VwGH vom 28.02.2012, 2009/15/0108
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des A G in S, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Martin-Luther-Straße 154, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0124-G/08, betreffend u.a. Einkommensteuer 2005 und 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid Einkommensteuer 2005 und Einkommensteuer 2006 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am hat der Beschwerdeführer von der Hofer KG eine bebaute Liegenschaft (einen ehemaligen "Hofermarkt") gekauft. Die Anschaffungskosten (inklusive Nebenkosten) betrugen 826.572,03
EUR.
Der Beschwerdeführer nutzt die Liegenschaft zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Im Zug einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass der Beschwerdeführer bei Berechnung der Abschreibung der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten (zum Zwecke der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) eine Nutzungsdauer von 25 Jahren (AfA von 4% der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten) angenommen habe. Er habe sich dabei auf ein Gutachten des Dipl.-Ing. H über die Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft vom gestützt.
Der Prüfer vertrat die Ansicht, das Gutachten über den Verkehrswert stelle kein Gutachten über die konkrete Nutzungsdauer dar. Daher sei gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 die AfA mit bloß 1,5 % der Bemessungsgrundlage anzusetzen, was zu einer Minderung der anzuerkennenden jährlichen AfA auf den Betrag von 8.003,44 EUR führe (bisher geltend gemacht 21.490,87 EUR).
Der Prüfungsfeststellung folgend erließ das Finanzamt - nach Wiederaufnahme des Verfahrens - einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2005.
Den Einkommensteuerbescheid 2006 hob das Finanzamt gemäß § 299 BAO auf und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid 2006, ebenfalls unter Zugrundelegung einer jährlichen AfA von (bloß) 1,5 % der Bemessungsgrundlage.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte, der AfA eine Nutzungsdauer von 25 Jahren zugrunde zu legen. In der Berufung wird die Ergänzung des Gutachtens in Aussicht gestellt und vorgebracht, im Punkt "Grundlagen und Unterlagen für die Bewertung" des bisher vorliegenden Gutachtens von Dipl.-Ing. H sei festgehalten, dass das Mietobjekt "Alter Hofermarkt" vom Gutachter am , kurze Zeit nach dem Ankauf vom , besichtigt worden sei. Im Gutachten seien die Bauweise, der Bau- und Erhaltungszustand und die technische Lebensdauer beschrieben. In der noch beizubringenden Gutachtensergänzung werde der Gutachter zum Bauzustand des Gebäudes und zur Lebensdauer bzw. Dauerhaftigkeit des Gebäudes zum Zeitpunkt Stellung nehmen.
In der Folge legte der Beschwerdeführer die mit datierte Gutachtensergänzung vor und führte in einem weiteren Schriftsatz aus, diese Ergänzung des Gutachtens betreffe die technische Restlebensdauer des Gebäudes per . Der Sachverständige habe im Punkt "Bau- und Erhaltungszustand" auf Seite 6 des Gutachtens ausgeführt, dass das Gebäude stark beansprucht worden sei. Die Gutachtensergänzung enthalte Feststellungen zum hinsichtlich des Bau- und Erhaltungszustandes der konstruktiven Bauteile des Gebäudes. Der Sachverständige komme in der Gutachtensergänzung zu dem Schluss, aufgrund des Erhaltungszustandes der konstruktiven Bauteile per (Stützen, Betonwände, Unterzüge, Decken) betrage die technische Restlebensdauer des Gebäudes lediglich 23 Jahre. Der Berufungsantrag werde daher dahingehend geändert, dass die jährliche AfA auf der Basis einer Restnutzungsdauer von 23 Jahren bemessen werden solle.
Im Weiteren enthält der Schriftsatz auch Ausführungen zur Aufteilung der Anschaffungskosten der Liegenschaft auf Grund und Boden, Gebäude sowie Parkflächen. Aus den Seiten neun und zehn des Gutachtens ergebe sich, dass mit dem Kaufvertrag auch Park- und Verkehrsflächen im Ausmaß von 3.570 m2 erworben worden seien. Da solche Flächen als selbständige Anlagegüter zu behandeln seien, werde für sie eine gesonderte Abschreibung mit einer Restnutzungsdauer von drei Jahren begehrt.
