VwGH vom 21.12.2010, 2009/15/0046
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der E S in B, vertreten durch die BDO Tschofen Treuhand GmbH Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in 6800 Feldkirch, Gallmiststraße 13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0366-F/08, betreffend Einkommensteuer 2003 und 2004, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2003 und 2004 als unbegründet ab und änderte die bekämpften Bescheide (gemäß § 289 Abs. 2 BAO) ab. In der Begründung führte sie aus, die Beschwerdeführerin habe die mit Kaufvertrag vom erworbene Liegenschaft ab an die Markus S. Gesellschaft mbH Co KG (in der Folge: KG) vermietet. Im Antrag vom auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen 2004 habe die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mitgeteilt, dass sie diese Liegenschaft ihrer Tochter übergeben habe und daher die Mieteinnahmen weggefallen seien. Laut Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 2003 (Beilage zur Einkommensteuererklärung 2003) habe die Beschwerdeführerin aus der Vermietung dieser Liegenschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bis Juli 2003 erwirtschaftet.
Auf Grund einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung unter anderem über die Streitjahre habe das Finanzamt bezüglich der Vermietung dieser Liegenschaft folgende Feststellung getroffen:
"Tz 3 Vermietung ...
a) Das Grundstück ... wurde von der Abgabepflichtigen mit
Kaufvertrag vom erworben und ab Oktober 1995 an die ... KG … vermietet. Dieses Unternehmen befindet sich im Familienbesitz der (Beschwerdeführerin).
Mit Schenkungs- und Fruchtgenussbestellungsvertrag vom hat die Abgabepflichtige diese Liegenschaft rückwirkend
zum an ihre Tochter ... übergeben und das
Fruchtgenussrecht bis zurückbehalten. Gleichzeitig wurde ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der (Beschwerdeführerin) grundbücherlich eingetragen.
Laut vorgelegtem Schriftsatz vom wurde dieses Fruchtgenussrecht aufgrund eines mündlich abgeschlossenen Vertrages für den Zeitraum August 2003 bis Dezember 2014 an die ... KG, welche bis dahin Mieterin war, abgetreten. Als Gegenleistung wurde ein Betrag von netto 259.200,00 EUR zuzüglich 20 % USt vereinbart, welcher am in Rechnung gestellt wurde.
Die Einkünfte aus der Vermietung des Grundstückes an die ... KG wurden bis einschließlich Juli 2003 erklärt. Die Einnahme aus der Abtretung des Fruchtgenussrechtes wurde bisher in ertragsteuerlicher Hinsicht nicht erfasst."
Der Prüfer habe die Rechtsansicht vertreten, dass es sich bei der Gegenleistung für die Abtretung des Fruchtgenussrechtes in wirtschaftlicher Betrachtungsweise um eine Mietvorauszahlung handle, die im Jahr der Vereinnahmung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen sei.
In der Berufung gegen die - nach Wiederaufnahme der Verfahren - den Feststellungen der Betriebsprüfung folgenden Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, die Feststellung der Betriebsprüfung, dass das bestehende Vorbehaltsfruchtgenussrecht von der Steuerpflichtigen ab dem Monat August 2003 abgetreten und hiefür ein Betrag von
259.600 EUR zzgl. USt am in Rechnung gestellt worden sei, sei zutreffend und werde außer Streit gestellt. Der Aussage, die Einnahme aus der Abtretung des Fruchtgenussrechtes sei bisher in ertragsteuerlicher Hinsicht nicht erfasst worden, sei entgegenzuhalten, dass die Einnahmen aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes des Privatvermögens eine nichtsteuerbare Vermögensumschichtung darstellten.
Die belangte Behörde ging sachverhaltsmäßig davon aus, dass die Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom die streitgegenständliche Liegenschaft erworben und ab an die KG vermietet habe. Mit Schenkungs- und Fruchtgenussbestellungsvertrag vom habe sie die Liegenschaft rückwirkend zum an ihre Tochter übertragen und sich bis das Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft vorbehalten. Das Fruchgenussrecht (ebenso wie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot) an der Liegenschaft sei zugunsten der Beschwerdeführerin grundbücherlich einverleibt worden. Mit Schreiben vom habe der steuerliche Vertreter der KG mitgeteilt, dass er auftragsgemäß im Namen und auf Rechnung der KG mit der Beschwerdeführerin mündlich die Abtretung des Fruchtgenussrechtes an die KG vereinbart habe. Als Gegenleistung für die Übertragung habe die KG an die Beschwerdeführerin EUR 259.200,-- zzgl. MwSt zu bezahlen. Die Einverleibung des Fruchtgenussrechtes der KG werde von dieser vorläufig nicht vorgenommen, auf einseitiges Verlangen der KG seien jedoch von der Beschwerdeführerin die entsprechenden Erklärungen in grundbuchfähiger Form abzugeben. Laut Grundbuchsabfrage vom sei das Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft zu Gunsten der Beschwerdeführerin eingetragen. Ein Fruchtgenussrecht (der Ausübung nach) sei für die KG grundbücherlich nicht eingetragen worden.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach der Wiedergabe von Literaturstellen und Rechtssätzen aus der hg. Rechtsprechung aus, die KG habe mangels Verbücherung der behaupteten Übertragung der Ausübung des Fruchtgenussrechtes ein dingliches Fruchtgenussrecht nicht erwerben können, weil zur Rechtsbegründung die grundbücherliche Eintragung notwendig wäre. Mangels Verbücherung der Überlassung der Ausübung des Fruchtgenussrechtes habe mit der Vereinbarung nur ein dem Fruchtgenuss inhaltlich ähnliches obligatorisches Recht begründet werden können. Die wirtschaftliche Bedeutung des von der Beschwerdeführerin übertragenen und von der KG erworbenen obligatorischen Rechtes an der streitgegenständlichen Liegenschaft bestehe in einem bis befristeten Gebrauchsrecht an fremder Sache, also Miete. Mangels grundbücherlicher Eintragung der Übertragung des Fruchtgenussrechtes "der Ausübung nach" an die KG könne nicht von einer Übertragung der Einkunftsquelle "Fruchtgenussrecht" ausgegangen werden. Anspruch auf den Ertrag aus der Liegenschaft habe weiterhin die Beschwerdeführerin. Es sei nicht erkennbar, inwiefern sich an der Dispositionsbefugnis zur Erzielung der Einkünfte eine Änderung ergeben habe bzw. dass die KG nunmehr das Unternehmerrisiko träfe. Die Beschwerdeführerin habe keine Argumente für ihre Meinung vorgetragen, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerdeführerin das Fruchtgenussrecht als Einkunftsquelle nicht mehr inne habe.
