bezugnahme auf obige Erkenntnisse die Auffassung vertreten wird, dass eine im Ausland rechtmäßig durchgeführte Leihmutterschaft - in Österreich für Belange des Steuerrechts als zulässig anzuerkennen sei -, so ist diesem Vorbringern entgegenzuhalten, dass diese exklusiv zum Personenstands- und Staatsbürgerschaftsrecht Judikatur für das Steuerrecht aus nachstehender Überlegung keine Präjudizwirkung zu entfalten vermag.

Während die in d.g. Verfahren erfolgte Aufhebung der angefochtenen Bescheide auf einer dem Kindeswohl widerstreitenden, sprich in Staatenlosigkeit mündende und ergo dessen denkunmöglichen Gesetzesanwendung der belangten Behörde basierte, kann nach Auffassung des BFG für Belange des Steuerrechts der Aspekt des Kindeswohles schon eingedenk der Tatsache, dass den aus Leihmutterschaft herrührenden Aufwendungen ein Verstoß gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften zugrunde gelegen und dieser nunmehr via - auf die Allgemeinheit überwälzter - Steuerbegünstigung Pardonierung erfahren würde, nicht einschlägig sein.

3.7.2. Grundrechtswidrige Nichtanerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen

Soweit die rechtsfreundliche Vertretung in der Nichtanerkennung der Aufwendungen des Bf. als außergewöhnliche Belastungen - zumal diesem ob seiner sexuellen Orientierung zur Erlangung der Elternschaft nur den Weg der Leihmutterschaft offensteht -, als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sowie als Verletzung des nach Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechtes auf Achtung seines Privat- und Familienlebens erachtet, ist entgegenzuhalten, dass nach der Konzeption des B-VG die Verifizierung des Vorliegens derartiger Verstöße der exklusiven Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes anheimgestellt.

Ungeachtet vorstehender Ausführungen ist jedoch auf die - im Ergebnis keine gegen das Verbot der Leihmutterschaft für homosexuelle männliche Paare verfassungsrechtliche Bedenken hegende Ansicht Mayrhofers in Neumayer/Resch/Wallner, GmundKomm 2 , § 2 FMedG, II Personenspezifische Voraussetzungen der muF, Rzn 5 und 6 hinzuweisen.

Abschließend ist anzumerken, dass sich nach Auffassung des BFG das, für an oberer Stelle monierte grundrechtswidrige Verstöße angezogene Erkenntnis des , 116/98- ungeachtet dessen, dass, es sich bei den dg. Klägern um heterosexuelle Ehepaare handelte -, schon angesichts der Tatsache, dass die Thematik "Leihmutterschaft" überhaupt nicht auf dem höchstgerichtlichen Prüfstand gestanden ist, für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts schon per se als nicht einschlägig erweist.

Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Revision war zuzulassen, da zu der, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts zugrundeliegenden Rechtsfrage keine höchstgerichtliche Judikatur existiert.

Wien, am

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