Es werde beantragt, die gesamten Anschaffungskosten von 826.572,03 EUR nach dem im Gutachten ermittelten Sachwertverhältnis auf Grund und Boden (30,1 %), Parkflächen (2,5 %) und Gebäude (67,4 %) aufzuteilen. Demnach entfielen auf die Parkflächen anteilige Anschaffungskosten von 20.753,64 EUR und auf das Gebäude anteilige Anschaffungskosten von 557.081,22 EUR.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid (Einkommensteuer 2005) und gegen den auf § 299 BAO gestützten Aufhebungsbescheid (Einkommensteuer 2006) als unbegründet ab. Der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 gab die belangte Behörde insoweit Folge, als sie die Anschaffungskosten dem Berufungsbegehren entsprechend auf Grund und Boden, Parkflächen und Gebäude aufteilte. Hinsichtlich der bei Berechnung der AfA für das Gebäude anzunehmenden Nutzungsdauer übernahm die belangte Behörde demgegenüber die Vorgangsweise des Finanzamtes (Berechnung der AfA mit 1,5%).
In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Restnutzungsdauer eines erworbenen Gebäudes hänge vornehmlich vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes ab, wobei auf Beeinträchtigungen aus verschiedenen Ursachen und auf die Vernachlässigung der notwendigen Erhaltungsarbeiten Bedacht zu nehmen sei.
In dem vom Sachverständigen Dipl.-Ing. H für die gegenständliche Liegenschaft erstellten Gutachten über die Ermittlung des Verkehrswertes vom werde der Zweck für die Gutachtenserstellung mit "Ermittlung des Verkehrswertes der gegenständlichen Liegenschaft mit allen Grundstücken und den darauf befindlichen Gebäuden im Zustand vor den Um- und Zubauten für den Baumarkt" angegeben.
Im Gutachten fänden sich unter "Befund, Beschreibung der Liegenschaft" ua. folgende Ausführungen:
"Beschreibung der Baulichkeiten
Beim Altbestand handelt es sich um einen eingeschossigen Hallenbau in Stahlbetonskelettbauweise. Die Gründung erfolgte auf Stahlbetonstreifenfundamenten. Auf Stahlbetonfertigteilstützen wurden Stahlbetonfertigteilbinder versetzt, über denen eine Stahlbetonhohldielendecke verlegt wurde. Die Dachkonstruktion besteht aus Holzbrettelbindern, die Deckung aus Betondachsteinen. Das Satteldach weist eine Dachneigung von ca. 25 Grad auf, die Firstrichtung verläuft annähernd West-Ost. Die Außenwandausfachung zwischen den Stützen wurde mit Stahlbetonfertigteilen in Sandwichbauweise mit zwischenliegender Dämmung ausgeführt. Die Zwischenwände sind beidseitig verputzte Hochlochziegel. In allen Räumen sind keramische Bodenbeläge vorhanden. Die Fenster und Portale sind Alukonstruktionen mit Isolierverglasung. Das Gebäude ist mit einer ölbefeuerten Warmwasserumlaufheizung mit Warmluftdeckenstrahlern und Wärmerückgewinnung ausgestattet. Eine Blitzschutzanlage und eine Alarmanlage ist installiert.
…
Bau- und Erhaltungszustand
Der Hofermarkt mit den Park- und Freiflächen wurde 1988 errichtet. Der Bau- und Erhaltungszustand entspricht einer durchschnittlichen Instandhaltung bei starker Beanspruchung. Die technische Lebensdauer wird bei der vorliegenden starken Beanspruchung nach Ross-Brachmann-Holzner mit 40 Jahren (Einkaufszentren in Stahlbetonbauweise) angesetzt".