Da nur eine mündliche Vereinbarung behauptet worden sei und im Schreiben vom nur die vermeintliche Übertragung des Fruchtgenussrechtes an die KG auf Grund einer mündlichen Vereinbarung mitgeteilt worden sei, wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, konkret die Umstände aufzuzeigen und Nachweise dafür zu erbringen, dass das Fruchtgenussrecht (Einkunftsquelle) tatsächlich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf die KG übertragen worden sei. Diese Behauptungs- und Beweislast sei umso mehr bei der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, weil sich die Vertragsparteien bei Abschluss nicht "fremd" gegenübergestanden seien (und nach wie vor stehen). Der Ehemann der Beschwerdeführerin habe 100 % des Kapitals der KG gehalten und sei Geschäftsführer der Komplementärin der KG, der Markus S Gesellschaft mbH, an der die Beschwerdeführerin zu 75 % und ihr Ehemann zu 25 % beteiligt seien. Der Vollständigkeit halber sei darauf zu verweisen, dass die behauptete Abtretung des Fruchtgenussrechtes vom an die KG dem Finanzamt erst über Vorhalt vom offengelegt worden sei. Die Einkommensteuererklärungen 2003 der Beschwerdeführerin und die Beilagen hätten keinen Hinweis darauf enthalten. Im Antrag vom auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen 2004 sei als Begründung für den Wegfall der Mieteinnahmen im Jahr 2003 die Übergabe der Liegenschaft an die Tochter der Beschwerdeführerin angeführt worden.
Die Beschwerdeführerin habe auf ihr Fruchtgenussrecht gegenüber ihrer Tochter nicht verzichtet und sei damit nach dem Grundbuchstand die einzig dinglich Berechtigte. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, sie verfüge über keinerlei Rechtsposition mehr, sei daher nicht nachvollziehbar.
Dass auch der Wille der KG nicht darauf gerichtet gewesen sei, eine dingliche Berechtigung an der Liegenschaft (Fruchtgenussrecht der Ausübung nach) zu erwerben, zeige sich deutlich daran, dass sie von der ihr eingeräumten Berechtigung, die Eintragung im Grundbuch zu verlangen, bis dato nicht Gebrauch gemacht habe. Die Beschwerdeführerin habe gegenüber ihrer Tochter nie auf das Fruchtgenussrecht verzichtet. Auch dies zeige deutlich, dass von Seiten der Beschwerdeführerin keine Absicht bestanden habe, auf das ihre eingeräumte, grundbücherlich sichergestellte Fruchtgenussrecht zu verzichten. Es sei damit nach außen für Dritte erkennbar keine Änderung in der Rechtsstellung der Beschwerdeführerin an der Liegenschaft eingetreten.
Es könne daher der Auffassung der Beschwerdeführerin, das Entgelt sei für den Rechtsübergang im Sinne der Übertragung des Fruchtgenussrechtes bezahlt worden und es handle sich deshalb um eine steuerneutrale Veräußerung der Einkunftsquelle, nicht gefolgt werden. Das Fruchtgenussrecht (die Einkunftsquelle) sei weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich betrachtet von der Beschwerdeführerin an die KG übertragen worden. Die Zahlungen auf Grund der Rechnung vom seien als Nutzungsentgelt (Vorauszahlungen) für die Laufzeit der Nutzungseinräumung an der Liegenschaft zu beurteilen. Mietvorauszahlungen führten zu einem sofortigen Einnahmenzufluss. Die Zahlungen seien daher nach ihrem Zufluss in den Jahren 2003 und 2004 als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die entgeltliche Einräumung eines Fruchtgenussrechts als entgeltliche Nutzungsüberlassung zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt (vgl. Doralt EStG 19889,§ 28 Tz 28).
In gleicher Weise wie die Einräumung eines solchen Rechts führt aber auch die entgeltliche Übertragung eines solchen Rechts der Ausübung nach - vergleichbar der Untervermietung durch einen Hauptmieter - zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am