Im Gutachten werde im Rahmen der Ermittlung des Gebäudewertes, ausgehend vom Alter des Objektes von 18 Jahren (Baujahr: 1988), unter Zugrundelegung einer Lebensdauer von 40 Jahren, die Restlebensdauer des Gebäudes mit 22 Jahren angegeben.
Die mit datierte "Ergänzung zum Gutachten vom bezüglich der technischen Restlebensdauer per " laute wie folgt:
"Im Gutachten vom wurde die technische Lebensdauer des 'Alten Hofermarktes' in … mit 40 Jahren ermittelt.
Die technische Lebensdauer von Einkaufszentren in Stahlbetonskelettbauweise wird im Ross-Brachmann-Holzner … mit 40 bis 60 Jahren angegeben.
Bei der Besichtigung der Liegenschaft am wurde festgestellt, dass die konstruktiven Bauteile (Stahlbetonfertigteilstützen, Betonwände, Stahlbetonfertigteilbinder und Stahlbetondielendecke) stark beansprucht waren. An den Stützen waren Anfahrspuren durch den Anliefer- und Abholverkehr vorhanden, die zur Verringerung bzw. Entfernung der Betondeckung der Bewehrung und damit zur Erhöhung der Bewehrungskorrosion führen. Durch den Zubau einer Laderampe und den nachträglichen Einbau von Kühlzellen wurden die Fundamente teilweise freigelegt, wodurch es zu einer Verringerung der erforderlichen Einbindetiefe in den Untergrund gekommen ist. Weiters wurden in den tragenden Wänden verschiedene Durchbrüche hergestellt. Die Heizungs-, Kühlungs- und Lüftungsinstallation wurde an den tragenden Betonwänden und Stützen befestigt, was wiederum zur Erhöhung der Korrosion führt. Die Kühl- und Lüftungsaggregate waren ohne Schwingungsdämpfung auf der Stahlbetonhohldielendecke montiert. Durch Schäden in der Dachdeckung ist jahrelang Wasser in die Hohlräume der Dielendecke eingedrungen und hat diese stark durchfeuchtet, was wiederum zur Erhöhung der Korrosion führt.
Aufgrund des beschriebenen Zustandes der konstruktiven Bauteile (Stützen, Betonwände, Unterzüge, Decken) wurde die technische Restlebensdauer des Gebäudes per mit 23 Jahren festgelegt".
Der Beschwerdeführer habe am dem Sachverständigen den "Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens für die Ermittlung des Verkehrswertes" der Liegenschaft erteilt. Dieser Zweck werde auch auf dem Deckblatt des Gutachtens ausdrücklich bestätigt. Somit habe sich der Auftrag zur Erstellung des Gutachtens nicht auf das Beweisthema der Restnutzungsdauer bezogen. Deshalb erweise sich dieses nicht als taugliches Beweismittel zum Nachweis der vom Beschwerdeführer in der Berufungsergänzung beantragten Restnutzungsdauer von 23 Jahren.
Da die Restnutzungsdauer eines erworbenen Gebäudes vornehmlich vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes abhänge, erfordere die Schlüssigkeit des Gutachtens entsprechende detaillierte Ausführungen über den Bauzustand, wobei insbesondere Baumängel und daraus resultierende Schäden, welche die begehrte Restnutzungsdauer rechtfertigten, im Rahmen der Befundaufnahme ausführlich zu dokumentieren seien.
Nach der bautechnischen Beschreibung des Gebäudes befinde sich im gegenständlichen Gutachten lediglich die allgemeine Feststellung, dass "der Bau- und Erhaltungszustand einer durchschnittlichen Instandhaltung bei starker Beanspruchung entspricht". Damit würden aber keinerlei konkrete Schäden an der Bausubstanz, welche die vom Beschwerdeführer begehrte Restnutzungsdauer rechtfertigten, aufgezeigt. An dieser Beurteilung könne die mit datierte "Ergänzung zum Gutachten vom bezüglich der technischen Restlebensdauer per " nichts ändern. Die Ausführungen erschöpften sich nämlich einerseits in der Aufzählung von festgestellten Schäden am Gebäude ("Anfahrspuren an den Stützen durch den Anliefer- und Abholverkehr", "teilweise Freilegung der Fundamente durch Zubau einer Laderampe und nachträglichen Einbau von Kühlzellen" sowie "starke Durchfeuchtung der Dielendecke durch Schaden in der Dachdeckung") und andererseits in der Beschreibung der Montage von Installationseinrichtungen, wie sie ohnedies der üblichen Bauweise von Lebensmittelmärkten entsprächen ("Befestigung der Heizungs-, Kühlungs- und Lüftungsinstallation an den tragenden Betonwänden und Stützen" und "Montage der Kühl- und Lüftungsaggregate ohne Schwingungsdämpfung auf der Stahlbetonhohldielendecke"). Detaillierte und nachvollziehbare Ausführungen über die dadurch bedingte Verkürzung der Restnutzungsdauer des Gebäudes könnten dieser Ergänzung jedoch nicht entnommen werden. Hinzu komme, dass die angeführten Schäden durchaus mit wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen behebbar wären und somit nicht als die Nutzungsdauer verkürzende Faktoren Berücksichtigung finden könnten. Auch wenn der Gutachter die technische Lebensdauer von Einkaufszentren in Stahlbetonskelettbauweise unter Bezugnahme auf Ross/Brachmann/Holzner , Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden und des Verkehrswertes von Grundstücken27, mit 40 bis 60 Jahren angebe und unter Berücksichtigung der bisherigen Nutzung (Errichtung: 1988) die Restlebensdauer mit 23 Jahren festlege, stelle die Ergänzung des Gutachtens mit dieser schematischen "Festlegung" der Restnutzungsdauer kein geeignetes Beweismittel im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer dar. Denn abgesehen davon, dass der Gutachter ohne nähere Begründung von der Untergrenze von 40 Jahren ausgehe, stellten die Angaben über die technische Lebensdauer von Gebäuden nur Durchschnittswerte dar, zumal es immer wieder Häuser in gutem Zustand gäbe, die weit älter seien (Hinweis auf Ross/Brachmann/Holzner , Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden und des Verkehrswertes von Grundstücken27, 264). Da somit die begehrte Restnutzungsdauer von 23 Jahren als nicht erwiesen anzunehmen sei, sei der vom Finanzamt unter Bedachtnahme auf § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 zum Ansatz gebrachte AfA-Satz von 1,5 % rechtmäßig.
Hinsichtlich der betragsmäßigen Ermittlung der als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 anzuerkennenden AfA sei Folgendes relevant:
Ausgehend von den Anschaffungskosten von 826.572,03 EUR ergäben sich nach dem unbestrittenen Sachwertverhältnis (Grund und Boden: 30,1 %; Parkflächen: 2,5 % und Gebäude: 67,4 %) anteilige Gebäudeanschaffungskosten von 557.109,55 EUR, die unter Zugrundelegung eines AfA-Satzes von 1,5 % zu einen jährlichen Abschreibungsbetrag von 8.356,64 EUR führten.
Dem in der Berufungsergänzung gestellten Antrag, die bislang gemeinsam mit dem Gebäude abgeschriebenen Anschaffungskosten für Park- und Verkehrsflächen (20.753,64 EUR) unter Zugrundelegung einer Restnutzungsdauer von drei Jahren gesondert abzuschreiben, entspreche die belangte Behörde. Parkflächen seien ein eigenständiges abnutzbares Wirtschaftsgut (Hinweis auf Quantschnigg/Schuch , Einkommensteuer-Handbuch, § 6, Tz 11) Somit betrage der in den Streitjahren 2005 und 2006 als Werbungskosten anzuerkennende Abschreibungsbetrag jeweils 15.274,52 EUR (AfA für Gebäude: 8.356,64 EUR und für Park- und Verkehrsflächen 6.917,88 EUR). Da in den bekämpften erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheiden 2005 und 2006 lediglich ein Abschreibungsbetrag von jeweils 8.003,44 EUR berücksichtigt worden sei, ergebe sich nunmehr eine entsprechende Erhöhung der Werbungskosten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO die Vermutung auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus der im § 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988 genannten Einkunftsart dient, 66,6 Jahre und nicht weniger beträgt; die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren Restnutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den (technischen) Bauzustand erbracht werden muss (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2002/13/0132, und vom , 2002/13/0112).
Ein vom Steuerpflichtigen zum Nachweis der Nutzungsdauer vorgelegtes Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung durch die Behörde. Sie hat im Falle des Abgehens von diesem Gutachten die Gründe dafür in ihrer Entscheidung darzutun. Sie ist aber nicht verpflichtet, ein Gegengutachten erstellen zu lassen. Während für die Gesamtnutzungsdauer eines neu errichteten Wohngebäudes in erster Linie die Bauweise maßgebend ist, hängt die Restnutzungsdauer eines erworbenen Gebäudes vornehmlich auch vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes ab; hiebei ist auch auf Beeinträchtigungen aus verschiedensten Ursachen und auf die Vernachlässigung der notwendigen Erhaltungsarbeiten Bedacht zu nehmen. Als Umstände, auf Grund derer eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes angenommen werden kann, kommen z.B. ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0074).
Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem sich aus § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt (insbesondere dem Zeitpunkt der Anschaffung) zu ermitteln. Ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer im Zeitpunkt einer späteren Erstellung des Gutachtens ausgeht, ist daher bereits vom Ansatz her methodisch verfehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/13/0175). Erfolgt die Befundaufnahme längere Zeit nach dem Bewertungsstichtag, wird der Gutachter daher auch Aussagen darüber zu treffen haben, auf Grund welcher Anhaltspunkte (Vorliegen zeitnaher Dokumentationen, Hinweise auf vorgenommene Erhaltungsarbeiten, Nutzungsintensität) aus dem vorgefundenen Ist-Zustand auf die zum früheren Bewertungsstichtag gegebenen Verhältnisse geschlossen werden konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0112).
Im gegenständlichen Fall ist Grundlage des vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gutachtens (samt Gutachtensergänzung) die Besichtigung der Liegenschaft am , also unmittelbar nach der Anschaffung durch den Beschwerdeführer. Aus dem Gutachten ergibt sich insbesondere, dass es sich beim Gebäude um einen eingeschossigen Hallenbau in Stahlbetonskelettbauweise aus dem Jahr 1988 handelt. Im Gutachten ist die Bauweise (Stahlbetonfertigteilstützen, Stahlbetonfertigteilbinder, Stahlbetondielendecke, Außenwandausfachung mit Stahlbetonfertigteilen zwischen den Stützen in Sandwichbauweise, etc.) dargestellt. In der Gutachtensergänzung ist festgehalten, dass durch Schäden in der Dachdeckung jahrelang Wasser in die Hohlräume der Dielendecke eingedrungen sei und diese durchfeuchtet habe. Die konstruktiven Bauteile der Halle seien bereits stark beansprucht gewesen. Die Stützen hätten Anfahrspuren durch den Anlieferverkehr und den Abholverkehr aufgewiesen, welche zur Erhöhung der Bewehrungskorrosion führten. Der Zubau einer Laderampe und der nachträgliche Einbau von Kühlzellen hätten zur teilweisen Freilegung der Fundamente und damit zu einer Verringerung der erforderlichen Eintiefung in den Untergrund geführt. Es gebe Durchbrüche in tragenden Wänden. Kühl- und Lüftungsaggregate seien ohne Schwingungsdämpfung montiert gewesen. Der Gutachter führt weiters aus, die Gesamtlebensdauer von Einkaufszentren in Stahlbetonskelettbauweise betrage 40 bis 60 Jahre, im gegenständlichen Fall sei die Lebensdauer wegen der starken Beanspruchung an der Untergrenze dieses Bereiches gelegen. Im Hinblick auf die Errichtung der Halle im Jahr 1988 sei aus der Sicht des die verbleibende Nutzungsdauer mit 23 Jahren anzunehmen.
Die Feststellung des angefochtenen Bescheides, mit dem Gutachten sei der Nachweis für eine kürzere Nutzungsdauer nicht erbracht worden, hält der verwaltungsgerichtlichen Schlüssigkeitsprüfung nicht stand. Ausgehend vom Gebäudetyp (Hallenbau in Stahlskelettbauweise), dem Baujahr und dem Bauzustand im April 2005 kommt das Gutachten zu einer bestimmten Restnutzungsdauer. Entgegen der Beurteilung durch die belangte Behörde bringt das Gutachten mit hinreichender Deutlichkeit die Gebäudebeeinträchtigungen zum Ausdruck, aufgrund derer die Gesamtnutzungsdauer des Hallenbaues am unteren Ende des Bandbereiches der Nutzungsdauer von Gebäuden dieser Art anzunehmen ist. Die belangte Behörde räumt im angefochtenen Bescheid ohnedies ein, dass in der Gutachtensergänzung konkrete, am bestehende Schäden des Gebäudes angeführt sind, stützt sich aber darauf, dass die Schäden mit wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen behebbar wären. Dabei übersieht die belangte Behörde, dass es im gegenständlichen Fall um die Feststellung der Nutzungsdauer des vom Beschwerdeführer Ende März 2005 angeschafften Hallenbaus ging, nicht hingegen um die Nutzungsdauer des Gebäudes nach einer (fiktiven) Sanierung oder Renovierung.
Unschlüssig ist auch die Überlegung der belangten Behörde, es sei für die Beweiswürdigung im gegenständlichen Fall von Bedeutung, dass der Gutachtensauftrag auf die Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft, nicht auf die Ermittlung der Nutzungsdauer gerichtet gewesen sei. Abgesehen davon, dass die Nutzungsdauer eine wesentliche Komponente für die Ermittlung des Gebäudewertes darstellt, hat nämlich der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eine Gutachtensergänzung "bezüglich der technischen Restlebensdauer per " beigebracht.
Die Unschlüssigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Beweiswürdigung ergibt sich auch aus folgendem Umstand:
Die belangte Behörde hat die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der im Gutachten ermittelten Sachwerte auf Boden, Parkflächen und Gebäude aufgeteilt. Im Gutachten wird der Sachwert des Gebäudes (Halle) errechnet, indem (fiktive) Neuherstellungskosten um die "Alterswertminderung" (von 33%) reduziert werden. Diese "Alterswertminderung" ergibt sich aus der Annahme einer Gesamtlebensdauer des Gebäudes von 40 Jahren, von welcher (im Jahr 2006) 18 Jahre bereits verbraucht waren. Im angefochtenen Bescheid wird u.a. ausgeführt, das Gutachten stütze sich hinsichtlich der Nutzungsdauer auf Ross/Brachmann/Holzner , Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden und des Verkehrswertes von Grundstücken27. Die in diesem Werk auf Seite 272 dargestellte Wertminderungstabelle weist gerade für diese Parameter (Gebäudelebensdauer von 40 Jahren und Gebäudealter von 18 Jahren) die Wertminderung von 33% aus. Solcherart hat die belangte Behörde für die Ermittlung der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten (durch Aufteilung der Gesamtanschaffungskosten nach dem Verhältnis der Sachwerte) im Ergebnis jene Parameter betreffend Gesamtnutzungsdauer und davon verbrauchter Nutzungsdauer ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, welche sie in Bezug auf die Ausmessung der Nutzungsdauer für Zwecke der AfA als nicht nachgewiesen angesehen hat.
Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand ist die Umsatzsteuer bereits erfasst.
Wien, am